Reform
Gesetz für eine bessere Versorgung durch Digitalisierung und Innovation / Digitale-Versorgung-Gesetz (DVG)
Mit dem Digitale-Versorgung-Gesetz (DVG) will die Bundesregierung den Digitalisierungsprozess im deutschen Gesundheitswesen weiter vorantreiben.
Auswirkungen auf Versicherte
- Versicherte erhalten Anspruch auf Kostenübernahme digitaler Gesundheitsanwendungen, die zur Erkennung, Behandlung oder Linderung von Krankheiten oder Behinderungen geeignet sind - beispielsweise Onlinetagebücher für Diabetiker oder Apps für Menschen mit Bluthochdruck. Der Anspruch umfasst dabei nur vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (Bfarm) zugelassene und vom Arzt verschriebene digitale Gesundheitsanwendungen.
- Versicherte können künftig Heil- und Hilfsmittelverordnungen sowie häusliche Krankenpflege auf elektronischem Weg verordnet bekommen - bislang gab es nur die elektronischen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (eAU) und das mit der GSAV eingeführte elektronische Arzneimittel-Rezept.
- Freiwillig gesetzliche Versicherte können künftig der Krankenkasse ihrer Wahl online beitreten.
- Versicherte können Wahlleistungsvereinbarungen (etwa im Vorfeld geplanter Krankenhausaufenthalte) mit ihrer Kasse künftig auch elektronisch abschließen.
Auswirkungen auf Ärzte/ambulante Pflege
- Ärzte können künftig zugelassene digitale Anwendungen verschreiben. Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) prüft vorab Sicherheit, Funktion, Qualität, Datenschutz und Datensicherheit der Produkte. Innerhalb eines Jahres muss der Hersteller nachweisen, dass die App die Versorgung verbessert.
- Ärztliche Leistungen, die zur weiteren Verwendung einer digitalen Gesundheitsanwendung nötig sind, soll der Bewertungsausschuss in den einheitlichen Bewertungsmaßstab für ärztliche Leistungen (EBM) aufnehmen.
- Bieten Ärzte eine Videosprechstunde an, dürfen sie künftig darüber auf ihrer Internetseite informieren. Die Aufklärung für eine Videosprechstunde kann jetzt auch online, also im Rahmen der Videosprechstunde erfolgen - nicht mehr wie bisher im Vorfeld.
- Ärzte, die noch nicht an die grundlegende Telematikinfrastruktur angeschlossen sind, erhalten ab dem 1. März 2020 einen Honorarabzug von 2,5 Prozent (bislang: 1 Prozent). Damit Apotheken die Aktualisierung des neu eingeführten elektronischen Medikationsplans vornehmen können, werden auch sie verpflichtet, sich bis zum 30. September 2020 an die Telematikinfrastruktur anzuschließen.
- Niedergelassene Ärzte müssen bis zum 30. Juni 2021 gegenüber der kassenärztlichen Vereinigung nachweisen, dass sie über die erforderlichen Komponenten verfügen, um auf die elektronische Patientenakte zugreifen zu können. Ist dies nicht geschehen, wird die Vergütung vertragsärztlicher Leistungen pauschal um ein Prozent gekürzt, bis der Nachweis erbracht wird.
- Die in (Zahn-)Arztpraxen und Krankenhäusern verwendete Soft- und Hardware wird standardisiert. Ab Januar 2021 dürfen Ärzte nur noch informationstechnische Systeme verwenden, die zuvor von der Kassen(zahn)ärztlichen Bundesvereinigung (KBV/KZBV) bestätigt wurden.
- KBV beziehungsweise KZBV müssen bis zum 30. Juni 2020 in einer Richtlinie die Anforderungen für IT-Sicherheitsstandards für niedergelassene (Zahn-)Ärzte verbindlich festlegen. Von der KBV/KZBV zertifizierte Dienstleister können die Praxen bei der Umsetzung unterstützen.
- Der elektronische Informationsaustausch zwischen (Zahn-)Ärzten im Rahmen sogenannter Telekonsile wird künftig extrabudgetär vergütet. Die Vergütungshöhe hat der jeweilige Bewertungsausschuss bis zum 30. September 2020 festzulegen.
- Die Kostenpauschalen für die Versendung von Arztbriefen werden neu geregelt. Ab dem 31. März 2020 ist die Pauschale für den Versand eines elektronischen Arztbriefes doppelt so hoch vergütet wie beim Faxversand. Ab dem 31. März 2021 steigt diese Vergütung gegenüber dem Faxversand auf das Vierfache.
Auswirkungen auf Krankenhäuser/stationäre Pflege
- Krankenhäuser werden sie verpflichtet, sich bis zum 1. Januar 2021 an die Telematikinfrastruktur anzuschließen. Kliniken, die dieser Pflicht nicht nachkommen, erhalten ab dem 1. Januar 2022 einen Abschlag von einem Prozent auf alle voll- und teilstationär erbrachten Leistungen. Andere Leistungserbringer wie Hebammen und Entbindungspfleger, Physiotherapeuten sowie Pflegeeinrichtungen können sich freiwillig anschließen, die Kosten hierfür tragen die Krankenkassen.
Auswirkungen auf Krankenkassen
- Krankenkassen können freiwillig gesetzliche Versicherte künftig auch online als Mitglieder aufnehmen. Sie dürfen ihre Versicherten mit deren Zustimmung auch elektronisch über innovative Angebote informieren.
- Krankenkassen können im Rahmen der Selbsthilfeförderung künftig digitale Angebote der Selbsthilfe gleichberechtigt zu analogen Angeboten berücksichtigen. Förderfähige digitale Angebote wie etwa Chat-Foren oder Apps, die dem virtuellen Austausch beziehungsweise der Mitgliederinformation dienen, müssen dabei alle Anforderungen an Datenschutz und Datensicherheit gewahrleisten.
- Krankenkassen werden verpflichtet, ihren Versicherten Angebote zur Förderung der digitalen Gesundheitskompetenz zu machen. Die Angebote sollen die Versicherten dazu befähigen, selbstbestimmte Entscheidungen über den Einsatz digitaler Innovationen im Rahmen der Krankenbehandlung zu treffen. Versicherte könnten beispielsweise im Umgang mit Gesundheits-Apps oder der elektronischen Patientenakte geschult werden.
- Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen wird beauftragt, kassenübergreifende Festlegungen für die Leistungen zur Förderung der Gesundheitskompetenz zu treffen. Zum 31. Dezember 2021 und anschließend alle zwei Jahre muss der Spitzenverband künftig dem Gesundheitsministerium Bericht erstatten, wie und in welchem Umfang die Kassen ihrer Pflicht nachkommen.
- Der Innovationsfonds des Gemeinsamen Bundesausschusses wird um fünf Jahre bis 2024 verlängert. Für neue Versorgungsformen und die Versorgungsforschung werden jährlich 200 Millionen Euro bereitgestellt. Die Kosten dafür trägt die gesetzliche Krankenversicherung (jeweils hälftig: am Risikostrukturausgleich teilnehmende Kassen und die Liquiditätsreserve des Gesundheitsfonds).
- Die Anzahl der zu fördernden Vorhaben aus dem Innovationsfonds wird von 15 auf 20 erhöht.
- Um im Innovationsfonds mehr wissenschaftlichen und versorgungspraktischen Sachverstand einzubringen, wird ein ehrenamtlicher Expertenpool gebildet. Dieser ersetzt den bisherigen zehnköpfigen Expertenbeirat. Mitglieder im Pool werden für einen Zeitraum von zwei Jahren benannt.
- Die Sozialdaten der Krankenkassen sollen stärker für die Steuerung und Weiterentwicklung der Gesundheitsversorgung genutzt werden. Um eine breite wissenschaftliche Nutzung unter Wahrung des Sozialdatenschutzes zu ermöglichen, wird die bisherige Datenaufbereitungsstelle zu einem Forschungsdatenzentrum mit einem deutlich erweiterten und aktuelleren Datenangebot weiterentwickelt.
- Krankenkassen müssen künftig die Kosten für digitale Gesundheitsanwendungen tragen. Nach Abschluss der Sicherheitsprüfung durch das Bfarm erstatten die Kassen zunächst für ein Jahr den vom Hersteller geforderten Preis - können die Hersteller nach Ablauf des Jahres einen medizinischen Nutzen nachweisen, verhandeln sie mit den Kassen den Erstattungspreis.
- Krankenkassen können künftig zur Verbesserung der Qualität und Wirtschaftlichkeit der Versorgung die Entwicklung digitaler Innovationen fördern. Darunter fallen beispielsweise digitale Medizinprodukte wie beispielsweise Apps sowie telemedizinische oder IT-gestützte Verfahren. Die Kassen können die digitalen Innovationen in Zusammenarbeit mit Dritten entwickeln oder von diesen entwickeln lassen.
- Krankenkassen können Versorgungsinnovationen fördern, um die Versorgung der Versicherten weiterzuentwickeln. Bereits bestehende Möglichkeiten der Krankenkassen, Einzelverträge mit Leistungserbringern (§140a) abzuschließen, können so stärker am tatsächlichen Bedarf ausgerichtet werden. Krankenkassen dürfen diejenigen Versicherten zielgerichtet über Versorgungsinnovationen informieren, die von den Innovationen - etwa in Form von Modellvorhaben - besonders profitieren könnten. Die ärztliche Therapiefreiheit und die Wahlrechte der Versicherten dürfen die Kassen dabei nicht einschränken.
- Der GKV-Spitzenverband erhält den Auftrag, erstmals bis zum 31.12.2021 dem Bundesgesundheitsministerium zu berichten, wie und in welchem Umfang die Kassen Versorgungsinnovationen fördern. Dabei soll künftig jährlich dargelegt werden, inwieweit die erweiterten Rechte der Krankenkassen zu innovativen Versorgungsansätzen geführt haben und in welchem Ausmaß diese Ansätze von Versicherten genutzt werden.
Auswirkungen auf Finanzierung
- Für die Verpflichtung der Krankenhäuser, sich an die Telematikinfrastruktur anzuschließen, entstehen der gesetzlichen Krankenversicherung einmalige Ausgaben in Höhe von 400 Millionen Euro für Ausstattungskosten und von jährlich 2 Millionen Euro für Betriebskosten.
- Aus der Fortführung des Innovationsfonds resultieren in den Jahren 2020 bis 2024 Ausgaben von 200 Millionen Euro pro Jahr, von denen 100 Millionen von den Krankenkassen und 100 Millionen aus der Liquiditätsreserve des Gesundheitsfonds finanziert werden.
- Für die Festlegungen der erforderlichen technischen Spezifikationen durch die Gesellschaft für Telematik entstehen Kosten für die gesetzliche Krankenversicherung in Höhe von rund 6 Millionen Euro.
Beitragssatz
14,6 % (+ evtl. Zusatzbeitrag Seit 2009 erhalten die gesetzlichen Krankenkassen zur Deckung ihrer Ausgaben Zuweisungen aus dem… )