Reform

Gesetz für mehr Sicherheit in der Arzneimittelversorgung (GSAV)

In Kraft getreten: 16.08.2019 4 Min. Lesedauer

Mit dem Gesetz für mehr Sicherheit in der Arzneimittelversorgung (GSAV) werden insbesondere die Kompetenzen des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) erweitert. Das betrifft zum Beispiel den Rückruf von Medikamenten oder eine schnelle und länderübergreifende Koordinierung im Krisenfall.

Auswirkungen auf Versicherte

  • Mit dem Gesetz soll vor allem die Arzneimittelsicherheit für Patienten verbessert werden. Dafür wird etwa die Häufigkeit von Inspektionen bei Arzneimittelherstellern erhöht. Die zuständigen Bundesbehörden erhalten erweiterte Rückrufkompetenzen bei festgestellten Mängeln von Medikamenten. Zudem wird die Zusammenarbeit von Bundes- und Landesbehörden verbessert und eine Informationspflicht über Rückrufe eingeführt. Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) sowie das Paul-Ehrlich Instituts (PEI) erhalten neue Kompetenzen: Sie sollen Rückrufe auf Landesebene koordinieren und dadurch Versorgungsengpässe verhindern. Zudem wird die Herstellung verschreibungspflichtiger Arzneimittel durch Heilpraktiker erlaubnispflichtig, die Herstellung und Anwendung gesundheitsgefährdender Medikamente (z.B. "Frischzellen") werden verboten.
  • Für Patienten entfällt die erneute Zuzahlung bei einer notwendigen Neuverordnung in Folge eines Arzneimittelrückrufs wegen Qualitätsmängeln.
  • Patienten können künftig in Apotheken per elektronischem Rezept auch dann verschreibungspflichtige Arzneimittel erhalten, wenn sie im Rahmen einer ausschließlichen Fernbehandlung verschrieben wurden.
  • Patienten, die mit medizinischem Cannabis versorgt werden, benötigen nach erfolgter Genehmigung der Therapie keine erneute Genehmigung der Kasse, wenn Dosis oder Cannabissorte angepasst werden.
  • Patienten, die eine stationär begonnene Cannabistherapie ambulant fortführen sollen, haben das Recht auf eine Genehmigungsfrist der Krankenkasse von drei Tagen. Die übrigen Fristen bleiben unverändert: Bei Cannabisverordnungen im Rahmen der spezialisierten ambulanten Palliativversorgung beträgt die Genehmigungsfrist drei Tage und in allen anderen Fällen drei Wochen. Ist eine gutachterliche Stellungnahme erforderlich verlängert sich die Frist auf fünf Wochen.
  • Um die Versorgung von Patienten zu verbessern, wird die Definition erstattungsfähiger Verbandmittel erweitert. Der GBA hat bis zum 31. August 2020 in der Arzneimittel-Richtlinie festzulegen, welche zusätzlichen Produkte zur Wundbehandlung (etwa zum Feuchthalten einer Wunde) erstattungsfähig sind.

Auswirkungen auf Ärzte/ambulante Pflege

  • Ärzte können künftig statt papiergebundenen Rezepten auch elektronische Rezepte (das sogenannte e-Rezept) ausstellen, beispielsweise im Rahmen einer telemedizinischen Behandlung.
  • Bei Ärzten, die ihren Patienten aufgrund eines Arzneimittelrückrufs erneut Arzneimittel verordnet haben, werden diese Verordnungen bei der Wirtschaftlichkeitsprüfung als Praxisbesonderheit berücksichtigt.
  • Ärzte dürfen zur Versorgung von Patienten mit der Bluterkrankheit (Hämophilie) von Arzneimittelherstellern nicht mehr direkt beliefert werden. Die 2009 mit dem Arzneimittelgesetz eingeführte Ausnahme vom Apothekenvertriebsweg wird zum 15. August 2020 zurückgenommen, der Direktvertrieb also untersagt.
  • Ärzte, die nicht zulassungs- oder genehmigungspflichtige Arzneimittel für neuartige Therapien bei einem Patienten anwenden, haben dies der zuständigen Bundesoberbehörde unverzüglich nach Beginn der Anwendung anzuzeigen.
  • Dem Gemeinsamen Bundesausschuss (GBA) wird es ermöglicht, im Rahmen der frühen Nutzenbewertung beim Einsatz von Medikamenten gegen seltene Erkrankungen (Orphan drugs) eine anwendungsbegleitende Datenerhebung durch Ärzte anzuordnen, die das betreffende Medikament einsetzen. Ärzte, die an den Studien nicht teilnehmen können oder wollen, kann der GBA von der Verordnung dieser Arzneimittel ausschließen.
  • Die Verordnungsfähigkeit von Verbandmitteln wird erweitert. Der GBA hat bis zum 31. August 2020 in der Arzneimittel-Richtlinie festzulegen, welche bislang nicht erstattungsfähigen zusätzlichen Produkte zur Wundbehandlung (etwa zum Feuchthalten einer Wunde) künftig erstattungsfähig sind.

Auswirkungen auf Krankenhäuser/stationäre Pflege

  • Die Vergütungen von Auszubildenden in der Pflege, die ab 2020 nach dem neuen Pflegeberufegesetz ausgebildet werden, werden im ersten Ausbildungsjahr vollständig über bereits bestehende länderspezifische Ausbildungsfonds refinanziert (bisher: nur Teilfinanzierung). Damit einhergehend gilt künftig, dass Berufsanfänger im ersten Ausbildungsjahr die voll ausgebildeten Pflegefachkräfte in einem geringeren Umfang entlasten müssen als Auszubildende im zweiten oder letzten Jahr der Ausbildung.
  • Der Gemeinsamen Bundesausschuss (GBA) kann beim Einsatz von Medikamenten gegen seltene Erkrankungen (Orphan Drugs) eine anwendungsbegleitende Datenerhebung durch Krankenhäuser anordnen (Details zur Regelung finden Sie auch unter ÄRZTE).
  • Krankenhäuser dürfen zur Versorgung von Patienten mit der Bluterkrankheit (Hämophilie) von Arzneimittelherstellern nicht mehr direkt beliefert werden (Details zur Regelung finden Sie auch unter ÄRZTE).

Auswirkungen auf Krankenkassen

  • Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen und die Kassenärztlichen Bundesvereinigungen müssen gemeinsam notwendige Regelungen für die Verwendung des elektronischen Rezeptes treffen. Bis zum 31. März 2020 müssen die Regelungen in die Bundesmantelverträge aufgenommen werden. Somit können Arznei- und Verbandsmittel künftig papierlos per digitalem e-Rezept verschrieben werden, etwa im Rahmen einer telemedizinischen Behandlung.
  • Krankenkassen müssen beim Abschluss von Rabattverträgen mit Arzneimittelherstellern künftig auch berücksichtigen, dass sich eine unterbrechungsfreie und bedarfsgerechte Lieferfähigkeit sicherstellen lässt.
  • Krankenkassen erhalten einen gesetzlichen Anspruch auf Regress bei Produktmängeln mit Folge eines Rückrufes von Arzneimitteln.
  • Um die hohen Erstattungskosten für biologische Referenzarzneimittel (Biologicals) zu senken, sollen der Verordnungsanteil von im Wesentlichen gleichen, biotechnologisch hergestellten Medikamenten (Biosimilars) erhöht werden. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat den Auftrag, bis zum 16. August 2022 festzulegen, welche Biologicals für den Austausch in der Apotheke geeignet sind.
  • Um die gesetzliche Krankenversicherung im Bereich der Arzneimittelkosten zu entlasten, werden die Vorgaben für Apotheken zur Abgabe von preisgünstigen Import-Arzneimitteln differenziert.
  • Für die Herstellung von Krebsmedikamenten in der Apotheke wird ein einheitlicher Arbeitspreis von 110 Euro festgesetzt. Zur Refinanzierung der zusätzlichen Kosten werden die Landesverbände der Krankenkassen verpflichtet, gemeinsam und einheitlich Rabatte mit den Pharmaunternehmen für die Arzneimittel-Grundstoffe abzuschließen (bisher: Kann-Regelung).

Auswirkungen auf Finanzierung

  • Für die Herstellung von Krebsmedikamenten in der Apotheke (parenterale Zubereitungen aus Fertigarzneimitteln) wird ein einheitlicher Arbeitspreis von 110 Euro festgesetzt. Die Zusatzkosten für die Krankenkassen liegen bei rund 120 Millionen Euro pro Jahr.
  • Durch die erhöhte Kostenübernahme im Rahmen der Pflegeausbildung entstehen den Ländern jährliche Mehrkosten in Höhe von rund 24,5 Millionen Euro, der gesetzlichen Krankenversicherung in Höhe von rund 157 Millionen Euro und der sozialen Pflegeversicherung in Höhe von rund neun Millionen Euro. Die private Pflege-Pflichtversicherung übernimmt rund eine Million Euro der Kosten.
  • Durch die Erweiterung des Deutschen Hämophilieregisters entsteht dem Paul-Ehrlich-Institut ein einmaliger Erfüllungsaufwand in Höhe von rund 1 Million Euro.

Beitragssatz

14,6 % (+ evtl. Zusatzbeitrag Seit 2009 erhalten die gesetzlichen Krankenkassen zur Deckung ihrer Ausgaben Zuweisungen aus dem… )