Pressemitteilung

Antibiotikaverbrauch in Schleswig-Holstein steigt: Verordnungen überschreiten Niveau vor der Pandemie

19.02.2025 AOK NordWest 3 Min. Lesedauer

AOK-Chef warnt: Wertvolle Reserveantibiotika als Notfalloption nicht zu oft einsetzen

In einer Apotheke reicht eine Apothekerin einem Kunden eine Packung mit Medikamenten über den Tresen.
In Schleswig Holstein wurden 2023 insgesamt 1,2 Millionen Verordnungen über Antibiotika für Versicherte der GKV abgerechnet. Jedes zweite Antibiotikum war ein Reserveantibiotikum.

Kiel. Die Antibiotika-Verordnungen in Schleswig-Holstein haben weiter deutlich zugenommen und im Jahr 2023 sogar das Niveau vor der Corona-Pandemie im Jahr 2019 überschritten. Das zeigt eine aktuelle Auswertung des Wissenschaftlichen Instituts der AOK (WIdO). Danach wurden insgesamt 1,2 Millionen Verordnungen für Versicherte der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) abgerechnet. Ein Anstieg um 32,7 Prozent im Vergleich zum Vorjahr 2022. Die AOK-Analyse offenbart, dass der Anteil von Reserveantibiotika im Jahr 2023 bei 43,9 Prozent lag. „Fast jede zweite Antibiotikaverordnung betrifft ein Reserveantibiotikum. Das ist alarmierend und könnte die Gefahr von Resistenzen deutlich erhöhen und die Behandlung lebensbedrohlicher Erkrankungen in Zukunft gefährden“, sagt Tom Ackermann, Vorstandsvorsitzender der AOK NordWest. Zusätzlich verstärkt die stagnierende Entwicklung neuer Antibiotika durch die pharmazeutische Industrie das Problem der Resistenzen. In den letzten Jahren wurden nur wenige neue Antibiotika auf den Markt gebracht, was die Situation weiter verschärft.

„Das Pulver sollte nicht verschossen werden. Reserveantibiotika werden dringend gebraucht, wenn Resistenzen bei herkömmlichen Antibiotika auftreten.“

Tom Ackermann

Vorstandsvorsitzender der AOK NordWest

Fast jedes zweite Antibiotikum ist ein Reserveantibiotikum

Als Reserveantibiotika werden Antibiotika bezeichnet, die für einen Einsatz mit strenger Indikation vorgesehen sind. Sie sollen nur dann verwendet werden, wenn Standardantibiotika nicht mehr helfen. Trotz des grundsätzlich positiven Trends werden Reserveantibiotika immer noch zu oft verordnet. Deren Verordnungsanteil ist in Schleswig-Holstein zwar seit Jahren kontinuierlich rückläufig. So ist im Vergleich zu 59,0 Prozent im Jahr 2014 ein Rückgang der Verordnungen auf 43,9 Prozent in 2023 festzustellen. Dennoch entfiel immer noch fast jede zweite Antibiotikaverordnung auf ein Reserveantibiotikum. Insgesamt wurden im Jahr 2023 rund 526.000 Verordnungen über Reserveantibiotika für gesetzlich versicherte Patientinnen und Patienten ausgestellt, ein Plus von 22,9 Prozent im Vergleich zum Vorjahr (429.000 Verordnungen). Dies ist aus Expertensicht nach wie vor problematisch, da diese Medikamente eigentlich nur Mittel der zweiten Wahl darstellen für deren Einsatz eine strenge Indikation vorgesehen ist. „Das Pulver sollte nicht verschossen werden. Reserveantibiotika werden dringend gebraucht, wenn Resistenzen bei herkömmlichen Antibiotika auftreten“, so Ackermann. 

Antibiotikaverbrauch im Norden steigt

Der seit 2016 rückläufige Trend bei den Antibiotikaverordnungen in Schleswig-Holstein wurde durch den Anstieg der Verschreibungen im Jahr 2021 beendet. Insgesamt wurden im Jahr 2021 rund 896.000 Verordnungen und in 2022 rund 904.000 Verordnungen ausgestellt. Mit dem Anstieg in 2023 auf 1,2 Millionen Antibiotikaverordnungen haben die Verordnungszahlen erstmals wieder das präpandemische Niveau des Jahres 2019 erreicht und sogar überschritten (1,08 Millionen Verordnungen). 

Neue Antibiotika-Wirkstoffe werden benötigt

Der AOK Die AOK hat mit mehr als 20,9 Millionen Mitgliedern (Stand November 2021) als zweistärkste Kassenart… -Chef weist anlässlich der aktuellen Auswertung darauf hin, dass neben einer zurückhaltenden Verordnung Einige Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung bedürfen einer schriftlichen Anweisung durch… auch Wirkstoffe mit neuen Wirkprinzipien benötigt werden, die in der Lage sind, die gegebenen Resistenzen zu überwinden. In den letzten zehn Jahren waren nur acht von insgesamt 367 neu auf den Markt gebrachten Wirkstoffen Antibiotika. Mit dem Arzneimittel Nach der Definition des Arzneimittelgesetzes (AMG) sind Arzneimittel insbesondere Stoffe und… -Lieferengpassbekämpfungsgesetz (ALBVVG) werden seit Juni 2023 finanzielle Anreize für pharmazeutische Unternehmen geschaffen, um neue antibiotische Wirkstoffe zu entwickeln, auch 2018 wurden vom Bundesministerium für Bildung und Forschung bis zu 500 Millionen Euro zur Verfügung gestellt, um in einem Zeitraum von zehn Jahren unter anderem die Entwicklung neuer Antibiotika zu fördern. 

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Pressesprecher

Jens Kuschel

AOK NordWest