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EuGH 29.09.2022 - C-633/20
EuGH 29.09.2022 - C-633/20 - URTEIL DES GERICHTSHOFS (Erste Kammer) - 29. September 2022 ( *1) - „Vorlage zur Vorabentscheidung – Niederlassungsfreiheit und freier Dienstleistungsverkehr – Einheitlicher Versicherungsmarkt – Richtlinie 2002/92/EG – Begriff ‚Versicherungsvermittler‘ – Tätigkeit der ‚Versicherungsvermittlung‘ – Richtlinie (EU) 2016/97 – Tätigkeit des ‚Versicherungsvertriebs‘ – Anwendungsbereich dieser Richtlinien – Beitritt zu einer Gruppenversicherung – Abtretung der Rechte aus dem Versicherungsvertrag – Versicherungsleistungen bei Krankheit oder Unfall im Ausland – Vom Versicherungsnehmer als Gegenleistung für den erworbenen Versicherungsschutz gezahlte Vergütung – Verbraucherschutz – Gleichbehandlung von Versicherungsvermittlern“
Leitsatz
In der Rechtssache C-633/20
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Bundesgerichtshof (Deutschland) mit Beschluss vom 15. Oktober 2020, beim Gerichtshof eingegangen am 25. November 2020, in dem Verfahren
Bundesverband der Verbraucherzentralen und Verbraucherverbände – Verbraucherzentrale Bundesverband e. V.
gegen
TC Medical Air Ambulance Agency GmbH
erlässt
DER GERICHTSHOF (Erste Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten A. Arabadjiev, des Präsidenten des Gerichtshofs K. Lenaerts in Wahrnehmung der Aufgaben eines Richters der Ersten Kammer, des Vizepräsidenten des Gerichtshofs L. Bay Larsen (Berichterstatter) sowie der Richter P. G. Xuereb und A. Kumin,
Generalanwalt: M. Szpunar,
Kanzler: M. Krausenböck, Verwaltungsrätin,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 12. Januar 2022,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
des Bundesverbands der Verbraucherzentralen und Verbraucherverbände – Verbraucherzentrale Bundesverband e. V., vertreten durch Rechtsanwälte J. Kummer und P. Wassermann,
der TC Medical Air Ambulance Agency GmbH, vertreten durch Rechtsanwältin B. Ackermann,
der deutschen Regierung, vertreten durch J. Möller und P.-L. Krüger als Bevollmächtigte,
der tschechischen Regierung, vertreten durch J. Očková, M. Smolek und J. Vláčil als Bevollmächtigte,
der italienischen Regierung, vertreten durch G. Palmieri als Bevollmächtigte im Beistand von F. Subrani, Avvocatessa dello Stato,
der Europäischen Kommission, vertreten durch D. Triantafyllou und H. Tserepa-Lacombe als Bevollmächtigte,
nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 24. März 2022
folgendes
Entscheidungsgründe
Urteil
Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 2 Nrn. 3 und 5 der Richtlinie 2002/92/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9. Dezember 2002 über Versicherungsvermittlung (ABl. 2003, L 9, S. 3) in der durch die Richtlinie 2014/65/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Mai 2014 (ABl. 2014, L 173, S. 349) geänderten Fassung (im Folgenden: Richtlinie 2002/92) sowie von Art. 2 Abs. 1 Nrn. 1, 3 und 8 der Richtlinie (EU) 2016/97 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Januar 2016 über Versicherungsvertrieb (ABl. 2016, L 26, S. 19) in der durch die Richtlinie (EU) 2018/411 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. März 2018 (ABl. 2018, L 76, S. 28) geänderten Fassung (im Folgenden: Richtlinie 2016/97).
Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen dem Bundesverband der Verbraucherzentralen und Verbraucherverbände – Verbraucherzentrale Bundesverband e. V. (Deutschland) und der TC Medical Air Ambulance Agency GmbH wegen der behaupteten Tätigkeit der Versicherungsvermittlung, die Letztere ohne Erlaubnis ausüben soll.
Rechtlicher Rahmen
Unionsrecht
Richtlinie 2002/92
Die Erwägungsgründe 8, 9 und 11 der Richtlinie 2002/92 lauteten:
Die Koordinierung der einzelstaatlichen Vorschriften über die beruflichen Anforderungen, die an Personen zu stellen sind, welche die Tätigkeit der Versicherungsvermittlung aufnehmen und ausüben, und über die Eintragung dieser Personen kann daher sowohl zur Vollendung des Binnenmarktes für Finanzdienstleistungen als auch zur Verbesserung des Verbraucherschutzes in diesem Bereich beitragen.
Versicherungsprodukte können von verschiedenen Kategorien von Personen oder Einrichtungen wie Versicherungsagenten, Versicherungsmaklern und ‚Allfinanzunternehmen‘ vertrieben werden. Aus Gründen der Gleichbehandlung all dieser Akteure und des Kundenschutzes sollte sich diese Richtlinie auf all diese Personen oder Einrichtungen beziehen.
…
Diese Richtlinie sollte Personen betreffen, deren Tätigkeit darin besteht, für Dritte Versicherungsvermittlungsdienstleistungen für eine Gegenleistung zu erbringen, die finanzieller Art sein oder jede andere Form eines wirtschaftlichen Vorteils annehmen kann, der zwischen den Parteien vereinbart wurde und an die Leistung geknüpft ist.“
Art. 1 („Anwendungsbereich“) dieser Richtlinie sah in Abs. 1 vor:
„Mit dieser Richtlinie werden Vorschriften für die Aufnahme und Ausübung der Versicherungs- und Rückversicherungsvermittlung durch natürliche oder juristische Personen, die in einem Mitgliedstaat niedergelassen sind oder sich dort niederlassen möchten, festgelegt.“
Art. 2 („Begriffsbestimmungen“) der Richtlinie bestimmte:
„Im Sinne dieser Richtlinie bezeichnet der Ausdruck:
…
‚Versicherungsvermittlung‘ das Anbieten, Vorschlagen oder Durchführen anderer Vorbereitungsarbeiten zum Abschließen von Versicherungsverträgen oder das Abschließen von Versicherungsverträgen oder das Mitwirken bei deren Verwaltung und Erfüllung, insbesondere im Schadensfall.
Mit Ausnahme von Kapitel III A dieser Richtlinie gelten diese Tätigkeiten nicht als Versicherungsvermittlung, wenn sie von einem Versicherungsunternehmen oder einem Angestellten eines Versicherungsunternehmens, der unter der Verantwortung des Versicherungsunternehmens tätig wird, ausgeübt werden.
…
…
‚Versicherungsvermittler‘ jede natürliche oder juristische Person, die die Tätigkeit der Versicherungsvermittlung gegen Vergütung aufnimmt oder ausübt;
…“
Art. 3 Abs. 1 Unterabs. 1 der Richtlinie 2002/92 sah vor:
„Versicherungs- und Rückversicherungsvermittler sind bei der zuständigen Behörde nach Artikel 7 Absatz 2 in ihrem Herkunftsmitgliedstaat einzutragen.“
Richtlinie 2016/97
In den Erwägungsgründen 5 bis 7, 10 und 16 der Richtlinie 2016/97 heißt es:
Versicherungsprodukte können von verschiedenen Kategorien von Personen oder Einrichtungen … vertrieben werden. Aus Gründen der Gleichbehandlung all dieser Akteure und des Kundenschutzes sollte sich diese Richtlinie auf all diese Personen oder Einrichtungen beziehen.
Den Verbrauchern sollte trotz der Unterschiede zwischen den Vertriebskanälen das gleiche Schutzniveau zugutekommen. Um zu gewährleisten, dass das gleiche Schutzniveau gilt und dass die Verbraucher in den Genuss vergleichbarer Standards, insbesondere im Bereich der Offenlegung von Informationen, kommen können, sind gleiche Wettbewerbsbedingungen zwischen den Vertreibern von ausschlaggebender Bedeutung.
Die Anwendung der Richtlinie [2002/92] hat gezeigt, dass eine Reihe von Vorschriften hinsichtlich des Zugangs zur Ausübung der Versicherungsvertriebstätigkeit präzisiert werden müssen und dass im Interesse des Verbraucherschutzes eine Erweiterung des Geltungsbereichs der genannten Richtlinie auf jede Art des Vertriebs von Versicherungsprodukten erforderlich ist. …
…
… Es ist … angebracht, das Vertrauen der Kunden zu stärken und die Regelung des Vertriebs von Versicherungsprodukten einheitlicher zu gestalten, damit EU-weit ein angemessenes Maß an Kundenschutz besteht. Das Verbraucherschutzniveau sollte in Bezug auf die Richtlinie [2002/92] erhöht werden, um die Notwendigkeit unterschiedlicher nationaler Maßnahmen zu verringern. …
…
Durch diese Richtlinie sollte sichergestellt werden, dass das gleiche Verbraucherschutzniveau gilt und dass alle Verbraucher in den Genuss vergleichbarer Standards kommen können. Diese Richtlinie sollte gleiche Wettbewerbsbedingungen und Wettbewerbschancen für alle Vermittler fördern, unabhängig davon, ob sie an ein Versicherungsunternehmen gebunden sind oder nicht. Es wird den Verbrauchern zugutekommen, wenn Versicherungsprodukte über verschiedene Kanäle und über Vermittler, die auf verschiedene Weise mit Versicherungsunternehmen zusammenarbeiten, vertrieben werden, sofern für alle ähnliche Verbraucherschutzregeln gelten. Dies sollte von den Mitgliedstaaten bei der Umsetzung dieser Richtlinie berücksichtigt werden.“
Art. 1 Abs. 1 dieser Richtlinie lautet:
„Mit dieser Richtlinie werden Vorschriften für die Aufnahme und Ausübung des Versicherungs- und Rückversicherungsvertriebs in der Union festgelegt.“
Art. 2 Abs. 1 der Richtlinie bestimmt:
„Im Sinne dieser Richtlinie bezeichnet der Ausdruck:
‚Versicherungsvertrieb‘ die Beratung, das Vorschlagen oder Durchführen anderer Vorbereitungsarbeiten zum Abschließen von Versicherungsverträgen, das Abschließen von Versicherungsverträgen oder das Mitwirken bei deren Verwaltung und Erfüllung, insbesondere im Schadensfall, einschließlich der Bereitstellung von Informationen über einen oder mehrere Versicherungsverträge aufgrund von Kriterien, die ein Kunde über eine Website oder andere Medien wählt, sowie die Erstellung einer Rangliste von Versicherungsprodukten, einschließlich eines Preis- und Produktvergleichs, oder ein Rabatt auf den Preis eines Versicherungsvertrags, wenn der Kunde einen Versicherungsvertrag direkt oder indirekt über eine Website oder ein anderes Medium abschließen kann.
…
‚Versicherungsvermittler‘ jede natürliche oder juristische Person, die kein Versicherungs- oder Rückversicherungsunternehmen oder ihre Angestellten und kein Versicherungsvermittler in Nebentätigkeit ist und die die Versicherungsvertriebstätigkeit gegen Vergütung aufnimmt oder ausübt;
…
‚Versicherungsvertreiber‘ einen Versicherungsvermittler, einen Versicherungsvermittler in Nebentätigkeit oder ein Versicherungsunternehmen;
‚Vergütung‘ alle Arten von Provisionen, Gebühren, Entgelten oder sonstigen Zahlungen, einschließlich wirtschaftlicher Vorteile jeglicher Art, oder finanzielle oder nichtfinanzielle Vorteile oder Anreize, die in Bezug auf Versicherungsvertriebstätigkeiten angeboten oder gewährt werden;
…“
In Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2016/97 heißt es:
„Versicherungsvermittler, Rückversicherungsvermittler und Versicherungsvermittler in Nebentätigkeit sind bei der zuständigen Behörde in ihrem Herkunftsmitgliedstaat einzutragen.
…“
Art. 44 der Richtlinie 2016/97 lautet:
„Die Richtlinie [2002/92] in der Fassung der in Anhang II Teil A der vorliegenden Richtlinie aufgeführten Richtlinien wird unbeschadet der Verpflichtungen der Mitgliedstaaten hinsichtlich der Fristen für die Umsetzung der in Anhang II Teil B der vorliegenden Richtlinie aufgeführten Richtlinien in nationales Recht mit Wirkung vom 1. Oktober 2018 aufgehoben.
Verweisungen auf die aufgehobene Richtlinie gelten als Verweisungen auf die vorliegende Richtlinie und sind nach Maßgabe der Entsprechungstabelle in Anhang III zu lesen.“
Deutsches Recht
Nach § 34d Abs. 1 der Gewerbeordnung (GewO) in der auf den Sachverhalt des Ausgangsverfahrens anwendbaren Fassung bedurfte derjenige, der gewerbsmäßig als Versicherungsmakler oder als Versicherungsvertreter den Abschluss von Versicherungsverträgen vermitteln wollte (Versicherungsvermittler), der Erlaubnis der zuständigen Industrie- und Handelskammer, in der anzugeben war, ob sie einem Versicherungsmakler oder einem Versicherungsvertreter erteilt wurde.
§ 34d Abs. 1 Satz 1 GewO in der seit dem 23. Februar 2018 geltenden Fassung bestimmt: „Wer gewerbsmäßig den Abschluss von Versicherungs- oder Rückversicherungsverträgen vermitteln will (Versicherungsvermittler), bedarf … der Erlaubnis der zuständigen Industrie- und Handelskammer.“
Nach § 34d Abs. 1 Satz 2 Nrn. 1 und 2 GewO in der seit dem 23. Februar 2018 geltenden Fassung ist Versicherungsvermittler, „wer … als Versicherungsvertreter eines oder mehrerer Versicherungsunternehmen oder eines Versicherungsvertreters damit betraut ist, Versicherungsverträge zu vermitteln oder abzuschließen[,] oder … als Versicherungsmakler für den Auftraggeber die Vermittlung oder den Abschluss von Versicherungsverträgen übernimmt, ohne von einem Versicherungsunternehmen oder einem Versicherungsvertreter damit betraut zu sein“.
Ebenfalls nach § 34d GewO – sowohl in der vor als auch in der seit dem 23. Februar 2018 geltenden Fassung – ist derjenige, dem eine Erlaubnis nach § 34d Abs. 1 GewO erteilt worden ist, in das Vermittlerregister einzutragen.
Ausgangsrechtsstreit und Vorlagefrage
Die Beklagte des Ausgangsverfahrens beauftragt Werbeunternehmen damit, im Wege der Haustürwerbung Verbrauchern gegen Entgelt den Beitritt zu einer Gruppenversicherung anzubieten.
Hierfür schloss sie bei der W. Versicherungs-AG einen Gruppenversicherungsvertrag mit Versicherungsschutz für Erkrankung und Unfall bei Auslandsreisen sowie für Auslands- und Inlands-Rückholkosten ab.
Die Beklagte des Ausgangsverfahrens, von der feststeht, dass sie als Versicherungsnehmerin handelt, entrichtet die geschuldeten Beiträge an die Versicherungsgesellschaft.
Außerdem ist sie vertraglich mit der F. r. AG verbunden, die mit ihrem medizinischen Personal und ihrem Fluggerät gegen eine Vergütung Leistungen erbringt, die zum einen in der Organisation und Durchführung des Rücktransports bei Krankheit oder Unfall im Ausland und zum anderen im Bereitstellen einer Alarmzentrale bestehen.
Die Kunden der Beklagten des Ausgangsverfahrens, die der von dieser abgeschlossenen Gruppenversicherung beitreten, zahlen ihr ein Entgelt und sind im Gegenzug zur Inanspruchnahme verschiedener Leistungen im Fall einer Erkrankung oder eines Unfalls im Ausland berechtigt, zu denen die Erstattung der Kosten für medizinische Heilbehandlungen und Krankentransporte, die Organisation und Durchführung entsprechender Transporte sowie der Betrieb einer Alarmzentrale zählen.
Die den Kunden der Beklagten des Ausgangsverfahrens garantierten Versicherungsleistungen werden u. a. über von dieser an die Kunden abgetretene Ansprüche erbracht.
Wie aus dem Vorlagebeschluss hervorgeht, ist die Tätigkeit der Beklagten des Ausgangsverfahrens nicht auf den Abschluss eines Versicherungsvertrags gerichtet, sondern zielt darauf ab, den Verbrauchern die Möglichkeit der Mitgliedschaft in der von ihr abgeschlossenen Gruppenversicherung zu bieten und ihnen die Möglichkeit der Inanspruchnahme von Leistungen zu vermitteln, für die Versicherungsschutz besteht.
Weder die Beklagte des Ausgangsverfahrens noch die von ihr beauftragten Werbeunternehmen verfügen über die im nationalen Recht vorgesehene Erlaubnis für die Ausübung der Tätigkeit der Versicherungsvermittlung.
Da der Kläger des Ausgangsverfahrens der Ansicht ist, dass die Tätigkeit der Beklagten des Ausgangsverfahrens derjenigen eines Versicherungsvermittlers entspreche und damit einer solchen Erlaubnis bedürfe, erhob er beim Landgericht Koblenz (Deutschland) Klage auf Unterlassung dieser Tätigkeit.
Das Landgericht gab der Klage statt.
Die Beklagte des Ausgangsverfahrens legte gegen die Entscheidung des Landgerichts Koblenz Berufung beim Oberlandesgericht Koblenz (Deutschland) ein, das diese Entscheidung mit der Begründung aufhob, dass die Beklagte des Ausgangsverfahrens kein „Versicherungsvermittler“ im Sinne von § 34d Abs. 1 GewO in der auf den Sachverhalt des Ausgangsverfahrens anwendbaren Fassung sei.
Das mit der Revision befasste vorlegende Gericht, der Bundesgerichtshof (Deutschland), ist der Ansicht, dass die Entscheidung des Ausgangsrechtsstreits davon abhänge, ob die Beklagte des Ausgangsverfahrens als „Versicherungsvermittler“ im Sinne der Richtlinien 2002/92 und 2016/97 anzusehen sei.
Der Bundesgerichtshof hat daher beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof folgende Frage zur Vorabentscheidung vorzulegen:
Ist ein Unternehmen, das als Versicherungsnehmer eine Auslandsreisekrankenversicherung sowie eine Auslands- und Inlands-Rückholkosten-Versicherung als Gruppenversicherung für seine Kunden bei einem Versicherungsunternehmen unterhält, gegenüber Verbrauchern Mitgliedschaften vertreibt, die zur Inanspruchnahme der Versicherungsleistungen im Fall einer Erkrankung oder eines Unfalls im Ausland berechtigen, und von den geworbenen Mitgliedern eine Vergütung für den erworbenen Versicherungsschutz erhält, Versicherungsvermittler im Sinne von Art. 2 Nrn. 3 und 5 der Richtlinie 2002/92 und Art. 2 Abs. 1 Nrn. 1, 3 und 8 der Richtlinie 2016/97?
Zur Vorlagefrage
Mit seiner Frage möchte das vorlegende Gericht im Wesentlichen wissen, ob Art. 2 Nrn. 3 und 5 der Richtlinie 2002/92 und Art. 2 Abs. 1 Nrn. 1, 3 und 8 der Richtlinie 2016/97 dahin auszulegen sind, dass unter den Begriff „Versicherungsvermittler“ und damit den Begriff „Versicherungsvertreiber“ im Sinne dieser Bestimmungen eine juristische Person fällt, deren Tätigkeit darin besteht, eine freiwillige Mitgliedschaft in einer zuvor von ihr bei einer Versicherungsgesellschaft abgeschlossenen Gruppenversicherung anzubieten, für die sie von ihren Kunden eine Vergütung erhält und die die Kunden zur Inanspruchnahme von Versicherungsleistungen namentlich im Fall einer Erkrankung oder eines Unfalls im Ausland berechtigt.
Eingangs ist darauf hinzuweisen, dass die Richtlinie 2002/92, wie sich aus Art. 44 Abs. 1 der Richtlinie 2016/97 ergibt, mit Wirkung vom 1. Oktober 2018 aufgehoben wurde. Gleichwohl ergibt sich aus dem Vorlagebeschluss, dass das vorlegende Gericht bei der Entscheidung über den Unterlassungsantrag gegen die Beklagte des Ausgangsverfahrens die Tätigkeit, um deren Unterlassung es geht, sowohl anhand der Bestimmungen des Unionsrechts, die zur Zeit des Sachverhalts des Ausgangsverfahrens in Kraft waren, als auch anhand der zum Zeitpunkt seiner Entscheidung über diesen Antrag geltenden Bestimmungen zu prüfen hat. Folglich ist die Vorlagefrage im Hinblick auf diese beiden Richtlinien zu beantworten.
Wie sich aus Art. 1 Abs. 1 der Richtlinie 2002/92 und Art. 1 Abs. 1 der Richtlinie 2016/97 ergibt, werden mit diesen Richtlinien Vorschriften für die Aufnahme und Ausübung der Versicherungs- und Rückversicherungsvermittlung bzw. des Versicherungs- und Rückversicherungsvertriebs in der Union festgelegt.
Die Tätigkeit der „Versicherungsvermittlung“ wird in Art. 2 Nr. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2002/92 als das Anbieten, Vorschlagen oder Durchführen anderer Vorbereitungsarbeiten zum Abschließen von Versicherungsverträgen oder das Abschließen von Versicherungsverträgen oder das Mitwirken bei deren Verwaltung und Erfüllung, insbesondere im Schadensfall, definiert.
Außerdem definiert Art. 2 Nr. 5 dieser Richtlinie den „Versicherungsvermittler“ als jede natürliche oder juristische Person, die die Tätigkeit der Versicherungsvermittlung gegen Vergütung aufnimmt oder ausübt.
Nach dem elften Erwägungsgrund der Richtlinie kann die mit Vergütung gemeinte Gegenleistung finanzieller Art sein oder jede andere Form eines wirtschaftlichen Vorteils annehmen, der zwischen den Parteien vereinbart wurde und an die Leistung geknüpft ist.
Die Richtlinie 2016/97 definiert ihrerseits den „Versicherungsvertrieb“ in ihrem Art. 2 Abs. 1 Nr. 1 als die Beratung, das Vorschlagen oder Durchführen anderer Vorbereitungsarbeiten zum Abschließen von Versicherungsverträgen, das Abschließen von Versicherungsverträgen oder das Mitwirken bei deren Verwaltung und Erfüllung, insbesondere im Schadensfall.
Unter den Begriff „Versicherungsvermittler“ fällt nach der Definition in Art. 2 Abs. 1 Nr. 3 dieser Richtlinie jede natürliche oder juristische Person, die kein Versicherungs- oder Rückversicherungsunternehmen oder ihre Angestellten und kein Versicherungsvermittler in Nebentätigkeit ist und die die Versicherungsvertriebstätigkeit gegen Vergütung aufnimmt oder ausübt.
Der „Versicherungsvertreiber“ wiederum wird in Art. 2 Abs. 1 Nr. 8 der Richtlinie 2016/97 als Versicherungsvermittler, Versicherungsvermittler in Nebentätigkeit oder Versicherungsunternehmen definiert.
Der Begriff „Vergütung“ wird in Art. 2 Abs. 1 Nr. 9 der Richtlinie 2016/97 dahin definiert, dass er alle Arten von Provisionen, Gebühren, Entgelten oder sonstigen Zahlungen, einschließlich wirtschaftlicher Vorteile jeglicher Art, oder finanzielle oder nicht finanzielle Vorteile oder Anreize, die in Bezug auf Versicherungsvertriebstätigkeiten angeboten oder gewährt werden, erfasst.
Für die Feststellung, ob eine juristische Person wie die Beklagte des Ausgangsverfahrens unter den Begriff „Versicherungsvermittler“ und damit unter den Begriff „Versicherungsvertreiber“ im Sinne von Art. 2 Nr. 5 der Richtlinie 2002/92 und Art. 2 Abs. 1 Nrn. 3 und 8 der Richtlinie 2016/97 fällt, weil sie in Art. 2 Nr. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2002/92 und Art. 2 Abs. 1 Nr. 1 der Richtlinie 2016/97 angeführte Tätigkeiten ausübt, ist nicht nur der Wortlaut dieser Bestimmungen zu berücksichtigen, sondern auch ihr Kontext und die Ziele, die mit den Regelungen, zu denen sie gehören, verfolgt werden (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 31. Mai 2018, Länsförsäkringar Sak Försäkringsaktiebolag u. a., C-542/16, EU:C:2018:369, Rn. 39).
Was zunächst den Wortlaut von Art. 2 Nr. 5 der Richtlinie 2002/92 und Art. 2 Abs. 1 Nr. 3 der Richtlinie 2016/97 anbelangt, ist festzustellen, dass zum einen der Versicherungsvermittler als eine Person definiert wird, die die Tätigkeit der Versicherungsvermittlung oder die Versicherungsvertriebstätigkeit „gegen Vergütung“ aufnimmt oder ausübt, und dass zum anderen der Begriff „Versicherungsvermittler“ unter Bezugnahme auf die Tätigkeiten der Versicherungsvermittlung bzw. des Versicherungsvertriebs definiert wird, wie sie in Art. 2 Nr. 3 der Richtlinie 2002/92 und Art. 2 Abs. 1 Nr. 1 der Richtlinie 2016/97 näher bestimmt sind.
Bei einem Sachverhalt wie demjenigen des Ausgangsverfahrens ist das Tatbestandsmerkmal der Vergütung als erfüllt anzusehen, wenn jede Mitgliedschaft eines Kunden der juristischen Person, die den Gruppenversicherungsvertrag mit der Versicherungsgesellschaft abgeschlossen hat und in diesem Rahmen Versicherungsbeiträge an sie entrichtet, zu einer Zahlung an diese juristische Person führt. Vorliegend trägt so die Beklagte des Ausgangsverfahrens gegen eine solche Vergütung dazu bei, dass Dritte, nämlich ihre Kunden, den Versicherungsschutz erlangen, der in dem von ihr mit einer Versicherungsgesellschaft abgeschlossenen Vertrag vorgesehen ist. Die Aussicht auf diese Vergütung stellt für eine juristische Person wie die Beklagte des Ausgangsverfahrens ein eigenes wirtschaftliches Interesse dar, das sich von dem Interesse der Mitglieder an der Erlangung des sich aus dem betreffenden Vertrag ergebenden Versicherungsschutzes unterscheidet und geeignet ist, sie zu veranlassen, angesichts der Freiwilligkeit des Beitritts zu diesem Vertrag auf eine große Zahl von Vertragsbeitritten hinzuwirken, wovon im Übrigen hier auch ihr Rückgriff auf Werbeunternehmen zeugt, die den Vertragsbeitritt im Wege der Haustürwerbung anbieten.
In Anbetracht der weiten Konzeption des Vergütungsbegriffs sowohl nach dem elften Erwägungsgrund der Richtlinie 2002/92 als auch nach Art. 2 Abs. 1 Nr. 9 der Richtlinie 2009/97 ist es unerheblich, dass die Zahlung bei jedem Beitritt zum Gruppenversicherungsvertrag an die juristische Person, die diesen Vertrag mit der Versicherungsgesellschaft abgeschlossen hat, von den Mitgliedern als Gegenleistung für die ihnen von der juristischen Person abgetretenen Ansprüche auf Versicherungsleistungen geleistet wird und nicht vom Versicherer in Form z. B. einer Provision. Im Übrigen ändert dieser Umstand nichts an dem eigenen wirtschaftlichen Interesse der besagten Person daran, dass ihre Kunden dem Vertrag auf möglichst breiter Ebene beitreten, damit die verschiedenen Zahlungen den Betrag der Beiträge, die sie selbst im Rahmen dieses Vertrags an den Versicherer zahlt, finanzieren oder gar übersteigen.
Was die Tätigkeiten betrifft, auf die in den Definitionen des Begriffs „Versicherungsvermittler“ in Art. 2 Nr. 5 der Richtlinie 2002/92 und Art. 2 Abs. 1 Nr. 3 der Richtlinie 2016/97 verwiesen wird, hat der Gerichtshof bereits entschieden, dass sich aus der Tatsache, dass die in diesen Bestimmungen genannten Tätigkeiten alternativ aufgeführt werden, ergibt, dass jede von ihnen für sich genommen eine Tätigkeit der Versicherungsvermittlung darstellt. Im Übrigen hat der Gerichtshof klargestellt, dass diese Tätigkeiten weit gefasst sind und dazu insbesondere nicht nur das Anbieten und das Vorschlagen von Versicherungsverträgen, sondern auch andere Vorbereitungsarbeiten zum Abschluss solcher Verträge gehören, ohne dass die Art dieser Vorbereitungsarbeiten in irgendeiner Art und Weise beschränkt wäre (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 31. Mai 2018, Länsförsäkringar Sak Försäkringsaktiebolag u. a., C-542/16, EU:C:2018:369, Rn. 37 und 53).
Auch wenn der Wortlaut von Art. 2 Nrn. 3 und 5 der Richtlinie 2002/92 und von Art. 2 Abs. 1 Nrn. 1 und 3 der Richtlinie 2016/97 eine Tätigkeit, wie sie Gegenstand der Vorlagefrage ist, nicht ausdrücklich erwähnt, sind die Definitionen in diesen Bestimmungen doch so zu verstehen, dass sie eine solche Tätigkeit umfassen.
Insoweit ist es, wie namentlich die deutsche Regierung und die Europäische Kommission hervorgehoben haben, unerheblich, dass die juristische Person, die eine Tätigkeit wie die im Ausgangsverfahren in Rede stehende betreibt, nicht den Abschluss von Versicherungsverträgen, mit denen Versicherungsnehmer den Versicherungsschutz von einem Versicherer gegen Zahlung von Beiträgen erlangen möchten, anstrebt, sondern den freiwilligen Beitritt ihrer eigenen Kunden gegen eine an sie erfolgende Vergütung zu einem Gruppenversicherungsvertrag, den sie zuvor mit einem Versicherer im Hinblick auf die Bereitstellung eines solchen Versicherungsschutzes für diese Kunden abgeschlossen hat. Eine solche Tätigkeit ist nämlich mit der vergüteten Tätigkeit eines Versicherungsvermittlers oder eines Versicherungsvertreibers vergleichbar, die darauf gerichtet ist, dass Versicherungsnehmer mit einem Versicherer Versicherungsverträge abschließen, die die Deckung bestimmter Risiken gegen Zahlung einer Versicherungsprämie zum Gegenstand haben.
Ebenso wenig kommt es darauf an, dass die juristische Person, die eine Tätigkeit wie die im Ausgangsverfahren in Rede stehende betreibt, als Versicherungsnehmerin selbst Partei des Gruppenversicherungsvertrags ist, dem beizutreten sie ihre Kunden veranlassen möchte. Genauso wie nämlich die Eigenschaft als Versicherungsvertreiber nach Art. 2 Abs. 1 Nr. 8 der Richtlinie 2016/97 nicht mit der Eigenschaft als Versicherer unvereinbar ist, ist die Eigenschaft als Versicherungsvermittler und damit Versicherungsvertreiber nicht mit der Eigenschaft als Versicherungsnehmer unvereinbar (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 24. Februar 2022, A u. a. [Unit-Linked-Versicherungsverträge], C-143/20 und C-213/20, EU:C:2022:118, Rn. 87 und 88).
Was sodann den Kontext der auszulegenden Bestimmungen betrifft, ergibt sich aus dem neunten Erwägungsgrund der Richtlinie 2002/92 und dem fünften Erwägungsgrund der Richtlinie 2016/97, dass Versicherungsprodukte von verschiedenen Kategorien von Personen oder Einrichtungen vertrieben werden können und dass sich zur Gewährleistung der Gleichbehandlung dieser Akteure sowie des Kundenschutzes diese Richtlinien auf all diese Personen oder Einrichtungen beziehen sollten.
Im Übrigen hat die Richtlinie 2016/97, wie in ihrem siebten Erwägungsgrund zum Ausdruck kommt, angesichts der Ungenauigkeiten einer Reihe von Vorschriften der Richtlinie 2002/92 den Anwendungsbereich dieser Richtlinie auf jede Art des Vertriebs von Versicherungsprodukten erweitert.
Wie es in den Erwägungsgründen 6 und 16 der Richtlinie 2016/97 heißt, sollte den Verbrauchern trotz der Unterschiede zwischen den Vertriebskanälen das gleiche Schutzniveau zugutekommen. Wie ebenfalls im 16. Erwägungsgrund dieser Richtlinie zum Ausdruck kommt, wird es den Verbrauchern zugutekommen, wenn Versicherungsprodukte über verschiedene Kanäle und über Vermittler, die auf verschiedene Weise mit Versicherungsunternehmen zusammenarbeiten, vertrieben werden, sofern für alle ähnliche Verbraucherschutzregeln gelten, und dies auch aus Gründen, die mit der Notwendigkeit zusammenhängen, gleiche Wettbewerbsbedingungen und Wettbewerbschancen für alle Versicherungsvermittler und Versicherungsvertreiber zu schaffen.
Angesichts dieses Kontexts und in Anbetracht der Ausführungen in den Rn. 41, 42, 45 und 46 des vorliegenden Urteils sind die Begriffe in Art. 2 Nrn. 3 und 5 der Richtlinie 2002/92 sowie in Art. 2 Abs. 1 Nrn. 1, 3 und 8 der Richtlinie 2016/97 dahin auszulegen, dass sie eine juristische Person umfassen, die eine Tätigkeit wie die im Ausgangsverfahren in Rede stehende betreibt.
Schließlich steht diese Auslegung im Einklang mit den Zielen, die mit diesen Richtlinien verfolgt werden.
Wie insoweit im Wesentlichen in den Erwägungsgründen 8 und 9 der Richtlinie 2002/92 zum Ausdruck kommt, soll diese u. a. die Gleichbehandlung aller Kategorien von Versicherungsvermittlern sicherstellen und den Verbraucherschutz im Versicherungswesen verbessern (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 17. Oktober 2013, EEAE u. a., C-555/11, EU:C:2013:668, Rn. 27 und 29). Diese Ziele werden durch die Richtlinie 2016/97 verstärkt verfolgt, wie sich u. a. aus ihren Erwägungsgründen 5, 7, 10 und 16 ergibt.
Die Einbeziehung von Personen, die auf dem Versicherungsmarkt auf der Grundlage eines Geschäftsmodells wie desjenigen, auf das sich die Vorlagefrage bezieht, tätig sind, in den Anwendungsbereich dieser Richtlinien ist geeignet, die Verwirklichung dieser beiden Ziele zu fördern.
Werden solche Personen, deren Tätigkeit, wie sich aus den Rn. 41, 42 und 45 des vorliegenden Urteils ergibt, einer Tätigkeit der Versicherungsvermittlung oder des Versicherungsvertriebs im Sinne dieser Richtlinien gleichkommt, in den Anwendungsbereich der Richtlinien einbezogen, so verhindert dies nämlich zum einen eine Beeinträchtigung des Ziels, die Gleichbehandlung aller Kategorien von Versicherungsvermittlern und -vertreibern zu gewährleisten, wie es in den oben in Rn. 52 genannten Erwägungsgründen dieser Richtlinien ausgeführt wird.
Da die in der vorstehenden Randnummer genannten Tätigkeiten vergleichbarer Art sind, müssen somit die in der Richtlinie 2002/92 und der Richtlinie 2016/97 vorgesehenen Zulassungs- und Eintragungspflichten, die insbesondere gewährleisten sollen, dass Versicherungsvermittler über die im Bereich der Versicherungsvermittlung und -beratung erforderliche Zuverlässigkeit und Sachkenntnis verfügen, für die Wirtschaftsteilnehmer, die diese Tätigkeiten ausüben, in gleicher Weise gelten.
Zum anderen trägt es zum Ziel der Verbesserung des Verbraucherschutzes im Versicherungswesen bei, wenn juristische Personen, deren Tätigkeit der in der Vorlagefrage bezeichneten Tätigkeit entspricht, in den Anwendungsbereich der Richtlinien 2002/92 und 2016/97 einbezogen werden und ihnen damit die Einhaltung der in diesen Richtlinien vorgesehenen Vorschriften zur Vorgabe gemacht wird.
Wie vom Generalanwalt in den Nrn. 83 und 84 seiner Schlussanträge ausgeführt, ist nämlich der Versicherungsvermittler, damit dafür gesorgt ist, dass seine Tätigkeit ein angemessenes Verbraucherschutzniveau gewährleistet, nach den genannten Richtlinien verpflichtet, sich u. a. an eine Reihe von Anforderungen beruflicher, finanzieller und organisatorischer Art, an Verhaltensregeln wie solche zur Vermeidung der Gefahr eines Interessenkonflikts, der sich aus etwaigen Verbindungen zwischen ihm und einem Versicherer ergibt, sowie an Informations- und Beratungspflichten gegenüber den Verbrauchern zu halten.
Wie der Kläger des Ausgangsverfahrens ausgeführt hat, ist dieses Verbraucherschutzbedürfnis aber, wenn es um eine juristische Person geht, die die Verbraucher über ein Geschäftsmodell wie das im Ausgangsverfahren in Rede stehende veranlasst, einem von ihr bei einem Versicherer abgeschlossenen Gruppenversicherungsvertrag beizutreten, ebenso wichtig, wie wenn es um einen Versicherungsvermittler oder Versicherungsvertreiber geht, dessen vergütete Tätigkeit auf den unmittelbaren Abschluss von Versicherungsverträgen durch die Verbraucher gerichtet ist.
Nach alledem ist auf die Vorlagefrage zu antworten, dass Art. 2 Nrn. 3 und 5 der Richtlinie 2002/92 und Art. 2 Abs. 1 Nrn. 1, 3 und 8 der Richtlinie 2016/97 dahin auszulegen sind, dass unter den Begriff „Versicherungsvermittler“ und damit den Begriff „Versicherungsvertreiber“ im Sinne dieser Bestimmungen eine juristische Person fällt, deren Tätigkeit darin besteht, eine freiwillige Mitgliedschaft in einer zuvor von ihr bei einer Versicherungsgesellschaft abgeschlossenen Gruppenversicherung anzubieten, für die sie von ihren Kunden eine Vergütung erhält und die die Kunden zur Inanspruchnahme von Versicherungsleistungen namentlich im Fall einer Erkrankung oder eines Unfalls im Ausland berechtigt.
Kosten
Für die Beteiligten des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren Teil des beim vorlegenden Gericht anhängigen Verfahrens; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig.
Gründe
Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Erste Kammer) für Recht erkannt:
Art. 2 Nrn. 3 und 5 der Richtlinie 2002/92/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9. Dezember 2002 über Versicherungsvermittlung in der durch die Richtlinie 2014/65/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Mai 2014 geänderten Fassung und Art. 2 Abs. 1 Nrn. 1, 3 und 8 der Richtlinie (EU) 2016/97 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Januar 2016 über Versicherungsvertrieb in der durch die Richtlinie (EU) 2018/411 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. März 2018 geänderten Fassung
sind dahin auszulegen, dass
unter den Begriff „Versicherungsvermittler “ und damit den Begriff „Versicherungsvertreiber “ im Sinne dieser Bestimmungen eine juristische Person fällt, deren Tätigkeit darin besteht, eine freiwillige Mitgliedschaft in einer zuvor von ihr bei einer Versicherungsgesellschaft abgeschlossenen Gruppenversicherung anzubieten, für die sie von ihren Kunden eine Vergütung erhält und die die Kunden zur Inanspruchnahme von Versicherungsleistungen namentlich im Fall einer Erkrankung oder eines Unfalls im Ausland berechtigt.
Arabadjiev
Lenaerts
Bay Larsen
Xuereb
Kumin
Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 29. September 2022.
Der Kanzler
A. Calot Escobar
Der Präsident der Ersten Kammer
A. Arabadjiev
( *1)Verfahrenssprache: Deutsch.
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