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BFH 17.06.2010 - X B 218/09
BFH 17.06.2010 - X B 218/09 - Keine verfassungsgerichtliche Überprüfung der Abzugsfähigkeit von Altersvorsorgeaufwendungen - Arbeitnehmerbeiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung - Fehlende Begründung des finanzgerichtlichen Urteils als Verfahrenmangel
Normen
§ 10 Abs 1 Nr 2 EStG 2002, § 10 Abs 3 EStG 2002, Art 2 Abs 1 GG, Art 3 Abs 1 GG, Art 14 Abs 1 GG, Art 19 Abs 4 GG, Art 97 Abs 1 GG, § 105 Abs 2 Nr 5 FGO, § 119 Nr 6 FGO, § 10 Abs 1 S 1 EStG 2002 vom 05.07.2004, § 10 Abs 1 Nr 2 Buchst a EStG 2002 vom 05.07.2004, § 10 Abs 1 Nr 3 EStG 2002 vom 05.07.2004, § 10 Abs 3 EStG 2002 vom 05.07.2004, § 115 Abs 2 Nr 1 FGO, § 115 Abs 2 Nr 3 FGO
Vorinstanz
vorgehend Finanzgericht Berlin-Brandenburg, 16. September 2009, Az: 8 K 1124/06, Urteil
Leitsatz
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1. NV: Die Einordnung der Arbeitnehmerbeiträge als Sonderausgaben ist für die Streitjahre vor Inkrafttreten des Alterseinkünftegesetzes nicht mehr klärungsbedürftig .
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2. NV: Eine verfassungsgerichtliche Überprüfung der Abzugsfähigkeit von Altersvorsorgeaufwendungen nach § 10 Abs. 1 Nr. 2 i.V.m. § 10 Abs. 3 EStG a.F. kommt auch im Hinblick auf das Verbot der doppelten Besteuerung nicht in Frage .
Gründe
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Die Beschwerde des Klägers und Beschwerdeführers (Kläger) hat keinen Erfolg. Die Voraussetzungen zur Zulassung der Revision nach § 115 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) liegen --bei erheblichen Zweifeln an der Schlüssigkeit der geltend gemachten Rügen-- nicht vor.
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Um die Zulassung der Revision zu erreichen, muss der Beschwerdeführer in der von § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO gebotenen Form darlegen, dass die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) erfordert oder ein Verfahrensmangel vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann (§ 115 Abs. 2 FGO).
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1. Macht der Beschwerdeführer die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache geltend, so muss er u.a. substantiiert darauf eingehen, weshalb die von ihm aufgeworfene Rechtsfrage aus Gründen der Rechtssicherheit, der Rechtseinheitlichkeit und/oder der Rechtsentwicklung im allgemeinen Interesse liegt. Zur schlüssigen Darlegung der Klärungsbedürftigkeit muss er außerdem begründen, in welchem Umfang, von welcher Seite und aus welchen Gründen die Beantwortung der Rechtsfrage zweifelhaft und streitig ist. Dazu gehört auch, dass sich der Beschwerdeführer mit der zu dieser Rechtsfrage bereits vorhandenen Rechtsprechung auseinandersetzt und substantiiert darlegt, weshalb nach seiner Ansicht diese Rechtsprechung keine Klärung herbeigeführt habe (ständige Rechtsprechung des BFH, vgl. z.B. Senatsbeschluss vom 20. Juni 2007 X B 116/06, BFH/NV 2007, 1705, m.w.N.).
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Im Streitfall sind die vom Kläger aufgeworfenen Rechtsfragen, die sich gegen die Einordnung der Arbeitnehmerbeiträge zur Rentenversicherung als Sonderausgaben richten, für die Streitjahre nicht klärungsbedürftig.
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a) Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat in seinem "Renten-Urteil" vom 6. März 2002 2 BvL 17/99 (BVerfGE 105, 73) dem Gesetzgeber eine Frist zur Neuregelung auch des Rechts der Altersvorsorge gesetzt und unter D.II. der Entscheidungsgründe ausgeschlossen, dass der Gesetzgeber verfassungsrechtlich verpflichtet ist, "die Rechtslage rückwirkend, bezogen auf das Veranlagungsjahr 1996, zu bereinigen". Hieraus hat der angerufene Senat in seinem Urteil vom 21. Juli 2004 X R 72/01 (BFH/NV 2005, 513) gefolgert, dass der Gesetzgeber für Veranlagungszeiträume vor 2005 zu einer "Nachbesserung" des die Altersvorsorge betreffenden Sonderausgabenabzugs nicht verpflichtet sei. Aus der Zeitkomponente des Regelungsauftrags an den Gesetzgeber folge, dass das bisherige Recht der Vorsorgeaufwendungen fortgelte und eine Prüfung der Frage, ob der Gesetzgeber eine korrespondierende Besteuerung des Lebenseinkommens verfassungsgemäß angeordnet habe, künftigen Verfahren betreffend die Besteuerung ab dem Jahre 2005 zufließender Alterseinkünfte vorbehalten bleibe. Die hiergegen eingelegte Verfassungsbeschwerde hat das BVerfG mit Beschluss vom 25. September 2009 2 BvR 2299/04 (nicht veröffentlicht) nicht zur Entscheidung angenommen.
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b) In seinem Beschluss vom 13. Februar 2008 2 BvR 1220/04, 2 BvR 410/05 (BVerfGE 120, 169) hat das BVerfG entschieden, dass eine verfassungsgerichtliche Überprüfung der Abzugsfähigkeit von Altersvorsorgeaufwendungen nach § 10 Abs. 1 Nr. 2 i.V.m. § 10 Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG) für Veranlagungszeiträume vor 2005 auch im Hinblick auf das Verbot doppelter Besteuerung nicht in Frage komme. Das BVerfG habe zwar in seinem Rentenurteil in BVerfGE 105, 73 darauf hingewiesen, dass die Besteuerung von Vorsorgeaufwendungen für die Alterssicherung und die Besteuerung von Bezügen aus dem Ergebnis der Vorsorgeaufwendungen so aufeinander abzustimmen sei, dass eine doppelte Besteuerung vermieden werde. Ob das Zusammenwirken der einkommensteuerrechtlichen Regelungen der Aufbauphase vor Inkrafttreten des Alterseinkünftegesetzes (AltEinkG) und der Regelungen der Versorgungsphase seit Inkrafttreten des AltEinkG in bestimmten Fällen einen Verstoß gegen das Verbot doppelter Besteuerung bewirken könne, sei nicht in dem Verfahren zu entscheiden, das die Abziehbarkeit der Altersvorsorgeaufwendungen vor 2005 zum Inhalt habe, denn aus dem Verbot doppelter Besteuerung lasse sich kein Anspruch auf eine bestimmte Abziehbarkeit der Beiträge in der Aufbauphase ableiten. Der Gesetzgeber könne dem Verbot doppelter Besteuerung ebenso durch einen entsprechend schonenderen Zugriff in der Versorgungsphase Rechnung tragen. Ein Verstoß müsse deshalb in den Veranlagungszeiträumen der Versorgungsphase gerügt werden, in denen die Altersbezüge der Besteuerung unterworfen werden (BVerfG in BVerfGE 129, 169, unter B.I.2.b).
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Diese grundlegenden Erwägungen des BVerfG gelten nicht nur für einen behaupteten Verstoß gegen die doppelte Besteuerung, sondern auch für alle Einwendungen --so auch die des Klägers--, die sich gegen das Zusammenwirken der steuerlichen Abziehbarkeit von Altersvorsorgeaufwendungen vor dem Inkrafttreten des AltEinkG ab dem 1. Januar 2005 und der Besteuerung der daraus resultierenden Altersrenten nach dem Inkrafttreten des AltEinkG richten.
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c) Die kritische Auseinandersetzung des Klägers mit dem Senatsurteil vom 18. November 2009 X R 34/07 (BFHE 227, 99, BStBl II 2010, 419) kann ebenfalls nicht zur Zulassung der Revision führen. In diesem Urteil hatte der angerufene Senat nicht --wie im Streitfall-- die steuerliche Behandlung der Altersvorsorgeaufwendungen vor 2005, sondern die Neuregelung der Abziehbarkeit der Altersvorsorgeaufwendungen aufgrund des AltEinkG zu beurteilen.
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Anhaltspunkte, dass diese Rechtsprechung, wie vom Kläger behauptet, gegen Art. 2 Abs. 1, Art. 3 Abs. 1, Art. 14 Abs. 1, Art. 19 Abs. 4 sowie gegen Art. 97 Abs. 1 des Grundgesetzes verstößt, sind nicht erkennbar.
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2. Der Kläger rügt weiter, das Finanzgericht (FG) habe seine Entscheidung nicht begründet. Wie sich aus § 105 Abs. 2 Nr. 5 und § 119 Nr. 6 FGO ergibt, muss ein finanzgerichtliches Urteil sowohl in tatsächlicher als auch in rechtlicher Hinsicht begründet werden. Das Fehlen der erforderlichen Begründung ist ein Verfahrensmangel, der gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO zur Zulassung der Revision führen kann (BFH-Beschlüsse vom 19. Oktober 2001 V B 48/01, BFH/NV 2002, 369; vom 25. März 2002 VI B 98/01, BFH/NV 2002, 810). Ein solcher Mangel liegt jedoch nicht schon dann vor, wenn die vom FG gegebene Begründung lückenhaft ist (BFH-Urteil vom 24. Juli 1996 I R 74/95, BFHE 181, 410, BStBl II 1997, 132, m.w.N.). Er ist vielmehr nur dann gegeben, wenn es entweder an Urteilsgründen überhaupt fehlt oder das FG ein selbständiges Angriffs- oder Verteidigungsmittel mit Stillschweigen übergangen hat oder wenn die gegebene Begründung so substanzlos ist, dass es die maßgeblichen Feststellungen und Erwägungen des FG nicht erkennen lässt (BFH-Urteil vom 2. Oktober 2001 IX R 25/99, BFH/NV 2002, 363; BFH-Beschlüsse vom 2. Februar 1999 II R 91/97, BFH/NV 1999, 1106; vom 21. Dezember 2001 VII R 24/01, BFH/NV 2002, 660).
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Im Gegensatz zur Auffassung des Klägers ist das Urteil des FG hinreichend mit Gründen versehen. Das FG ist unter Bezugnahme auf die gefestigte Rechtsprechung des BFH der Auffassung, dass Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung Sonderausgaben seien. Sie stellten ihrer Rechtsnatur nach private Aufwendungen dar, was sich aus der ausdrücklichen gesetzlichen Zuweisung zu den Vorsorgeaufwendungen gemäß § 10 Abs. 2 und 3 EStG ergebe. Die Rechtsfrage der steuerlichen Behandlung der Beiträge eines Arbeitnehmers zur gesetzlichen Rentenversicherung (vor dem AltEinkG) sei durch die Rechtsprechung des BVerfG und des BFH geklärt. Das FG sieht --unter Bezugnahme auf das Senatsurteil vom 8. November 2006 X R 45/02 (BFHE 216, 47, BStBl II 2007, 574)-- auch keine Pflicht zur Nachbesserung des die Altersvorsorge betreffenden Sonderausgabenabzugs. Mit diesen Urteilsgründen hat das FG nachvollziehbar und ausreichend dargelegt, warum die Altersvorsorgeaufwendungen des Klägers in den Jahren 2002 bis 2004 als Sonderausgaben und nicht als Werbungskosten anzusehen waren.
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3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 2 FGO.
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