Blog Versorgung und Innovation

Wie Innovationen ins Gesundheitssystem kommen

21.02.2024 AOK PLUS 6 Min. Lesedauer

Um neue Versorgungsprojekte im medizinischen Bereich voranzubringen, braucht es neben begeisterten Akteuren auch eine auskömmliche Finanzierung. Eben dies wird durch den Innovationsfonds des Gemeinsamen Bundesauschuss sichergestellt. Wir beleuchten, wie er funktioniert.

Die medizinische Versorgung ist, wie viele andere Bereiche des täglichen Lebens auch, ständiger Weiterentwicklungen unterworfen. Neue Behandlungsmethoden, neue wissenschaftliche Erkenntnisse, neue technische Möglichkeiten, et cetera, et cetera. Damit die Menschen davon profitieren können, wird die Nutzbarkeit neuer Entwicklungen durch Projekte getestet. Dabei finden sich meist zwei oder mehrere Akteure (Krankenkassen Die 97 Krankenkassen (Stand: 26.01.22) in der gesetzlichen Krankenversicherung verteilen sich auf… , Krankenhäuser, Ärzte, medizinische Einrichtungen, etc.) des Gesundheitswesens zusammen. Damit diese Projekte nicht an der Finanzierung scheitern, können sie eine Förderung durch den Innovationsfonds Das GKV-Versorgungsstärkungsgesetz vom 16. Juli 2015 gibt dem Gemeinsamen Bundesausschuss (GBA) den… des Gemeinsamen Bundesausschuss (GBA) beantragen.

Fördern im Sinne der Menschen

In Deutschland sind alle medizinischen Leistungen durch den Gesetzgeber festgelegt bzw. durch den GBA und andere Akteure konkretisiert. Im GBA sitzen Vertreter von Krankenkassen, Ärzteschaft, Krankenhäusern und Patientenvertretungen. Geleitet wird er von unabhängigen Expertinnen und Experten. Der Innovationsausschuss wurde 2016 eingerichtet und hat das Ziel, innovative Ideen, Projekte oder Ansätze zu fördern, die neue Behandlungspfade austesten oder nach neuen Erkenntnissen zu bestehenden Pfaden suchen.

Dazu steht ihm mit dem Innovationsfonds ein Finanzierungsmittel zur Verfügung, mit dem pro Jahr mehrere Projekte oder Studien gefördert werden können. In 2024 stehen für Projekte für neue Versorgungsformen 160 Millionen Euro zur Verfügung, für Forschungsprojekte 40 Millionen Euro und mind. fünf Millionen Euro für die Weiterentwicklung bestimmter medizinischer Leitlinien werden definiert als systematisch entwickelte Entscheidungshilfen für Ärzte und Patienten, die eine… . Getragen werden die Mittel von den Gesetzlichen Krankenkassen und des Gesundheitsfonds Der Gesundheitsfonds wurde durch das 2007 verabschiedete GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz eingeführt.… .

Jährlich wechselnde Schwerpunkte

Jedes Jahr werden neue Schwerpunkte und Kriterien festgelegt, anhand derer die eingereichten Projekte bewertet werden. Dies geschieht durch den Innovationsausschuss, in dem neben den Krankenkassen auch das Bundesministerium für Gesundheit Das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) ist zuständig für die Politikbereiche Gesundheit,… , das Bundesministerium für Bildung und Forschung, die kassenärztliche Bundesvereinigung, die kassenzahnärztliche Bundesvereinigung, die Deutsche Krankenhausgesellschaft, der GBA selbst und Patientenorganisationen sitzen. Unterstützung erhält der Ausschuss dabei von Vertretern aus Wissenschaft und Praxis, die ihre Expertise zu den eingereichten Projekten einbringen.

Praxisbeispiel „SPIZ“

Seit seiner Gründung haben mehrere Projekte der AOK Die AOK hat mit mehr als 20,9 Millionen Mitgliedern (Stand November 2021) als zweistärkste Kassenart…  PLUS und ihrer Partner den Innovationsfonds durchlaufen. Aktuell läuft das Projekt „SPIZ“, welches zusammen mit den Universitätsklinika Dresden und Leipzig sowie dem Klinikum Chemnitz durchgeführt wird. Ziel des Projektes („Sektorenübergreifende Versorgung von Patient:innen mit hämatologischer Erkrankung nach innovativer Zelltherapie“) ist es, die Nachversorgung von Patienten nach einer Blut- oder Lymphdrüsenkrebsbehandlung noch besser zu gestalten. Bisher findet die ambulante Nachbetreuung in den behandelnden Krankenhäusern statt, was mit langen Fahrtwegen und einem hohen Zeitaufwand verbunden ist. Mit „SPIZ“ soll die ambulante Versorgung standardisiert und optimiert werden.

Das Projekt setzt sich aus fünf Bestandteilen zusammen: Zum einen durch eine App, in der Patienten täglich ihren allgemeinen Gesundheitszustand und vorhandene Symptome festhalten. Die Meldungen werden dann von onkologischen Fachpflegekräften ausgewertet und bei Auffälligkeiten an die behandelnden Ärzte weitergeleitet. Weitere digitale Bestandteile des Projektes sind Videosprechstunden mit Ärzten, aber auch mit Psychoonkologen und Sozialarbeiten, sowie Fallkonferenzen zur überregionalen und sektorenübergreifenden Besprechung der Patienten, an denen alle behandelnden Personen teilnehmen.

Um lange Fahrtwege und den damit verbundenen Zeitaufwand zu reduzieren, werden die Amublanzvisiten teilweise durch Hausbesuche von sogenannten „Onco Nurses“ ersetzt. Onkologisch erfahrene Fachpflegekräfte beurteilen bei den Hausbesuchen den Allgemeinzustand der Patienten, nehmen Blut zur Laboruntersuchung ab und können hinsichtlich notwendiger Hygiene- und Pflegemaßnahmen beraten. Die Hausbesuche sind stets an eine Videosprechstunde mit dem behandelnden Arzt Die ärztliche Berufsausübung, die Ausübung der Heilkunde, setzt nach der Bundesärzteordnung eine… gekoppelt, sodass ein Kontakt und eine Beurteilung der Laborwerte erfolgt, obwohl der Patient nicht vor Ort am behandelnden Zentrum war.

Eine erhebliche Hilfe für die Patienten stellen die Case Manager dar. Diese sind zentrale Ansprechpartner für Patienten über eine gesondert eingerichtete Telefonnummer, unterstützen bei Terminen und der Koordinierung der behandelnden Akteure. Die Patienten haben so immer eine Anlaufstelle bei Sorgen oder Fragen über ihre Behandlung.

Das Projekt erleichtert die Nachbetreuung der Patienten auf mehrfache Weise. Zum einen erspart es ihnen teilweise die weiten Wege in die Zentren zur Nachbehandlung, die bisher notwendig waren. Zum anderen steigert die Vernetzung der medizinischen Akteure den Behandlungserfolg. Durch die Ausrichtung auf digitale Austausch- und Behandlungsformate können Informationen schneller geteilt und notwendige Schritte ebenso schneller angegangen werden.

Das Projekt ist auf drei Jahre ausgelegt und soll im Jahr 2026 abgeschlossen werden. Durch den Innovationsausschuss wird es mit 4,1 Millionen Euro gefördert, um anstehende Investitionen sowie die Betreuung im Rahmen des Projektes zu unterstützen. Nach Abschluss des Projektes wird sein Nutzen für die Patienten überprüft und, wenn diese Überprüfung positiv ausfällt, soll es in die Regelversorgung übernommen werden.

Konsortialführung: 

Technischen Universität Dresden  

Konsortialpartner:

  • Medizinische Fakultät der Universität Leipzig, Medizinische Klinik und Poliklinik Polikliniken sind integrierte medizinische Versorgungseinrichtungen oder ambulante Abteilungen bzw.…  I
  • Klinikum Chemnitz, Zentrum für Zell- und Immuntherapie Chemnitz-Dresden (CCI-CD)
  • AOK PLUS - Die Gesundheitskasse für Sachsen und Thüringen
  • Verein zur Qualitätssicherung a) Qualitätssicherung in der gesetzlichen Krankenversicherung: Vertragsärzte, Krankenhäuser und…  in der hämatologischen Diagnostik (QHD e.V.; On-kologische Schwerpunktpraxen versorgen Patientengruppen mit bestimmten Krankheitsbildern (zum Beispiel diabetologische oder…  regional)

Weitere Kooperationspartner:

  • Niedergelassene Internistische Onkologen Sachsen (NIO)
  • SaxoCell, Cluser4Future
  • Deutsch-Österreich-Schweizer-GVHD Consortium
  • Nationales Centrum für Tumorerkrankungen (NCT/UCC), Standort Dresden
  • Patientenbeirat des NCT/UCC 
  • SMILe-ICM (SteM Cell TransplantatIon faciLitaded by eHealth)