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BFH 28.08.2012 - VII R 62/11
BFH 28.08.2012 - VII R 62/11 - Formunwirksamkeit einer Abtretungsanzeige bei fehlenden Angaben zum Abtretungsgrund trotz Mangelhaftigkeit des amtlichen Vordrucks
Normen
§ 46 Abs 2 AO, § 46 Abs 3 AO, § 46 Abs 4 AO, Art 20 Abs 3 GG
Vorinstanz
vorgehend Finanzgericht Berlin-Brandenburg, 22. September 2011, Az: 9 K 9027/10, Urteil
Leitsatz
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NV: Eine unvollständige Abtretungsanzeige kann nicht deshalb als formwirksam angesehen werden, weil die (inzwischen geänderte) Gestaltung des nach dem Gesetz zu verwendenden amtlichen Vordrucks dazu verleiten kann, nur unzureichende Angaben zum Abtretungsgrund zu machen (Fortführung der Rechtsprechung des Urteils vom 28. September 2011 VII R 52/10, BFHE 235, 111, BStBl II 2012, 92) .
Tatbestand
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I. Der Geschäftsführer der Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin), einer Steuerberatungsgesellschaft, war langjähriger steuerlicher Berater des (inzwischen verstorbenen) Herrn X und von diesem geführter Gesellschaften. Die Klägerin und X haben im November 2003 dem Beklagten und Revisionsbeklagten (Finanzamt --FA--) auf amtlichem Vordruck die Abtretung der Ansprüche des X aus Einkommensteuer 2002, Umsatzsteuer 2002 und "Einkommensteuer aufgrund Verlustrücktrags 2001" angezeigt; in der Anzeige war das unter der Überschrift "Grund der Abtretung" vorbereitete Feld "Sicherungsabtretung" angekreuzt.
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Dieser Abtretung lag eine zwischen X und seinen Gesellschaften einerseits und dem Geschäftsführer der Klägerin andererseits bereits 2001 getroffene Vereinbarung zugrunde, nach welcher zur Absicherung in der Vergangenheit aufgelaufener Außenstände dessen Steuerbüros gegenüber dem FA bestehende Forderungen "mittels einer jeweiligen Abtretungserklärung treuhänderisch" zugunsten der Klägerin abgetreten werden und diese den Betrag zum Ausgleich bestehender Honorarforderungen des vorgenannten Geschäftsführers verwenden dürfe. Später wurde diese Vereinbarung von den Beteiligten dahin ergänzt, dass sie auch alle künftigen Forderungen gegen das FA und Forderungen der Zedenten gegenüber der Y GmbH & Co. KG. umfassen solle.
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Aus berichtigten Einkommensteuerfestsetzungen 2001 und 2002 hat sich für X ein Steuerguthaben von rd. … € ergeben. Das FA hat jedoch 2005 mit vom Finanzamt … festgesetzten Haftungsansprüchen des Landes gegen X die Aufrechnung erklärt. Es hat --in einem mit Rechtsbehelfsbelehrung versehenen Schreiben vom 11. November 2009-- gegenüber der Klägerin die Auffassung vertreten, dass ihr kein Guthaben gegenüber dem FA zustehe. Ein Steuerschuldverhältnis bestehe nur zu X bzw. dessen Erben. Überdies sei die vorgenannte Abtretungsanzeige unwirksam.
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Nach erfolglosem Einspruchsverfahren hat die Klägerin hiergegen Klage erhoben, die Aufhebung des Abrechnungsbescheides vom 11. November 2009 beantragt und begehrt, zu ihren Gunsten einen Zahlungsanspruch aus den abgetretenen Einkommensteuererstattungsansprüchen des X 2001 und 2002 in Höhe von … € festzustellen.
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Das Finanzgericht (FG) hat die Klage abgewiesen. Es hält die Abtretungsanzeige für sowohl wegen § 46 Abs. 3 der Abgabenordnung (AO) als auch wegen § 46 Abs. 4 AO unwirksam.
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Mit der Angabe "Sicherungsabtretung" sei nämlich ein tatsächlich unzutreffender Abtretungsgrund vorgeschoben worden. Denn in Wahrheit habe die Abtretung nicht ein laufendes Geschäft nur absichern sollen, sondern es hätten mittels der zu erwartenden Erstattungsansprüche die Honorarforderungen des Geschäftsführers der Klägerin erfüllt werden sollen.
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Zudem handele es sich um eine der Klägerin nicht gestattete geschäftsmäßige Abtretung. Der Geschäftsführer der Klägerin habe die Sicherung risikobehafteter Honorarforderungen durch Abtretung von Steuererstattungsansprüchen zu einer feststehenden und nachhaltigen Einrichtung seiner beruflichen Tätigkeit gemacht.
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Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision der Klägerin. Sie trägt im Wesentlichen vor, auch eine Vereinbarung, nach der die abgetretene Forderung direkt an den Abtretungsempfänger auszuzahlen sei, könne als Sicherungsabtretung zu beurteilen sein, sofern der Sicherungszweck im Vordergrund stehe. Im Übrigen sei es müßig darüber zu diskutieren, ob der Abtretungsgrund "Sicherungsabtretung" zutreffend subsumiert worden sei, da der Sachverhalt dem FA eindeutig zur Kenntnis gebracht worden und ein Formfehler bei der Bezeichnung des Abtretungsgrundes unschädlich sei.
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Es liege auch kein geschäftsmäßiger Erwerb von Steueransprüchen vor. Die getroffenen Vereinbarungen dokumentierten, dass es sich im Grunde nach der im Steuerrecht maßgebenden wirtschaftlichen Betrachtungsweise um eine komplexe Geschäftsbeziehung der Unternehmensgruppe X gehandelt habe. Eine solche gepoolte Globalabtretung sei ein einziges Geschäft und könne nicht in einen geschäftsmäßigen Erwerb umgedeutet werden. Das FG überspitze den Schutz des § 46 Abs. 4 AO.
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Die Klägerin beantragt, das FG-Urteil und den Abrechnungsbescheid vom 11. November 2009 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 19. Januar 2010 aufzuheben sowie das FA zu verpflichten, einen Abrechnungsbescheid zu ihren Gunsten zu erlassen, mit dem ausgewiesen wird, dass ihr ein Zahlungsanspruch aus den abgetretenen Einkommensteuererstattungsansprüchen für 2001 und 2002 in Höhe von insgesamt … € zusteht.
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Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.
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Es weist auf das Urteil des erkennenden Senats vom 28. September 2011 VII R 52/10 (BFHE 235, 111, BStBl II 2012, 92) hin, wonach das Ankreuzen des Feldes "Sicherungsabtretung" keine ausreichenden Angaben zum Abtretungsgrund darstelle. Im Übrigen sei die Wertung des FG, dass ein geschäftsmäßiger Erwerb von Steuererstattungsansprüchen vorgelegen habe, zumindest möglich und daher revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.
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Überdies sei die Revision auch nicht ausreichend begründet.
Entscheidungsgründe
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II. Die Revision ist unbegründet und daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Das Urteil des FG entspricht jedenfalls im Ergebnis Bundesrecht (§ 118 Abs. 1 FGO).
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Nach § 46 Abs. 2 und 3 AO ist eine Abtretung von Ansprüchen auf Erstattung von Steuern nur wirksam, wenn sie der Gläubiger der zuständigen Finanzbehörde unter Angabe u.a. des Abtretungsgrundes auf einem amtlich vorgeschriebenen Vordruck anzeigt. Diese Vorschrift hat der erkennende Senat in seinem Urteil in BFHE 235, 111, BStBl II 2012, 92 dahin ausgelegt, dass die in einer Abtretungsanzeige notwendigen Angaben zum Abtretungsgrund auch dann (zusätzlich) eine kurze stichwortartige Kennzeichnung des zugrunde liegenden schuldrechtlichen Lebenssachverhalts erfordern, wenn das auf dem amtlichen Vordruck vorgesehene Feld "Sicherungsabtretung" angekreuzt worden ist. Dass die Gestaltung des nach dem Gesetz zu verwendenden amtlichen Vordrucks dazu verleiten könne, nur unzureichende Angaben zum Abtretungsgrund zu machen --der amtliche (inzwischen neu gefasste, im Streitfall jedoch noch zu verwendende und verwandte) Vordruck enthielt im Falle der Sicherungsabtretung kein freies Feld, keine Leerzeile odgl. für weitere Eintragungen zum Grund der Abtretung--, rechtfertige es nicht, eine unvollständige Abtretungsanzeige gleichwohl als formwirksam anzusehen. Denn nach dem Grundsatz von Treu und Glauben könne eine formunwirksame Abtretungsanzeige nur dann ausnahmsweise als wirksam angesehen werden, wenn die Berufung auf die Formunwirksamkeit zu einem schlechthin untragbaren Ergebnis führe. Ein solcher Ausnahmefall sei insbesondere deshalb nicht gegeben, weil der Irrtum, mit dem Ankreuzen des Feldes "Sicherungsabtretung" die erforderlichen Angaben zum Abtretungsgrund gemacht zu haben, wegen des Urteils des erkennenden Senats vom 13. November 2001 VII R 107/00 (BFHE 197, 5, BStBl II 2002, 402) nicht unvermeidbar gewesen sei.
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So liegt es auch hier. Die streitige Abtretungserklärung enthielt keinerlei Angaben zu dem der Abtretung zugrunde liegenden schuldrechtlichen Lebenssachverhalt und war deshalb unwirksam, worauf sich zu berufen dem FA nicht nach Treu und Glauben verwehrt ist. Denn es hätte bei Abgabe der Abtretungsanzeige anhand vorgenannten Urteils des Senats, das bereits vorlag und veröffentlicht worden war, erkannt werden können, welche Angaben zum Grund der Abtretung vom Gesetz verlangt werden. Dass die Tatsachen, über die solche Angaben zu machen sind, dem FA anderweit bekannt gewesen sein mögen --was das FG im Übrigen nicht festgestellt hat--, ändert an den Anforderungen an die Form einer Abtretungsanzeige nichts, zumal diese nach vorgenannter Rechtsprechung des Senats nicht nur eine Warnfunktion gegenüber dem Zedenten erfüllen soll --durch deren Ausfüllung soll sich der Zedent den ihr zugrunde liegenden Lebenssachverhalt noch einmal vor Augen führen--, sondern die auch der Finanzbehörde die Bearbeitung der Sache erleichtern soll, indem sie dieser auf den ersten Blick einen Anhaltspunkt dafür liefert, ob eine nähere Prüfung der Wirksamkeit der Abtretung nach Maßgabe des § 46 Abs. 4 AO angezeigt ist.
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Da hiernach im Streitfall die zwischen X bzw. seinen Gesellschaften und der Klägerin vereinbarte Abtretung unwirksam ist, bedürfen alle weiteren Streitfragen, zu denen der Sachverhalt Anlass geben mag, keiner Erörterung.
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