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BFH 10.02.2021 - IV R 35/19
BFH 10.02.2021 - IV R 35/19 - Bindungswirkung von sog. Von-bis-Werten in einer Zulassungsbescheinigung; Zulässigkeit der Entscheidung aufgrund Beratung im Rahmen einer Videokonferenz
Normen
§ 2 Abs 2 Nr 2 KraftStG 2002 vom 05.12.2012, § 9 Abs 1 Nr 2 KraftStG 2002 vom 29.05.2009, § 9 Abs 1 Nr 3 KraftStG 2002 vom 29.05.2009, § 18 Abs 12 KraftStG 2002 vom 12.12.2012, § 2 Abs 2a S 1 Nr 1 KraftStG 2002 vom 21.12.2006, § 171 Abs 10 AO, §§ 193ff GVG, § 193 GVG, § 52 Abs 1 FGO, § 121 S 1 FGO, § 2 Abs 2a S 2 KraftStG 2002 vom 21.12.2006, § 2 Abs 2a S 3 KraftStG 2002 vom 21.12.2006
Vorinstanz
vorgehend Finanzgericht Berlin-Brandenburg, 29. Oktober 2019, Az: 8 K 8022/18, Urteil
Leitsatz
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1. Sog. Von-bis-Werten in der Zulassungsbescheinigung Teil I kommt nur insoweit Bindungswirkung für die Festsetzung der Kraftfahrzeugsteuer zu, als die vorgegebenen Mindestwerte nicht unterschritten bzw. die Höchstwerte nicht überschritten werden dürfen.
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2. Zur Zulässigkeit von Entscheidungen aufgrund einer Beratung im Rahmen einer Videokonferenz.
Tenor
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Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des Finanzgerichts Berlin-Brandenburg vom 29.10.2019 - 8 K 8022/18 wird als unbegründet zurückgewiesen.
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Die Kosten des Revisionsverfahrens hat der Beklagte zu tragen.
Tatbestand
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I.
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Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) ist Halter eines Kfz. Das Kfz verfügt über einen Dieselmotor (Hubraum 1 995 cm³); es wurde auf den Kläger als "LKW GESCHL. KASTEN" (Fahrzeugklasse 10, Aufbau 0300) zugelassen. In der Zulassungsbescheinigung Teil I ist u.a. eingetragen:
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Sitzplätze einschließlich Fahrer
6
Höchstgeschwindigkeit
150 km/h
Masse des Fahrzeugs in Betrieb
(Leermasse, in kg)
von 1 885 bis 2 163 kg
Länge
bis 5 182 mm
Höhe
2 420 bis 2 497 mm
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Unter den Bemerkungen wurde in der Zulassungsbescheinigung zum Feld S. 1 (Sitzplatzanzahl) vermerkt: "max. S-Pl.".
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Das Kfz verfügt über eine seitliche Schiebetür (verblecht) sowie über eine zweiflügelige Hecktür (verblecht). Hinter der ersten Sitzreihe ist zudem eine Wand (Blech) montiert. Zudem legte der Kläger eine Herstellerauskunft vor, nach der das Kfz bereits vom Hersteller mit einer Verblechung hinter der ersten Sitzreihe versehen wurde. Ausweislich der Herstellerauskunft liegt die Ausstattungsvariante ... (langer Radstand, hohes Dach) vor.
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Der Kläger ließ das Kfz zunächst ganzjährig zu; die festgesetzte Kraftfahrzeugsteuer betrug 160 € (Besteuerung als LKW). Nach einer Saisonzulassung für die Monate März bis Oktober wurde die Kraftfahrzeugsteuer auf 107 € für diesen Zeitraum herabgesetzt (Bescheid vom 02.07.2014).
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Zum 24.10.2017 ließ der Kläger das Kfz für die Saison März bis November zu. Der Beklagte und Revisionskläger (das Hauptzollamt --HZA--) setzte die Kraftfahrzeugsteuer daraufhin mit Bescheid vom 03.11.2017 für die Zeit vom 24.10.2017 bis 30.11.2017 auf 32 € und ab dem 01.03.2018 für die Monate März bis November auf 232 € fest. Die Kraftfahrzeugsteuer ermittelte das HZA nach dem Hubraum des Kfz (15,44 € x 20 angefangene 100 cm³). Zur Begründung führte das HZA aus, dass das Kfz gemäß § 18 Abs. 12 des Kraftfahrzeugsteuergesetzes in der für den Streitzeitraum maßgeblichen Fassung (KraftStG) nach der am 01.07.2010 geltenden Rechtslage als PKW zu besteuern sei.
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Mit Einspruchsentscheidung vom 17.01.2018 wies das HZA den hiergegen gerichteten Einspruch als unbegründet zurück. Nach den durch die Zulassungsbehörde festgestellten Daten verfüge das Kfz über sechs Sitzplätze. Diese Feststellung sei bindend. Als PKW sei zu besteuern, wenn das Kfz vorrangig zur Personenbeförderung gebaut und ausgelegt sei. Dies sei insbesondere der Fall, wenn die zur Personenbeförderung dienende Fläche größer sei als die dem Transport von Lasten/Gütern dienende Fläche. Die bindende Feststellung der Sitzplatzanzahl führe dazu, dass die gesamte Fläche, die für sechs Sitzplätze erforderlich sei, als der Personenbeförderung zu dienen bestimmt fingiert werde.
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Das Finanzgericht (FG) gab der daraufhin erhobenen Klage des Klägers, mit der er unter Vorlage eines Gutachtens geltend machte, dass das Kfz als LKW zu besteuern sei, statt und änderte den angegriffenen Bescheid dahin, dass die Kraftfahrzeugsteuer nach dem Tarif des § 9 Abs. 1 Nr. 3 KraftStG bemessen werde. Zur Begründung seines Urteils vom 29.10.2019 - 8 K 8022/18 führte es im Wesentlichen aus:
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Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) seien zwar für die Beurteilung anderer Besteuerungsgrundlagen technischer Art die Feststellungen der Zulassungsbehörden verbindlich, weil die für die Festsetzung der Kraftfahrzeugsteuer zuständigen Behörden regelmäßig nicht in der Lage seien, zu beurteilen, ob ein Fahrzeug den jeweils maßgebenden technischen und verkehrsrechtlichen Anforderungen entspreche. Die verkehrsrechtlich zulässige Zahl der Sitzplätze sei daher so zugrunde zu legen, wie sie sich aus den Kfz-Papieren ergebe. Dies könne aber, so das FG, nicht gelten, wenn, wie hier hinsichtlich der Sitzplatzanzahl, die Zulassungsbescheinigung gerade keine konkreten Werte ausweise, sondern aufgrund einer Typenzulassung nur sog. Von-bis-Werte. Da somit das Regelbeispiel des § 2 Abs. 2a des Kraftfahrzeugsteuergesetzes in der am 01.07.2010 geltenden Fassung (KraftStG a.F.) nicht einschlägig sei, sei allein relevant, ob das Kfz des Klägers nach den allgemeinen Merkmalen als PKW anzusehen sei. Das sei nicht der Fall.
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Mit seiner Revision rügt das HZA eine Verletzung materiellen Rechts:
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Zutreffend sei das FG zwar davon ausgegangen, dass die verkehrsrechtlichen Feststellungen hinsichtlich der Fahrzeugklasse nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 KraftStG bindend seien und das Kfz des Klägers daher grundsätzlich als LKW zu besteuern sei. Entgegen der Ansicht des FG sei aber nach § 18 Abs. 12 KraftStG im Streitfall § 9 Abs. 1 Nr. 2 KraftStG anzuwenden. Zu Recht gehe das FG zwar davon aus, dass das Kfz zu den in § 2 Abs. 2a Satz 1 Nr. 1 KraftStG a.F. bezeichneten Fahrzeugen gehöre. Soweit das FG jedoch meine, dass das Kfz nicht vorrangig zur Personenbeförderung ausgelegt und gebaut sei, beruhe dies darauf, dass das FG das Verhältnis der zur Personenbeförderung dienenden Bodenfläche zur gesamten Nutzfläche des Fahrzeugs rechtsfehlerhaft ermittelt habe. Insoweit habe es zu Unrecht die Bodenfläche, die die nicht eingebauten Sitze benötigten, nicht dem Zweck der Personenbeförderung zugeordnet.
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Für die Anzahl der Sitzplätze sei nur die in den Fahrzeugpapieren eingetragene Anzahl maßgebend. Die tatsächliche Zahl der Sitzplätze sei steuerrechtlich ohne Belang, solange sie nicht von der Zulassungsstelle festgestellt sei. Etwas anderes gelte nur, wenn die Sitzbefestigungspunkte und die Gurthalterungen auf Dauer unbrauchbar gemacht würden. Sei die Wiederherstellung der vollen Sitzplatzanzahl sowohl aufgrund der Eintragung in den Fahrzeugpapieren rechtlich erlaubt als auch tatsächlich möglich, sei auch die für die entsprechenden Sitzplätze vorgesehene Bodenfläche dem Zweck der Personenbeförderung zuzuordnen. So liege der Streitfall. In den Fahrzeugpapieren des Kfz seien sechs Sitzplätze eingetragen. Feststellungen dazu, dass die Sitzbefestigungspunkte und die Gurthalterungen auf Dauer unbrauchbar gemacht worden seien, habe das FG nicht getroffen.
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Ebenso wenig führe die Eintragung in den Bemerkungen "max. S-Pl." dazu, dass nur drei Sitzplätze zu berücksichtigen seien. Zu Unrecht meine das FG, die Zulassungsbescheinigung weise im Streitfall hinsichtlich der Sitzplatzanzahl keinen konkreten Wert aus, sondern aufgrund einer Typenzulassung nur einen sog. Von-bis-Wert. Zum einen enthalte die Zulassungsbescheinigung einen konkreten Wert von sechs Sitzplätzen. Zudem beruhten die Werte in der Zulassungsbescheinigung in der Regel auf der Typengenehmigung. Nach § 1 Abs. 1 Satz 2 des Straßenverkehrsgesetzes erfolge die Zulassung auf Antrag des Verfügungsberechtigten des Fahrzeugs bei Vorliegen einer Betriebserlaubnis, Einzelgenehmigung oder EG-Typengenehmigung durch Zuteilung eines amtlichen Kennzeichens. Bei der Erstzulassung sei der Nachweis, dass das Fahrzeug einem Typ entspreche, für den eine EG-Typengenehmigung vorliege, durch Vorlage der Übereinstimmungsbescheinigung zu führen. Die Zulassungsbehörde übernehme die Fahrzeugdaten aus der Übereinstimmungserklärung in die Zulassungsbescheinigung. Im Zulassungsverfahren finde bei Fahrzeugen mit EG-Typengenehmigung daher grundsätzlich keine Begutachtung des einzelnen Fahrzeugs statt. Vielmehr handele es sich um ein reines "Papierverfahren". Für die Bindungswirkung der Eintragung der Zulassungsbescheinigung sei es jedoch unerheblich, wie der Fahrzeughalter die eingetragenen Daten nachgewiesen habe. Denn nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 KraftStG seien die Festlegungen der Zulassungsbehörden über die dort aufgeführten technischen Fahrzeugdaten für das Besteuerungsverfahren bindend. Die Regelung unterscheide nicht danach, ob die Feststellungen auf einer Einzelgenehmigung oder einer EG-Typengenehmigung beruhten. Mit seiner Auffassung, § 2 Abs. 2 Nr. 2 KraftStG sei nur auf Feststellungen bei einer Einzelgenehmigung anwendbar, beschränke das FG den Anwendungsbereich dieser Norm auf quantitativ unerhebliche Sachverhalte. Denn in der weit überwiegenden Mehrzahl der Fälle erfolge die Zulassung auf Basis einer EG-Typengenehmigung.
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Im Streitfall führe die Besteuerung nach § 9 Abs. 1 Nr. 2 KraftStG zu einer höheren Steuer als nach § 9 Abs. 1 Nr. 3 KraftStG. Für das Kfz des Klägers würde die Steuer unter Berücksichtigung der Fahrzeugart LKW und der zulässigen Gesamtmasse nach § 9 Abs. 1 Nr. 3 KraftStG (Gewichtsbesteuerung) jährlich 160 € betragen, während die Steuer nach § 9 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a Doppelbuchst. aa KraftStG jährlich 308 € betrage.
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Das HZA beantragt,
das FG-Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.
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Der Kläger beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
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II.
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Die Revision des HZA hat keinen Erfolg und ist daher als unbegründet zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Zu Recht hat das FG entschieden, dass das Kfz des Klägers im Streitzeitraum nicht als PKW nach § 9 Abs. 1 Nr. 2 KraftStG, sondern als anderes Fahrzeug i.S. des § 9 Abs. 1 Nr. 3 KraftStG zu besteuern ist.
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1. Grundsätzlich sind --soweit das KraftStG nichts anderes bestimmt-- für die Beurteilung der Schadstoff-, Kohlendioxid- und Geräuschemissionen, anderer Bemessungsgrundlagen technischer Art sowie der Fahrzeugklassen und Aufbauarten die Feststellungen der Zulassungsbehörden verbindlich (§ 2 Abs. 2 Nr. 2 KraftStG). Damit stellt die durch die Zulassungsbehörde in den Fahrzeugpapieren dokumentierte Feststellung bezüglich Fahrzeugklasse und Aufbauart gemäß § 2 Abs. 2 Nr. 2 KraftStG einen Grundlagenbescheid i.S. des § 171 Abs. 10 der Abgabenordnung (AO) dar (BFH-Urteil vom 21.02.2019 - III R 20/18, BFHE 264, 517). Bezogen auf den Streitfall ist das HZA daher an die in den Fahrzeugpapieren des klägerischen Kfz enthaltene Feststellung der Fahrzeugklasse "LKW GESCHL. KASTEN" nach § 182 Abs. 1 Satz 1 AO gebunden, soweit im KraftStG keine anderweitige Regelung getroffen wird; die Festsetzung der Kraftfahrzeugsteuer wäre daher nicht nach dem Tarif für PKW (§ 9 Abs. 1 Nr. 2 KraftStG) vorzunehmen, sondern nach dem für andere Kfz mit einem verkehrsrechtlich zulässigen Gesamtgewicht bis 3 500 kg (§ 9 Abs. 1 Nr. 3 KraftStG).
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2. Eine i.S. des § 2 Abs. 2 Nr. 2 KraftStG andere Bestimmung enthält § 18 Abs. 12 KraftStG (z.B. BFH-Urteil in BFHE 264, 517). Danach ist der Steuertarif für PKW gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 2 KraftStG anzuwenden, wenn die Feststellungen der Zulassungsbehörden hinsichtlich der Fahrzeugklassen und Aufbauarten zu einer niedrigeren Steuer führen als unter Berücksichtigung des § 2 Abs. 2a KraftStG a.F. Nach der Begründung des Gesetzentwurfs soll diese Regelung die Berücksichtigung umweltpolitisch erwünschter Lenkungswirkungen der Kraftfahrzeugsteuer gewährleisten. Sofern bei Fahrzeugen, die verkehrsrechtlich nicht der Fahrzeugklasse M1 (PKW) zuzuordnen, die aber dennoch aufgrund ihrer Bauart, Motorisierung und anderer Ausstattungsmerkmale ganz überwiegend zur Nutzung als PKW konzipiert sind, die Anwendung der Bemessungsgrundlagen für PKW zu einer höheren Steuerbelastung führen würde, sei eine Beibehaltung der Besteuerung als PKW geboten. Anderenfalls würden diese Fahrzeuge bei Anwendung der gewichtsbezogenen Bemessungsgrundlagen eine aus ökologischer Sicht unangemessene Begünstigung erfahren (BTDrucks 17/10039, S. 25).
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a) Gemäß § 2 Abs. 2a Satz 1 Nr. 1 KraftStG a.F. gelten als PKW auch andere Fahrzeuge mit drei bis acht Sitzplätzen außer dem Fahrersitz, die der Klasse N1, Aufbauarten BA (LKW) oder BB (Van), nach Anh. II Abschn. C Nr. 3 der Richtlinie 70/156/EWG des Rates vom 06.02.1970 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Betriebserlaubnis für Kraftfahrzeuge und Kraftfahrzeuganhänger (Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften 1970, Nr. L 42, S. 1), zuletzt geändert durch die Richtlinie 2005/66/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26.10.2005 zur Verwendung von Frostschutzsystemen an Fahrzeugen und zur Änderung der Richtlinie 70/156/EWG des Rates (Amtsblatt der Europäischen Union 2005, Nr. L 309, S. 37), entsprechen. Die genannten Fahrzeuge gelten dann als PKW, wenn diese vorrangig zur Personenbeförderung ausgelegt und gebaut sind (§ 2 Abs. 2a Satz 2 KraftStG a.F.). Das ist insbesondere der Fall, wenn die zur Personenbeförderung dienende Bodenfläche größer ist als die Hälfte der gesamten Nutzfläche des Fahrzeugs (§ 2 Abs. 2a Satz 3 KraftStG a.F.).
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b) Für die Frage, ob ein Fahrzeug i.S. des § 2 Abs. 2a Satz 2 KraftStG a.F. "vorrangig zur Personenbeförderung ausgelegt und gebaut" ist, kann auf die in der Rechtsprechung entwickelten Kriterien zur Abgrenzung zwischen PKW und LKW abgestellt werden. Denn auch insoweit geht es jeweils darum, ob ein Fahrzeug vorrangig zur Personenbeförderung oder aber zur Güterbeförderung ausgelegt und gebaut bzw. geeignet und bestimmt ist.
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Die danach erforderliche Abgrenzung ist nach der objektiven Beschaffenheit des Fahrzeugs vorzunehmen. Diese ist unter Berücksichtigung aller Merkmale in ihrer Gesamtheit vom Tatsachengericht zu bewerten. Für die Einstufung bedeutsame Merkmale sind z.B. die Zahl der verkehrsrechtlich zulässigen Sitzplätze, die verkehrsrechtlich zulässige Zuladung, die Größe der Ladefläche, die Ausstattung mit Sitzbefestigungspunkten und Sicherheitsgurten, die Verblechung der Seitenfenster, die Beschaffenheit der Karosserie und des Fahrgestells, die Motorisierung und die damit erreichbare Höchstgeschwindigkeit, das äußere Erscheinungsbild und bei Serienfahrzeugen die Konzeption des Herstellers (z.B. BFH-Urteile vom 29.08.2012 - II R 7/11, BFHE 239, 159, BStBl II 2013, 93; vom 05.12.2012 - II R 23/11).
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c) Ausgehend von den dargestellten Rechtsgrundsätzen ist die angegriffene Entscheidung des FG, das Kfz des Klägers sei auch nach § 18 Abs. 12 KraftStG i.V.m. § 2 Abs. 2a KraftStG a.F. nicht als PKW, sondern als LKW zu besteuern, revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.
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aa) Dies gilt zunächst für die Annahme des FG, dass das Kfz des Klägers das Regelbeispiel des § 2 Abs. 2a Satz 3 KraftStG a.F. nicht erfülle, weil die zur Personenbeförderung dienende Bodenfläche nicht größer sei als die Hälfte der gesamten Nutzfläche des Fahrzeugs.
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(1) In die zur Personenbeförderung dienende Bodenfläche ist grundsätzlich die Bodenfläche einzubeziehen, die für die verkehrsrechtlich zulässige Anzahl der Sitzplätze benötigt wird, wie sie sich aus der Zulassungsbescheinigung Teil I ergibt. Denn bei der Anzahl der Sitzplätze handelt es sich um i.S. des § 2 Abs. 2 Nr. 2 KraftStG andere Bemessungsgrundlagen technischer Art, für die die Feststellungen der Zulassungsbehörden verbindlich sind (vgl. BFH-Beschluss vom 18.03.2008 - II B 94/07, BFH/NV 2008, 1204).
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(2) Im Ausgangspunkt zu Recht ist das FG jedoch davon ausgegangen, dass diese Grundsätze nicht uneingeschränkt auf einen Fall wie den Streitfall übertragen werden können, in dem die Zulassungsbescheinigung Teil I zu bestimmten technischen Daten gerade keinen konkreten, auf das einzelne Kfz bezogenen Wert angibt, sondern lediglich einen sog. Von-bis-Wert bzw. einen Höchstwert (im Streitfall z.B. hinsichtlich der Anzahl der verkehrsrechtlich zulässigen Sitzplätze). Dies wird regelmäßig dann der Fall sein, wenn die Zulassung unterschiedliche Karosserieversionen eines Herstellers erfasst, die sich hinsichtlich der einzelnen in die Zulassungsbescheinigung Teil I einzutragenden Daten unterscheiden. In einem solchen Fall kann entsprechenden Daten in der Zulassungsbescheinigung Teil I nur insoweit bindende Wirkung zukommen, als die vorgegebenen Mindestwerte nicht unterschritten bzw. die Höchstwerte nicht überschritten werden dürfen. Ist z.B. in einer Zulassungsbescheinigung die verkehrsrechtlich zulässige Sitzplatzanzahl, wie im Streitfall, mit "maximal 6" angegeben, steht damit bindend fest, dass eine Sitzplatzanzahl von mehr als sechs Personen für keines der von der Typengenehmigung erfassten Kfz verkehrsrechtlich zulässig ist (vgl. BFH-Beschluss in BFH/NV 2008, 1204). Demgegenüber wird mit der Aussage "Sitzplatzanzahl maximal 6" nicht bindend festgestellt, dass für jedes Kfz, für das eine solche Eintragung in der Zulassungsbescheinigung Teil I enthalten ist, die verkehrsrechtlich zulässige Sitzplatzanzahl sechs beträgt. Vielmehr hat die für die Festsetzung der Kraftfahrzeugsteuer zuständige Behörde in einem solchen Fall die Anzahl der verkehrsrechtlich zulässigen Sitzplätze (im Rahmen des bindend vorgegebenen Von-bis-Werts) eigenständig zu ermitteln.
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(3) Revisionsrechtlich nicht zu beanstanden ist es, dass das FG danach im Streitfall zu dem Ergebnis gelangt ist, dass das Kfz des Klägers das Regelbeispiel des § 2 Abs. 2a Satz 3 KraftStG a.F. nicht erfülle, weil die zur Personenbeförderung dienende Bodenfläche nicht größer sei als die Hälfte der gesamten Nutzfläche des Fahrzeugs. Insbesondere durfte das FG (konkludent) davon ausgehen, dass die verkehrsrechtlich zulässige Sitzplatzanzahl des Kfz des Klägers nur drei beträgt und demnach als der Personenbeförderung dienende Bodenfläche nicht die für sechs Sitzplätze benötigte Fläche zuzurechnen war. Nach den Feststellungen des FG handelt es sich bei dem Kfz des Klägers um die Ausstattungsvariante ... (langer Radstand, hohes Dach); das Kfz sei bereits vom Hersteller mit einer Verblechung hinter der ersten Sitzreihe versehen; zudem seien sowohl die seitliche Schiebetür als auch die zweiflügelige Hecktür verblecht; für den Einbau von (weiteren) Sitzen müsste die Trennwand entfernt werden. Zudem hat das FG auf ein vom Kläger vorgelegtes Gutachten eines Kfz-Prüfzentrums Bezug genommen, demzufolge sich im Laderaum keine Gurtpunkte befinden. Diese Gesamtumstände durfte das FG (konkludent) dahin würdigen, dass für das Kfz des Klägers im Laderaum verkehrsrechtlich keine Sitzplätze zugelassen waren, das Kfz verkehrsrechtlich also nur für drei Sitzplätze zugelassen war. Angesichts der Feststellung, dass sich im Laderaum keine Gurtpunkte befinden, musste das FG daher auch nicht positiv feststellen, dass (nicht vorhandene) Gurtpunkte auf Dauer unbrauchbar gemacht wurden.
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Dass die zur Personenbeförderung dienende Bodenfläche des Kfz des Klägers nicht größer ist als die Hälfte der gesamten Nutzfläche des Fahrzeugs, wenn man von einer verkehrsrechtlich zulässigen Sitzplatzanzahl des Kfz des Klägers von nur drei ausgeht, bestreitet auch das HZA nicht.
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bb) In revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise ist das FG des Weiteren zu dem Ergebnis gelangt, dass das Kfz des Klägers auch nach § 2 Abs. 2a Satz 2 KraftStG a.F. nicht als PKW zu besteuern ist, weil es nach den insoweit in der Rechtsprechung entwickelten Kriterien zur Abgrenzung zwischen PKW und LKW nicht vorrangig zur Personenbeförderung ausgelegt und gebaut ist. Da dies letztlich auch vom HZA nicht bestritten wird, sieht der Senat insoweit von weiteren Ausführungen ab.
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3. Ist das Kfz des Klägers danach auch unter Berücksichtigung des § 2 Abs. 2a KraftStG a.F. nicht als PKW zu besteuern, hat das FG zu Recht den angegriffenen Bescheid über Kraftfahrzeugsteuer dahin geändert, dass die Kraftfahrzeugsteuer für das Kfz des Klägers, das über ein verkehrsrechtlich zulässiges Gesamtgewicht von nicht mehr als 3 500 kg verfügt, nicht nach dem Tarif des § 9 Abs. 1 Nr. 2 KraftStG, sondern nach dem Tarif des § 9 Abs. 1 Nr. 3 KraftStG zu bemessen ist.
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4. Die Entscheidung ergeht nach § 121 Satz 1 i.V.m. § 90 Abs. 2 FGO im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung.
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5. Der Senat hat die Entscheidung in einer Videokonferenz getroffen.
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Das Urteil des erkennenden Senats, eines aus Berufsrichtern bestehenden Kollegialgerichts (§ 10 Abs. 3 FGO), hat nach Beratung und Abstimmung durch die an der Entscheidung beteiligten Richter unter Leitung des Vorsitzenden zu ergehen (§ 121 Satz 1, § 52 Abs. 1 FGO, §§ 193 bis 197 des Gerichtsverfassungsgesetzes --GVG--). Ob eine solche Beratung und Abstimmung auch in einer Videokonferenz erfolgen kann, ist gesetzlich nicht geregelt; die Entscheidung hierüber gehört jedenfalls nicht zu den Befugnissen des Vorsitzenden nach § 194 Abs. 1 GVG.
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Nach Auffassung des Senats kann eine wirksame Beratung und Abstimmung statt in einer Präsenzsitzung der Senatsmitglieder in einem geschlossenen Raum auch im Rahmen einer Videokonferenz stattfinden. Dafür muss gewährleistet sein, dass bei gleichzeitiger Teilnahme sämtlicher an der Entscheidung beteiligter Richter unter der Leitung des Vorsitzenden der einzelne Richter jederzeit und zeitgleich mit den anderen an der Entscheidung beteiligten Richtern kommunizieren kann und alle beteiligten Richter die gesamte Kommunikation in Ton und Bild mitverfolgen können. Der Senat hält eine so durchgeführte Beratung und Abstimmung jedenfalls dann für zulässig, wenn sie --wie im Streitfall-- technisch auf Grundlage einer gesicherten Datenverbindung erfolgt, das Richterkollegium aus Berufsrichtern besteht, alle Richter mit dieser Verfahrensweise einverstanden sind und sie bis zum Abschluss der Abstimmung jederzeit die Möglichkeit haben, auf der Durchführung einer Präsenzberatung und -abstimmung zu bestehen (zur Zulässigkeit einer Beratung und Entscheidung unter Einbeziehung ehrenamtlicher Richter im Wege der Videokonferenz vgl. Beschlüsse des Bundesgerichtshofs vom 29.11.2013 - BLw 4/12, Rz 28, und vom 06.11.2020 - LwZR 2/20, Rz 2 - jeweils als obiter dictum; bejahend zur Zulässigkeit einer Beratung und Abstimmung durch Videokonferenz auch Berlit, juris Die Monatszeitschrift 2020, 310, sowie Effer-Uhe, Monatsschrift für Deutsches Recht 2020, 773, und C. Graf in BeckOK GVG, § 193 Rz 5).
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6. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 2 FGO.
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