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BFH 15.10.2019 - VII R 6/18
BFH 15.10.2019 - VII R 6/18 - Nachträgliche Aufhebung eines Durchsuchungsbeschlusses führt zur Rechtswidrigkeit einer bei der Durchsuchung getätigten Sachpfändung
Normen
§§ 249ff AO, § 287 Abs 4 S 1 AO, § 100 Abs 1 S 4 FGO, § 952 Abs 1 S 2 BGB, § 249 AO
Vorinstanz
vorgehend FG München, 18. Dezember 2017, Az: 10 K 712/17, Urteil
Leitsatz
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1. Eine in unmittelbarer Nähe zur eigentlichen Wohnung gelegene, privat genutzte Garage fällt unter den Begriff der "Wohnung" i.S. des § 287 Abs. 4 Satz 1 AO .
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2. Für die gewaltsame Öffnung und für das Durchsuchen einer derartigen Garage mit dem Ziel, pfändbare Gegenstände aufzufinden, ist eine richterliche Anordnung erforderlich, wenn weder die Einwilligung des Vollstreckungsschuldners noch Gefahr im Verzug vorliegen (§ 287 Abs. 4 AO) .
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3. Wird der Durchsuchungsbeschluss aufgehoben, wird eine bereits durchgeführte Durchsuchung mit allen dabei vorgenommenen Vollstreckungsmaßnahmen rechtswidrig .
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4. Dem FG ist es verwehrt, die Entscheidung des LG, mit dem dieses den Durchsuchungsbeschluss aufgehoben hat, auf ihre Richtigkeit hin zu überprüfen .
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5. Die bloße Erneuerung von Pfandsiegelmarken ist ebenso wie das Mitnehmen der Schlüssel und der Fahrzeugpapiere eines gepfändeten Fahrzeugs keine (erneute) Pfändung .
Tenor
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Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Finanzgerichts München, Außensenate Augsburg, vom 18.12.2017 - 10 K 712/17 und die Einspruchsentscheidung des Finanzamts vom 10.02.2017 insoweit aufgehoben, als festgestellt wurde, dass die Sachpfändung vom 28.01.2016 rechtmäßig war; es wird festgestellt, dass diese Sachpfändung rechtswidrig war.
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Der Kläger und das Finanzamt tragen die Kosten des gesamten Verfahrens je zur Hälfte.
Tatbestand
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I.
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Die Staatsoberkasse X, die Zentrale Bußgeldstelle Y sowie zwei Landratsämter richteten wegen insgesamt zehn vom Kläger und Revisionskläger (Kläger) trotz Zahlungsaufforderung und Mahnung nicht beglichener Forderungen in Höhe von zusammen 1.664,22 € zwischen April und Oktober 2015 zehn Vollstreckungsersuchen an den Beklagten und Revisionsbeklagten (das Finanzamt --FA--). Der Kläger wurde von den Vollziehungsbeamten des FA wiederholt aufgesucht. Versuchte Forderungspfändungen blieben fruchtlos.
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Mit Beschluss vom 08.12.2015 erließ das Amtsgericht (AG) auf Antrag des FA vom 02.12.2015 eine Durchsuchungsanordnung für die Wohnung und die Geschäftsräume des Klägers unter Auflistung der zehn Vollstreckungsersuchen jeweils mit Angabe der Behörde, des Datums und des Aktenzeichens. Die zu vollstreckenden Beträge wurden nicht genannt.
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Am 28.01.2016 ließen die Vollziehungsbeamten des FA, nachdem der Kläger erneut nicht angetroffen wurde, wegen der Rückstände des Klägers in Höhe von 1.664,22 € nebst 24 € Vollstreckungskosten die Hintertüre zu dessen Einzelgarage in Gegenwart der Polizei durch einen Schlüsseldienst öffnen. Die leitende Vollziehungsbeamtin pfändete dort einen PKW durch Anbringung von je einem Pfandzeichen an Heckscheibe und Tür und Wegnahme der Kennzeichen sowie ein gleichfalls in der Garage geparktes Motorrad durch Anbringung eines Pfandzeichens auf dem Tacho. Am 28.01.2016 wurde außerdem eine Mitteilung über diese Maßnahmen sowie eine Kopie der Durchsuchungsanordnung mit einer Auflistung aller offenen Forderungen in den Briefkasten des Klägers eingeworfen.
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Mit Schreiben vom 03.02.2016 kündigte das FA dem Kläger die Abholung der gepfändeten Fahrzeuge zum 02.03.2016 wegen Rückständen in Höhe von nunmehr 1.718,54 € (1.664,22 € + 54,32 € Vollstreckungskosten) an.
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Im Februar und März 2016 gingen beim FA zwei weitere Vollstreckungsersuchen vom 03.02.2016 und vom 14.03.2016 über zusammen 596,50 € ein.
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Als die Vollziehungsbeamten am 11.04.2016 --wegen früheren Widerstands des Klägers gegen Gerichtsvollzieher unter Polizeischutz-- den PKW mit Hilfe eines privaten Abschleppdienstes abholen wollten, ließen sie die Hintertüre der Garage erneut durch einen Schlüsseldienst öffnen. PKW und Motorrad standen nicht mehr wie am 28.01.2016 nebeneinander. Vielmehr war der PKW durch Rangieren in der Einzelgarage des Klägers verkeilt worden und blockierte auch das hinter ihm stehende Motorrad. Ohne Autoschlüssel und ohne Beschädigung des mit "Safelock" zusätzlich gesicherten PKW konnte der Abschleppdienst keines der Fahrzeuge mitnehmen. Die am 28.01.2016 angebrachten Pfandsiegel waren nicht mehr vorhanden. Da auf mehrmaliges Läuten niemand die Haustür öffnete, ließ die leitende Vollziehungsbeamtin die Hauseingangstüre und fünf durch Sicherheitsschlösser besonders gesicherte Zimmertüren von einem Schlüsseldienst gewaltsam öffnen. Schließlich zeigte sich der Kläger im oberen Stockwerk, teilte mit, nach einem Asthmaanfall geschlafen und das Klingeln und den beim Aufbrechen der Türen entstandenen Lärm nicht gehört zu haben. Er gab zudem an, nicht mit Zwangsvollstreckungsmaßnahmen gerechnet zu haben, keine Schreiben des FA erhalten zu haben, nichts von den Pfandsiegeln zu wissen und bestritt, Verbindlichkeiten bei den vier Behörden zu haben, die das FA um Amtshilfe gebeten hatten. Dem Kläger wurde der Durchsuchungsbeschluss gezeigt, erklärt, PKW und Motorrad seien gepfändet worden, und mitgeteilt, dass er den Abtransport durch Zahlung von 2.400 € abwenden könne. Nachdem der Kläger eine Zahlung auf die von ihm bestrittenen Verbindlichkeiten abgelehnt und erklärte hatte, die Autoschlüssel befänden sich nicht im Haus, wurde die Durchsuchung fortgesetzt und die Schlüssel in einem Safe im Keller gefunden. Anschließend wurde der PKW aus der Garage rangiert und vom Abschleppdienst mitgenommen. Das Motorrad ließen die Beamten nach Erneuerung des Pfandsiegels zurück. Die leitende Vollziehungsbeamtin nahm außerdem zwei Autoschlüssel, einen Motorradschlüssel, den Kraftfahrzeugbrief und eine Zulassungsbescheinigung mit. Ferner nahm sie am 11.04.2016 eine --im Revisionsverfahren nicht mehr streitgegenständliche-- Anschlusspfändung gemäß § 307 der Abgabenordnung (AO) in den PKW und das Motorrad zur Vollstreckung von 596,50 € aus den Vollstreckungsersuchen vom 03.02.2016 und vom 14.03.2016, von 90 € für die Wohnungsöffnung und von 54,32 € Gebühren vor. Insgesamt dauerte der Einsatz am 11.04.2016 etwa 3 1/2 Stunden, verursachte Kosten in Höhe von 1.446,30 € (= 405,05 € Kosten des Schlüsseldienstes und 1.041,25 € Abschleppkosten), Standgebühren für den PKW sowie Schäden an der Haustür und den Zimmertüren des Klägers. Zwischen dem Kläger und dem FA ist seither streitig, wer die Kosten tragen muss und in welcher Höhe dem Kläger eine Entschädigung für die Schäden und den Nutzungsausfall hinsichtlich der Fahrzeuge zusteht.
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Der Kläger legte noch am 11.04.2016 beim AG sofortige Beschwerde gegen den Durchsuchungsbeschluss vom 08.12.2015 ein, weil darin die (angeblichen) Forderungen nicht konkretisiert worden seien und deshalb nicht nachvollzogen werden könnten, im Übrigen nicht bestünden und bestritten würden.
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Mit einem an den Kläger adressierten Schreiben vom 20.04.2016 ordnete das FA die Verwertung des gepfändeten PKW durch Versteigerung ab dem 11.05.2016 an. Außerdem wies das FA in diesem Schreiben darauf hin, dass die Verwertung nicht weiter betrieben werde, wenn der Kläger die Rückstände in Höhe von insgesamt 3.761,34 € bis 04.05.2016 begleiche, darunter 2.260,72 € (= 1.664,22 € + 596,50 €) aus den Vollstreckungsersuchen, 1.446,30 € Kosten und Auslagen (= 405,05 € Wohnungsöffnungskosten + 1.041,25 € Abschleppkosten) sowie 54,32 € Gebühren.
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Am 26.04.2016 ging beim FA ein Schreiben des Klägers mit dem Datum 12.04.2016 ein, mit dem er die "entsprechenden Rechtsmittel … gegen die vorgenommene Vollstreckung" einlegte. Das Vorbringen wurde von FA und Finanzgericht (FG) als Einspruch gegen die Sachpfändungen vom 28.01.2016 und 11.04.2016 gedeutet.
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Am 09.05.2016 tilgte der Kläger die vom FA geltend gemachten Forderungen.
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Mit Schreiben an den Kläger vom 12.05.2016 hob das FA die Pfändungen auf.
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Mit Beschluss vom 30.05.2016 entschied das AG, dass der am 11.04.2016 eingelegten sofortigen Beschwerde gegen die Durchsuchungsanordnung vom 08.12.2015 nicht abzuhelfen sei. Auf die sofortige Beschwerde des Klägers gemäß § 793 der Zivilprozessordnung (ZPO) hob das Landgericht (LG) mit Beschluss vom 06.06.2016 den Beschluss des AG vom 08.12.2015 auf, weil die beizutreibenden Beträge in der Durchsuchungsanordnung nicht bezeichnet worden seien.
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Mit Einspruchsentscheidung vom 10.02.2017 wurde der Einspruch des Klägers mit Datum vom 12.04.2016 (beim FA eingegangen am 26.04.2016) gegen die Sachpfändungen vom 28.01.2016 und 11.04.2016 als unzulässig verworfen.
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Hierauf erhob der Kläger Klage und beantragte,
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festzustellen, dass eine Überpfändung vorgelegen habe/vorliege,
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festzustellen, dass die Vollstreckungsmaßnahmen unzulässig gewesen seien, bzw. über das notwendige Maß hinaus ausgedehnt worden seien,
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festzustellen, dass die für die Vollstreckungsmaßnahmen angefallenen Auslagen überhöht gewesen seien.
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Das FG urteilte, die Fortsetzungsfeststellungsklage sei zulässig, aber nur hinsichtlich der Anschlusspfändungen an den Fahrzeugen begründet. Im Revisionsverfahren sind die Anschlusspfändungen mangels (Anschluss-)Revision des FA nicht mehr streitgegenständlich. Die Entscheidung ist in den Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2018, 521 veröffentlicht.
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Hiergegen richtet sich die Revision des Klägers.
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Er beantragt, die Vorentscheidung, soweit die Klage auf Feststellung der Rechtswidrigkeit der Sachpfändungen abgewiesen worden ist, sowie die Einspruchsentscheidung vom 10.02.2017 aufzuheben und festzustellen, dass die Sachpfändungen vom 28.01.2016 und vom 11.04.2016 rechtswidrig waren, hilfsweise das Urteil der Vorinstanz aufzuheben und die Sache zurückzuverweisen.
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Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
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II.
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Das Urteil verstößt gegen Bundesrecht, soweit festgestellt wurde, dass die Sachpfändung vom 28.01.2016 rechtmäßig war.
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1. Das FG ist zutreffend davon ausgegangen, dass die Fortsetzungsfeststellungsklage zulässig ist. Der Kläger hat ein berechtigtes Interesse an der Feststellung, dass die Pfändungen rechtswidrig gewesen sind.
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a) Nach § 100 Abs. 1 Satz 4 der Finanzgerichtsordnung (FGO) kann, wenn ein mit der Klage angefochtener Verwaltungsakt sich im Verlauf des Klageverfahrens erledigt hat, das Gericht auf Antrag die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts feststellen, wenn der Kläger ein "berechtigtes Interesse" an der Feststellung hat. Diese Regelung ist nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) entsprechend anzuwenden, wenn ein Verwaltungsakt sich schon vor der Klageerhebung --im Streitfall durch Aufhebung der Pfändungen am 12.05.2016-- erledigt hat (vgl. etwa BFH-Urteile vom 04.12.2012 - VIII R 5/10, BFHE 239, 19, BStBl II 2014, 220, und vom 26.09.2007 - I R 43/06, BFHE 219, 13, BStBl II 2008, 134, m.w.N.). Mit dem gemäß § 100 Abs. 1 Satz 4 FGO erforderlichen berechtigten Interesse ist jedes konkrete, vernünftigerweise anzuerkennende Interesse rechtlicher, tatsächlicher oder wirtschaftlicher Art gemeint; die begehrte Feststellung muss geeignet sein, in einem dieser Bereiche zu einer Positionsverbesserung des Klägers zu führen (vgl. etwa BFH-Urteil in BFHE 239, 19, BStBl II 2014, 220).
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b) Im Streitfall hat der Kläger hinreichend substantiiert vorgetragen, Amtshaftungsansprüche (u.a. wegen des Nutzungsausfalls hinsichtlich der gepfändeten Fahrzeuge) geltend machen zu wollen. Außerdem ist zwischen den Beteiligten die Kostentragung für den Einsatz streitig. Da über diese Fragen von unterschiedlichen Gerichten zu entscheiden wäre --über die Kostentragung vom FG, über Amtshaftungsansprüche gemäß Art. 34 Satz 3 des Grundgesetzes (GG) von den Zivilgerichten--, hat der Kläger auch aus Gründen der Verfahrensökonomie und -konzentration ein berechtigtes Interesse daran, dass über die Rechtmäßigkeit der Sachpfändungen vorab durch eine Fortsetzungsfeststellungsklage entschieden wird.
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Im Übrigen wird zur Zulässigkeit der Klage auf die in den EFG 2018, 521 abgedruckten Ausführungen des FG verwiesen, denen sich der Senat anschließt.
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2. Das FG hat die Klage jedoch insoweit zu Unrecht als unbegründet abgewiesen, als es festgestellt hat, dass die Sachpfändung vom 28.01.2016 rechtmäßig war. Die Aufhebung der Durchsuchungsanordnung vom 08.12.2015 mit Beschluss vom 06.06.2016 führt zur Rechtswidrigkeit der durch das Anbringen von Pfandsiegeln (§ 286 Abs. 2 Satz 2 AO) am 28.01.2016 ausgeführten Sachpfändungen.
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a) Gemäß § 249 Abs. 1 Satz 1 AO i.V.m § 250 Abs. 1 Satz 1 AO und den Grundsätzen der Amtshilfe (Art. 35 Abs. 1 GG, § 111 AO) kann das FA Verwaltungsakte, mit denen eine Geldleistung gefordert wird, auch auf Ersuchen einer anderen Behörde im Verwaltungsweg vollstrecken. Soweit nichts anderes bestimmt ist, darf die Vollstreckung gemäß § 254 Abs. 1 Satz 1 AO grundsätzlich (Ausnahme § 254 Abs. 2 Sätze 1 und 2 AO) erst beginnen, wenn die Leistung fällig, der Vollstreckungsschuldner zur Leistung aufgefordert worden, seit der Aufforderung mindestens eine Woche verstrichen und --bei Geldforderungen-- gemäß § 259 Satz 1 AO eine Mahnung erfolgt ist. In dem Vollstreckungsauftrag oder in der Pfändungsverfügung ist der Schuldgrund anzugeben (§ 260 AO).
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Diese allgemeinen Voraussetzungen für die Vollstreckung von Geldforderungen waren im Streitfall erfüllt; auch der Kläger erhebt insoweit keine Einwendungen mehr.
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b) Jedoch führte die Aufhebung der Durchsuchungsanordnung vom 08.12.2015 zur Rechtswidrigkeit der von den Vollziehungsbeamten am 28.01.2016 gemäß § 286 Abs. 2 Satz 2 AO durch das Anlegen von Siegeln vorgenommenen Sachpfändungen.
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aa) Für das Durchsuchen der Garage des Klägers mit dem Ziel, pfändbare Gegenstände aufzufinden, war eine richterliche Anordnung erforderlich, da weder eine Einwilligung des Klägers (vgl. § 287 Abs. 4 Satz 1 AO) noch Gefahr im Verzug vorlagen (§ 287 Abs. 4 Satz 2 AO); die vorherige Einholung der Anordnung war möglich, ohne den Durchsuchungserfolg zu gefährden.
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Auch eine in unmittelbarer Nähe zur eigentlichen Wohnung gelegene, privat genutzte Garage fällt unter den Begriff der "Wohnung" i.S. des § 287 Abs. 4 Satz 1 AO (Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 13.10.1971 - 1 BvR 280/66, BVerfGE 32, 54, Rz 45, zum Begriff "räumliche Privatsphäre"; Urteil des Bundesgerichtshofs vom 17.07.2009 - V ZR 95/08, Wohnungswirtschaft und Mietrecht 2009, 539, zu § 144 Abs. 1 Satz 3 ZPO in Bezug auf als "Nebengebäude" anzusehende Garagen; Seiler in Thomas/Putzo, Zivilprozessordnung, 40. Aufl., § 758a Rz 7; Zöller/Seibel, ZPO, 32. Aufl., § 758a Rz 4).
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bb) Die somit für die Durchsuchung der verschlossenen Garage notwendige richterliche Anordnung vom 08.12.2015 ist durch das im Beschwerdeverfahren zuständige LG mit Beschluss vom 06.06.2016 als rechtswidrig aufgehoben worden.
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Hieran sind die Beteiligten gebunden. Das FG ist nicht befugt, die Entscheidung des LG auf ihre Richtigkeit hin zu überprüfen, da die ordentlichen Gerichte gemäß §§ 793, 572 ZPO i.V.m. § 72 des Gerichtsverfassungsgesetzes für Beschwerden gegen die von ihnen erlassenen Durchsuchungsanordnungen sachlich zuständig sind (vgl. BFH-Beschlüsse vom 17.07.2003 - X B 19/03, BFH/NV 2003, 1594, m.w.N., und vom 29.01.2002 - VIII B 91/01, BFH/NV 2002, 749, m.w.N.). Die von den Beteiligten aufgeworfene Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen ein fehlerhafter Durchsuchungsbeschluss einem fehlenden Durchsuchungsbeschluss gleichsteht, stellt sich somit im Streitfall nicht, da aufgrund der Aufhebung feststeht, dass es keinen rechtmäßigen Durchsuchungsbeschluss gegeben hat.
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Wird die Durchsuchungsanordnung im Rechtsmittelverfahren aufgehoben, wird eine bereits durchgeführte Durchsuchung mit allen dabei vorgenommenen Vollstreckungsmaßnahmen rechtswidrig. Die Durchsuchungsanordnung ist Grundlage für die Rechtmäßigkeit der in der Wohnung des Vollstreckungsschuldners gegen dessen Willen durchgeführten Vollstreckungsmaßnahmen; entfällt sie, bleiben auf ihrer Grundlage getroffene Maßnahmen zwar wirksam, werden aber anfechtbar. Dies dient dem Schutz der Unverletzlichkeit der Wohnung gemäß Art. 13 GG und sichert die Rechtsstaatlichkeit des Verfahrens (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 20 Abs. 3 GG). Andernfalls würde auch der nach der ZPO vorgesehene Rechtsschutz unterlaufen (vgl. Dißars in Schwarz/Pahlke, AO/FGO, § 287 Rz 19; Koenig/Fritsch, Abgabenordnung, 3. Aufl., § 287 Rz 34; Klein/ Werth, AO, 14. Aufl., § 287 AO Rz 13; Loose in Tipke/Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 287 AO Rz 36; Müller-Eiselt in Hübschmann/Hepp/Spitaler, § 287 AO Rz 62; Urteil des FG Berlin-Brandenburg vom 15.12.2011 - 7 K 7007/08, EFG 2012, 1008).
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3. Der Antrag festzustellen, dass die Sachpfändungen vom 11.04.2016 rechtswidrig waren, geht ins Leere, weil an diesem Tag --mit Ausnahme der im Revisionsverfahren nicht mehr streitgegenständlichen Anschlusspfändungen-- keine Sachpfändungen vorgenommen wurden. Die Fahrzeuge waren bereits am 28.01.2016 rechtswirksam, aber anfechtbar gepfändet worden. Fällt das Pfandsiegel später ab oder wird es unzulässigerweise entfernt, besteht die Pfändung fort (Klein/Werth, a.a.O., § 287 Rz 9). Die bloße Erneuerung der Siegelmarken ist daher keine erneute Pfändung.
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Das Aufspüren und Mitnehmen der Schlüssel und der Fahrzeugpapiere ist gleichfalls keine Pfändung. In Analogie zu § 952 Abs. 1 Satz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) erstreckt sich ein Pfandrecht am Kfz automatisch auch auf den Fahrzeugschein bzw. die Zulassungsbescheinigung Teil I und den Kraftfahrzeugbrief bzw. die Zulassungsbescheinigung Teil II (Staudinger/Gursky/Wiegand (2017), § 952 BGB Rz 20, m.w.N.). Die Wegnahme der Schlüssel und der Fahrzeugpapiere führen auch nicht zu einer Pfändung des Kfz; sie erschweren lediglich die unberechtigte Nutzung des Fahrzeugs, sichern das Pfandrecht und erleichtern die Verwertung der Pfandsache.
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4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 136 Abs. 1 Satz 1 FGO. Dabei wurde berücksichtigt, dass der Kläger im finanzgerichtlichen Verfahren, wie ausgeführt, drei Anträge gestellt hat und hinsichtlich der Anschlusspfändungen Erfolg hatte. Im Revisionsverfahren hat er lediglich noch beantragt, die Vorentscheidung und die Einspruchsentscheidung vom 10.02.2017 aufzuheben und festzustellen, dass die Sachpfändungen vom 28.01.2016 und vom 11.04.2016 rechtswidrig waren. Die Klageabweisung durch das FG hinsichtlich seiner weiteren Anträge wurde damit rechtskräftig. Am 11.04.2016 fand --von den Anschlusspfändungen abgesehen-- keine Sachpfändung mehr statt.
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