Reform

Gesetz zur Stärkung der Gesundheitsförderung und der Prävention / Präventionsgesetz (PrävG)

In Kraft getreten: 25.07.2015 5 Min. Lesedauer

Das Präventionsgesetz (PrävG) zielt insbesondere auf Projekte in den „Lebenswelten“ ab – also in Schulen, Kindertagesstätten oder Betrieben. Außerdem sollen die Leistungen zur Früherkennung von Krankheiten erweitert und die Zusammenarbeit von Krankenkassen und Behörden im Bereich von Arbeitsschutz und Betrieblicher Gesundheitsförderung verbessert werden. Mit der Einrichtung einer „Nationalen Präventionskonferenz“ wird ein neuer formaler Rahmen für die Präventionspolitik geschaffen.

Auswirkungen auf Versicherte

  • Volljährige Versicherte haben Anspruch auf eine neue ärztliche Präventions-Gesundheitsuntersuchung zur Erfassung und Bewertung gesundheitlicher Risiken und Belastungen, zur Früherkennung von Krankheiten und eine darauf abgestimmte präventionsorientierte Beratung. Die Untersuchung beinhaltet auch eine Überprüfung des Impfstatus sowie bei Bedarf die Bescheinigung einer Präventionsempfehlung mit Hinweisen auf regionale Sport- und Bewegungsangebote oder Ernährungsberatungen.
  • Versicherte Kinder und Jugendliche haben bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres Anspruch auf eine neue Untersuchung zur Früherkennung von Krankheiten, die ihre körperliche, geistige oder psycho-soziale Entwicklung gefährden können. Die Untersuchung beinhaltet auch eine Überpru¨fung des Impfstatus sowie eine präventionsorientierte Beratung mit Informationen zu regionalen Unterstützungsangeboten für Eltern und Kinder sowie bei Bedarf die Bescheinigung einer Präventionsempfehlung.
  • Für Kinder unter sechs Jahren wird (wahlweise beim Arzt oder Zahnarzt) eine neue Früherkennungsuntersuchung auf Zahn-, Mund- und Kieferkrankheiten eingeführt. Dazu gehört unter anderem die Einschätzung des Kariesrisikos sowie eine Ernährungs- und Mundhygieneberatung.
  • Die finanzielle Unterstützung der gesundheitlichen Selbsthilfe wird um rund 30 Millionen Euro erhöht. Für Selbsthilfegruppen, -organisationen und -kontaktstellen stellen die Krankenkassen ab dem Jahr 2016 je Versicherten 1,05 Euro (bisher: 0,55 Euro) zur Verfügung.
  • Gesundheitsorientiertes Verhalten soll stärker belohnt werden. Versicherte, die regelmäßig geimpft wurden, Leistungen zur Früherkennung von Krankheiten in Anspruch genommen haben oder an einer Maßnahme zur betrieblichen Gesundheitsförderung beziehungsweise an geförderten Präventionskursen teilgenommen haben, können dafür Boni erhalten. Die Kassen sollen dies in ihren Satzungen festlegen (Soll-Regelung statt bisheriger Kann-Regelung).
  • Reichen bei Versicherten die ambulanten medizinischen Vorsorgeleistungen nicht aus, kann dies auch im Rahmen einer Kur erfolgen. Die Zuschussbeträge der Kassen wurden hierfür auf 16 Euro täglich (bislang 13) heraufgesetzt. Für Kleinkinder steigt der Zuschuss auf bis zu 25 Euro (bisher: 21).
  • Eltern müssen bei der Aufnahme eines Kindes in eine Kindertagesstätte eine ärztliche Impfberatung nachweisen. Wird der Nachweis nicht erbracht, kann das Gesundheitsamt die Eltern zu einer Beratung laden.
  • Kinder dürfen vom Besuch einer Schule oder Kita ausgeschlossen werden, wenn sie an Masern erkrankt sind oder als ansteckungsverdächtig gelten und keinen Impfschutz bzw. Immunität nachweisen können. Der Ausschluss gilt, bis eine Weiterverbreitung der Krankheit nicht mehr zu befürchten ist.

Auswirkungen auf Ärzte/ambulante Pflege

  • Ärzte können ihren Patienten eine alters-, geschlechter- und zielgruppengerechte Gesundheitsuntersuchungen anbieten, um gesundheitlicher Risiken und Belastungen frühzeitig zu erfassen. Die Untersuchung beinhaltet auch eine Überprüfung des Impfstatus sowie bei Bedarf die Bescheinigung einer Präventionsempfehlung mit Hinweisen auf regionale Sport- und Bewegungsangebote oder Ernährungsberatungen.
  • Auch Betriebsärzte dürfen künftig allgemeine Schutzimpfungen vornehmen.
  • Arbeitsmediziner oder deren Verbänden können außerhalb der vertragsärztlichen Versorgung mit Krankenkassen Verträge über die Durchführung von Präventions-Gesundheitsuntersuchungen, über Maßnahmen zur betrieblichen Gesundheitsförderung, über Präventionsempfehlungen, Empfehlungen medizinischer Vorsorgeleistungen und über die Heilmittelversorgung schließen.

Auswirkungen auf Krankenkassen

  • Für die Ausgaben der Kassen zur Finanzierung von Präventionsangeboten wird ab 2016 ein Richtwert von sieben Euro (2015: 3,17 Euro) festgelegt. Davon sind jeweils mindestens zwei Euro für Leistungen der Betrieblichen Gesundheitsförderung (BGF) sowie für Präventionsangebote beispielsweise an Schulen oder Kindergärten (sogenannter Settingansatz) vorgesehen.
  • Liegen die Ausgaben für BGF-Angebote unterhalb dieser Grenze, muss der Differenzbetrag dem GKV-Spitzenverband zur Verfügung gestellt werden, der davon entsprechende Projekte anderer Kassen fördert. Liegen die Ausgaben für Setting-Angebote unterhalb dieser Grenze, sind die Ausgaben im Folgejahr um den Differenzbetrag zu erhöhen.
  • Der GKV-Spitzenverband legt einheitliche Kriterien für Präventionsleistungen fest, insbesondere hinsichtlich Bedarf, Zielgruppen, Zugangswegen, Inhalt, Methodik, Qualität, intersektoraler Zusammenarbeit und wissenschaftlicher Evaluation.
  • Die Krankenkassen werden verpflichtet, zur Unterstützung ihrer Präventionsaufgaben in den Lebenswelten der Versicherten (Setting-Ansatz) die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) zu beauftragen. Diese soll ab 2016 Art und Qualität krankenkassenübergreifender Leistungen, deren Implementierung und deren wissenschaftlicher Evaluation entwickeln.
  • Die Krankenkassen entwickeln mit den Trägern der gesetzlichen Rentenversicherung, der gesetzlichen Unfallversicherung und den Pflegekassen eine gemeinsame nationale Präventionsstrategie. Sie gewährleisten ihre Umsetzung und Fortschreibung im Rahmen der Nationalen Präventionskonferenz, an der auch Bund, Länder, Kommunen, die Bundesagentur für Arbeit und die Sozialpartner beteiligt sind. Die Geschäftsstelle der Präventionskonferenz übernimmt die BZgA.
  • Die Nationale Präventionsstrategie umfasst insbesondere die Vereinbarung bundeseinheitlicher Rahmenempfehlungen zur Gesundheitsförderung und Prävention sowie die Erstellung eines Präventionsberichts (ab Juli 2019 alle vier Jahre) über die Entwicklung der Gesundheitsförderung und Prävention.
  • Krankenkassen, gesetzliche Renten- und Unfallversicherung sowie Pflegekassen können Modellvorhaben finanzieren, um die Effizienz und Qualität von Leistungen zur Gesundheitsförderung oder zur Prävention in Lebenswelten sowie in der betrieblichen Gesundheitsförderung zu verbessern.
  • Krankenkassen sollen in ihren Satzungen bestimmen (bisher: Kann-Regelung), unter welchen Voraussetzungen Versicherte Anspruch auf einen Bonus haben, die entweder regelmäßig geimpft wurden, die neuen Leistungen zur Früherkennung von Krankheiten in Anspruch genommen haben, an einer Maßnahme zur betrieblichen Gesundheitsförderung oder an geförderten Präventionskursen teilgenommen haben.
  • Die Krankenkassen oder ihre Verbände können in Ergänzung zur vertragsärztlichen Versorgung mit geeigneten Arbeitsmedizinern oder deren Verbänden Verträge über die Durchführung von Präventions-Gesundheitsuntersuchungen, über Maßnahmen zur Betrieblichen Gesundheitsförderung, über Präventionsempfehlungen, Empfehlungen medizinischer Vorsorgeleistungen und über die Heilmittelversorgung schließen.
  • Krankenkassen sollen künftig insbesondere kleineren Unternehmen und regionalen Unternehmensorganisationen wie Industrie- und Handelskammern, Handwerkskammern und Innungen in gemeinsamen regionalen Koordinierungsstellen Beratung und Unterstützung für die Betriebliche Gesundheitsförderung anbieten.
  • Die Pflegekassen erhalten den Auftrag, in stationären Pflegeeinrichtungen kassenübergreifende Präventionsleistungen anzubieten. Dafür müssen sie jährlich für jeden Versicherten 0,30 Euro zur Verfügung stellen. Erreicht eine Pflegekasse diesen Betrag nicht, muss sie den Differenzbetrag dem GKV-Spitzenverband zur Verfügung stellen, der die Mittel auf die übrigen Pflegekassen verteilt.
  • Pflegekassen sollen bei den zuständigen Leistungsträgern darauf hinwirken, dass bei betroffenen Versicherten frühzeitig alle geeigneten Präventionsmaßnahmen eingeleitet werden, die den Eintritt einer Pflegebedürftigkeit verhindern können.

Auswirkungen auf Finanzierung

  • Für die Ausgaben der Kassen zur Finanzierung von Präventionsangeboten wird ein Richtwert von sieben Euro (bisher: 3,17 Euro) festgelegt. Für Leistungen der Betrieblichen Gesundheitsförderung sowie für Präventionsangebote beispielsweise an Schulen oder Kindergärten (sogenannter Settingansatz) gilt ein fester jährlicher Wert von jeweils zwei Euro je Versicherten. (je 140 Millionen Euro). 0,45 Euro je Versicherten zahlen die Kassen der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) jährlich zur Unterstützung von Präventionsmaßnahmen(etwa 32 Millionen Euro). Die Mehrausgaben für die Krankenkassen betragen ab 2016 rund 250 bis 300 Millionen Euro pro Jahr.
  • Private Krankenversicherungen können sich freiwillig an der Nationalen Präventionskonferenz beteiligen. In diesem Fall werden sie jährlich mit 18 Millionen Euro belastet.
  • Die Pflegekassen müssen künftig jährlich 0,30 Euro je Versicherten für Vorsorgeleistungen in voll- und teilstationären Pflegeeinrichtungen zur Verfügung zu stellen (etwa 21 Millionen Euro).
  • Private Pflegeversicherungen müssen mit Mehrausgaben von insgesamt 2,7 Millionen Euro rechnen.

Beitragssatz

14,6 (+ evtl. Zusatzbeitrag Seit 2009 erhalten die gesetzlichen Krankenkassen zur Deckung ihrer Ausgaben Zuweisungen aus dem… )