Anstieg der Arzneimittel-Ausgaben in Schleswig-Holstein geht weiter
AOK fordert effektive Steuerungsinstrumente
Kiel. In Schleswig-Holstein sind die Ausgaben für Arzneimittel weiter deutlich gestiegen: Im ersten Halbjahr 2024 erhielten die rund 2,6 Millionen gesetzlich Versicherten Medikamente im Wert von 839 Millionen Euro. Das ist ein Anstieg im Vergleich zum Vorjahreszeitraum von 4,6 Prozent. Dies teilte heute die AOK NordWest auf Basis der aktuellen Statistiken des GKV-Spitzenverbandes mit. „Neue patentgeschützte Arzneimittel sind seit vielen Jahren die wesentlichen Kostentreiber. Aber statt mit effektiven Regelungen eine Ausgabendämpfung einzuleiten, wird mit den neuen Regelungen des Medizinforschungsgesetzes die Ausgabendynamik weiter angeheizt. Was wir im Sinne der Versichertengemeinschaft eigentlich brauchen, ist das Gegenteil: effektive und gestärkte Steuerungsinstrumente“, sagt AOK-Vorstandsvorsitzender Tom Ackermann.
„Neue patentgeschützte Arzneimittel sind seit vielen Jahren die wesentlichen Kostentreiber.“
Vorstandsvorsitzender der AOK NordWest
Mondpreise endlich abschaffen
Der langjährige Trend, dass patentierte Arzneimittel Nach der Definition des Arzneimittelgesetzes (AMG) sind Arzneimittel insbesondere Stoffe und… immer mehr kosten, jedoch gleichzeitig immer weniger zur Versorgung beitragen, hat sich auch im vergangenen Jahr fortgesetzt. Dass der verhandelte Erstattungsbetrag für neue Arzneimittel künftig bereits nach sieben statt bisher zwölf Monaten nach Markteintritt gilt, konnte den Trend nicht aufhalten. Hersteller in Deutschland können für die ersten sechs Monate nach wie vor den Preis ihres neuen Arzneimittels frei festlegen und Mondpreise dafür verlangen, unabhängig davon, ob das neue Arzneimittel einen Mehrwert für die Versorgung bringt oder nicht. „Ein Ende dieser Entwicklung ist nicht in Sicht. Die Bundesregierung ist gefordert, hier dringend regulierend einzugreifen“, so Ackermann.
Medizinforschungsgesetz führt nicht zu Kostensenkungen
Der AOK Die AOK hat mit mehr als 20,9 Millionen Mitgliedern (Stand November 2021) als zweistärkste Kassenart… -Vorstandschef kritisiert, dass die von der Bundespolitik vorgesehenen Regelungen mit dem zum 30. Oktober in Kraft getretenen Medizinforschungsgesetz (MFG) in die falsche Richtung gehen. Danach erhalten pharmazeutische Unternehmer befristet bis zum 30. Juni 2028 die Möglichkeit, vertrauliche Erstattungsbeträge bei neuen Arzneimitteln zu vereinbaren. Die Option der Vertraulichkeit kann zwar erst nach Vereinbarung oder Festsetzung des Preises gewählt werden und ist mit einem Preisabschlag von neun Prozent verbunden, dennoch würde die Liquidität der gesetzlichen Krankenversicherung weiter strapaziert werden. „Die Einführung von vertraulichen Erstattungsbeträgen gibt ein völlig falsches Signal, auch wenn die Option durch einen Abschlag von neun Prozent im Laufe des parlamentarischen Verfahrens deutlich unattraktiver gestaltet worden ist“, so Ackermann. Die Einführung von geheimen Erstattungsbeträgen würde nach Auffassung Ackermanns zu erheblicher Intransparenz sowie zu einem hohen bürokratischen und finanziellen Aufwand führen, der mit verantwortungsvollen gesundheitsökonomischen Erwägungen nicht vereinbar sei. „Geheimpreise führen zu zusätzlichen finanziellen Belastungen, denn die Nachfolgepräparate orientieren sich am höheren Preis. Dies führt in letzter Konsequenz dazu, dass das Preisgefüge insgesamt ansteigt“, sagt Ackermann.
Effektive Steuerungselemente
Statt der nun vorgesehenen vertraulichen Preise hatte die AOK die Einführung eines sogenannten Interimspreises für Arzneimittel vorgeschlagen. „Mit diesem Mechanismus könnten die bislang frei gewählten Listenpreise abgelöst und rückwirkend mit einem ausgehandelten Erstattungsbetrag verrechnet werden“, erklärt Ackermann.
Nur wenige profitieren
Hinzu komme, dass neue Medikamente immer mehr kosteten, aber davon nicht mehr Menschen profitierten. „Es wird immer mehr Geld für eine immer geringere Versorgungsreichweite ausgegeben“, sagt Ackermann. Daher seien dringend Regulierungsmaßnahmen erforderlich. Das gilt insbesondere für Arzneimittel zur Behandlung seltener Erkrankungen mit häufig noch unzureichender Evidenz, aber besonders hohen Preisforderungen.
42 Millionen Euro Zuzahlungen
Im Durchschnitt bekam im ersten Halbjahr 2024 jeder gesetzlich Versicherte in Schleswig-Holstein Arzneimittel für 329 Euro verordnet. Damit lag Schleswig-Holstein unter dem bundesweiten Wert von 405 Euro. Insgesamt haben die Patienten Zuzahlungen Zuzahlungen in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) sind eine Form der direkten finanziellen… für Arzneimittel in Höhe von 42 Millionen Euro geleistet, das sind durchschnittlich 16,5 Euro je Versicherten.
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