Reform
Pflege-Neuausrichtungsgesetz (PNG)
Das Pflege-Neuausrichtungsgesetz verpflichtet vollstationäre Pflegeeinrichtungen dazu, die Landesverbände der Pflegekassen unmittelbar nach einer Regelprüfung darüber zu informieren, wie die ärztliche, fachärztliche und zahnärztliche Versorgung sowie die Arzneimittelversorgung in den Einrichtungen geregelt sind. Zudem erhalten Demenzkranke mehr Leistungen aus der gesetzlichen Pflegeversicherung.
Auswirkungen auf Versicherte
- Der Beitragssatz zur sozialen Pflegeversicherung steigt um 0,1 Prozent auf 2,05 Prozent.
- Demenzkranke erhalten – je nach Pflegestufe – monatlich zwischen 70 und 120 Euro mehr Pflegegeld oder entsprechend höhere Sachleistungen.
- Um pflegende Angehörige zu unterstützen, wird bei Inanspruchnahme von Leistungen der Kurzzeit- oder Verhinderungspflege das Pflegegeld zur Hälfte weitergezahlt.
- Pflegende Angehörige erhalten die Möglichkeit, selbst Vorsorge- oder Rehabilitationsmaßnahmen in Anspruch nehmen. Die Reha-Einrichtung gewährleistet dabei gleichzeitig die Betreuung der zu pflegenden Angehörigen.
- Private Pflegezusatzversicherungen werden mit einer Pflegevorsorgezulage in Höhe von 60 Euro jährlich staatlich gefördert, sofern die Versicherten einen monatlichen Eigenbeitrag von mindestens zehn Euro leisten. Für die Versicherer gelten dabei Kontrahierungszwang und der Verzicht auf die Möglichkeit der ordentlichen Kündigung, der Risikoprüfung sowie auf Risikozuschläge und Leistungsausschlüsse.
- Wer zwei (oder mehrere) Pflegebedürftige gleichzeitig jeweils unter 14 Stunden pro Woche pflegt, erhält für die Pflege bisher keine Rentenansprüche, auch wenn er insgesamt mehr als 14 Stunden wöchentlich pflegt. Künftig werden gleichzeitig rentenrechtlich wirksame Pflegezeiten addiert, wenn bei den jeweiligen Pflegebedürftigen mindestens die Pflegestufe I anerkannt ist.
- Gründungen von Pflege-Wohngemeinschaften werden mit bis zu 10.000 Euro je Maßnahme (2.500 Euro pro Person) gefördert. Die Finanzierung erfolgt – maximal bis Ende 2015 – aus Mitteln (30 Millionen Euro), die für den Aufbau von Pflegestützpunkten vorgesehen waren und nicht abgerufen wurden. Selbstorganisierte, ambulant betreute Pflege-Wohngruppen erhalten monatlich zusätzlich 200 Euro für Pflegehelfer.
- Bis zur Leistungsgewährung aufgrund eines neuen Pflegebedürftigkeitsbegriffs können demenziell erkrankten Pflegebedürftige vorübergehend neben Grundpflege und hauswirtschaftlicher Versorgung auch häusliche Betreuungsleistungen abrufen.
- Pflegebedürftige und ihre Angehörigen können sich künftig flexibler gemeinsam mit den Pflegediensten auf die Leistungen verständigen, die sie wirklich benötigen. Sie erhalten deshalb Wahlmöglichkeiten bei der Gestaltung und Zusammenstellung des von ihnen gewünschten Leistungsangebots. Sie können neben den heutigen, verrichtungsbezogenen Leistungskomplexen auch bestimmte Zeitvolumen für die Pflege wählen. Sie können dann zusammen mit den Pflegediensten entscheiden, welche Leistungen in diesem Zeitkontingent erbracht werden sollen.
- Personen mit „Pflegestufe Null“ erhalten bis zum Inkrafttreten eines neuen Pflegebedürftigkeitsbegriffs Anspruch auf Leistungen zur häuslichen Pflege bei Verhinderung der Pflegeperson für maximal vier Wochen im Kalenderjahr.
- Personen mit „Pflegestufe Null“ haben Anspruch auf Versorgung mit Pflegehilfsmitteln, die zur Erleichterung der Pflege oder zur Linderung der Beschwerden des Pflegebedürftigen beitragen. Außerdem erhalten sie Zuschüsse für Maßnahmen zur Verbesserung des individuellen Wohnumfeldes des Pflegebedürftigen.
- Ein Modellvorhaben soll prüfen, ob neben den heutigen Pflegediensten auch Betreuungsdienste eingerichtet werden können, die ihr Leistungsangebot auf Demenzkranke spezialisieren.
- Für Selbsthilfegruppen in der Pflegeversicherung werden zehn Cent pro Versicherten und Jahr (insgesamt ca. acht Millionen Euro jährlich) von der Pflegeversicherung bereitgestellt.
- Die bisherige Eigenbeteiligung von zehn Prozent (maximal 50 Prozent des monatlichen Bruttoeinkommens) bei Maßnahmen zur Wohnumfeldverbesserung wird abgeschafft.
Auswirkungen auf Ärzte/ambulante Pflege
- Für kontinuierliche vertragsärztliche Besuche in Pflegeheimen im Rahmen von Kooperationen zwischen Ärzten und Pflegeheimen sind Förderzuschläge vorgesehen. Dafür stehen rund 77 Millionen Euro Beitragsgelder jährlich zur Verfügung. Ein pauschaler Zuschlag für den Hausbesuch im Heim ist nicht vorgesehen. Bis Ende September 2013 sollen der GKV-Spitzenverband und die Kassenärztliche Bundesvereinigung die konkrete Ausgestaltung einer solchen Versorgung festlegen.
- Für das Aufsuchen von Pflegebedürftigen in stationären Einrichtungen durch Vertragszahnärzte sowie für die Ausweitung des Personenkreises der aufsuchenden zahnärztlichen Versorgung auf Menschen mit erheblich eingeschränkter Alltagskompetenz sind ebenfalls Zuschläge in Höhe von rund 3,5 Millionen Euro vorgesehen.
Auswirkungen auf Krankenhäuser/stationäre Pflege
- Krankenkassen und Bundesländer sollen jeweils 500 Millionen Euro in einen Strukturfonds einzahlen. Dieser soll ab 2017 dazu beitragen, überflüssige Betten in Kliniken abzubauen und stationäre Leistungen zu konzentrieren. Mit dem Geld könnten in überversorgten Gebieten beispielsweise ganze Kliniken oder auch einzelne Klinik-Abteilungen geschlossen werden oder Krankenhäuser in Reha- oder Pflegezentren umgewandelt werden. Das Bundesversicherungsamt (BVA) verwaltet die Mittel des Fonds und zahlt sie auf Antrag der Bundesländer aus.
Auswirkungen auf Krankenkassen
- Die Pflegekassen erhalten den Auftrag, in stationären Pflegeeinrichtungen kassenübergreifende Präventionsleistungen anzubieten. Dafür müssen sie jährlich für jeden Versicherten 0,30 Euro zur Verfügung stellen. Erreicht eine Pflegekasse diesen Betrag nicht, muss sie den Differenzbetrag dem GKV-Spitzenverband zur Verfügung stellen, der die Mittel auf die übrigen Pflegekassen verteilt.
Auswirkungen auf Finanzierung
- Die Anhebung des Beitragssatzes führt im Jahr 2013 zu Mehreinnahmen von rund 1,14 Milliarden Euro. Im Jahr 2014 ergeben sich Mehreinnahmen von rund 1,18 Milliarden Euro und im Jahr 2015 Mehreinnahmen von rund 1,22 Milliarden Euro. Die Mehrbelastung der Arbeitgeber beträgt etwa 325 Millionen Euro im Jahr 2013.
- Die gesetzliche Klarstellung zur Inanspruchnahme von Vorsorge- und Rehabilitationsmaßnahmen für pflegende Angehörige führt in der gesetzlichen Krankenversicherung im Jahr 2012 zu Mehrausgaben in Höhe von rund zehn Millionen Euro.
- 2012 entstehen Mehrausgaben von rund 50 Millionen Euro durch die gleichzeitige Gewährung von hälftigem Pflegegeld bei Kurzzeit- beziehungsweise Verhinderungspflege, die zusätzlichen Leistungen für Pflegebedürftige in ambulant betreuten Wohngruppen, die Ermöglichung einer gleichzeitigen Kurzzeitpflege für den Pflegebedürftigen in der Nähe des pflegenden Angehörigen während der Dauer der Rehabilitationsmaßnahme, die Bereitstellung von Finanzmitteln für Selbsthilfegruppen, die Addition von Pflegezeiten bei der Zahlung von Rentenversicherungsbeiträgen für Pflegepersonen sowie die Abschaffung der Eigenbeteiligung bei Maßnahmen zur Wohnumfeldverbesserung. Im Jahr 2013 ergeben sich Mehrausgaben von rund 0,98 Milliarden Euro infolge der zum Jahresanfang einsetzenden Gewährung von zusätzlichen Leistungen für Menschen mit erheblich eingeschränkter Alltagskompetenz, der Möglichkeit der Inanspruchnahme von Betreuungsleistungen im Rahmen der Übergangsregelung zur häuslichen Betreuung und der Erstreckung der Regelung für die zusätzlichen Betreuungskräfte auf Einrichtungen der teilstationären Pflege. Bis 2015 steigen die jährlichen Mehrausgaben auf circa 1,28 Milliarden Euro. Mit der Anhebung des Beitragssatzes um 0,1 Beitragssatzpunkte sollen die Leistungsverbesserungen bis Ende 2015 finanziert werden können.
Beitragssatz
2,05 % (2,3 Kinderlose)