Reform

Gesetz zum Schutz elektronischer Patientendaten in der Telematikinfrastruktur / Patientendaten-Schutz-Gesetz (PDSG)

In Kraft getreten: 20.10.2020 8 Min. Lesedauer

Das „Patientendaten-Schutz-Gesetz“ sorgt dafür, dass digitale Angebote wie das E-Rezept oder die elektronische Patientenakte genutzt werden können. Zugleich bietet es klare Regeln für den Datenschutz und die Datensicherheit.

Auswirkungen auf Versicherte

  • Ab dem 1. Januar 2022 gibt es das Arzneimittel-Rezept nur noch in elektronischer Form. Patienten können die Rezepte per Smartphone mit einer App in der Apotheke einlösen. Alternativ können Patienten ohne Smartphone in der Praxis einen Barcode auf Papier bekommen. Das Rezept wird aber auch in diesem Fall von der Praxis digital an die Apotheke übermittelt.
  • Mit dem TSVG wurde bereits 2019 beschlossen, dass Krankenkassen ihren Versicherten ab dem 1. Januar 2021 eine elektronische Patientenakte (ePA) anbieten müssen. Die elektronische Patientenakte ist eine versichertengeführte elektronische Akte, deren Nutzung für die Patienten freiwillig ist. Mit dem PDSG erhalten Patienten zum 1. Januar 2021 den Anspruch darauf, dass ihr Arzt die ePA mit medizinischen Daten wie Befunden, Diagnosen, Arztberichten oder digitalen Röntgenbildern befüllt. Der Zugang zur Patientenakte ist barrierefrei gestaltet und somit auch für Behinderte uneingeschränkt möglich.
  • Ab dem 1. Januar 2022 lassen sich auf der ePA auch Angaben aus dem Impfausweis, dem Mutterpass, dem gelben Heft für Kindervorsorge-Untersuchungen oder dem Zahnarzt-Bonusheft speichern.
  • Ab dem 1. Januar 2023 haben Patienten auch den Anspruch, über die ePA auf Daten der pflegerischen Versorgung oder der elektronischen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung zuzugreifen.
  • Patienten haben einen gesetzlichen Anspruch darauf, dass Ärzte bzw. Kliniken sie sowohl bei der erstmaligen Einrichtung als auch bei der weiteren Führung der elektronischen Patientenakte unterstützen.
  • Ab dem 1. Januar 2022 bekommen Patienten die Möglichkeit, über ihr Smartphone oder Tablet für jedes in der ePA gespeicherte Dokument einzeln zu bestimmen, welcher Arzt oder andere Leistungserbringer darauf zugreifen kann. Patienten können also zum Beispiel festlegen, dass ein Arzt zwar auf die ePA zugreifen darf, dass ihm aber bestimmte Befunde nicht angezeigt werden.
  • Versicherte können ab dem 1. Januar 2021 den Zeitraum einer Zugriffsberechtigung für einen Leistungserbringer auf einen Zeitraum von einem Tag bis zu maximal 18 Monaten festlegen. Ab dem 1. Januar 2022 lässt die Zugriffsberechtigung auch vollständig entfristen.
  • Versicherte können ab dem 1. Januar 2022 bei einem Krankenkassenwechsel ihre Daten aus der ePA übertragen lassen.
  • Ab dem 1. Januar 2023 haben Versicherte die Möglichkeit, die in der ePA abgelegten Daten im Rahmen einer Datenspende freiwillig der Forschung zur Verfügung zu stellen.
  • Damit auch diejenigen Versicherten Zugriff auf ihre Patientenakte erhalten, die keine mobilen Endgeräte besitzen oder nutzen wollen, müssen die Krankenkassen ab dem 1. Januar 2022 in ihren Geschäftsstellen dafür geeignete Geräte bereitstellen.
  • Für Patienten, die weder über mobile Engeräte noch über die Terminals in den Krankenkassen ihre Patientenakte verwalten können oder wollen, wird ab dem 1. Januar 2022 ein Berechtigungsmanagement zur Nutzung der Akte in Arztpraxen, Krankenhäusern oder Apotheken eingerichtet.
  • Versicherte haben gegenüber ihrer Krankenkasse das Recht auf Berichtigung von falschen Diagnosen in der ePA, sofern sie einen ärztlichen Nachweis über die Unrichtigkeit der Diagnose vorlegen können.
  • Versicherte haben gegenüber ihrer Krankenkasse jederzeit das Recht, die ePA vollständig zu löschen.
  • Versicherte haben gegenüber Vertragsärzten bzw. zugelassenen Krankenhäusern den Anspruch auf Erstellung und Aktualisierung von elektronischen Notfalldaten, die auf der elektronischen Gesundheitskarte gespeichert werden.
  • Versicherte können bei ihrer Krankenkasse eine elektronische Gesundheitskarte beantragen, die medizinische Notfalldaten sowie einen elektronischen Medikationsplan speichern kann. Sie haben zudem das Recht, diese Daten jederzeit wieder von der Karte löschen zu lassen.

Auswirkungen auf Ärzte/ambulante Pflege

  • Für die Vernetzung von Leistungserbringern, Kostenträgern, Versicherten und anderen Akteuren wurde bereits die datensichere Telematikinfrastruktur (TI) geschaffen. Diese besteht aus der dezentralen Infrastruktur, die mit ihren Komponenten (elektronische Gesundheitskarte, Authentifizierungsausweise der Leistungserbringer) den registrierten Nutzern den sicheren Zugang zum geschlossenen Netz, der zentralen Infrastruktur (elektronische Patientenakte), ermöglicht. Die Gesellschaft für Telematik koordiniert und überwacht alle dafür notwendigen Prozesse.
  • Das elektronische Rezept von verschreibungspflichtigen Arzneimitteln wird als Teil der sicheren Telematikinfrastruktur verpflichtend ab dem 1. Januar 2022 vorgegeben.
  • Die Gesellschaft für Telematik soll bis zum 30. Juni 2020 eine barrierefreie App für das elektronische Rezept entwickeln. Die App wird Teil der sicheren Telematikinfrastruktur. Patienten können das E-Rezept dann mittels Smartphone in einer Apotheke einlösen - die freie Apothekenwahl bleibt dabei ausdrücklich garantiert. Patienten ohne Smartphone erhalten alternativ in der Praxis einen Barcode auf Papier. Das Rezept wird aber auch in diesem Fall von der Praxis digital an die Apotheke übermittelt.
  • Die Kassenärztliche Bundesvereinigung und der GKV-Spitzenverband erhalten den Auftrag, bis zum 31. Juli 2021 für die ärztliche Empfehlung nicht verschreibungspflichtiger Medikamente (grünes Rezept) ebenfalls ein elektronisches Übermittlungsverfahren zu entwickeln.
  • Die Kassenärztliche Bundesvereinigung und der GKV-Spitzenverband erhalten den Auftrag, bis zum 31. Juli 2021 Regelungen für die elektronische Übermittlung von Überweisungsscheinen zum Facharzt zu vereinbaren.
  • Die Kassen(zahn)ärztlichen Vereinigungen und Bundesvereinigungen können zur Verbesserung der Qualität und Wirtschaftlichkeit der Versorgung die Entwicklung digitaler Innovationen fördern. Darunter fallen beispielsweise digitale Medizinprodukte wie etwa Apps sowie telemedizinische oder IT-gestützte Verfahren. Sie können die digitalen Innovationen in Zusammenarbeit mit Dritten entwickeln oder von diesen entwickeln lassen (bislang hatten mit dem DVG nur die Krankenkassen dieses Recht erhalten).
  • Vertrags(zahn)ärzte werden verpflichtet, Patienten bei der Einrichtung und bei der fortlaufenden Befüllung der elektronischen Patientenakte mit medizinischen Daten unterstützen. Die Unterstützungsleistung beschränkt sich dabei ausschließlich auf medizinische Daten aus der aktuellen Behandlungssituation.
  • Für die Verarbeitung von Daten in der elektronischen Patientenakte durch einen Arzt hat der Bewertungsausschuss im einheitlichen Bewertungsmaßstab für (zahn)ärztliche Leistungen bis zum 1. Januar 2021 eine entsprechende Vergütung zu beschließen.
  • Für die Unterstützung der Versicherten bei der erstmaligen Befüllung und Nutzung der elektronischen Patientenakte erhalten Ärzte ab dem 1. Januar 2021 einmalig zehn Euro.
  • Die Kassen(zahn)ärztliche Bundesvereinigung wird verpflichtet, gemeinsam mit dem GKV-Spitzenverband Anforderungen an die technischen Verfahren zur telemedizinischen Röntgenbild-Befundung, zur Videosprechstunde und - bis zum 31.12.2020 - zur Authentifizierung der Versicherten in der Videosprechstunde zu vereinbaren.
  • Die Kassenärztlichen Bundesvereinigungen und die Deutsche Krankenhausgesellschaft müssen bis zum 31. März 2020 mit dem GKV-Spitzenverband die Anforderungen an ein telemedizinisches Konsil vereinbaren.
  • Leistungserbringer der häuslichen Krankenpflege sowie der außerklinischen Intensivpflege müssen spätestens ab dem 1. Januar 2023 bei der Abrechnung ihrer Leistungen jeweils die Beschäftigtennummer der Pflegekraft, die die Leistung erbracht hat, sowie die Zeit der Leistungserbringung angeben.
  • Für Pflegeeinrichtungen, Hebammen sowie Physiotherapeuten, die an die Telematikinfrastruktur angeschlossen werden wollen, muss die Gesellschaft für Telematik bis spätestens zum 30. Juni 2021 die erforderlichen Voraussetzungen schaffen.
  • Leistungserbringer der häuslichen Krankenpflege sowie der außerklinischen Intensivpflege, die an die Telematikinfrastruktur angeschlossen sind, bekommen einen Anspruch gegenüber den Krankenkassen, dass diese für die gesamte Kommunikation das elektronische Verfahren nutzen.

Auswirkungen auf Krankenhäuser/stationäre Pflege

  • Kliniken werden verpflichtet, mit branchenspezifischen Sicherheitsstandards organisatorische und technische Vorkehrungen zu treffen, die die Funktionsfähigkeit des jeweiligen Krankenhauses und die Sicherheit der verarbeiteten Patienteninformationen sicherstellen. Sie müssen ihre IT-Systeme zudem spätestens alle zwei Jahre an den gültigen Stand der Technik anpassen.
  • Ein Krankenhaus hat künftig für jeden voll- und teilstationären Fall, für den es im Rahmen der Krankenhausbehandlung entstandene Daten in der elektronischen Patientenakte speichert, Anspruch auf einen Zuschlag in Höhe von fünf Euro.
  • Ausschließlich im Jahr 2021 hat ein Krankenhaus Anspruch auf einen Zuschlag in Höhe von zehn Euro für jeden voll- oder teilstationären Fall, für den es eine Unterstützung des Versicherten leistet bei der erstmaligen Befüllung der elektronischen Patientenakte.
  • Rehabilitationseinrichtungen sollen sich an die Telematikinfrastruktur anschließen können und erhalten einen Ausgleich der Ausstattungs-und Betriebskosten. Die an der Gesundheitsversorgung der Bundeswehr beteiligten Einrichtungen erhalten die Möglichkeit, sich an die Telematikinfrastruktur anzuschließen.

Auswirkungen auf Krankenkassen

  • Die Beratungsbefugnis der Krankenkassen wird ausgeweitet. Neben der mit dem DVG eingeführten Erlaubnis, Patienten über digitale Versorgungsinnovationen zu informieren, dürfen die Kassen nun Versicherte auch auf weitere individuell geeignete Versorgungsleistungen der Krankenkassen aus der Regelversorgung hinweisen.
  • Krankenkassen haben ihre Versicherten, bevor sie ihnen die elektronische Patientenakte (ePA) anbieten, umfassend über die Möglichkeiten der ePA zu informieren.
  • Krankenkassen werden verpflichtet, ihren Versicherten ab 2022 geeignete Geräte zur Verfügung zu stellen und somit den Zugang zur ePA zu ermöglichen. Der GKV-Spitzenverband kann zudem Vereinbarungen mit der Kassenärztlichen Bundesvereinigung, der Deutschen Krankenhausgesellschaft und der Bundesvereinigung der Apothekerverbände schließen, wonach solche Computerterminals auch in Arztpraxen, Krankenhäusern und Apotheken aufgestellt werden können.
  • Ab dem 1. Januar 2022 muss jede Krankenkasse eine Ombudsstelle einrichten, an die sich Versicherte mit ihren Fragen und Anliegen im Zusammenhang mit der ePA wenden können.
  • Die Krankenkassen haben sicherzustellen, das die ePA dem jeweilig aktuellen Stand der Technik und den Vorgaben der Gesellschaft für Telematik entspricht. Der GKV-Spitzenverband überprüft jährlich, ob die Kassen dieser Pflicht nachgekommen sind und teilt dies dem Bundesversicherungsamt mit. Bei Nichterfüllung der Pflicht werden im Jahr 2020 die Zuweisungen aus dem Risikostrukturausgleich für diese Kasse zunächst um 2,5 Prozent gemindert. Besteht das Problem weiterhin, wird die Kürzung im Jahr 2021 auf 7,5 Prozent erhöht.
  • Krankenkassen soll der Nachweis von Fehlverhalten bzw. Abrechnungsbetrug in der ambulanten Pflege erleichtert werden. Leistungserbringer der häuslichen Krankenpflege sowie der außerklinischen Intensivpflege müssen spätestens ab dem 1. Januar 2023 bei der Abrechnung ihrer Leistungen jeweils die Beschäftigtennummer der Pflegekraft, die die Leistung erbracht hat, sowie die Zeit der Leistungserbringung angeben.
  • Krankenkassen müssen elektronische Gesundheitskarten konzipieren, die prinzipiell geeignet sind, medizinische Notfalldaten sowie einen elektronischen Medikationsplan zu speichern. Sie haben ihre Versicherten über diese Möglichkeit und die Freiwilligkeit der Nutzung zu informieren.

Auswirkungen auf Finanzierung

  • Zur Finanzierung der Gesellschaft für Telematik zahltb der GKV-Spitzenverband an die Gesellschaft für Telematik jährlich für jedes Mitglied in der GKV einen Betrag von einem Euro.
  • Die Mehrausgaben der gesetzlichen Krankenversicherung für die Erstbefüllung der elektronischen Patientenakte durch Ärzte sind vom Nutzerverhalten der Versicherten abhängig. Nutzen beispielsweise 50 Prozent der Versicherten im Jahr 2021 erstmalig ihre elektronische Patientenakte, entstehen dadurch zusätzliche Kosten in Höhe von rund 350 Millionen Euro.
  • Die Mehrausgaben der gesetzlichen Krankenversicherung für die weitere Nutzung der elektronischen Patientenakte durch Ärzte sind vom Nutzerverhalten der Versicherten abhängig. Nutzen beispielsweise künftig 50 Prozent der Versicherten ihre elektronische Patientenakte regelmäßig, entstehen dadurch zusätzliche Kosten in Höhe von rund 225 Millionen Euro.
  • Die Mehrausgaben der gesetzlichen Krankenversicherung für die erstmalige Erstellung der Notfalldaten durch Ärzte auf der elektronischen Gesundheitskarte sind vom Nutzerverhalten der Versicherten abhängig. Nutzen beispielsweise 50 Prozent der Versicherten ihre Notfalldaten, entstehen dadurch zusätzliche Kosten in Höhe von rund 300 Millionen Euro.
  • Die Mehrausgaben der gesetzlichen Krankenversicherung für die Speicherung von Behandlungsdaten auf der elektronischen Patientenakte durch Kliniken sind vom Nutzerverhalten der Versicherten abhängig. Bei rund 20 Millionen voll-und teilstationären Krankenhausfällen entstehen ab dem Jahr 2021 Kosten in Höhe von bis zu 100 Millionen Euro.
  • Für die verpflichtende Anbindung der Ärzte im Öffentlichen Gesundheitsdienst fallen für die benötigte Infrastruktur im Jahr 2021 einmalige Kosten für die gesetzliche Krankenversicherung in Höhe von ca. 1,1 Millionen Euro an. Dazu kommen jährliche Betriebskosten in Höhe von ca. 500.000 Euro.

Beitragssatz

14,6 % (+ evtl. Zusatzbeitrag Seit 2009 erhalten die gesetzlichen Krankenkassen zur Deckung ihrer Ausgaben Zuweisungen aus dem… )