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BSG 23.06.2020 - B 2 U 10/18 R
BSG 23.06.2020 - B 2 U 10/18 R - (Gesetzliche Unfallversicherung - Beitragsrecht - Beitragszuschlagsverfahren gem § 162 SGB 7 - Satzung - Satzungsautonomie - Schwere des Unfalls - Verletztenrente - Höhe der Rentenleistung - Rückwirkung - Vertrauensschutz - Gleichheitssatz)
Normen
§ 162 Abs 1 S 1 SGB 7, § 162 Abs 1 S 2 SGB 7, § 162 Abs 1 S 3 SGB 7, § 162 Abs 1 S 4 SGB 7, § 162 Abs 3 Nr 1 SGB 7, § 162 Abs 3 Nr 2 S 1 SGB 7, § 162 Abs 3 Nr 2 S 2 SGB 7, § 162 Abs 3 Nr 3 SGB 7, Art 3 Abs 1 GG
Vorinstanz
vorgehend SG Landshut, 7. April 2015, Az: S 15 U 92/14, Urteil
vorgehend Bayerisches Landessozialgericht, 28. Februar 2018, Az: L 2 U 200/15, Urteil
Leitsatz
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1. Der Satzungsgeber darf pauschalierend als Indiz für die Schwere eines Unfalls auf die Bewilligung einer Verletztenrente abstellen, ohne dass ein bestimmter Rentenzahlbetrag erreicht werden muss.
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2. Es verstößt nicht gegen höherrangiges Recht, wenn eine erst nach Ablauf des Beitragsjahres in Kraft tretende Satzungsbestimmung die Höhe des Beitragszuschlags unter Berücksichtigung der in diesem Jahr zu erbringenden Rentenleistungen und der sonstigen Kosten regelt.
Tenor
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Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 28. Februar 2018 wird zurückgewiesen.
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Die Klägerin trägt die Kosten auch des Revisionsverfahrens.
Tatbestand
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Die Beteiligten streiten darüber, ob die Beklagte für das Beitragsjahr 2012 einen Beitragszuschlag iHv 43 352,76 Euro erheben darf.
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Die Klägerin ist in der Arbeitnehmerüberlassung und Personalvermittlung tätig. Die Beklagte veranlagte sie ab dem Jahr 2011 zu der Gefahrtarifstelle 15.1 - Zeitarbeit - Beschäftigte im Dienstleistungsbereich und Stammpersonal - Gefahrklasse 0,77 - und zu der Gefahrtarifstelle 15.2 - Zeitarbeit - Beschäftigte in allen anderen Bereichen - Gefahrklasse 7,97 (Bescheid vom 3.11.2010). Im Jahre 2012 erlitten ihre Beschäftigten S. F. und A. E. Arbeitsunfälle. Die Beklagte gewährte dem S. F. aufgrund eines Arbeitsunfalls im Februar 2012 im Jahre 2012 eine Verletztenrente mit Rentenzahlungen für das Jahr 2012 iHv insgesamt 1646,13 Euro. Zudem wendete sie für ihn im Jahre 2012 für Heilbehandlungen und sonstige Kosten weitere 21 262,58 Euro auf. Für den Beschäftigten A. E., der im Juli 2012 einen Arbeitsunfall erlitt, entstanden der Beklagten im Jahre 2012 Aufwendungen für Heilbehandlungen und sonstige Kosten iHv insgesamt 18 328,79 Euro. Für das Jahr 2012 setzte die Beklagte den von der Klägerin zu zahlenden Beitrag auf 867 055,26 Euro, nebst Rentenaltlast-Umlage iHv 5512,29 Euro und Anteilen am berufsgenossenschaftlichen Ausgleichsverfahren auf insgesamt 986 318,89 Euro, fest (Bescheid vom 22.4.2013).
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Die Beklagte erhob nach Anhörung der Klägerin für das Jahr 2012 einen Beitragszuschlag iHv 43 352,76 Euro. Dabei legte sie einen anrechenbaren Beitrag von 867 055,26 Euro und insgesamt 52 Unfallbelastungspunkte, davon einen Punkt für den Unfall des A. E. und 51 Punkte für den Unfall des S. F., zugrunde. Bei einer Einzelbelastung der Klägerin von 0,5997 und einer Durchschnittsbelastung von 0,4707 ergebe sich aufgrund der Abweichung der Einzelbelastung von der Durchschnittsbelastung um 27,41 vH ein Beitragszuschlag iHv 5 vH des anrechenbaren Beitrags (Bescheid vom 26.8.2013 und Widerspruchsbescheid vom 28.2.2014).
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Klage und Berufung sind erfolglos geblieben (Urteil des SG vom 7.4.2015 und Urteil des LSG vom 28.2.2018). Das LSG hat ausgeführt, die Beklagte habe zu Recht einen Beitragszuschlag iHv 43 352,76 Euro gemäß § 29 ihrer Satzung in der hier anzuwendenden Fassung des 2. Nachtrags erhoben. Für die neu bekannt gewordenen Unfälle ihrer beiden versicherten Beschäftigten S. F. und A. E. seien je ein und für die neu festgestellte Rente des S. F. 50 Belastungspunkte zu berücksichtigen. Für den Unfall des S. F. könnten mehrfach Punkte vergeben werden. Für die Bewertung der neu festgestellten Unfallrente des S. F. komme es auf die Gesamtkosten des Unfalles und nicht nur auf die Höhe der Rentenzahlungen an. § 29 der Satzung in der Fassung des 2. Nachtrags sei durch die Ermächtigung des § 162 SGB VII gedeckt, da er zutreffend Zahl und Schwere der Arbeitsunfälle berücksichtige. Die Regelung verstoße auch nicht gegen Verfassungsrecht.
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Mit ihrer Revision rügt die Klägerin eine Verletzung des § 162 SGB VII sowie der Art 3 und 20 Abs 3 GG. § 29 der Satzung führe zu zufälligen, widersprüchlichen und gleichheitswidrigen Ergebnissen, weil die Differenzierung zwischen den Unfällen, die mit einem Punkt bewertet würden, und den Unfällen, die mit 50 Belastungspunkten bewertet würden, nicht nachvollziehbar sei. Es verstoße gegen die Grundsätze der Verhältnismäßigkeit und der Beitragsgerechtigkeit, wenn langjährig zu zahlende, geringe Renten zu einem Punktwert von Null führen würden, während - wie hier - ein Punktwert von 50 angesetzt werde, wenn der Rentenzahlbetrag ebenfalls gering und die Rente ggf sogar befristet sei, die Sachaufwendungen im Beitragsjahr jedoch 10 000 Euro erreichten. Auch sei es unverhältnismäßig, wegen eines einzelnen Arbeitsunfalls, der zu einer geringen Rente führe, ein Unternehmen mit über 3000 Arbeitskräften den zur Prävention besonders anzuhaltenden Unternehmen zuzuordnen.
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Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 28. Februar 2018 und das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 7. April 2015 sowie den Bescheid der Beklagten vom 26. August 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. Februar 2014 aufzuheben.
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Die Beklagte beantragt ,
die Revision zurückzuweisen,
hilfsweise,
die Satzungsregelungen der Beklagten für eine Übergangszeit bis zum 31. Dezember 2021 für weiterhin anwendbar zu erklären.
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Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Entscheidungsgründe
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Die Revision der Klägerin ist unbegründet. Zu Recht hat das LSG die Berufung der Klägerin gegen das klagabweisende Urteil des SG zurückgewiesen. Die isolierte Anfechtungsklage (§ 54 Abs 1 Satz 1 Var 1 SGG) ist unbegründet, denn der Bescheid der Beklagten vom 26.8.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28.2.2014 ist rechtmäßig. Die Beklagte hat zu Recht einen von der Klägerin für das Jahr 2012 zu zahlenden Beitragszuschlag iHv 43 352,76 Euro festgesetzt. Die der Berechnung des Beitragszuschlags zugrunde liegenden Satzungsregelungen der Beklagten sind nicht zu beanstanden.
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I. Ermächtigungsgrundlage für die Erhebung des Beitragszuschlags ist § 162 Abs 1 SGB VII (idF des Art 5 Nr 8 des Gesetzes zur Änderung des Sozialgesetzbuches und anderer Gesetze vom 24.7.2003, BGBl I 1526) iVm § 29 der am 1.1.2012 in Kraft getretenen Satzung der Beklagten vom 28.9.2011 (Genehmigung durch das Bundesversicherungsamt am 14.12.2011) idF des am 1.1.2013 in Kraft getretenen 2. Nachtrags vom 4.7.2013 (Genehmigung durch das Bundesversicherungsamt am 18.7.2013). Gemäß § 162 Abs 1 SGB VII haben die gewerblichen Berufsgenossenschaften unter Berücksichtigung der anzuzeigenden Versicherungsfälle Zuschläge aufzuerlegen oder Nachlässe zu bewilligen (Satz 1). Versicherungsfälle nach § 8 Abs 2 Nr 1 bis 4 SGB VII bleiben dabei außer Ansatz (Satz 2). Das Nähere bestimmt die Satzung, die dabei Versicherungsfälle, die durch höhere Gewalt oder durch alleiniges Verschulden nicht zum Unternehmen gehörender Personen eintreten, und Versicherungsfälle auf Betriebswegen sowie Berufskrankheiten ausnehmen kann (Satz 3). Die Höhe der Zuschläge und Nachlässe richtet sich nach der Zahl, der Schwere oder den Aufwendungen für die Versicherungsfälle oder nach mehreren dieser Merkmale (Satz 4). Die Satzung kann bestimmen, dass auch die nicht anzeigepflichtigen Versicherungsfälle für die Berechnung von Zuschlägen oder Nachlässen berücksichtigt werden (Satz 5).
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Auf der Grundlage des § 162 Abs 1 Satz 3 Halbsatz 1 SGB VII ist § 29 der Satzung der Beklagten vom 28.9.2011 idF des 2. Nachtrags vom 4.7.2013 ergangen. Danach werden jeder Unternehmerin mit Pflichtversicherten nach § 2 Abs 1 Nr 1 SGB VII unter Berücksichtigung der Zahl und Schwere der anzuzeigenden Arbeitsunfälle Zuschläge zum Beitrag auferlegt (Abs 1 Satz 1). Zuschlagspflichtig sind nur Beitragspflichtige, deren Belastung wesentlich von der Durchschnittsbelastung aller Unternehmen ihrer Tarifstelle abweicht (Abs 3 Nr 2 Satz 1). Wesentlich ist die Abweichung, wenn die Einzelbelastung um mehr als 25 vH über der Durchschnittsbelastung der Tarifstelle liegt (Abs 3 Nr 2 Satz 2). Das Beitragszuschlagsverfahren wird jährlich nachträglich für das abgelaufene Geschäftsjahr (Beitragsjahr) durchgeführt unter Berücksichtigung der im Beitragsjahr bekannt gewordenen meldepflichtigen Arbeitsunfälle, der im Beitragsjahr festgestellten neuen Unfallrenten und der Todesfälle (Abs 3 Nr 1). Jedes Unternehmen erhält für jeden im Beitragsjahr bekannt gewordenen Arbeitsunfall mit Kosten bis 10 000 Euro - Sach- und Geldleistungen - bis 10 000 Euro null Punkte und mit Kosten - Sach- und Geldleistungen - des Unfalls über 10 000 Euro einen Punkt sowie für jede im Beitragsjahr festgestellte neue Arbeitsunfallrente mit Kosten (Sach- und Geldleistungen) des Unfalls bis 10 000 Euro null Punkte und mit Kosten (Sach- und Geldleistungen) des Unfalls über 10 000 Euro 50 Punkte (Abs 3 Nr 3 Satz 2 Spiegelstriche 1 und 2). Für einen Unfall können mehrere Punktwerte anfallen (Abs 3 Nr 3 Satz 3). Zur Berechnung der Einzelbelastung werden die Punkte jedes Unternehmens addiert (Belastungspunkte) und auf je 10 000 Euro Beitrag des Unternehmers für das Beitragsjahr bezogen (Abs 3 Nr 3a). Der Zuschlag zum Beitrag beträgt 5 vH des für das Beitragsjahr zu zahlenden Beitrags, wenn die Einzelbelastung um mehr als 25 vH bis einschließlich 100 vH über der Durchschnittsbelastung der Gefahrtarifstelle liegt (Abs 3 Nr 4 Satz 1 Spiegelstrich 1). Für die Berechnung der Beiträge wird nur der Beitragsanteil herangezogen, der sich aus dem Umlagesoll der Berufsgenossenschaft ergibt (Abs 3 Nr 4 Satz 2).
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II. Zu Recht hat die Beklagte nach diesen Vorschriften einen Beitragszuschlag für das Beitragsjahr 2012 iHv 43 352,76 Euro festgesetzt. Der Senat ist befugt, die Satzung der Beklagten auszulegen, weil es sich dabei um revisibles Recht iS des § 162 SGG handelt. Nach dieser Vorschrift kann die Revision nur darauf gestützt werden, dass das angefochtene Urteil auf der Verletzung einer Vorschrift des Bundesrechts oder einer sonstigen im Bezirk des Berufungsgerichts geltenden Vorschrift beruht, deren Geltungsbereich sich über den Bezirk des Berufungsgerichts hinaus erstreckt. Da die Beklagte eine bundesunmittelbare Körperschaft des öffentlichen Rechts ist (§ 1 Abs 2 Halbsatz 1 der Satzung iVm § 29 Abs 1 SGB IV), geht der Geltungsbereich ihrer Satzung über den Bezirk des LSG hinaus (vgl dazu BSG Urteil vom 27.2.1970 - 2 RU 151/68 - BSGE 31, 47, 48 = SozR Nr 1 zu § 543 RVO), sodass offenbleiben kann, ob es sich bei den Satzungsregelungen nicht ohnehin um "Bundesrecht" handelt (so Fichte/Jüttner, SGG, 3. Aufl 2020, § 162 RdNr 8; Kraft in Eyermann/Fröhler, VwGO, 15. Aufl 2019, § 137 RdNr 16; aA Heinz in Roos/Wahrendorf, SGG, 2014, § 162 RdNr 8, 17; Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, 13. Aufl 2020, § 162 RdNr 5; Röhl in jurisPK-SGG, 1. Aufl 2017, Stand 20.3.2018, § 162 RdNr 35).
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Die Klägerin ist als Mitglied der Beklagten gemäß § 3 Gruppe I - Banken, Versicherungen, Verwaltungen, freie Berufe und besondere Unternehmen - der Satzung beitragspflichtig (hierzu unter 1.). Anzuwenden ist auf den hier erhobenen Beitragszuschlag für 2012 § 29 der Satzung der Beklagten vom 28.9.2011 idF des 2. Nachtrags vom 4.7.2013. Soweit hierin eine unechte Rückwirkung liegen könnte, war diese jedenfalls zulässig (dazu unter 2.). Die Klägerin war für das Beitragsjahr 2012 zuschlagspflichtig, weil ihre Einzelbelastung um mehr als 25 vH über der Durchschnittsbelastung aller Unternehmen ihrer Tarifstelle lag (hierzu unter 3.). Zutreffend hat die Beklagte auch den Zuschlag iHv 43 352,76 Euro festgesetzt (hierzu unter 4.). Die von der Beklagten angewandten Satzungsbestimmungen sind von der Ermächtigung des § 162 Abs 2 SGB VII gedeckt (hierzu unter 5.) und verstoßen in ihrer Anwendung auf die Klägerin nicht gegen Verfassungsrecht (hierzu unter 6.).
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1. Die Klägerin gehörte als Mitglied der Beklagten der Gruppe I (Banken, Versicherungen, Verwaltungen, freie Berufe und besondere Unternehmen) mit der Unternehmensart 32 - Zeitarbeitsunternehmen - an. Mit bestandskräftigem Bescheid vom 22.4.2013 waren von ihr für das Jahr 2012 Beiträge iHv insgesamt 986 318,89 Euro erhoben worden. Da sie weder gemeinnützig ist noch ihr tatsächlich errechneter Beitrag unterhalb des Mindestbeitrags lag, war sie nicht gemäß § 29 Abs 3 Nr 2 Satz 3 der Satzung vom Beitragszuschlagsverfahren ausgenommen.
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2. Die Beklagte hat ohne Rechtsverstoß auf das Beitragszuschlagsverfahren für das Beitragsjahr 2012 § 29 der Satzung vom 28.9.2011 idF des 2. Nachtrags vom 4.7.2013 angewandt. Der 2. Nachtrag trat nach seiner ausdrücklichen Regelung am 1.1.2013 in Kraft. Übergangsvorschriften, die einen anderen Geltungszeitraum anordneten, fehlen. Das Beitragszuschlagsverfahren für das Beitragsjahr 2012 konnte erst ab 1.1.2013 und damit erst unter der Geltung des 2. Nachtrags beginnen, denn nach § 29 Abs 3 Nr 1 der Satzung der Beklagten wird das Verfahren jährlich nachträglich für das abgelaufene Geschäftsjahr und damit das vorangegangene Beitragsjahr durchgeführt.
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Durch die Neuregelung in § 29 Abs 3 Nr 3 Satz 2 Spiegelstriche 1 und 2 der Satzung in der Fassung des 2. Nachtrags vom 4.7.2013 wurde gegenüber der bisherigen Fassung der Norm der Begriff "Kosten" des Unfalls bzw der Arbeitsunfallrente um den Zusatz "Sach- und Geldleistungen" ergänzt. Es kann offenbleiben, ob sich - wie die Beklagte meint - durch diese Hinzufügung die bisherige, bis zum 31.12.2012 geltende Rechtslage überhaupt nicht änderte, sondern durch den 2. Nachtrag lediglich eine Klarstellung erfolgte (vgl BVerfG Beschluss vom 17.12.2013 - 1 BvL 5/08 - BVerfGE 135, 1 RdNr 45). Aus der Sicht der betroffenen Unternehmer dürfte es sich jedenfalls um eine Verschlechterung der Rechtslage gehandelt haben, weil nunmehr für die Zeit ab 1.1.2013 klar geregelt ist, dass sonstige Kosten des Unfalls auch bei neu festgestellten Unfallrenten nicht nur die Aufwendungen für Rentenzahlungen, sondern auch ua die für Heilbehandlungen sind. Doch auch wenn die Änderungen durch den 2. Nachtrag vom 4.7.2013 rückwirkende Geltung zum 1.1.2013 entfalten würden, wäre dies im vorliegenden Falle zulässig.
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a) § 29 der Satzung bewirkt jedenfalls keine echte Rückwirkung. Mit dem BVerfG ist bei rückwirkenden Gesetzen zwischen Gesetzen mit echter Rückwirkung, die grundsätzlich nicht mit der Verfassung vereinbar sind (stRspr, vgl zB Beschluss vom 8.6.1977 - 2 BvR 499/74, 2 BvR 1042/75 - BVerfGE 45, 142, 167 f; Urteil vom 23.11.1999 - 1 BvF 1/94 - BVerfGE 101, 239, 262; Beschluss vom 10.10.2012 - 1 BvL 6/07 - BVerfGE 132, 302, 318, jeweils mwN), und solchen mit unechter Rückwirkung, die grundsätzlich zulässig sind (vgl zB Beschluss vom 10.10.2012 - 1 BvL 6/07 - BVerfGE 132, 302, 318; Beschluss vom 17.12.2013 - 1 BvL 5/08 - BVerfGE 135, 1 RdNr 39 mwN; vgl auch zB BSG Urteil vom 20.4.2010 - B 1 KR 19/09 R - SozR 4-5562 § 8 Nr 1 RdNr 28 f; BSG Urteil vom 20.5.2014 - B 1 KR 2/14 R - USK 2014, 109 = juris RdNr 21 ff mwN), zu unterscheiden (vgl etwa BSG Urteil vom 25.10.2016 - B 1 KR 11/16 R - BSG SozR 4-2500 § 269 Nr 1 RdNr 27). Eine Rechtsnorm entfaltet echte Rückwirkung, wenn sie nachträglich in einen abgeschlossenen Sachverhalt ändernd eingreift (vgl zB BVerfG Beschluss vom 31.5.1960 - 2 BvL 4/59 - BVerfGE 11, 139, 145 f; Urteil vom 23.11.1999 - 1 BvF 1/94 - BVerfGE 101, 239, 263; Beschluss vom 10.10.2012 - 1 BvL 6/07 - BVerfGE 132, 302, 318). Dies ist insbesondere der Fall, wenn ihre Rechtsfolge mit belastender Wirkung schon vor dem Zeitpunkt ihrer Verkündung für bereits abgeschlossene Tatbestände gelten soll ("Rückbewirkung von Rechtsfolgen"; vgl BVerfG Beschluss vom 7.7.2010 - 2 BvL 14/02 - BVerfGE 127, 1, 16 f). So liegt es regelmäßig, wenn der Gesetzgeber eine nicht nur vorläufig geregelte bereits entstandene Schuld nachträglich abändert (vgl zB im Steuerrecht bei nachträglicher Veränderung einer bereits entstandenen Steuerschuld: BVerfG Beschluss vom 7.7.2010 - 2 BvL 14/02 - BVerfGE 127, 1, 18 f; Beschluss vom 7.7.2010 - 2 BvR 748/05 ua - BVerfGE 127, 61, 77 f; Beschluss vom 10.10.2012 - 1 BvL 6/07 - BVerfGE 132, 302, 319).
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Daran fehlt es hier, denn durch den 2. Nachtrag der Satzung wird gerade nicht eine bereits entstandene Rechtsposition der Klägerin nachträglich entwertet. Die Neufassung des § 29 der Satzung durch den 2. Nachtrag vom 4.7.2013 mit Wirkung zum 1.1.2013 knüpft zwar tatbestandlich an die im Jahre 2012 eingetretenen Unfälle und festgestellten Arbeitsunfallrenten an. Sie regelt jedoch hier mit ihrem Inkrafttreten am 1.1.2013 aber nur das erst im Jahre 2013 noch durchzuführende Beitragszuschlagsverfahren (zur Zuordnung der Änderung von Normen des Steuerrechts mit Wirkung für den laufenden Veranlagungszeitraum zur Kategorie der unechten Rückwirkung vgl BVerfG Beschluss vom 10.10.2012 - 1 BvL 6/07 - BVerfGE 132, 302 mwN).
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b) Auch wenn die Neufassung des § 29 der Satzung in dem 2. Nachtrag vom 4.7.2013 eine sog unechte Rückwirkung entfalten würde, wäre diese zulässig und würde die Rechte der Klägerin nicht unverhältnismäßig einschränken. Eine unechte Rückwirkung, die auch als "tatbestandliche Rückanknüpfung" bezeichnet wird (s BVerfG Beschluss vom 14.5.1986 - 2 BvL 2/83 - BVerfGE 72, 200, 242; BVerfG Beschluss vom 3.12.1997 - 2 BvR 882/97 - BVerfGE 97, 67,79; BVerfG Urteil vom 5.2.2004 - 2 BvR 2029/01 - BVerfGE 109, 133, 181), liegt vor, wenn eine Norm auf gegenwärtige, noch nicht abgeschlossene Sachverhalte für die Zukunft einwirkt und damit die betroffene Rechtsposition nachträglich entwertet (stRspr, vgl zB BVerfG Urteil vom 8.2.1977 - 1 BvF 1/76 - BVerfGE 43, 291, 391; BVerfG Beschluss vom 13.5.1986 - 1 BvR 99/85 - BVerfGE 72, 175, 196; BVerfG Beschluss vom 11.10.1988 - 1 BvR 743/86 - BVerfGE 79, 29, 45 f). Regelungen, die eine unechte Rückwirkung entfalten, sind grundsätzlich zulässig und genügen dem rechtsstaatlichen Grundsatz des Vertrauensschutzes, wenn das schutzwürdige Bestandsinteresse des Einzelnen die gesetzlich verfolgten Gemeinwohlinteressen bei der gebotenen Interessenabwägung nicht überwiegt (BVerfG, stRspr, vgl zB Beschluss vom 10.10.2012 - 1 BvL 6/07 - BVerfGE 132, 302 mwN; Beschluss vom 24.3.1998 - 1 BvL 6/92 - BVerfGE 97, 378, 389 = SozR 3-2500 § 48 Nr 7; BSG Urteil vom 20.5.2014 - B 1 KR 2/14 R - USK 2014, 109 = juris RdNr 22).
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Für die Klägerin sind hier keine Gesichtspunkte des Vertrauensschutzes erkennbar, die der Anwendung der ab 1.1.2013 geltenden Neuregelung entgegenstehen könnten. Soweit nicht besondere Momente der Schutzwürdigkeit hinzutreten, genießt die bloß allgemeine Erwartung, das geltende Recht werde zukünftig unverändert fortbestehen, keinen besonderen verfassungsrechtlichen Schutz. Bei Abwägung der Interessen der Allgemeinheit, die mit der Regelung verfolgt werden, und des Vertrauens der Einzelnen auf die Fortgeltung der Rechtslage (vgl dazu BVerfG Beschluss vom 10.10.2012 - 1 BvL 6/07 - BVerfGE 132, 302 mwN) überwog hier das Interesse der Beklagten und ihrer Mitglieder an dem baldigen Inkrafttreten einer handhabbaren und klaren Regelung des Beitragszuschlagsverfahrens, nachdem Zweifelsfragen hinsichtlich der Auslegung des Begriffs "Kosten" des Unfalls bzw der festgestellten neuen Arbeitsunfallrente in der bisherigen Fassung der Norm aufgetreten waren. Dass die Klägerin vorliegend auf einen unveränderten Fortbestand des § 29 der Satzung vertrauen durfte, ist nicht ersichtlich. Insbesondere konnte sie nicht davon ausgehen, dass Arbeitsunfälle, für die 2012 eine Verletztenrente bewilligt wurde, nur dann zu einem Zuschlag führen, wenn der im Jahr 2012 bewilligte Gesamtbetrag der Rentenzahlungen nur in diesem Jahr alleine 10 000 Euro überschritt. Insofern waren die Formulierungen in § 29 der noch 2012 geltenden Fassung der Satzung zu unbestimmt und auslegungsbedürftig. Die Beklagte ging, wie bereits ausgeführt, zwar davon aus, dass sich die Rechtsfolge des 2. Nachtrags bereits aus der bisherigen Fassung der Norm ergab, sodass dieser 2. Nachtrag jedenfalls Rechtsklarheit herstellte, was - auch bei einer ggf unechten Rückwirkung der Norm - jedenfalls deren Zulässigkeit auch unter rechtsstaatlichen Gesichtspunkten zur Folge hätte. Denn selbst eine echte Rückwirkung einer Norm ist unter dem Gesichtspunkt der Bereinigung einer unklaren Rechtslage ggf zulässig.
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3. Im Jahre 2012 lag die Einzelbelastung der Klägerin um mehr als 25 vH über der Durchschnittsbelastung aller Unternehmen ihrer Tarifstelle. Für die Berechnung der Einzelbelastung waren 52 Belastungspunkte zu berücksichtigen, nämlich für den Arbeitsunfall des A. E. ein Punkt (dazu unter a) und für den Arbeitsunfall des S. F. 51 Punkte (dazu unter b). Dies ergab eine Einzelbelastung von 0,5997 (dazu unter c), die die Durchschnittsbelastung von 0,4707 aller Unternehmen der Tarifstelle 15 mit den Teilstellen 15.1 und 15.2 des Gefahrtarifvertrages der Beklagten um mehr als 25 vH überstieg (dazu unter d).
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a) Der im Juli 2012 erlittene Arbeitsunfall des versicherten Beschäftigten A. E., bei dem es sich nicht um einen Wegeunfall oder einen durch höhere Gewalt oder durch nicht zum Unternehmen der Klägerin gehörende Personen verursachten Unfall handelte (vgl § 29 Abs 1 Satz 2 der Satzung), war gemäß § 29 Abs 3 Nr 3 Satz 2 Spiegelstrich 1 der Satzung mit einem Punkt zu bewerten. Er war der Beklagten im Jahre 2012 bekannt geworden. Im Gesamtzeitraum des Jahres 2012 hatte er Aufwendungen der Beklagten von mehr als 10 000 Euro, nämlich iHv 10 328,79 Euro, für Heilbehandlungen und sonstige Kosten verursacht.
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b) Für den Arbeitsunfall des S. F., den dieser im Februar 2012 erlitt und der ebenfalls kein nicht zu berücksichtigender Unfall iS des § 29 Abs 1 Satz 2 der Satzung war, waren 51 Punkte zu berücksichtigen. Gemäß § 29 Abs 3 Nr 3 Satz 2 Spiegelstrich 1 der Satzung war zum einen dieser der Beklagten im Jahre 2012 bekannt gewordene Arbeitsunfall mit einem Punkt zu bewerten, weil er im Jahre 2012 zu Kosten der Beklagten für Sach- und Geldleistungen über 10 000 Euro führte. Er verursachte zum anderen in diesem Jahr Aufwendungen der Beklagten iHv 1646,13 Euro für die an den Versicherten gezahlte Rente (vgl dazu auch BSG Urteil vom 23.6.2020 - B 2 U 13/18 R - zur Veröffentlichung bestimmt) und iHv weiteren 21 262,58 Euro für Heilbehandlungen und sonstige Kosten, insgesamt damit 22 908,71 Euro.
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Gemäß § 29 Abs 3 Nr 3 Satz 2 Spiegelstrich 2 der Satzung waren damit aufgrund der im Jahre 2012 neu festgestellten Arbeitsunfallrente des Beschäftigten S. F. zusätzlich 50 Punkte zugrunde zu legen. Nach § 29 Abs 3 Nr 3 Satz 2 Spiegelstrich 2 idF des 2. Nachtrags vom 4.7.2013 sind nicht nur die Rentenzahlungen, sondern auch sonstige Kosten für Sachleistungen und Geldleistungen, die aufgrund des Arbeitsunfalls entstanden sind, zu berücksichtigen. Der Arbeitsunfall des Beschäftigten S. F. im Februar 2012, für den ihm im Jahre 2012 Verletztenrente iHv 1646,13 Euro bewilligt wurde, führte zu Kosten von über 10 000 Euro, denn die Beklagte gewährte Sachleistungen - ua Heilbehandlung - und hatte sonstige Kosten iHv weiteren 21 262,58 Euro, sodass insgesamt 22 908,71 Euro aufgewandt wurden.
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Die jeweils gemäß § 29 Abs 3 Nr 3 Satz 2 Spiegelstrich 1 und 2 der Satzung zu berücksichtigenden Punkte waren zu addieren, weil § 29 Abs 3 Nr 3 Satz 3 der Satzung bestimmt, dass für einen Unfall - wie hier bei dem Beschäftigten S. F. - mehrere Punktwerte anfallen können. Für den Unfall des S. F. ergaben sich damit 51 Punkte.
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c) Die für den Beitragszuschlag zu errechnende Einzelbelastung betrug 0,5997. Zur Berechnung der Einzelbelastung waren nach § 29 Abs 3 Nr 3a der Satzung die Punkte des Unternehmens der Klägerin zu addieren (Belastungspunkte) und auf je 10 000 Euro Beitrag der Klägerin für das Beitragsjahr zu beziehen. Zu berücksichtigen waren aufgrund der Unfälle ihrer beiden Beschäftigten im Jahre 2012 insgesamt 52 Belastungspunkte. Für die Berechnung des Beitrags der Klägerin im Beitragsjahr war gemäß § 29 Abs 3 Nr 4 Satz 2 der Satzung der Beitragsanteil aus dem Umlagesoll für die Beklagte iHv 867 055,26 Euro zugrunde zu legen. Dies ergab eine Einzelbelastung von 0,5997 (= 52 x 10 000 : 867 055,26).
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d) Die Einzelbelastung der Klägerin von 0,5997 überstieg die Durchschnittsbelastung aller Unternehmen der Tarifstelle 15, Teilstellen 15.1 und 15.2, des Gefahrtarifvertrages der Beklagten, die 0,4707 betrug. Die Klägerin gehört den Gefahrtarif(teil)stellen 15.1 (Zeitarbeit - Beschäftigte im Dienstleistungsbereich und Stammpersonal) bzw 15.2 (Zeitarbeit - Beschäftigte in allen anderen Bereichen) an. Die Abweichung betrug 27,41 vH und damit mehr als 25 vH. Soweit die Revision geltend macht, dass ein Vergleich nur jeweils innerhalb der Gefahrtarifteilstellen hätte erfolgen dürfen, ist dem nicht zu folgen. Zwar weichen die Gefahrklassen für die beiden Tarifteilstellen 15.1. und 15.2 hier erheblich voneinander ab (Gefahrklassen 0,77 und 7,97). Das Unternehmen der Klägerin ist jedoch gerade zu beiden Tarifteilstellen veranlagt worden, sodass eine nachträgliche Aufspaltung in zwei Untergruppen nicht gefordert werden kann und wohl auch technisch nicht möglich wäre. Zudem ist nicht ersichtlich, dass durch die Bildung dieser gemeinsamen "Vergleichsgruppe" aller Unternehmen der Tarifstelle 15 im Rahmen des Beitragszuschlagsverfahrens der Gestaltungsspielraum des Satzungsgebers überschritten worden ist (zur Zulässigkeit der Bildung gemeinsamer Tarifstellen vgl BSG Urteil vom 11.4.2013 - B 2 U 8/12 R - BSGE 113, 192 = SozR 4-2700 § 157 Nr 5).
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4. Aufgrund der Abweichung von mehr als 25 vH und damit einer wesentlichen Abweichung iS des § 29 Abs 3 Nr 2 der Satzung der Einzelbelastung der Klägerin von der Durchschnittsbelastung im Jahre 2012 war für dieses Jahr ein Beitragszuschlag iHv 43 352,76 Euro von der Klägerin zu zahlen. § 29 Abs 3 Nr 4 Satz 1 Spiegelstrich 1 der Satzung bestimmt, dass bei einer Abweichung von mehr als 25 vH bis 100 vH der Zuschlag 5 vH des im Beitragsjahr zu zahlenden Beitrags beträgt. Dies ergab bei einem Beitrag der Klägerin iHv von 867 055,26 Euro einen Beitragszuschlag iHv 43 352,76 Euro.
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5. Die hier anzuwendenden Satzungsbestimmungen der Beklagten zur Zuschlagsberechnung sind mit höherrangigem Recht, insbesondere mit § 162 SGB VII, vereinbar. Den Unfallversicherungsträgern als ihre Angelegenheiten selbst regelnde öffentlich-rechtliche Körperschaften ist bei der Beitragsgestaltung ein Entscheidungs- und Gestaltungsspielraum eingeräumt, soweit sie innerhalb der ihnen erteilten gesetzlichen Ermächtigung autonomes Recht setzen (vgl BSG Urteil vom 23.6.2020 - B 2 U 14/18 R; BSG Urteil vom 26.11.2019 - B 2 U 29/17 R - SozR 4-2700 § 183 Nr 3 und vom 11.4.2013 - B 2 U 8/12 R - BSGE 113, 192 = SozR 4-2700 § 157 Nr 5, jeweils mwN). Das von der Vertreterversammlung erlassene autonome Satzungsrecht muss auf einer gesetzlichen Ermächtigung beruhen. Ob der Satzungsgeber die zweckmäßigste, vernünftigste und gerechteste Regelung getroffen hat, hat der Senat nicht zu prüfen. Maßgebend ist, ob sachgerechte, plausible Gründe für die Satzungsregelungen anzuführen sind (vgl BSG Urteil vom 26.11.2019 - B 2 U 29/17 R - SozR 4-2700 § 183 Nr 3 mwN).
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Die hier angewandten Satzungsbestimmungen genügen diesen Anforderungen. Die Regelungen der Satzung über die Beitragszuschlagserhebung und -berechnung sind durch die Vorschrift des § 162 Abs 1 SGB VII gedeckt. § 162 Abs 1 Satz 3 und 4 SGB VII ermächtigen die gewerblichen Berufsgenossenschaften, durch Satzungsregelungen Beitragszuschläge, die sich nach der Zahl, der Schwere oder den Aufwendungen für die Versicherungsfälle oder nach mehreren dieser Merkmale richten, unter Berücksichtigung der anzuzeigenden Versicherungsfälle aufzuerlegen. Nach § 162 Abs 1 Satz 2 SGB VII bleiben Versicherungsfälle nach § 8 Abs 2 Nr 1 bis 4 SGB VII dabei außer Ansatz. Der Ermächtigung in § 162 Abs 1 Satz 3 SGB VII entsprechend hat die Beklagte in ihrer Satzung die Erhebung von Zuschlägen geregelt. Sie hat insbesondere in § 29 ihrer Satzung bei der Berechnung des Beitragszuschlags sowohl die Anzahl der Arbeitsunfälle als auch durch die Differenzierung danach, ob eine Rente bewilligt wurde, deren Schwere und die Höhe der Aufwendungen zugrunde gelegt.
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6. Die Regelung des § 29 der Satzung der Beklagten verstößt nicht gegen Art 3 Abs 1 GG. Der allgemeine Gleichheitssatz iS des Art 3 Abs 1 GG gebietet zwar, alle Menschen vor dem Gesetz gleich zu behandeln. Damit ist dem Gesetzgeber allerdings nicht jede Differenzierung verwehrt. Ein Verstoß gegen Art 3 Abs 1 GG liegt nur dann vor, wenn eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten anders behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen könnten. Hinsichtlich der verfassungsrechtlichen Anforderungen an den die Ungleichbehandlung tragenden Sachgrund ergeben sich je nach Regelungsgegenstand und Differenzierungsmerkmalen unterschiedliche Grenzen für den Gesetzgeber, die von gelockerten, auf das Willkürverbot beschränkten Bindungen bis hin zu strengen Verhältnismäßigkeitserfordernissen reichen können (vgl BSG Urteil vom 26.11.2019 - B 2 U 29/17 R - SozR 4-2700 § 183 Nr 3 mwN).
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Die von der Beklagten in § 29 ihrer Satzung vorgenommenen Differenzierungen sind danach mit dem allgemeine Gleichheitssatz des Art 3 Abs 1 GG vereinbar. Eine Berechnung des Zuschlags anhand einer periodenbezogenen Berücksichtigung von Aufwendungen innerhalb eines eng begrenzten Beobachtungszeitraumes ist eine rein technische Regelung. Sie knüpft nicht an personengebundenen Merkmalen an, sondern entspricht § 162 Abs 1 Satz 4 SGB VII, wonach maßgebend für die Erhebung eines Beitragszuschlags neben der Zahl und Schwere der Unfälle die dafür entstehenden Aufwendungen sein sollen. Dementsprechend bedurfte es keiner Differenzierung der Rentenfälle zwischen solchen mit lebenslangem und solchen mit kurzzeitigem Rentenbezug. Das Abstellen auf die Gesamtkosten im Beitragsjahr, wenn in diesem Jahr der Arbeitsunfall bekannt oder eine Rente bewilligt wurde, entspricht Sinn und Zweck des Beitragszuschlags. Dieser soll positive Anreize zu einer verbesserten Unfallverhütung durch die Unternehmer bewirken. Ein solcher Effekt kann nur eintreten, wenn sich verstärkte Präventionsanstrengungen auch in absehbarer Zeit für den Unternehmer wirtschaftlich auswirken (vgl dazu auch BSG Urteil vom 23.6.2020 - B 2 U 13/18 R - zur Veröffentlichung bestimmt).
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Auch durfte der Satzungsgeber ohne Verstoß gegen Art 3 Abs 1 GG durch § 29 Abs 3 Nr 3 Satz 3 der Satzung sowohl das Bekanntwerden eines Arbeitsunfalls als auch die Rentenbewilligung für diesen kumulativ in einem Jahr für die Erhebung des Beitragszuschlags berücksichtigen. Damit findet neben dem Kriterium der Anzahl der Unfälle das Kriterium der Schwere des Unfalls zusätzlich Berücksichtigung. Der Satzungsgeber durfte im Rahmen seiner Satzungsautonomie pauschalierend als Indiz für die Schwere des Unfalls auf die Bewilligung einer Verletztenrente abstellen, weil die Verletztenrente nur bei erheblicheren Unfallfolgen zu gewähren ist, die eine Minderung der Erwerbsfähigkeit um mindestens 20 vH infolge des Unfalls über die 26. Woche hinaus bedingen (vgl § 56 SGB VII). Ohne Verstoß gegen den Gleichheitssatz des Art 3 Abs 1 GG hat der Satzungsgeber auch mithilfe der Mindestkostengrenze von 10 000 Euro und des Belastungspunktesystems die Unfallschwere zulässig beurteilt, weil erhebliche Verletzungen regelmäßig höhere Kosten verursachen und diese somit ein tauglicher Indikator für die Schwere des Unfalls sind.
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Der Senat hat zu der hier maßgeblichen Satzung auch entschieden (vgl BSG Urteil vom 23.6.2020 - B 2 U 13/18 R - zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen), dass Rentennachzahlungen für länger zurückliegende Jahre keine "Aufwendungen" iS des § 162 Abs 1 Satz 4 SGB VII sind, nach denen sich die Höhe der Zuschläge richten darf. Insofern dürfte der Satzungsgeber wohl nicht ohne Verstoß gegen Art 3 Abs 1 GG durch § 29 Abs 3 Nr 3 Satz 3 der Satzung sowohl das Bekanntwerden eines Arbeitsunfalls als auch die Rentenbewilligung für diesen ohne jede zeitliche Begrenzung kumulativ für die Erhebung des Beitragszuschlags berücksichtigen. Hier ist diesem Grundsatz der "Aktualität" des Beitragszuschlagsverfahrens (vgl BSG Urteil vom 23.6.2020 - B 2 U 13/18 R - zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen) jedoch Rechnung getragen, weil sowohl das Unfallereignis als auch der Zeitraum des Rentenbezugs in das Jahr 2012 fielen.
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Soweit die Revision vorträgt, dass ihr Unternehmen mit über 3000 Arbeitskräften aufgrund der Arbeitsunfälle lediglich von zwei Beschäftigten zu Unrecht der Gruppe der zur Prävention besonders anzuhaltenden Unternehmen zugeordnet werde, ist ein Verstoß weder gegen Art 3 Abs 1 GG noch gegen das Übermaßverbot des Art 20 GG ersichtlich. Die Satzungsregelungen berücksichtigen insofern ermächtigungskonform die Größe des jeweiligen Betriebs und die Anzahl der Mitarbeiter (ohne Versicherungsfall) nicht. Dieses Kriterium der Betriebsgröße oder des Verhältnisses von Arbeitsunfällen zur Gesamtbelegschaft mag sinnvoll erscheinen, es wird aber schon nicht in § 162 SGB VII erwähnt. Vielmehr geht die Norm insbesondere von der Schwere der Arbeitsunfälle aus. Dieses Kriterium hat die Beklagte in ihrer Satzung aber im Rahmen ihrer Selbstverwaltungskompetenz hinreichend umgesetzt. Zudem findet durch die Berücksichtigung der Höhe des Beitrags des Unternehmens im Verhältnis zu den Belastungspunkten zumindest mittelbar die Anzahl der Beschäftigten Berücksichtigung, weil der Beitrag ua von der Höhe des Bruttoarbeitsentgelts aller Beschäftigten der Klägerin - wie im Beitragsbescheid vom 22.4.2013 für das Jahr 2012 ausgewiesen - abhängt.
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Schließlich ist auch unter Berücksichtigung des Präventionsgedankens, der letztlich dem Beitragszuschlagsverfahren zugrunde liegt, nicht zu beanstanden, dass die Beklagte Unternehmen der Arbeitnehmerüberlassung mit Beitragszuschlägen belastet. Zwar mag im Einzelfall fraglich sein, ob der Arbeitgeber als Verleiher hinreichenden Einfluss auf die Arbeitsgestaltung und Arbeitsbedingungen beim Entleiher der Arbeitnehmer hat. Der Satzungsgeber durfte hier aber noch zulässigerweise typisierend unterstellen, dass der Präventionsgedanke beim Verleiher, dem Arbeitgeber des Verletzten, Wirkung entfalten kann.
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Im Rahmen der rein technischen Prüfung der Ungleichbehandlung auf der niedrigsten Eingriffsstufe des Art 3 Abs 1 GG ist es schließlich auch nicht zu beanstanden, dass nach den Satzungsregelungen ein Arbeitsunfall, der neben einer geringen Rente hohe sonstige Sachaufwendungen verursacht hat, zu einem Beitragszuschlag führen kann. Die Beklagte durfte auch insoweit typisierend in ihrer Satzung davon ausgehen, dass die hohen Sachaufwendungen ein zutreffendes Indiz für die Schwere eines Unfalls sind. Es ist schließlich auch nicht ersichtlich, dass die Klägerin durch die Erhebung des Beitragszuschlags von 5 vH ihres zu zahlenden Beitrags unzumutbar belastet wird.
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III. Der Hilfsantrag der Beklagten auf Erlass einer Fortgeltungsanordnung der Satzungsregelungen war nicht zu bescheiden, weil er - auflösend bedingt - nur für den Fall gestellt worden ist, dass der Senat der Revision der Klägerin stattgeben und die Satzungsregelungen für nichtig halten würde. Es kann deshalb offenbleiben, ob die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit überhaupt befugt wären, eine zeitlich befristete Fortgeltung rechtswidriger Satzungen anzuordnen. Der Senat hat es zwar aus zwingenden Gründen ausnahmsweise zugelassen, gesetzes- oder verfassungswidrige Vorschriften einer Satzung für eine Übergangszeit weiter anzuwenden, wenn die Nichtanwendung der Norm zu untragbaren Ergebnissen führen würde, die von der gesetzes- und verfassungsmäßigen Ordnung noch weiter entfernt sind als ein Zustand, bei dem es dem Betroffenen zugemutet wird, die Anwendung einer rechtswidrigen Norm für eine begrenzte Zeit hinzunehmen (BSG Urteile vom 4.12.2007 - B 2 U 36/06 R - SozR 4-2700 § 182 Nr 3 RdNr 19 f und vom 7.12.2004 - B 2 U 43/03 R - BSGE 94, 38 = SozR 4-2700 § 182 Nr 1, RdNr 30). An dieser Rechtsprechung bestehen allerdings Zweifel, weil es für die Anordnung der übergangsweisen Weitergeltung einer Satzungsnorm durch das BSG keine Rechtsgrundlage gibt (vgl dazu BSG Urteil vom 4.12.2014 - B 2 U 11/13 R - BSGE 118, 9 = SozR 4-2700 § 161 Nr 1, RdNr 28 ff mwN; vgl auch BVerwG Urteil vom 27.11.2019 - 9 C 4/19 - HFR 2020, 314 RdNr 20).
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a Abs 1 Satz 1 SGG, § 183 SGG iVm § 154 Abs 2 VwGO.
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