Schiefe Debatte um Lieferengpässe bei Medikamenten

Gerade chronisch Kranke sind darauf angewiesen, dass ihre benötigten Medikamente jederzeit in der Apotheke verfügbar sind. Aktuell liest man in den Medien immer wieder, dass es in den Apotheken erneut zu Versorgungsengpässen komme. Das Wissenschaftlich Institut der AOK (WIdO) ist dieser Frage auf den Grund gegangen – mit erfreulichen Ergebnissen.

Von insgesamt mehr als 63.000 verschiedenen Arzneimitteln, die zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung verordnet werden können, sind nach einer aktuellen Auswertung des Wissenschaftlichen Instituts der AOK Die AOK hat mit mehr als 20,9 Millionen Mitgliedern (Stand November 2021) als zweistärkste Kassenart… (WIdO Das WIdO (Wissenschaftliches Institut der AOK) liefert als Forschungs- und Beratungsinstitut der… ) derzeit lediglich 735 beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) ist eine selbständige… (BfArM) von den pharmazeutischen Herstellern als nicht lieferfähig gemeldet. Damit waren Anfang Oktober 2024 98,8 Prozent aller Medikamente verfügbar.

Neben der Verfügbarkeitsquote von 98,8 Prozent kann das WIdO auch hinsichtlich der Verordnungsabdeckung Entwarnung geben: 99,9 Prozent der im Jahr 2023 verordneten Arzneimittel Nach der Definition des Arzneimittelgesetzes (AMG) sind Arzneimittel insbesondere Stoffe und… sind derzeit verfügbar oder können im Falle der aktuell als lieferunfähig gelisteten Arzneimittel durch identische Alternativ-Produkte oder Arzneimittel anderer Hersteller, die hinsichtlich Reichweite und Darreichungsform ähnlich sind, in der Versorgung ersetzt werden. Trotzdem häufen sich im Herbst 2024 wieder in den Medien diverse Meldungen zu Lieferschwierigkeiten in den Apotheken. 

Schiefe Debatte

„Zwar ist die Emotionalität bei diesem Thema teilweise verständlich, sie entspricht aber nicht der aktuellen Datenlage. Bedauerlich ist, dass in der Debatte von interessierter Seite immer wieder auf die Rabattverträge Seit Inkrafttreten des Beitragssatzsicherungsgesetzes 2003 und erweitert durch das… der Krankenkassen Die 97 Krankenkassen (Stand: 26.01.22) in der gesetzlichen Krankenversicherung verteilen sich auf… als Ursache von Lieferschwierigkeiten abgehoben wird. Tatsächlich verhält es sich genau andersherum: Arzneimittelrabattverträge tragen zu einer hohen Versorgungssicherheit bei, da sie die Hersteller zur Bevorratung verpflichten und Absatzmengen kalkulierbar machen“, so Carola Reimann, Vorstandsvorsitzende des AOK-Bundesverbandes. 

WIdO fordert mehr Transparenz

Um die immer wieder behaupteten Versorgungsengpässe empirisch besser überprüfen zu können, fordert das WIdO eine verpflichtende Meldung von Lieferengpässen – vom Hersteller über den Großhandel bis zur Apotheke Den Apotheken als Gewerbebetrieben für die Zubereitung und den Verkauf von Arzneimitteln ist durch… . „Es ist nicht einzusehen, dass wir heute den Weg unserer Paketsendungen online mitverfolgen können, dies aber bei der ungleich wichtigeren Arzneimittelversorgung in Deutschland nicht schaffen“, so Helmut Schröder, Geschäftsführer des Wissenschaftlichen Instituts der AOK.

Eine verpflichtende Auskunft darüber, welche Arzneimittel von welchen Herstellern im deutschen Arzneimittelmarkt erwartet werden, welche Arzneimittel wann geliefert werden und welche Mengen vorrätig sind, schaffe deutlich mehr Transparenz. Gleichzeitig müssten Großhändler wie Apotheken die von ihnen vorgehaltenen Arzneimittel offen legen, damit flexibel auf regionale Lieferengpässe reagiert werden könne. „Hierzu müsste der Gesetzgeber eine verpflichtende Dokumentation der Lieferunfähigkeiten auf den verschiedenen Stufen beauftragen. Damit könnte möglichen Lieferunfähigkeiten vorbeugend begegnet werden“, so Schröder.

AOK-Arzneimittelrabattverträge enthalten übrigens schon seit Jahren die Vorgabe, dass die Vertragspartner die AOK über nicht lieferbare Vertragsprodukte verpflichtend informieren müssen. Um die Liefersicherheit noch zu erhöhen, müssen die Vertragspartner außerdem einen ausreichenden Arzneimittelbestand vorhalten – und das bereits vor Vertragsstart.