Reform

Gesetz zur besseren Vereinbarkeit von Familie, Pflege und Beruf

In Kraft getreten: 01.01.2015 4 Min. Lesedauer

Mit dem Gesetz zur besseren Vereinbarkeit von Familie, Pflege und Beruf wird der Personenkreis der „nahen Angehörigen“, die für die familiäre Pflege infrage kommen, erweitert. Beschäftigte haben außerdem einen Rechtsanspruch auf Familienpflegezeit von bis zu 24 Monaten.

Auswirkungen auf Versicherte

  • Das Pflegeunterstützungsgeld wird zum 1. Januar 2015 als neue Lohnersatzleistung eingeführt.
  • Beschäftigte erhalten diese Leistung – zusätzlich zum bereits seit 2008 bestehenden Anspruch auf zehn Tage Pflegeauszeit – für maximal zehn Tage, wenn sie für einen nahen Verwandten in einer plötzlich akut aufgetretenen Situation die häusliche Pflege organisieren müssen.
  • Die Pflegekasse des pflegebedürftigen Angehörigen zahlt 90 Prozent des beim Beschäftigten wegfallenden Nettoentgelts als Pflegeunterstützungsgeld. Der Anspruch auf Pflegeauszeit und Pflegeunterstützungsgeld besteht unabhängig von der Unternehmensgröße.
  • Voraussetzung für das Pflegeunterstützungsgeld ist eine ärztliche Bescheinigung über die voraussichtliche Pflegebedürftigkeit des Angehörigen. Eine schwere Erkrankung allein reicht nicht aus. Der Anspruch auf die Lohnersatzleistung ist für jede pflegebedürftige Person auf zehn Tage begrenzt. Teilen sich mehrere beschäftigte Angehörige die Organisation der Pflege, hat jeder einzelne einen anteiligen Anspruch auf das Pflegeunterstützungsgeld.
  • Der 2008 mit dem Pflegezeitgesetz eingeführte Anspruch auf eine sechsmonatige vollständige oder teilweise berufliche Freistellung zur Pflege eines nahen Verwandten wird erweitert. Künftig besteht dieser Anspruch auf eine Pflegezeit auch für Eltern von pflegebedürftigen minderjährigen Kindern, die nicht zuhause, sondern beispielsweise in einer Klinik betreut werden. Beschäftigte können sich zudem im Rahmen der Pflegezeit nun auch drei Monate lang für die Sterbebegleitung eines nahen Verwandten freistellen lassen ? dies gilt auch für eine Sterbebegleitung im Hospiz. Sie erhalten zudem Anspruch auf ein zinsloses Darlehen.
  • Der Rechtsanspruch auf eine vollständige oder teilweise Freistellung im Rahmen der Pflegezeit besteht grundsätzlich nur gegenüber Arbeitgebern mit mindestens 16 Beschäftigten. Erzielt der Beschäftigte mit einem kleineren Unternehmen trotzdem eine freiwillige Vereinbarung, erhält er auch den Anspruch auf das zinslose Darlehen.
  • Der Arbeitgeber kann künftig den jährlichen Urlaubsanspruch für jeden im Rahmen der Pflegezeit voll in Anspruch genommenen Monat der vollständigen Freistellung um ein Zwölftel kürzen.
  • Fehlt für die weitere häusliche Pflege des Angehörigen im Rahmen der Pflegezeit ? durch Tod, die Verlagerung auf eine stationäre Pflege oder den Wegfall der Pflegebedürftigkeit ? die Grundlage, endet der Anspruch auf diese sowie das zinslose Darlehen vier Wochen nach Eintritt der veränderten Umstände.
  • Die mit dem Familienpflegezeitgesetz 2012 eingeführte Regelung einer Familienpflegezeit wird erweitert. Künftig besteht ein Rechtsanspruch auf diese Leistung (bislang: freiwillige Leistung des Arbeitgebers). Beschäftigte können demnach bis zu 24 Monate ihre Arbeitszeit bis auf mindestens 15 verbleibende Wochenstunden reduzieren, um einen nahen Angehörigen mit Pflegegrad zuhause zu pflegen.
  • Der Rechtsanspruch auf Familienpflegezeit gilt nur gegenüber Arbeitgebern mit mindestens 26 Beschäftigten. Die Inanspruchnahme muss dem Arbeitgeber mindestens acht Wochen vorher schriftlich mitgeteilt werden.
  • Jeder Beschäftigte hat pro pflegebedürftigem Angehörigen nur einmal Anspruch auf die Pflege- beziehungsweise Familienpflegezeit.
  • Künftig besteht der Anspruch auf Familienpflegezeit auch für Eltern von pflegebedürftigen minderjährigen Kindern, die nicht zuhause, sondern beispielsweise in einer Klinik betreut werden.
  • Fehlt für die weitere häusliche Pflege des Angehörigen im Rahmen der Familienpflegezeit ? durch Tod, stationäre Pflege oder Wegfall der Pflegebedürftigkeit ? die Grundlage, endet der Anspruch auf die Familienpflegezeit sowie das zinslose Darlehen vier Wochen nach Eintritt der veränderten Umstände.
  • Den Einkommensausfall im Rahmen einer Pflegezeit oder einer Familienpflegezeit können die Beschäftigten durch ein zinsloses Darlehen abfedern. Dieses erhalten sie beim Bundesamt für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben (BAFzA). Das Darlehen deckt maximal 50 Prozent des fehlenden beziehungsweise verringerten Nettogehaltes ab, die Untergrenze liegt bei 50 Euro monatlich. Das Darlehen ist in der Regel innerhalb von 48 Monaten zurückzuzahlen, eine Härtefallregelung legt mögliche Stundungen oder Teilerlasse der Schulden fest.
  • Die Möglichkeit, bei der Familienpflegezeit eine Entgeltaufstockung unter Verwendung eines Wertguthabens zu vereinbaren, bleibt unverändert.
  • Pflegezeit und Familienpflegezeit können künftig miteinander kombiniert werden. In diesem Fall müssen die Beschäftigten die beiden Leistungen im direkten Anschluss hintereinander nehmen. Die Gesamtdauer aus beiden Leistungen beträgt jedoch maximal 24 Monate. Bei einer kombinierten Inanspruchnahme ändern sich die Ankündigungsfristen.
  • Die Definition eines nahen Angehörigen wird sowohl im Pflegezeit- wie auch im Familienpflegezeitgesetz erweitert: Auch Stiefeltern, lebenspartnerschaftliche Gemeinschaften und verschwägerte Personen werden künftig berücksichtigt.
  • Die Berechnung des Kinderkrankengeldes wird neu geregelt. Als Grundlage wird künftig nicht mehr das vor der Freistellung von der Arbeit erzielte Arbeitsentgelt inklusive aller Einmalzahlungen berücksichtigt, sondern nur das während der Freistellung konkret ausgefallene Nettogehalt.

Auswirkungen auf Krankenkassen

  • Das Pflegeunterstützungsgeld wird zum 1. Januar 2015 als neue Lohnersatzleistung eingeführt.
  • Beschäftigte erhalten diese Leistung für maximal zehn Tage, wenn sie für einen nahen Verwandten in einer akut aufgetretenen Situation die häusliche Pflege organisieren. Die Pflegekasse des pflegebedürftigen Angehörigen zahlt im Regelfall 90 Prozent des wegfallenden Nettoentgelts als Pflegeunterstützungsgeld.
  • Das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend erhält den Auftrag, einen unabhängigen Beirat für die Vereinbarkeit von Pflege und Beruf einsetzen. Dieser setzt sich unter anderem zusammen aus Vertretern von Interessenverbänden, Gewerkschaften, Wohlfahrtsverbänden und Pflegekassen. Er befasst sich mit Fragen zur Vereinbarkeit von Pflege und Beruf und berät das Ministerium.

Auswirkungen auf Finanzierung

  • Zur Finanzierung des Pflegeunterstützungsgeldes entstehen der Pflegeversicherung zusätzliche Kosten von voraussichtlich 100 Millionen Euro pro Jahr.

Beitragssatz

2,35 % (2,6 Kinderlose)