Reform

Gesundheitsreformgesetz (GRG)

In Kraft getreten: 01.01.1989 5 Min. Lesedauer

Mit dem Gesundheitsreformgesetz (GRG) wurde das GKV-System auf eine neue gesetzliche Grundlage gestellt: das Fünfte Buch des Sozialgesetzbuchs (SGB V), in das die Reichsversicherungsordnung (RVO) von 1913 zum größten Teil überführt wurde.

Auswirkungen auf Versicherte

  • Halbierung des Kassenzuschusses für Brillengestelle auf einen Zuschussbetrag von 20 Mark, bei gleichbleibender Sehstärke maximal alle drei Jahre (früher nur bei Veränderung der Sehstärke um mindestens 0,5 Dioptrien).Zuzahlung jetzt auch bei Hilfsmitteln (beispielsweise Rollstuhl oder Pflegebett), die oberhalb eines von den Kassen festgelegten Richtwertes (Festbetrag) liegen.
  • Versicherte müssen bei Heilmitteln (zum Beispiel Physiotherapie oder Logopädie), für die kein Festbetrag festgelegt wurde, eine Rezeptgebühr von vier Mark je Heilmittel leisten. Bei Heilmitteln, für die ein Festbetrag festgelegt wurde, zahlt die Kasse den Festbetrag, der Versicherte ggf. die Differenz zum Festbetrag.
  • Die Arzneimittelzuzahlung steigt von 2 auf 3 Mark pro Medikament im festbetragsfreien Markt. Bei Arzneimitteln, die zum Festbetrag angeboten werden, ist keine Zuzahlung mehr erforderlich, es sei denn, der Preis übersteigt den Festbetrag. Hier muss der Versicherte die Differenz tragen, denn es wäre ja eine Versorgung zum Festbetrag möglich gewesen.
  • Ausschluss von umstrittenen und unwirtschaftlichen Heil- und Hilfs- sowie für erwachsene Versicherte von Bagatellarzneimitteln (etwa für die Behandlung leichter Erkrankungen wie Erkältung oder Reisekrankheit) aus dem Leistungskatalog der Krankenkassen.
  • Verdopplung der Zuzahlung bei Krankenhausaufenthalt auf zehn Mark/Tag bis maximal 14 Tage im Jahr (ab 1991).
  • Begrenzung der Kostenerstattung bei Zahnersatz auf 50 Prozent (statt bisher 60 Prozent) Regelzuschuss (ab 1991). Einführung eines Bonussystems bei Nachweis regelmäßiger Vorsorgeuntersuchungen beim Zahnarzt (Bonusheft).
  • Einschränkung der kieferorthopädischen Behandlung durch Begrenzung auf bestimmte Fallgruppen (kauen, beißen, sprechen oder atmen müssen wesentlich beeinträchtigt sein). Einführung der Kostenerstattung anstelle der Sachleistung. Versicherte müssen 25 Prozent Selbstbehalt übernehmen, wenn die Therapie nicht gemäß Behandlungsplan beendet wurde.
  • Begrenzung des Zuschusses für Badekuren (ambulante Kur) auf höchstens 15 Mark täglich (vorher: 25 Mark).
  • Einführung von Härtefallklauseln zur sozialen Abfederung der Zuzahlungen (Härtefallregelung). Vollständige Befreiung von allen Zuzahlungen bei einem Einkommen von weniger als 40 Prozent des Durchschnittseinkommens (Jahresarbeitsentgeltgrenze), teilweise Befreiung gestaffelt nach Einkommen möglich.
  • Kürzung des Sterbegelds von 4.000 auf maximal 2.100 Mark (1.050 Mark für mitversicherte Familienangehörige) bzw. Wegfall des Sterbegelds für ab 1. Januar 1989 neu Versicherte.
  • Beschränkung der Übernahme von Fahrkosten auf Fahrten zur stationären Behandlung bzw. Rettungstransporte; Erhöhung der Eigenbeteiligung von fünf auf 20 Mark je Fahrt. Fahrkosten zur ambulanten Behandlung werden nicht mehr übernommen.
  • Schwerpflegebedürftige erhalten Anrecht auf Leistungen zur häuslichen Pflege (bis zu 25 Stunden Grundpflege und hauswirtschaftliche Versorgung pro Monat). Bei familiärer Pflege auch Wahlrecht auf Geldleistung in Höhe von 400 Mark.
  • Die gesetzliche Grundlage für Früherkennungsuntersuchungen wird geschaffen. Untersuchungen wie etwa Krebsvorsorge ab 45 Jahren oder Diabetes-Vorsorgeuntersuchung ab 35 Jahren werden in den Leistungskatalog der GKV mit aufgenommen.
  • Präventionsangebote (die nicht klar definiert werden) müssen von den Kassen als Satzungsleistungen angeboten werden.

Auswirkungen auf Ärzte/ambulante Pflege

  • Für das Kassenarztrecht gelten die Grundsätze der Qualität, Humanität, Wirtschaftlichkeit und Beitragsstabilität (§§ 70, 71 SGB V).
  • Einführung einer Negativliste mit jenen Medikamenten, die nicht mehr zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung verordnet werden können.
  • Einführung des Festbetragssystems für Arznei- und Heilmittel.
  • Kassen erhalten mehr Mitwirkungsrechte bei Wirtschaftlichkeitsprüfungen von Krankenhäusern.
  • Neue gesetzliche Regelung von Verträgen zur besseren Zusammenarbeit zwischen niedergelassenen Kassenärzten und Krankenhäusern.

Auswirkungen auf Krankenhäuser/stationäre Pflege

  • Verdopplung der Zuzahlung bei Krankenhausaufenthalt auf zehn Mark/Tag bis 14 Tage im Jahr (ab 1991).
  • Die Kassen erhalten mehr Mitwirkungsrechte bei Wirtschaftlichkeitsprüfungen von Krankenhäusern. Sie können die Wirtschaftlichkeit eines Krankenhauses beispielsweise durch einen externen Prüfer überprüfen lassen.
  • Niedergelassene Kassenärzte und Krankenhäuser sowie Landesverbände der Krankenkassen, der Kassenärztlichen Vereinigungen und der Vereinigungen der Krankenhausträger sollen Verträge abschließen, mit denen eine bessere Verzahnung von ambulanter und stationärer Behandlung ermöglicht wird. Die Verträge sollen unter anderem die Bedingungen für eine ambulante Behandlung im Krankenhaus regeln oder die gegenseitige Unterrichtung bei der ambulanten und stationären Behandlung eines Patienten festlegen (§123 SGB V).

Auswirkungen auf Krankenkassen

  • Der Medizinische Dienst der Krankenversicherung (MDK) wird als Prüfinstanz der Krankenkassen gegründet. Er ersetzt den Vertrauensärztlichen Dienst und soll Qualitäts- und Wirtschaftlichkeitsprüfungen übernehmen.
  • Die gesetzliche Grundlage für Früherkennungsuntersuchungen wird geschaffen. Untersuchungen wie etwa Krebsvorsorge ab 45 Jahren oder Diabetes-Vorsorgeuntersuchung ab 35 Jahren werden in den Leistungskatalog der GKV mit aufgenommen.
  • Prävention wird Pflichtleistung der gesetzlichen Krankenkassen (§ 20 SGB V). Krankenkassen müssen Angebote der Gesundheitsförderung (die nicht klar definiert werden) als Satzungsleistungen anbieten.
  • Die Kassen erhalten mehr Mitwirkungsrechte bei Wirtschaftlichkeitsprüfungen von Ärzten und Krankenhäusern. Sie können die Wirtschaftlichkeit eines Krankenhauses durch einen Prüfer kontrollieren lassen und dürfen beispielsweise stichprobenartig die Abrechnungen von bis zu zwei Prozent der Ärzte je Quartal überprüfen. Bei den Kassenärztlichen Vereinigungen neu zu errichtende Beschwerdeausschüsse werden mit Vertretern der Ärzteschaft und der Kassen paritätisch besetzt.
  • Obligatorischer kassenarteninterner Finanzausgleich auf der Ebene von Landesverbänden sowie freiwilliger Finanzausgleich der Spitzenverbände bei einer Notlage derselben Kassenart.
  • Einführung der Beitragssatzstabilität als Grundprinzip beim Abschluss aller Verträge zwischen Kassen und Leistungserbringern.
  • Studenten mit mehr als 14 Semestern Studiendauer oder nach Vollendung des 30. Lebensjahres unterliegen nicht mehr der Versicherungspflicht und müssen sich entweder freiwillig in der GKV versichern oder privat absichern.
  • Niedergelassene Kassenärzte und Krankenhäuser sowie Landesverbände der Krankenkassen, der Kassenärztlichen Vereinigungen und der Vereinigungen der Krankenhausträger sollen Verträge abschließen, mit denen eine bessere Verzahnung von ambulanter und stationärer Behandlung ermöglicht wird. Die Verträge sollen unter anderem die Bedingungen für eine ambulante Behandlung im Krankenhaus regeln oder die gegenseitige Unterrichtung bei der ambulanten und stationären Behandlung eines Patienten festlegen (§123 SGB V).
  • Einführung von Festbeträgen für Arzneimittel (Höchsterstattungspreise), die von den Spitzenverbänden der Krankenkassen und der gemeinsamen Selbstverwaltung festgelegt werden.

Auswirkungen auf Finanzierung

  • Obligatorischer kassenarteninterner Finanzausgleich auf der Ebene von Landesverbänden sowie freiwilliger Finanzausgleich der Spitzenverbände bei einer Notlage derselben Kassenart.
  • Einführung der Beitragssatzstabilität als Grundprinzip beim Abschluss aller Verträge zwischen Kassen und Leistungserbringern.

Beitragssatz

12,9 % (durchschnittl.)