AOK-Heilmittelbericht für Westfalen-Lippe: Sprachtherapien für über 16.200 Kinder in 2021
Ausfall von Sprachtherapien für Kinder in der Pandemie: Viele Behandlungen wurden nachgeholt
Dortmund. Während der ersten Phase der Covid-19-Pandemie im Jahr 2020 haben AOK-versicherte Kinder zwischen fünf und sieben Jahren in Westfalen-Lippe weniger sprachtherapeutische Unterstützung erhalten als vor Pandemie-Beginn: Während vor der ersten Pandemie-Welle pro Quartal durchschnittlich 5,7 Prozent der Kinder zwischen fünf und sieben Jahren sprachtherapeutisch behandelt wurden, waren es in der ersten Phase der Covid-19-Pandemie vom zweiten bis zum vierten Quartal 2020 nur 5,2 Prozent. Das geht aus dem aktuellen Heilmittelbericht für Westfalen-Lippe des Wissenschaftlichen Instituts der AOK (WIdO) hervor. „Nach dem Ende der zweiten Pandemiewelle Anfang 2021 sind trotz fortbestehender Beschränkungen Arztpraxen und Therapeuten wieder häufiger aufgesucht und aufgeschobene Sprachtherapien nachgeholt worden. Angesichts der vielfach befürchteten Auswirkungen der Pandemie-Einschränkungen auf die Sprachentwicklung der Kinder ist dies eine positive Nachricht“, sagt Tom Ackermann, Vorstandsvorsitzender der AOK NordWest.
Erhöhte Behandlungsbedürftigkeit
Eine Analyse der Therapien im Zeitverlauf macht deutlich, dass zu Beginn der Covid-19-Pandemie im zweiten Quartal 2020 mit 5,0 Prozent ein sehr viel niedrigerer Wert bei den Sprachtherapien für Kinder von fünf bis sieben Jahren zu verzeichnen war als im zweiten Quartal 2019 (6,0 Prozent). Allerdings zeigen sich Nachholeffekte in den Folgequartalen: Hier stieg der Anteil langsam wieder an und erreichte im ersten Quartal 2021 den höchsten Wert von 6,6 Prozent.
Gleichzeitig war in dieser Altersgruppe, die am häufigsten Sprachtherapie verordnet bekommt, Anfang 2021 auch ein Höchstwert bei der Behandlungsintensität festzustellen. So erhielt jedes behandelte Kind im ersten Quartal 2021 durchschnittlich 11,1 Therapiesitzungen. „Dieser Anstieg deutet auf eine erhöhte Behandlungsbedürftigkeit nach dem ersten Lockdown hin. Es ist zu vermuten, dass dies auf die aufgeschobenen sprachtherapeutischen Behandlungen oder auf eine mangelnde Sprachpraxis bei den Kindern im ersten Lockdown zurückzuführen ist“, so Ackermann. Nach dem Spitzenwert im ersten Quartal 2021 ist die Rate im weiteren Verlauf des Jahres wieder gesunken und hat mit 10,4 Behandlungen je Kind im dritten und 10,5 im vierten Quartal 2021 das durchschnittliche Niveau der Vor-Pandemie-Zeit erreicht.
Sprachentwicklungsstörungen bei Kindern nicht erkannt
Auch die Häufigkeit der ärztlich dokumentierten Sprachentwicklungsstörungen hat sich in der Pandemie verändert. Vor der Pandemie waren pro Quartal durchschnittlich 15,6 Prozent aller AOK Die AOK hat mit mehr als 20,9 Millionen Mitgliedern (Stand November 2021) als zweistärkste Kassenart… -versicherten Kinder zwischen fünf und sieben Jahren davon betroffen. In den ersten Pandemie-Monaten zwischen April und Dezember 2020 wurden Sprachentwicklungsstörungen bei nur 14,4 Prozent dieser Kinder diagnostiziert. Dies entspricht einem Rückgang um 7,7 Prozent gegenüber den Quartalen vor der Pandemie. „Es liegt die Vermutung nahe, dass Sprachentwicklungsstörungen bei den Kindern nicht erkannt und somit auch nicht behandelt werden konnten, da gerade zu Beginn der Pandemie im Jahr 2020 Lockdown-bedingt Arzttermine verschoben wurden“, so Ackermann. Gleichzeitig deute die Entwicklung der diagnostizierten Sprachentwicklungsstörungen bei Kindern im Jahr 2021 auf einen anfänglichen Nachholeffekt, ansonsten aber eher auf eine Normalisierung im Vergleich zu den Zeiten vor der Covid-19-Pandemie hin.
Sprachliche Meilensteine meistern
Sprachtherapien können Kinder unterstützen, falls im Rahmen ärztlicher Untersuchungen Sprachentwicklungsstörungen erkannt werden. Bei Kindern bis 14 Jahre sind Sprachentwicklungsstörungen der häufigste Anlass für eine Heilmittelbehandlung. Insgesamt wurde eine Sprachtherapie im Jahr 2021 für 16.225 Kinder in Westfalen-Lippe abgerechnet, was einem Anteil von 47,7 Prozent aller Kinder mit Heilmitteltherapie entspricht. Fast zwei Drittel dieser Kinder (65,2 Prozent) waren zwischen fünf und sieben Jahre alt. Da mit etwa fünf Jahren die Sprachentwicklung weitestgehend abgeschlossen ist, wird bei der zu dieser Zeit anstehenden U9-Untersuchung besonders darauf geachtet, ob die Kinder alle sprachlichen Meilensteine gemeistert haben und fit für die Schule sind.
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