"Vieles richtig, aber ausbaufähig"
Reform der Notfallversorgung
Seit Jahren sind die Notaufnahmen in vielen Krankenhäusern überlastet. Auch Rettungsdienste klagen über unnötige Einsätze, in denen kein akuter Notfall vorliegt. Ursächlich für diese „Fehlversorgung“ ist auch eine unzureichende Abstimmung mit dem kassenärztlichen Notdienst. Dieses Problem will die Bundesregierung mit einer Reform der Notfallversorgung angehen. Im Kern sollen Hilfesuchende ohne Umwege in die für sie richtige Versorgungsebene geleitet werden. Dabei stellt der Gesetzentwurf auch die Erwartungen an die Ärzte klar: Sie sind gefordert, rund um die Uhr eine notdienstliche Akutversorgung sicherzustellen - sowohl telemedizinisch als auch aufsuchend. Die AOK NordWest begrüßt diese Klarstellung des Sicherstellungsauftrags. „Ein gut erreichbarer kassenärztlicher Notdienst würde die Fehlversorgung deutlich reduzieren“, so Bernd Marchlowitz, der den Unternehmensbereich ambulante Versorgung leitet.
„Ein gut erreichbarer kassenärztlicher Notdienst würde die Fehlversorgung deutlich reduzieren.“
Unternehmensbereichsleiter Ambulante Versorgung
„Gut ist auch, dass im Rahmen der Akutversorgung auch Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen und Arzneimittelverordnungen ausgestellt werden können, um unnötige Anschlussbehandlungen zu vermeiden.“ Damit Akut- und Notfallversorgung besser ineinandergreifen, soll die Patientensteuerung verbessert werden: Dazu sind bei den Kassenärztlichen Vereinigungen „Akutleitstellen“ vorgesehen, die sich mit den Rettungsdienstleitstellen vernetzen sollen. So sollen Hilfesuchende in die richtige Versorgungsebene gesteuert werden. „Der Ansatz ist richtig“, meint Marchlowitz, „allerdings sollte die Zusammenarbeit nicht von einem Kooperationsantrag der Leitstelle abhängig sein, sondern verpflichtend geregelt werden.“ Zudem seien verbindliche Vorgaben für einheitliche Abfrage- und Ersteinschätzungssysteme erforderlich. Ein weiterer Baustein sind Integrierte Notfallzentren (INZ). Sie sollen flächendeckend als Anlauf- und Steuerungsstelle an bestimmten Klinikstandorten etabliert werden. INZ bestehen aus der Notaufnahme einer Klinik, einer Notdienstpraxis und einer zentralen Ersteinschätzungsstelle. Nach einer Ersteinschätzung soll die Notfallbehandlung entweder in der zentralen Notaufnahme oder der Notdienstpraxis erfolgen. Marchlowitz: „Um Hilfesuchende ohne sektorspezifische Interessen in die geeignete Versorgungsebene zu steuern, wäre es geboten, INZ als eigenständige und fachlich unabhängige Versorgungseinheiten zu organisieren.“ Damit die Reformziele realisiert werden können, sollten zudem die parallel laufenden Reformvorhaben besser aufeinander abgestimmt werden. Auch der Rettungsdienst müsse einbezogen werden. Das dürfe nicht an unterschiedlichen Zuständigkeiten scheitern. Bund und Länder müssten gemeinsam ihrer Verantwortung gerecht werden.