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BSG 08.12.2016 - B 11 AL 5/15 R
BSG 08.12.2016 - B 11 AL 5/15 R - (Ruhen des Arbeitslosengeldanspruchs - Abfindung nach § 1a KSchG - keine Entlassungsentschädigung)
Normen
§ 143a Abs 1 S 1 SGB 3 vom 23.12.2003, § 143a Abs 1 S 4 SGB 3, § 1a Abs 1 S 1 KSchG
Vorinstanz
vorgehend SG Speyer, 24. Oktober 2012, Az: S 1 AL 432/11, Urteil
vorgehend Landessozialgericht Rheinland-Pfalz, 23. Juli 2015, Az: L 1 AL 6/15, Urteil
Leitsatz
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Die Abfindung nach § 1a Kündigungsschutzgesetz (juris: KSchG) ist keine Entlassungsentschädigung, die den Anspruch auf Arbeitslosengeld zum Ruhen bringt.
Tenor
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Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 23. Juli 2015 aufgehoben und die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Speyer vom 24. Oktober 2012 zurückgewiesen.
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Die Beklagte hat dem Kläger auch die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Berufungs- und Revisionsverfahrens zu erstatten.
Tatbestand
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Der Kläger wendet sich gegen das Ruhen des Anspruchs auf Alg in der Zeit vom 1.10.2011 bis 23.1.2012 wegen Zahlung einer Entlassungsentschädigung.
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Der 1955 geborene Kläger war vom 1.6.1977 bis zum 30.9.2011 als Elektroinstallateur bei den amerikanischen Streitkräften zuletzt am Standort M beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis fanden der Tarifvertrag für Arbeitnehmer bei den Stationierungsstreitkräften im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland (TV AL II), der Tarifvertrag zur sozialen Sicherung der Arbeitnehmer bei den Stationierungseinheiten im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland (TVSozSich) sowie der Tarifvertrag über Rationalisierungs-, Kündigungs- und Einkommensschutz (SchutzTV) Anwendung.
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Die US-Army beschloss die Umstrukturierung ihrer Streitkräfte in Deutschland. In einem sog Stufenkonzept war eine Verringerung der Beschäftigten um 1302 Mitarbeiter vorgesehen, was ua durch die Schließung der Standorte M, Heidelberg und Schwetzingen erreicht werden sollte. Am Standort M sind infolgedessen im Jahr 2011 alle 369 Arbeitsplätze weggefallen.
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Die Arbeitgeberin kündigte auch das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger durch Schreiben vom 23.2.2011 ordentlich aus betriebsbedingten Gründen zum 30.9.2011. Durch die Aufgabe des Standorts M sei der Arbeitsplatz des Klägers entfallen. Unter Bezugnahme auf § 1a KSchG ergebe sich für den Kläger bei Verzicht auf eine Kündigungsschutzklage eine Abfindung in Höhe von 17 Monatsgehältern, was 46 072 Euro entspreche. Der Kläger erhob keine Kündigungsschutzklage. Die Abfindung von 46 072 Euro wurde ausgezahlt.
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Am 4.10.2011 meldete sich der Kläger zum 1.10.2011 arbeitslos und beantragte Alg. Die Beklagte bewilligte ihm Alg ab 1.10.2011 für 540 Tage, allerdings komme der Zahlbetrag des Alg für die Zeit vom 1.10.2011 bis 23.1.2012 wegen des Bezugs einer Entlassungsentschädigung nicht zur Auszahlung (Bescheid vom 28.10.2011). Mit gesondertem Bescheid vom 28.10.2011 stellte die Beklagte das Ruhen des Alg wegen des Bezugs einer Entlassungsentschädigung für den fraglichen Zeitraum fest. Der Kläger erhob Widerspruch und vertrat die Auffassung, der Anspruch auf Alg ruhe nicht, weil er eine Abfindung nach Maßgabe des § 1a KSchG erhalten habe. Die Beklagte wies den Widerspruch zurück (Widerspruchsbescheid vom 7.12.2011).
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Das SG hat die Beklagte verurteilt, dem Kläger vom 1.10.2011 bis 23.1.2012 Alg zu zahlen (Urteil vom 24.10.2012). Die ordentliche arbeitgeberseitige Kündigungsfrist (§ 44 TV AL II) habe hier sieben Monate zum Monatsende betragen. Diese Frist sei bei der Kündigung eingehalten worden. Die fiktive Kündigungsfrist nach § 143a Abs 1 S 4 SGB III aF finde demgegenüber keine Anwendung. Es sei schon zweifelhaft, ob die Zahlung einer Abfindung nach § 1a KSchG das Alg zum Ruhen bringe. Dies könne aber vorliegend dahinstehen, denn die fiktive Kündigungsfrist von einem Jahr finde keine Anwendung, weil der Arbeitgeber zur fristgebundenen außerordentlichen Kündigung mit sozialer Auslauffrist wegen Standortschließung berechtigt gewesen sei.
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Die Beklagte hat Berufung zum LSG eingelegt. Das LSG hat das Urteil des SG Speyer vom 24.10.2012 aufgehoben und die Klage abgewiesen (Urteil vom 23.7.2015). Zwar habe nach dem TV AL II eine tarifliche ordentliche Kündigungsfrist von sieben Monaten zum Monatsende bestanden. Diese Frist sei jedoch nicht maßgeblich, weil aus § 143a Abs 1 S 4 SGB III aF eine fiktive Kündigungsfrist von einem Jahr folge. Eine kürzere Kündigungsfrist gelte nicht deshalb, weil der Arbeitgeber berechtigt gewesen wäre, das Arbeitsverhältnis aus wichtigem Grund unter Einhaltung einer sozialen Auslauffrist zu beenden. Auch sei eine Abfindung nach § 1a KSchG nicht in der Weise privilegiert, dass sie den Anspruch auf Alg nicht zum Ruhen bringe.
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Der Kläger hat die vom LSG zugelassene Revision eingelegt. § 143a SGB III aF sei auf eine nach Maßgabe des § 1a KSchG gezahlte Entlassungsentschädigung nicht anwendbar. Vielmehr wolle die Regelung Kündigungen privilegieren, die wegen Einhaltung der Vorgaben des § 1a KSchG nicht zu einer rechtlichen Überprüfung gelangten. Der Gesetzgeber habe damit einen Weg schaffen wollen, Zweifelsfragen zu beseitigen. Der Arbeitgeber habe die der ordentlichen Kündigungsfrist entsprechende Frist eingehalten.
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Der Kläger beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 23. Juli 2015 aufzuheben und die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Speyer vom 24. Oktober 2012 zurückzuweisen.
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Die Beklagte beantragt,
die Revision des Klägers zurückzuweisen.
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Sie hält das angegriffene Urteil für zutreffend und schließt sich diesem inhaltlich an.
Entscheidungsgründe
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Die Revision des Klägers ist zulässig und in der Sache begründet (§ 170 Abs 2 S 1 SGG). Die angefochtenen Bescheide vom 28.10.2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 7.12.2011 sind rechtswidrig und verletzen den Kläger in seinen Rechten, soweit die Beklagte die Zahlung von Alg für die Zeit vom 1.10.2011 bis 23.1.2012 abgelehnt hat.
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Gegenstand der Revision ist das Urteil des LSG vom 23.7.2015, mit dem das zusprechende Urteil des SG Speyer vom 24.10.2012 aufgehoben und die vom Kläger erhobene Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 1 und 4 SGG) abgewiesen worden ist. Das Urteil des LSG ist aufzuheben und die Entscheidung des SG wiederherzustellen, weil sich diese im Ergebnis als zutreffend erweist.
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1. Der Kläger hatte ab 1.10.2011 Anspruch auf Alg dem Grunde nach.
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Nach § 118 Abs 1 SGB III aF (in der ab 1.1.2004 geltenden Fassung des Dritten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 23.12.2003, BGBl I 2848) setzt ein Anspruch auf Alg voraus, dass ein Arbeitnehmer arbeitslos ist (Nr 1), sich bei der Agentur für Arbeit arbeitslos gemeldet hat (Nr 2) und die Anwartschaftszeit erfüllt (Nr 3). Nach § 119 Abs 1 SGB III aF (in der Fassung desselben Gesetzes) ist ein Arbeitnehmer arbeitslos, der nicht in einem Beschäftigungsverhältnis steht (Beschäftigungslosigkeit - Nr 1), sich bemüht, seine Beschäftigungslosigkeit zu beenden (Eigenbemühungen - Nr 2) und den Vermittlungsbemühungen der Agentur für Arbeit zur Verfügung steht (Verfügbarkeit - Nr 3).
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Der Kläger hatte ab 1.10.2011 Anspruch auf Alg dem Grunde nach. Er war nach den Feststellungen des LSG ab 1.10.2011 arbeitslos. Zweifel an der Bereitschaft, seine Arbeitslosigkeit zu beenden, und seiner Verfügbarkeit im streitigen Zeitraum bestehen nicht. Er hatte sich am 4.10.2011 persönlich arbeitslos gemeldet. Diese Arbeitslosmeldung wirkt auf den 1.10.2011 zurück (§ 122 Abs 3 SGB III aF). Zwar hat sich der Kläger erst nach dem Tag des Beginns der Arbeitslosigkeit bei der Agentur für Arbeit persönlich arbeitslos gemeldet. Die Arbeitslosmeldung am 4.10.2011 (Dienstag) wirkt aber gemäß § 122 Abs 3 SGB III aF auf den 1.10.2011 zurück, weil sich der Kläger am ersten Tag der Dienstbereitschaft der Agentur für Arbeit nach Eintritt seiner Arbeitslosigkeit arbeitslos gemeldet hat. Der 4.10.2011 war der erste Tag der Dienstbereitschaft nach dem Wochenende vom 1. und 2.10.2011 und dem gesetzlichen Feiertag am 3.10.2011 (Montag). Der Kläger erfüllt zum 1.10.2011 auch die Anwartschaftszeit (§ 123 SGB III aF).
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2. Der Zahlungsanspruch des Klägers auf Alg hat nicht vom 1.10.2011 bis 23.1.2012 wegen Bezugs einer Entlassungsentschädigung geruht.
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Nach § 143a Abs 1 S 1 und 2 SGB III in der ab 1.1.2005 geltenden Fassung des Dritten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt ruht der Anspruch des Arbeitslosen auf Alg, der wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses eine Abfindung, Entschädigung oder ähnliche Leistung (Entlassungsentschädigung) zu erhalten oder zu beanspruchen hat und dessen Arbeitsverhältnis ohne Einhaltung einer der ordentlichen Kündigungsfrist des Arbeitgebers entsprechenden Frist beendet worden ist, vom Ende des Arbeitsverhältnisses an bis zu dem Tag, an dem dieses bei Einhaltung dieser Frist geendet hätte. Die Frist beginnt mit der Kündigung, die der Beendigung des Arbeitsverhältnisses vorausgegangen ist, bei Fehlen einer solchen mit dem Tag der Vereinbarung über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Ist das Arbeitsverhältnis ordentlich nur gegen Zahlung einer Abfindung kündbar, ist gemäß § 143a Abs 1 S 4 SGB III aF eine fiktive Kündigungsfrist von einem Jahr zu beachten.
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a) Die vom Kläger bezogene "Abfindung" nach § 1a KSchG (aa) ist keine Entlassungsentschädigung iS des § 143a Abs 1 S 1 SGB III aF (bb).
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aa) Der Kläger hat eine Zahlung iS des § 1a KSchG erhalten. Gemäß § 1a KSchG hat der Arbeitnehmer mit dem Ablauf der Kündigungsfrist Anspruch auf eine Abfindung, wenn der Arbeitgeber wegen dringender betrieblicher Erfordernisse nach § 1 Abs 2 S 1 KSchG kündigt und der Arbeitnehmer bis zum Ablauf der Frist des § 4 S 1 KSchG keine Klage auf Feststellung erhebt, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht aufgelöst ist. Nach § 1a Abs 1 S 2 KSchG ist Voraussetzung für den Anspruch, dass der Arbeitgeber die Kündigungserklärung auf dringende betriebliche Erfordernisse gestützt und den Arbeitnehmer darauf hingewiesen hat, dass er bei Verstreichenlassen der Klagefrist die Abfindung beanspruchen kann. Nach § 1a Abs 2 KSchG beträgt die Höhe der Abfindung 0,5 Monatsverdienste für jedes Jahr des Bestehens des Arbeitsverhältnisses.
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Es handelt sich um eine Zahlung nach § 1a KSchG, denn der Arbeitgeber hat sich in dem die Beendigung des Arbeitsverhältnisses auslösenden Kündigungsschreiben vom 23.2.2011 auf dringende betriebliche Erfordernisse berufen und den Arbeitnehmer für den Fall des Verstreichenlassens der Frist zur Erhebung der Kündigungsschutzklage auf den Abfindungsanspruch in der näher konkretisierten Höhe hingewiesen. Die Zahlung hält sich auch in Bezug auf ihre Höhe in den durch § 1a Abs 2 KSchG gesetzten Grenzen.
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Die nach § 1a KSchG erhaltene Zahlung in Höhe von 46 072 Euro ist auch für die Beurteilung maßgeblich, ob der Kläger eine Entlassungsentschädigung erhalten hat. Nur für diese Zahlung ist zu prüfen, ob es sich um eine Entlassungsentschädigung iS der Legaldefinition des § 143a Abs 1 S 1 SGB III aF handelt. Dagegen kommt es auf die dem Kläger nach Tarifvertrag zustehende (deutlich geringere) Abfindung nicht an, weil die nach § 1a KSchG geleistete Zahlung den Anspruch auf die tarifliche Abfindung verdrängt. Diese ist auch nicht in der Abfindung nach § 1a KSchG versteckt oder kann neben dieser beansprucht werden (BAG Urteil vom 16.12.2010 - 6 AZR 423/09 - DB 2011, 766 - Juris RdNr 12, 17 f). Die nach Tarifvertrag zustehende Abfindung kann mithin das Ruhen des Alg nach § 143a Abs 1 S 1 SGB III nicht auslösen.
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bb) Die bezogene Leistung ist aber keine Entlassungsentschädigung iS des § 143a Abs 1 S 1 SGB III aF.
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Zwar spricht für eine Einordnung der Leistung nach § 1a KSchG als Entlassungsentschädigung iS der Vorschrift zunächst, dass die Leistung im KSchG selbst als "Abfindungsanspruch" bezeichnet wird (so zB Küttner/Eisemann, Personalbuch, 23. Aufl 2016, Abfindung RdNr 3). Auch kann ein Zusammenhang allgemeiner Art zwischen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses und der Zahlung der Abfindung aufgrund der Systematik des § 1a KSchG nicht in Abrede gestellt werden (vgl auch Schweiger, NZS 2013, 767, 772).
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Gegen eine Berücksichtigung der Abfindung nach § 1a KSchG als Entlassungsentschädigung spricht aber, dass es an dem notwendigen Ursachenzusammenhang zwischen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses und der Entstehung des Abfindungsanspruchs fehlt. Nach seinem Sinn und Zweck löst § 143a SGB III aF nicht aufgrund jeder nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses erbrachten Leistung das Ruhen des Zahlungsanspruchs auf Alg aus. Der Anspruch ruht nur, wenn entweder das Arbeitsverhältnis vorzeitig, dh ohne Einhaltung der ordentlichen Kündigungsfrist, beendet wird oder im Falle eines qualifizierten Kündigungsschutzes die fiktiven Fristen nach Abs 1 S 3 und 4 nicht eingehalten werden. Der Anspruch auf Alg ruht allerdings nicht, wenn es an dem gesetzlich vorausgesetzten Kausalzusammenhang zwischen Beendigung des Arbeitsverhältnisses und der Zahlung fehlt.
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Für die Abfindung nach § 1a KSchG kann dieser Kausalzusammenhang schon deshalb ausgeschlossen werden, weil der Abfindungsanspruch erst entsteht, nachdem die Arbeitgeberkündigung aufgrund der gesetzlichen Fiktion der §§ 7, 4 S 1 KSchG als rechtswirksam gilt und zudem die ordentliche Kündigungsfrist abgelaufen ist (BAG Urteil vom 10.5.2007 - 2 AZR 45/06 - NJW 2007, 3086 = BAGE 122, 257). Zu diesem Zeitpunkt und in dieser rechtlichen Situation hat der Arbeitgeber keinen Grund mehr, dem (wirksam gekündigten) Arbeitnehmer Arbeitsentgelt (nach) zu zahlen. Die Zahlung nach § 1a KSchG verfolgt schließlich nicht den Zweck, noch bestehende oder streitige Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis abzugelten oder die Zahlung von Arbeitsentgelt zu verschleiern, sondern enthält generell kein Arbeitsentgelt (zum Fehlen des Ursachenzusammenhangs: Voelzke, SGb 2007, 713, 716 f; Peters-Lange/Gagel, NZA 2005, 740, 742; zur Anwendung fiktiver Kündigungsfristen auch Lüdtke in LPK-SGB III, 2. Aufl 2015, § 157 RdNr 9; aA LSG Rheinland-Pfalz Urteil vom 31.7.2013 - L 1 AL 65/12 - Juris; Schweiger, NZS 2013, 767, 772; Mutschler in KKW, Kommentar zum Sozialrecht, 4. Aufl 2015, § 158 SGB III RdNr 11; Siefert in Mutschler/Schmidt-De Caluwe/Coseriu, SGB III, 6. Aufl 2017, § 158 RdNr 21).
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Zudem ist die Regelung des § 1a KSchG durch das Gesetz zu Reformen am Arbeitsmarkt vom 24.12.2003 (BGBl I 3002) zum 1.1.2004 mit dem Ziel in das KSchG eingefügt worden, eine einfach zu handhabende, moderne und unbürokratische Alternative zum Kündigungsschutzprozess zu schaffen. Sie dient vorrangig der Entlastung der Arbeitsgerichtsbarkeit, indem gegen Verzicht auf eine Kündigungsschutzklage eine Leistung erbracht wird, wie sie im arbeitsgerichtlichen Verfahren sonst üblicherweise vereinbart oder erstritten wird (Voelzke, SGb 2007, 713, 716 f). Mit Einfügung der Vorschrift in das KSchG war die Erwartung verbunden, dass arbeitsgerichtliche Rechtsstreitigkeiten teilweise vermieden werden könnten. Die Regelung soll also Rechtsstreitigkeiten über die Rechtmäßigkeit der Kündigung vermeiden. Die Gerichte sollen sich mit der Klärung dieser Frage nicht beschäftigen müssen (vgl BT-Drucks 15/1204, 12). Insofern wäre es widersprüchlich, den vor den Gerichten der Arbeitsgerichtsbarkeit vermiedenen Rechtsstreit im Rahmen der Prüfung des § 143a SGB III aF vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit nachzuholen.
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Da die Zahlung nach § 1a KSchG keine Entlassungsentschädigung iS des § 143a Abs 1 S 1 SGB III aF ist, bringt sie den Zahlungsanspruch auf Alg nicht in der Zeit vom 1.10.2011 bis 23.1.2012 zum Ruhen.
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b) Dieses Ergebnis lässt sich ergänzend mit der Erwägung stützen, dass das BSG wiederholt entschieden hat, dass § 143a Abs 1 S 4 SGB III aF (damals noch § 117 Abs 2 S 3 Nr 2 AFG) einschränkend auszulegen ist (vgl zB BSG Urteil vom 29.1.2001 - B 7 AL 62/99 R - BSGE 87, 250, 260 = SozR 3-4100 § 117 Nr 22 S 161 f mit Anm Kreßel, SGb 2002, 392; Lüdtke in LPK-SGB III, 2. Aufl 2015, § 158 RdNr 13).
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Die einschränkende Auslegung dieser Regelung ist zutreffend damit begründet worden, dass sie innerhalb des Systems des § 143a SGB III aF eine Ausnahme darstellt. Außerhalb des Anwendungsbereichs von Abs 1 S 4 findet bei Einhaltung der ordentlichen Kündigungsfrist des Arbeitgebers eine Anrechnung der Entlassungsentschädigung nicht statt. Selbst für Fälle, in denen nur eine außerordentliche Kündigung möglich ist, gibt es Regelungen, die eine Abfindung von der Anrechnung freistellen, wenn die fiktive ordentliche Kündigungsfrist (sog soziale Auslauffrist) eingehalten worden ist. Abs 1 S 4 soll deshalb keine Anwendung finden, wenn der Arbeitgeber berechtigt gewesen ist, den Arbeitnehmer außerordentlich mit sozialer Auslauffrist zu kündigen, weil sonst ein "Wertungswiderspruch" zwischen den Regelungen des Abs 1 S 3 Nr 2 Alt 2 und des Abs 1 S 4 entstehen könnte (BSG Urteil vom 29.1.2001 - B 7 AL 62/99 R - BSGE 87, 250, 260 = SozR 3-4100 § 117 Nr 22 S 161 f).
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Zwar stellt die Rechtsprechung des BAG an eine außerordentliche Kündigung mit sozialer Auslauffrist strenge Anforderungen (BAG Urteil vom 29.3.2007 - 8 AZR 538/06 - AP Nr 4 zu § 613a BGB Widerspruch; BAG Urteil vom 18.3.2010 - 2 AZR 337/08 - NZA-RR 2011, 18). Der Arbeitgeber muss alle denkbaren Lösungsversuche erfolglos unternommen haben, dass er ausnahmsweise eine außerordentliche betriebsbedingte Kündigung mit sozialer Auslauffrist auszusprechen berechtigt ist (BAG Urteil vom 5.2.1998 - 2 AZR 227/97 - BAGE 88, 10 mwN; BAG Urteil vom 18.3.2010 - 2 AZR 337/08 - NZA-RR 2011, 18). Andererseits sind Betriebsstilllegungen typische Situationen, in denen die außerordentliche Kündigung mit sozialer Auslauffrist in Betracht kommt (BAG aaO; Schmitz in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB III, 1. Aufl 2014, § 158 RdNr 30; Mutschler in KKW, Kommentar zum Sozialrecht, 4. Aufl 2015, § 158 SGB III RdNr 18).
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Die Voraussetzungen einer außerordentlichen Kündigung mit sozialer Auslauffrist haben hier zwar nicht vorgelegen, wie das LSG - entgegen dem SG - festgestellt hat (zur eingeschränkten Überprüfbarkeit dieser Feststellung: BSG Urteil vom 17.10.2007 - B 11a AL 51/06 R - BSGE 99, 154 = SozR 4-4300 § 144 Nr 17 jeweils RdNr 26). Andererseits sind Betriebsstilllegungen typische Fälle, die zu einer außerordentlichen Kündigung (§ 626 BGB) mit sozialer Auslauffrist berechtigen. Es liegt auch hier ein Wertungswiderspruch vor, wenn im Falle der außerordentlichen Kündigung wegen Betriebsschließung bei Einhaltung einer der ordentlichen Kündigungsfrist entsprechenden Auslauffrist die Entlassungsentschädigung von der Anrechnung auf das Alg freigestellt wird (Abs 1 S 3 Nr 2 Alt 2), während die mit geringerem arbeitsrechtlichem Schutz versehene ordentliche Kündigung unter Einhaltung der wiedereröffneten Kündigungsfrist, aber ohne Einhaltung der Jahresfrist, nach Abs 1 S 4 zur Anrechnung der Abfindung führen würde.
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Der Entscheidung des Senats vom 2.5.2012 (B 11 AL 6/11 R - BSGE 111, 1 = SozR 4-4300 § 144 Nr 23) kann nichts anderes entnommen werden. Dort wird zutreffend darauf hingewiesen, dass im Rahmen eines Rechtsstreits wegen Zahlung von Alg neben dem Ruhen nach Eintritt einer Sperrzeit auch das Ruhen des Alg nach Maßgabe des § 143a SGB III aF zu prüfen ist (aaO RdNr 34 f). Ein Ruhen nach dieser Vorschrift ist dort aber schon deshalb verneint worden, weil ein Fall des § 143a Abs 1 S 3 Nr 2 Alt 2 SGB III aF vorgelegen hatte. Ein Ruhen nach Abs 1 S 4 der Vorschrift hatte der Senat folglich nicht zu prüfen und musste auch über die Anwendbarkeit der Norm nicht entscheiden.
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3. Die Kostentscheidung beruht auf § 193 Abs 1 SGG. Mit dem Urteil des SG ist auch dessen Kostenentscheidung wiederhergestellt worden, sodass der Senat nur über die Kosten des Berufungs- und Revisionsverfahrens zu entscheiden hat.
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