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EuGH 30.01.2019 - C-220/17
EuGH 30.01.2019 - C-220/17 - URTEIL DES GERICHTSHOFS (Erste Kammer) - 30. Januar 2019 ( *1) - „Vorlage zur Vorabentscheidung – Rechtsangleichung – Gültigkeit der Richtlinie 2014/40/EU – Herstellung, Aufmachung und Verkauf von Tabakerzeugnissen – Regelung der ‚Inhaltsstoffe‘ – Verbot aromatisierter Tabakerzeugnisse“
Leitsatz
In der Rechtssache C-220/17
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Verwaltungsgericht Berlin (Deutschland) mit Entscheidung vom 21. April 2017, beim Gerichtshof eingegangen am 27. April 2017, in dem Verfahren
Planta Tabak-Manufaktur Dr. Manfred Obermann GmbH & Co. KG
gegen
Land Berlin
erlässt
DER GERICHTSHOF (Erste Kammer)
unter Mitwirkung der Vizepräsidentin des Gerichtshofs R. Silva de Lapuerta in Wahrnehmung der Aufgaben des Präsidenten der Ersten Kammer sowie der Richter A. Arabadjiev, E. Regan, C. G. Fernlund und S. Rodin (Berichterstatter),
Generalanwalt: H. Saugmandsgaard Øe,
Kanzler: R. Şereş, Verwaltungsrätin,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 21. März 2018,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
der Planta Tabak-Manufaktur Dr. Manfred Obermann GmbH & Co. KG, vertreten durch die Rechtsanwälte T. Masing und C. Eckart,
der spanischen Regierung, vertreten durch S. Jiménez García als Bevollmächtigten,
der französischen Regierung, vertreten durch R. Coesme und D. Colas als Bevollmächtigte,
der ungarischen Regierung, vertreten durch G. Koós und Z. Fehér als Bevollmächtigte,
der Regierung des Vereinigten Königreichs, vertreten durch S. Brandon, I. Rogers und Z. Lavery als Bevollmächtigte,
der norwegischen Regierung, vertreten durch P. Wennerås, M. Schei und M. Reinertsen Norum als Bevollmächtigte,
des Europäischen Parlaments, vertreten durch L. Visaggio, U. Rösslein und J. Rodrigues als Bevollmächtigte,
des Rates der Europäischen Union, vertreten durch P. Plaza García, E. Karlsson und R. Wiemann als Bevollmächtigte,
der Europäischen Kommission, vertreten durch M. Kellerbauer und J. Tomkin als Bevollmächtigte,
nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 4. Juli 2018
folgendes
Entscheidungsgründe
Urteil
Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Gültigkeit von Art. 7 Abs. 1, 7 und 14, der Art. 8 bis 11 – insbesondere von Art. 9 Abs. 1 Unterabs. 2, Abs. 4 Buchst. a Satz 2 und Abs. 6, Art. 10 Abs. 1 Buchst. b, e und f sowie Art. 11 Abs. 1 Unterabs. 1 Satz 1 – und von Art. 13 Abs. 1 Buchst. c sowie die Auslegung von Art. 7 Abs. 14 und von Art. 13 Abs. 1 Buchst. c und Abs. 3 der Richtlinie 2014/40/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 3. April 2014 zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Herstellung, die Aufmachung und den Verkauf von Tabakerzeugnissen und verwandten Erzeugnissen und zur Aufhebung der Richtlinie 2001/37/EG (ABl. 2014, L 127, S. 1, berichtigt im ABl. 2015, L 150, S. 24).
Es ergeht in einem Rechtsstreit zwischen der Planta Tabak-Manufaktur Dr. Manfred Obermann GmbH & Co. KG (im Folgenden: Planta Tabak) und dem Land Berlin (Deutschland) wegen des Verbots des Inverkehrbringens bestimmter Tabakerzeugnisse und der Vorschriften über die Kennzeichnung und Verpackung von Tabakerzeugnissen.
Rechtlicher Rahmen
Der neunte Erwägungsgrund der Richtlinie 2014/40 lautet:
„Um die einheitliche Anwendung dieser Richtlinie in den Mitgliedstaaten zu gewährleisten, sind eine Reihe von Begriffsbestimmungen erforderlich. Wenn für verschiedene Erzeugniskategorien unterschiedliche Anforderungen gelten und ein Erzeugnis unter mehr als eine dieser Kategorien fällt (z. B. Pfeifentabak, Tabak zum Selbstdrehen), so sollten die strengeren Anforderungen gelten.“
Der 16. Erwägungsgrund der Richtlinie lautet:
„Die Wahrscheinlichkeit unterschiedlicher Vorschriften wird noch durch die Bedenken im Zusammenhang mit Tabakerzeugnissen erhöht, die ein charakteristisches Aroma außer Tabakaroma haben, welches möglicherweise den Einstieg in den Tabakkonsum erleichtert oder die Konsumgewohnheiten beeinflusst. Maßnahmen, mit denen ungerechtfertigte Unterschiede bei der Behandlung verschiedener Arten aromatisierter Zigaretten eingeführt würden, sollten vermieden werden. Jedoch sollte der Verkauf von Erzeugnissen mit charakteristischen Aromen mit höheren Verkaufsmengen über einen längeren Zeitraum hinweg eingestellt werden, um den Verbrauchern ausreichend Zeit zu geben, zu anderen Erzeugnissen zu wechseln.“
Art. 1 der Richtlinie bestimmt:
„Ziel dieser Richtlinie ist die Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten …
…,
damit – ausgehend von einem hohen Schutz der menschlichen Gesundheit, besonders für junge Menschen – das reibungslose Funktionieren des Binnenmarkts für Tabakerzeugnisse und verwandte Erzeugnisse erleichtert wird und die Verpflichtungen der Union im Rahmen des [Rahmenübereinkommens der Weltgesundheitsorganisation (WHO)] zur Eindämmung des [Tabakkonsums] (Framework Convention on Tobacco Control, im Folgenden ‚FCTC‘) [genehmigt durch den Beschluss 2004/513/EG des Rates vom 2. Juni 2004 über den Abschluss des WHO-Rahmenübereinkommens zur Eindämmung des Tabakkonsums (ABl. 2004, L 213, S. 8)] eingehalten werden.“
Art. 2 der Richtlinie sieht vor:
„Im Sinne dieser Richtlinie bezeichnet der Ausdruck
…
‚neuartiges Tabakerzeugnis‘ ein Tabakerzeugnis, das
nicht in eine der nachstehenden Kategorien fällt: Zigaretten, Tabak zum Selbstdrehen, Pfeifentabak, Wasserpfeifentabak, Zigarren, Zigarillos, Kautabak, Schnupftabak und Tabak zum oralen Gebrauch; …
…“
Art. 7 der Richtlinie bestimmt:
„(1) Die Mitgliedstaaten verbieten das Inverkehrbringen von Tabakerzeugnissen mit einem charakteristischen Aroma.
…
(7) Die Mitgliedstaaten verbieten das Inverkehrbringen von Tabakerzeugnissen, die in irgendwelchen ihrer Bestandteile Aromastoffe enthalten, etwa in Filtern, Papieren, Packungen, Kapseln, oder die sonstige technische Merkmale enthalten, mit denen sich der Geruch oder Geschmack der betreffenden Tabakprodukte oder deren Rauchintensität verändern lassen. Filter, Papier und Kapseln dürfen weder Tabak noch Nikotin enthalten.
…
(12) Tabakerzeugnisse mit Ausnahme von Zigaretten und von Tabak zum Selbstdrehen sind von den Verboten in den Absätzen 1 und 7 ausgenommen. …
…
(14) Im Fall von Tabakerzeugnissen mit einem charakteristischen Aroma, deren unionsweite Verkaufsmengen 3 % oder mehr einer bestimmten Erzeugniskategorie darstellen, gilt dieser Artikel ab 20. Mai 2020.
…“
Die Art. 8 bis 11 der Richtlinie, die zu Kapitel II („Kennzeichnung und Verpackung“) ihres Titels II gehören, enthalten allgemeine Bestimmungen, Bestimmungen über allgemeine Warnhinweise und die Informationsbotschaft für Rauchtabakerzeugnisse, Bestimmungen über kombinierte gesundheitsbezogene Warnhinweise für Rauchtabakerzeugnisse sowie Bestimmungen über die Kennzeichnung von Rauchtabakerzeugnissen mit Ausnahme von Zigaretten, von Tabak zum Selbstdrehen und von Tabak für Wasserpfeifen.
In Art. 9 der Richtlinie heißt es:
„(1) Jede Packung und jede Außenverpackung von Rauchtabakerzeugnissen trägt einen der folgenden allgemeinen Warnhinweise:
‚Rauchen ist tödlich – hören Sie jetzt auf.‘
oder
‚Rauchen ist tödlich‘.
Die Mitgliedstaaten bestimmen, welcher dieser in Unterabsatz 1 genannten allgemeinen Warnhinweise verwendet wird.
…
(4) Der allgemeine Warnhinweis und die Informationsbotschaft nach den Absätzen 1 und 2 sind
in Helvetika fett schwarz auf weißem Hintergrund zu drucken. Um sprachlichen Erfordernissen gerecht zu werden, dürfen die Mitgliedstaaten die Schriftgröße selbst bestimmen, sofern die im nationalen Recht festgelegte Schriftgröße gewährleistet, dass der entsprechende Text den größtmöglichen Anteil der für diese gesundheitsbezogenen Warnhinweise reservierten Fläche einnimmt, …
…
(6) Die Kommission legt im Wege von Durchführungsrechtsakten die genaue Anordnung des allgemeinen Warnhinweises und der Informationsbotschaft auf in Beuteln verkauftem Tabak zum Selbstdrehen fest, wobei sie den verschiedenen Formen von Beuteln Rechnung trägt.“
In Art. 10 der Richtlinie 2014/40 heißt es:
„(1) Jede Packung und jede Außenverpackung von Rauchtabakerzeugnissen trägt kombinierte gesundheitsbezogene Warnhinweise. Die kombinierten gesundheitsbezogenen Warnhinweise
…
umfassen Informationen über Raucherentwöhnung, darunter Telefonnummern, E-Mail-Adressen oder Websites, die dazu bestimmt sind, über Hilfsprogramme für Personen zu informieren, die das Rauchen aufgeben wollen;
…
werden an der Oberkante einer Packung und jeder Außenverpackung angebracht und werden in derselben Richtung wie die übrigen Informationen auf dieser Fläche der Packung ausgerichtet. Übergangsweise geltende Ausnahmen von dieser Verpflichtung bezüglich der Positionierung der kombinierten gesundheitlichen Warnhinweise können in Mitgliedstaaten mit weiterhin obligatorischen Steuerzeichen oder nationalen Kennzeichnungen für Steuerzwecke wie folgt eingeräumt werden:
In Fällen, in denen das Steuerzeichen oder die nationalen Kennzeichnungen für Steuerzwecke an der Oberkante einer Packung aus Karton angebracht sind, kann der auf der Rückseite anzubringende kombinierte gesundheitsbezogene Warnhinweis direkt unter das an der Oberkante einer Kartonverpackung angebrachte Steuerzeichen oder die nationale Kennzeichnung platziert werden.
Besteht die Packung aus weichem Material, können die Mitgliedstaaten für das Steuerzeichen oder die nationale Kennzeichnung für Steuerzwecke eine rechteckige Fläche mit einer Höhe von nicht mehr als 13 mm zwischen der Oberkante der Packung und dem oberen Ende des kombinierten gesundheitsbezogenen Warnhinweises vorsehen.
Die in den Ziffern i und ii genannten Ausnahmen gelten für einen Zeitraum von drei Jahren ab dem 20. Mai 2016. Markennamen oder Logos dürfen nicht oberhalb der gesundheitsbezogenen Warnhinweise angebracht werden;
…
werden hinsichtlich Format, Layout, Gestaltung und Proportionen entsprechend den Vorgaben reproduziert, die die Kommission gemäß Absatz 4 macht;
…“
Art. 11 Abs. 1 Unterabs. 1 Satz 1 der Richtlinie sieht vor:
„Die Mitgliedstaaten können Rauchtabakerzeugnisse mit Ausnahme von Zigaretten, Tabak zum Selbstdrehen und Tabak für Wasserpfeifen von der Verpflichtung ausnehmen, die Informationsbotschaft gemäß Artikel 9 Absatz 2 und den kombinierten gesundheitsbezogenen Warnhinweis gemäß Artikel 10 zu tragen.“
Art. 13 der Richtlinie bestimmt:
„(1) Die Kennzeichnung der Packung und der Außenverpackung sowie das Tabakerzeugnis selbst dürfen weder Elemente noch Merkmale aufweisen, die
…
sich auf den Geschmack, Geruch, eventuelle Aromastoffe oder sonstige Zusatzstoffe oder auf deren Fehlen beziehen;
…
(3) Die nach den Absätzen 1 und 2 verbotenen Elemente und Merkmale können unter anderem sein: Texte, Symbole, Namen, Markennamen, figurative und sonstige Zeichen.“
Art. 29 Abs. 1 der Richtlinie lautet:
„Die Mitgliedstaaten setzen die Rechts- und Verwaltungsvorschriften in Kraft, die erforderlich sind, um dieser Richtlinie bis zum 20. Mai 2016 nachzukommen. Sie teilen der Kommission unverzüglich den Wortlaut dieser Vorschriften mit.
Sie wenden diese Maßnahmen ab dem 20. Mai 2016 an; Artikel 7 Absatz 14, Artikel 10 Absatz 1 Buchstabe e, Artikel 15 Absatz 13 und Artikel 16 Absatz 3 bleiben davon unberührt.“
In Art. 30 der Richtlinie heißt es:
„Die Mitgliedstaaten dürfen das Inverkehrbringen folgender Erzeugnisse, die dieser Richtlinie nicht genügen, bis zum 20. Mai 2017 zulassen:
Tabakerzeugnisse, die gemäß der Richtlinie 2001/37/EG [des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. Juni 2001 zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Herstellung, die Aufmachung und den Verkauf von Tabakerzeugnissen (ABl. 2001, L 194, S. 26)] vor dem 20. Mai 2016 hergestellt oder in den freien Verkehr gebracht und gekennzeichnet wurden;
…“
Ausgangsrechtsstreit und Vorlagefragen
Planta Tabak stellt Tabakerzeugnisse her und vertreibt sie, insbesondere aromatisierten Tabak zum Selbstdrehen.
Mit dem Gesetz über Tabakerzeugnisse und verwandte Erzeugnisse vom 4. April 2016 (BGBl. 2016 I S. 569, im Folgenden: TabakerzG) wurde die Richtlinie 2014/40 umgesetzt.
Am 25. April 2016 erhob Planta Tabak beim Verwaltungsgericht Berlin (Deutschland) Klage auf Feststellung, dass bestimmte, das Verbot von Aromen, die Schockfotos und das Verbot der Werbung für Aromen betreffende Vorschriften des TabakerzG auf ihre Erzeugnisse nicht anwendbar seien. Ferner macht sie geltend, dass Art. 7 Abs. 1 und 7, die Art. 8 bis 11 und Art. 13 Abs. 1 Buchst. c der Richtlinie 2014/40 das Primärrecht der Union verletzten, insbesondere die Grundsätze der Rechtssicherheit, der Gleichbehandlung und der Verhältnismäßigkeit.
Erstens hat das vorlegende Gericht Zweifel an der Gültigkeit und der Auslegung der Bestimmungen der Richtlinie 2014/40 über das Verbot von Aromen in Tabakerzeugnissen, über die Kennzeichnung und Verpackung dieser Erzeugnisse und über das Verbot der Werbung für Aromen.
Es fragt zunächst nach der Auslegung von Art. 7 Abs. 1, 7 und 14 der Richtlinie 2014/40 und nach der Vereinbarkeit dieser Bestimmung mit dem Grundsatz der Rechtssicherheit im Hinblick auf das Verbot des Inverkehrbringens von Tabakerzeugnissen mit einem charakteristischen Aroma, das seit dem 20. Mai 2016 für Erzeugnisse besteht, deren unionsweite Verkaufsmengen weniger als 3 % einer bestimmten Erzeugniskategorie darstellen, und in den übrigen Fällen ab dem 20. Mai 2020 gilt. Es führt aus, die betroffenen Hersteller von Tabakerzeugnissen seien nicht in der Lage, Informationen über die unionsweiten Verkaufsmengen zu erlangen, obwohl die Kommission mit ihrem Durchführungsbeschluss (EU) 2015/2186 vom 25. November 2015 zur Festlegung eines Formats für die Bereitstellung und Verfügbarmachung von Informationen über Tabakerzeugnisse (ABl. 2015, L 312, S. 5) ein Melde- und Informationssystem geschaffen habe, das darauf abziele, mittelfristig diese Informationen zu sammeln und den Betroffenen zugänglich zu machen. Weder die Internetseiten der Kommission noch diejenigen der zuständigen bundesdeutschen Behörden enthielten entsprechende Angaben oder weiterführende Hinweise. Das bei der Anwendung der Ausnahme in Art. 7 Abs. 14 der Richtlinie 2014/40 anzuwendende Verfahren sei daher nicht eindeutig festgelegt worden.
Auch der in dieser Bestimmung verwendete Begriff „Erzeugniskategorie“ werde in der Richtlinie 2014/40 nicht definiert und sei durch Auslegung nicht sicher bestimmbar. Insbesondere sei fraglich, ob die Einteilung in Erzeugniskategorien allein anhand der Art des Tabakerzeugnisses oder der Art des Aromas vorzunehmen sei oder ob die beiden Kriterien miteinander zu kombinieren seien (Mentholzigaretten, Mentholfeinschnitt usw.).
Außerdem verstoße Art. 7 der Richtlinie in Bezug auf den Zeitpunkt des Inkrafttretens der Verbote des Inverkehrbringens von Tabakerzeugnissen gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung, da bei aromatisierten Tabakerzeugnissen anhand ihrer Verkaufsmengen unterschieden werde, obwohl die Situation angesichts der mit der Richtlinie verfolgten Ziele – Schutz der Gesundheit der Verbraucher und Beseitigung von Handelshemmnissen – bei diesen Erzeugnissen vergleichbar sei.
Überdies bedürfe der Klärung, ob die in der Richtlinie 2014/40 festgelegten Fristen für das Verbot von Aromen mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und mit Art. 34 AEUV im Einklang stünden, wenn man die negativen wirtschaftlichen und sozialen Folgen für kleine und mittlere Unternehmen berücksichtige, die sich auf „Nischenprodukte“ mit einem unionsweiten Marktanteil von weniger als 3 % spezialisiert hätten, deren Inverkehrbringen seit dem 20. Mai 2016 untersagt sei.
Zweitens sei angesichts der Zeitpunkte, zu denen der Durchführungsbeschluss (EU) 2015/1735 der Kommission vom 24. September 2015 zur genauen Anordnung des allgemeinen Warnhinweises und der Informationsbotschaft auf in Beuteln verkauftem Tabak zum Selbstdrehen (ABl. 2015, L 252, S. 49) und der Durchführungsbeschluss (EU) 2015/1842 der Kommission vom 9. Oktober 2015 über die technischen Spezifikationen für das Layout, die Gestaltung und die Form der kombinierten gesundheitsbezogenen Warnhinweise für Rauchtabakerzeugnisse (ABl. 2015, L 267, S. 5) erlassen worden seien, auf die Kürze der in Art. 29 Abs. 1 der Richtlinie 2014/40 vorgesehenen Frist für die Umsetzung der Richtlinie und den Beginn der Anwendung der nationalen Vorschriften hinzuweisen, die am 20. Mai 2016 geendet habe.
Insoweit sei zunächst fraglich, ob der nationale Gesetzgeber unionsrechtlich überhaupt zum Erlass eigener Übergangsregelungen befugt sei. Sollte dies zu verneinen sein, sei ferner fraglich, ob es nicht gegen den in Art. 4 Abs. 3 EUV verankerten Grundsatz der loyalen Zusammenarbeit in Verbindung mit dem Prinzip der einheitlichen und effektiven Anwendung des Unionsrechts verstoße, wenn von den Mitgliedstaaten verlangt werde, die Richtlinie 2014/40 deutlich vor dem Ablauf der in ihrem Art. 29 Abs. 1 festgelegten Frist umzusetzen.
Außerdem lasse sich das zeitliche Zusammentreffen des Ablaufs der Frist für die Umsetzung der Richtlinie 2014/40 und der Anwendung der nationalen Vorschriften schwer mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit vereinbaren. Ohne die näheren Angaben in den Durchführungsbeschlüssen 2015/1735 und 2015/1842, u. a. in Bezug auf die genaue Anordnung des allgemeinen Warnhinweises und der Informationsbotschaft auf in Beuteln verkauftem Tabak zum Selbstdrehen, seien die Hersteller nicht in der Lage gewesen, Verpackungs- und Druckvorlagen zu planen und in Auftrag zu geben sowie gegebenenfalls den Umbau entsprechender Abfüll- und Verpackungsmaschinen vorzusehen. Zwischen dem Erlass dieser Beschlüsse und dem Ablauf der in Art. 29 Abs. 1 der Richtlinie 2014/40 vorgesehenen Frist am 20. Mai 2016 hätten aber nur etwa sieben Monate gelegen.
Drittens sei im Hinblick auf den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit fraglich, ob die bloße Nennung eines zulässigerweise in Tabakerzeugnissen enthaltenen Aromas, Geruchs- oder Geschmacksstoffs auf der Verpackung oder der Außenverpackung in neutraler, nicht werbender Form nach Art. 13 Abs. 1 Buchst. c der Richtlinie 2014/40 erlaubt sei.
Schließlich müsse geklärt werden, ob das in Art. 13 Abs. 1 Buchst. c der Richtlinie 2014/40 aufgestellte Verbot der Verwendung bestimmter Marken eine unverhältnismäßige Enteignung im Sinne von Art. 17 Abs. 1 Satz 2 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (im Folgenden: Charta) darstelle. Die von dieser Bestimmung betroffenen Markeninhaber seien von jeder sinnvollen oder relevanten Nutzung der Marken ausgeschlossen, und dieser Ausschluss treffe sie wirtschaftlich ebenso wie eine förmliche Enteignung. Die Kennzeichnungsvorgaben aus Art. 13 Abs. 1 Buchst c der Richtlinie hätten zur Folge, dass für die Markeninhaber wesentliche Nutzungsmöglichkeiten im Sinne von Art. 10 der Richtlinie (EU) 2015/2436 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 2015 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Marken (ABl. 2015, L 336, S. 1) dauerhaft entfielen.
Unter diesen Umständen hat das Verwaltungsgericht Berlin beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen:
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Sind die Abs. 1 und 7 des Art. 7 der Richtlinie 2014/40 in Verbindung mit Abs. 14 des Art. 7 der Richtlinie 2014/40 wegen Verstoßes gegen den Grundsatz der Rechtssicherheit ungültig, weil sie den Mitgliedstaaten aufgeben, das Inverkehrbringen von bestimmten Tabakerzeugnissen zu verbieten, ohne dass klar und deutlich ist, welche dieser Tabakerzeugnisse genau bereits ab 20. Mai 2016 und welche erst ab 20. Mai 2020 verboten werden sollen?
Sind die Abs. 1 und 7 des Art. 7 der Richtlinie 2014/40 in Verbindung mit Abs. 14 des Art. 7 der Richtlinie 2014/40 wegen Verstoßes gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz ungültig, weil sie hinsichtlich der durch die Mitgliedstaaten zu erlassenden Verbote nach Verkaufsmengen unterscheiden, ohne dass es dafür einen rechtfertigenden Grund gibt?
Sind die Abs. 1 und 7 des Art. 7 der Richtlinie 2014/40 wegen Verstoßes gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und/oder gegen Art. 34 AEUV ungültig, weil sie den Mitgliedstaaten aufgeben, das Inverkehrbringen von Tabakerzeugnissen mit einem charakteristischen Aroma, deren unionsweite Verkaufsmengen weniger als 3 % einer bestimmten Erzeugniskategorie darstellen, bereits ab 20. Mai 2016 zu verbieten?
Im Fall der Verneinung der Fragen 1. a bis 1. c: Wie ist der Begriff „Erzeugniskategorie“ in Art. 7 Abs. 14 der Richtlinie 2014/40 zu verstehen? Hat die Einteilung in „Erzeugniskategorien“ nach der Art des charakteristischen Aromas zu erfolgen oder nach der Art des (aromatisierten) Tabakerzeugnisses oder aufgrund einer Kombination beider Kriterien?
Im Fall der Verneinung der Fragen 1. a bis 1. c: Wie ist festzustellen, ob hinsichtlich eines bestimmen Tabakerzeugnisses die 3%-Grenze gemäß Art. 7 Abs. 14 der Richtlinie 2014/40 erreicht ist, solange es keine offiziellen und öffentlich zugänglichen Zahlen und Statistiken dazu gibt?
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Dürfen die Mitgliedstaaten bei der Umsetzung der Art. 8 bis 11 der Richtlinie 2014/40 in nationales Recht ergänzende Übergangsregelungen treffen?
Im Fall der Verneinung von Vorlagefrage 2. a:
Sind Art. 9 Abs. 6 und Art. 10 Abs. 1 Satz 2 Buchst. f der Richtlinie 2014/40 wegen Verstoßes gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und/oder gegen Art. 34 AEUV ungültig, weil sie die Festlegung bestimmter Kennzeichnungs- und Verpackungsvorgaben an die Kommission delegieren, ohne dieser dafür eine Frist zu setzen und ohne weiter gehende Übergangsregelungen oder -fristen vorzusehen, welche sicherstellen, dass betroffenen Unternehmen ausreichend Zeit zur Anpassung an die Richtlinienvorgaben bleibt?
Sind Art. 9 Abs. 1 Satz 2 (Text des Warnhinweises) und Abs. 4 Satz 2 (Schriftgröße), Art. 10 Abs. 2 Satz 2 Buchst. b (Informationen über Raucherentwöhnung) und Buchst. e (Positionierung der Warnhinweise) sowie Art 11 Abs. 1 Satz 1 (Etikettierung) der Richtlinie 2014/40 wegen Verstoßes gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und/oder gegen Art. 34 AEUV ungültig, weil sie den Mitgliedstaaten diverse Wahl- und Gestaltungsrechte einräumen, ohne ihnen dafür eine Frist zu setzen und ohne weiter gehende Übergangsregelungen oder -fristen vorzusehen, welche sicherstellen, dass betroffenen Unternehmen ausreichend Zeit zur Anpassung an die Richtlinienvorgaben bleibt?
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Ist Art. 13 Abs. 1 Buchst. c in Verbindung mit Abs. 3 der Richtlinie 2014/40 so auszulegen, dass er den Mitgliedstaaten aufgibt, die Verwendung von auf den Geschmack, Geruch, Aroma- oder sonstige Zusatzstoffe bezogenen Informationen auch dann zu verbieten, wenn es sich um nicht werbliche Informationen handelt und die Verwendung der Inhaltsstoffe weiterhin erlaubt ist?
Ist Art. 13 Abs. 1 Buchst. c der Richtlinie 2014/40 ungültig, weil er gegen Art. 17 der Charta verstößt?
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Zu den Vorlagefragen
Zu den Buchst. a bis c der ersten Frage
Mit den Buchst. a bis c der ersten Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob Art. 7 Abs. 1 und 7 der Richtlinie 2014/40 und deren Art. 7 Abs. 14 ungültig sind, weil sie gegen den Grundsatz der Rechtssicherheit, der Gleichbehandlung oder der Verhältnismäßigkeit oder gegen Art. 34 AEUV verstoßen.
Zur Vereinbarkeit von Art. 7 Abs. 1, 7 und 14 der Richtlinie 2014/40 mit dem Grundsatz der Rechtssicherheit
Das vorlegende Gericht wirft die Frage auf, ob Art. 7 Abs. 1, 7 und 14 der Richtlinie 2014/40, der den Mitgliedstaaten aufgibt, das Inverkehrbringen bestimmter Tabakerzeugnisse zu verbieten, ohne dass klar und deutlich ist, welche dieser Erzeugnisse bereits ab 20. Mai 2016 verboten werden sollen und welche erst ab 20. Mai 2020, gegen den Grundsatz der Rechtssicherheit verstößt.
Der Grundsatz der Rechtssicherheit verlangt zwar nach ständiger Rechtsprechung, dass eine Unionsregelung es den Betroffenen ermöglicht, den Umfang der ihnen damit auferlegten Verpflichtungen genau zu erkennen, und dass sie ihre Rechte und Pflichten eindeutig erkennen und sich darauf einstellen können (Urteil vom 25. Juli 2018, Teglgaard und Fløjstrupgård, C-239/17, EU:C:2018:597, Rn. 52 und die dort angeführte Rechtsprechung).
Es ist jedoch nicht erforderlich, dass ein Gesetzgebungsakt selbst Angaben technischer Natur enthält, und es steht dem Unionsgesetzgeber frei, einen allgemeinen Rechtsrahmen zu schaffen, der gegebenenfalls später konkretisiert wird (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 4. Mai 2016, Pillbox 38, C-477/14, EU:C:2016:324, Rn. 78 und 139).
Der Umstand, dass Art. 7 Abs. 1, 7 und 14 der Richtlinie 2014/40 keine näheren Angaben dazu enthält, bei welchen Erzeugnissen mit einem charakteristischen Aroma die unionsweiten Verkaufsmengen 3 % oder mehr einer bestimmten Erzeugniskategorie darstellen, und keine konkrete Verfahrensweise vorsieht, um zu bestimmen, welche Erzeugnisse von Art. 7 Abs. 14 der Richtlinie erfasst werden, bedeutet nicht, dass Art. 7 Abs. 1, 7 und 14 der Richtlinie gegen den Grundsatz der Rechtssicherheit verstößt. Sofern es an einer Regelung auf Unionsebene fehlt, ist es nämlich Sache der Mitgliedstaaten oder gegebenenfalls der Hersteller selbst, eine zuverlässige Methode festzulegen, mit der die Einhaltung der Anforderung, die sich aus dieser Vorschrift ergibt, sichergestellt werden kann (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 4. Mai 2016, Pillbox 38, C-477/14, EU:C:2016:324, Rn. 101).
In Anbetracht dessen ist nicht ersichtlich, dass Art. 7 Abs. 1, 7 und 14 der Richtlinie 2014/40 gegen den Grundsatz der Rechtssicherheit verstößt.
Zur Vereinbarkeit von Art. 7 Abs. 1, 7 und 14 der Richtlinie 2014/40 mit den Grundsätzen der Gleichbehandlung und der Verhältnismäßigkeit sowie mit Art. 34 AEUV
Das vorlegende Gericht wirft zunächst die Frage auf, ob die in Art. 7 Abs. 14 der Richtlinie 2014/40 vorgenommene Unterscheidung der Tabakerzeugnisse nach Verkaufsmengen gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung verstößt.
Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass der allgemeine unionsrechtliche Grundsatz der Gleichbehandlung verlangt, dass vergleichbare Sachverhalte nicht unterschiedlich und unterschiedliche Sachverhalte nicht gleich behandelt werden, es sei denn, dass eine solche Behandlung objektiv gerechtfertigt ist (Urteil vom 4. Mai 2016, Pillbox 38, C-477/14, EU:C:2016:324, Rn. 35).
Die Vergleichbarkeit verschiedener Sachverhalte ist in Anbetracht aller Merkmale zu beurteilen, die sie kennzeichnen. Diese Merkmale sind u. a. im Licht des Gegenstands und des Ziels der Unionshandlung, mit der die fragliche Unterscheidung eingeführt wird, zu bestimmen und zu beurteilen. Außerdem sind die Grundsätze und Ziele des Regelungsbereichs zu berücksichtigen, in den die Handlung fällt (Urteil vom 12. Mai 2011, Luxemburg/Parlament und Rat, C-176/09, EU:C:2011:290, Rn. 32).
Mit der Richtlinie 2014/40 wird nach ihrem Art. 1 ein zweifaches Ziel verfolgt, und zwar soll sie – ausgehend von einem hohen Schutz der menschlichen Gesundheit, besonders für junge Menschen – das reibungslose Funktionieren des Binnenmarkts für Tabakerzeugnisse und verwandte Erzeugnisse erleichtern (Urteil vom 4. Mai 2016, Polen/Parlament und Rat, C-358/14, EU:C:2016:323, Rn. 80).
Damit das Ziel, das reibungslose Funktionieren des Binnenmarkts für Tabakerzeugnisse und verwandte Erzeugnisse zu erleichtern, verwirklicht wird, sollten nach dem 16. Erwägungsgrund der Richtlinie 2014/40 Maßnahmen vermieden werden, mit denen ungerechtfertigte Unterschiede bei der Behandlung verschiedener Arten aromatisierter Zigaretten eingeführt würden.
Überdies hat der Gerichtshof im Urteil vom 4. Mai 2016, Philip Morris Brands u. a. (C-547/14, EU:C:2016:325, Rn. 114), festgestellt, dass Tabakerzeugnisse mit einem charakteristischen Aroma zum einen ähnliche objektive Eigenschaften aufweisen und zum anderen ähnliche Auswirkungen auf den erstmaligen Tabakkonsum und die Aufrechterhaltung des Tabakgebrauchs haben.
Somit unterscheiden sich Tabakerzeugnisse mit einem charakteristischen Aroma, deren unionsweite Verkaufsmengen weniger als 3 % einer bestimmten Erzeugniskategorie darstellen, von Tabakerzeugnissen mit einem charakteristischen Aroma, deren unionsweite Verkaufsmengen 3 % oder mehr einer bestimmten Erzeugniskategorie darstellen, weder hinsichtlich des Ziels, das reibungslose Funktionieren des Binnenmarkts für Tabakerzeugnisse und verwandte Erzeugnisse zu erleichtern, noch hinsichtlich des Ziels, für einen hohen Schutz der menschlichen Gesundheit zu sorgen.
Folglich ist für die Anwendung des Grundsatzes der Gleichbehandlung davon auszugehen, dass bei den von den Verboten charakteristischer Aromen in Art. 7 Abs. 1 und 7 der Richtlinie 2014/40 betroffenen aromatisierten Erzeugnissen vergleichbare Sachverhalte vorliegen.
Nach der in Rn. 36 des vorliegenden Urteils angeführten Rechtsprechung ist eine unterschiedliche Behandlung vergleichbarer Sachverhalte gerechtfertigt, wenn sie auf einem objektiven und angemessenen Kriterium beruht, d. h., wenn sie im Zusammenhang mit einem rechtlich zulässigen Ziel steht, das mit der in Rede stehenden Regelung verfolgt wird, und wenn diese unterschiedliche Behandlung in angemessenem Verhältnis zu dem mit der betreffenden Behandlung verfolgten Ziel steht (Urteil vom 16. Dezember 2008, Arcelor Atlantique et Lorraine u. a., C-127/07, EU:C:2008:728, Rn. 47).
Insoweit hat der Gerichtshof dem Unionsgesetzgeber ein weites Ermessen im Rahmen der Ausübung der ihm übertragenen Zuständigkeiten zugebilligt, wenn seine Tätigkeit politische, wirtschaftliche und soziale Entscheidungen erfordert und wenn er komplexe Beurteilungen und Prüfungen vornehmen muss (Urteil vom 16. Dezember 2008, Arcelor Atlantique et Lorraine u. a., C-127/07, EU:C:2008:728, Rn. 57). Der Unionsgesetzgeber könnte daher in Ausübung seines weiten Ermessens eine Harmonisierung nur in Etappen vornehmen und nur einen schrittweisen Abbau der einseitig von den Mitgliedstaaten getroffenen Maßnahmen verlangen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 4. Mai 2016, Philip Morris Brands u. a., C-547/14, EU:C:2016:325, Rn. 63 und 134).
In Bezug auf die mit Art. 7 Abs. 14 der Richtlinie 2014/40 verfolgten Ziele geht aus ihrem 16. Erwägungsgrund hervor, dass der Verkauf von Erzeugnissen mit charakteristischen Aromen, die höhere Verkaufsmengen aufweisen, über einen längeren Zeitraum hinweg eingestellt werden sollte, um den Verbrauchern ausreichend Zeit zu geben, zu anderen Erzeugnissen zu wechseln.
Wie der Generalanwalt in Nr. 48 seiner Schlussanträge ausgeführt hat, zielt das Kriterium der Verkaufsmengen von Tabakerzeugnissen einer bestimmten Erzeugniskategorie mit einem charakteristischen Aroma nicht auf Tabakerzeugnisse mit einem speziellen Aroma ab und ist in Bezug auf die Hersteller neutral. Aus den Akten, über die der Gerichtshof verfügt, ergibt sich nämlich nicht, dass Tabakerzeugnisse mit einem charakteristischen Aroma, deren unionsweite Verkaufsmengen weniger als 3 % einer bestimmten Erzeugniskategorie darstellen, hauptsächlich von kleinen und mittleren Unternehmen hergestellt werden. Infolgedessen ist dieses Kriterium als objektiv gerechtfertigt anzusehen.
Überdies ist es als angemessen anzusehen, den Verbrauchern ausreichend Zeit zu geben, zu anderen Erzeugnissen zu wechseln, was es ermöglicht, die wirtschaftlichen Folgen des Verbots in Art. 7 der Richtlinie 2014/40 mit dem Gebot der Gewährleistung eines hohen Schutzes der menschlichen Gesundheit in Einklang zu bringen.
Ein Kriterium, das wie das im Ausgangsverfahren in Rede stehende auf den Verkaufsmengen von Erzeugnissen beruht, spiegelt nämlich, wie der Generalanwalt in Nr. 50 seiner Schlussanträge ausgeführt hat, die Konsumgewohnheiten sowie die wirtschaftliche Bedeutung der Herstellung der erfassten Erzeugnisse wider.
Unter diesen Umständen verstößt Art. 7 Abs. 1, 7 und 14 der Richtlinie 2014/40 nicht gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung.
Sodann wirft das vorlegende Gericht die Frage auf, ob das in Art. 7 Abs. 1 und 7 der Richtlinie 2014/40 aufgestellte Verbot des Inverkehrbringens von Tabakerzeugnissen mit einem charakteristischen Aroma, deren unionsweiter Marktanteil weniger als 3 % einer bestimmten Erzeugniskategorie beträgt, mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit vereinbar ist.
Nach ständiger Rechtsprechung verlangt der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, dass die Handlungen der Unionsorgane zur Erreichung der mit der betreffenden Regelung verfolgten legitimen Ziele geeignet sind und nicht über die Grenzen dessen hinausgehen, was zur Erreichung dieser Ziele erforderlich ist, wobei, wenn mehrere geeignete Maßnahmen zur Auswahl stehen, die am wenigsten belastende zu wählen ist und die dadurch bedingten Nachteile in angemessenem Verhältnis zu den angestrebten Zielen stehen müssen (Urteil vom 4. Mai 2016, Polen/Parlament und Rat, C-358/14, EU:C:2016:323, Rn. 78).
In Bezug auf die gerichtliche Nachprüfung der in der vorstehenden Randnummer des vorliegenden Urteils genannten Voraussetzungen geht aus der in Rn. 44 des vorliegenden Urteils angeführten Rechtsprechung hervor, dass der Unionsgesetzgeber in einem Bereich wie dem hier betroffenen, in dem von ihm politische, wirtschaftliche und soziale Entscheidungen verlangt werden und in dem er komplexe Beurteilungen vornehmen muss, über ein weites Ermessen verfügt.
Angesichts des mit dem Verbot des Inverkehrbringens von Tabakerzeugnissen mit einem charakteristischen Aroma verfolgten Ziels ist festzustellen, dass dieses Verbot auch geeignet ist, einen hohen Schutz der menschlichen Gesundheit, besonders für junge Menschen, sicherzustellen. Es wird nämlich nicht bestritten, dass bestimmte Aromen insbesondere für junge Menschen attraktiv sind und den Einstieg in den Tabakkonsum erleichtern (Urteil vom 4. Mai 2016, Polen/Parlament und Rat, C-358/14, EU:C:2016:323, Rn. 81 und 82).
Hierzu hat der Gerichtshof in den Urteilen vom 4. Mai 2016, Polen/Parlament und Rat (C-358/14, EU:C:2016:323, Rn. 102), und vom 4. Mai 2016, Philip Morris Brands u. a. (C-547/14, EU:C:2016:325, Rn. 190), ausgeführt, dass der Unionsgesetzgeber durch Art. 7 Abs. 14 der Richtlinie 2014/40 die wirtschaftlichen Folgen des Verbots in Art. 7 der Richtlinie und das Erfordernis, bei einem durch gesundheitsschädliche Eigenschaften gekennzeichneten Erzeugnis einen hohen Schutz der menschlichen Gesundheit zu gewährleisten, miteinander in Ausgleich gebracht hat.
Somit ist festzustellen, dass das Verbot des Inverkehrbringens von Tabakerzeugnissen mit einem charakteristischen Aroma nicht offensichtlich über das zur Erreichung des angestrebten Ziels erforderliche Maß hinausgeht.
Unter diesen Umständen verstößt Art. 7 Abs. 1, 7 und 14 der Richtlinie 2014/40 nicht gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit.
Zudem ist zu den Zweifeln des vorlegenden Gerichts an der Vereinbarkeit von Art. 7 Abs. 1, 7 und 14 der Richtlinie 2014/40 mit Art. 34 AEUV festzustellen, dass Art. 7 Abs. 1, 7 und 14 der Richtlinie zwar eine Beschränkung im Sinne von Art. 34 AEUV darstellt; sie ist jedoch nach den Ausführungen in Rn. 54 des vorliegenden Urteils durch die Abwägung der wirtschaftlichen Folgen des Verbots in Art. 7 der Richtlinie gegen das Erfordernis, einen hohen Schutz der menschlichen Gesundheit zu gewährleisten, gerechtfertigt und verstößt nicht gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Folglich verstößt Art. 7 Abs. 1, 7 und 14 der Richtlinie 2014/40 auch nicht gegen Art. 34 AEUV.
Nach alledem ist auf die Buchst. a bis c der ersten Frage zu antworten, dass die Prüfung dieser Frage nichts ergeben hat, was die Gültigkeit von Art. 7 Abs. 1, 7 und 14 der Richtlinie 2014/40 berühren könnte.
Zu den Buchst. d und e der ersten Frage
Mit den Buchst. d und e der ersten Frage ersucht das vorlegende Gericht den Gerichtshof um die Auslegung des Begriffs „Erzeugniskategorie“ in Art. 7 Abs. 14 der Richtlinie 2014/40 und um nähere Angaben dazu, wie festzustellen ist, ob bei einem bestimmten Tabakerzeugnis die in diesem Artikel vorgesehene 3%-Grenze erreicht ist.
Bei der Auslegung einer Vorschrift des Unionsrechts sind nicht nur ihr Wortlaut, sondern auch ihr Zusammenhang und die Ziele zu berücksichtigen, die mit der Regelung, zu der sie gehört, verfolgt werden (Urteil vom 26. September 2018, Baumgartner, C-513/17, EU:C:2018:772, Rn. 23).
Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass der in Art. 7 Abs. 14 der Richtlinie 2014/40 verwendete Begriff „Erzeugniskategorie“ in ihrem Art. 2 („Begriffsbestimmungen“) nicht definiert wird.
Sodann ist zum Zusammenhang von Art. 7 Abs. 14 der Richtlinie 2014/40 festzustellen, dass nach ihrem Art. 7 Abs. 12 Zigaretten und Tabak zum Selbstdrehen die einzigen von den Verboten in Art. 7 Abs. 1 und 7 erfassten Tabakerzeugnisse sind.
Außerdem sind bei der Definition des Begriffs „neuartiges Tabakerzeugnis“ in Art. 2 Nr. 14 der Richtlinie 2014/40 Zigaretten und Tabak zum Selbstdrehen als gesonderte Kategorien von Tabakerzeugnissen aufgeführt.
Überdies wird Tabak zum Selbstdrehen im neunten Erwägungsgrund der Richtlinie als Beispiel für eine „Erzeugniskategorie“ genannt.
Daher stellen Zigaretten ebenso wie Tabak zum Selbstdrehen eine „Erzeugniskategorie“ im Sinne von Art. 7 Abs. 14 der Richtlinie 2014/40 dar.
Zu den mit Art. 7 Abs. 14 der Richtlinie verfolgten Zielen geht aus ihrem 16. Erwägungsgrund hervor, dass der Verkauf von Erzeugnissen mit charakteristischen Aromen, die höhere Verkaufsmengen aufweisen, über einen längeren Zeitraum hinweg eingestellt werden sollte, um den Verbrauchern ausreichend Zeit zu geben, zu anderen Erzeugnissen zu wechseln.
Da die Auslegung, wonach Zigaretten ebenso wie Tabak zum Selbstdrehen eine „Erzeugniskategorie“ im Sinne von Art. 7 Abs. 14 der Richtlinie 2014/40 darstellen, zu diesen Zielen nicht im Widerspruch steht und da eine Vermutung dafür spricht, dass gleiche Begriffe in der gleichen Handlung der Union die gleiche Bedeutung haben, ist der Begriff „Erzeugniskategorie“ im Sinne dieser Bestimmung nicht anders auszulegen als der gleiche Begriff in anderen Bestimmungen der Richtlinie.
Überdies geht in Bezug auf die Methode, anhand deren sich feststellen lässt, ob ein bestimmtes Tabakerzeugnis unionsweit die 3%-Grenze erreicht, ab der die in Art. 7 Abs. 14 der Richtlinie 2014/40 vorgesehene Ausnahme zur Anwendung kommt, aus der in Rn. 33 des vorliegenden Urteils angeführten Rechtsprechung hervor, dass es mangels einer Unionsregelung Sache der Mitgliedstaaten ist, eine zuverlässige Methode festzulegen, mit der die Einhaltung der Anforderung, die sich aus der genannten Vorschrift ergibt, sichergestellt werden kann.
Aus den Akten, über die der Gerichtshof verfügt, ergibt sich, dass die Bundesrepublik Deutschland im Einklang mit dieser Rechtsprechung Art. 7 Abs. 14 der Richtlinie 2014/40 dadurch umgesetzt hat, dass sie in § 34 Abs. 3 der Verordnung über Tabakerzeugnisse und verwandte Erzeugnisse vom 27. April 2016 (BGBl. 2016 I S. 980) vorgeschrieben hat, welche Aromen Tabakerzeugnisse enthalten müssen, damit das Verbot ihres Inverkehrbringens erst ab dem 20. Mai 2020 anzuwenden ist.
Angesichts dieser Erwägungen ist auf die Buchst. d und e der ersten Frage zu antworten, dass Art. 7 Abs. 14 der Richtlinie 2014/40 dahin auszulegen ist, dass der Begriff „Erzeugniskategorie“ im Sinne dieser Bestimmung Zigaretten und Tabak zum Selbstdrehen erfasst und dass das Verfahren, um festzustellen, ob ein bestimmtes Tabakerzeugnis die in dieser Bestimmung vorgesehene 3%-Grenze erreicht, im nationalen Recht des betreffenden Mitgliedstaats zu regeln ist.
Zur zweiten Frage
Zu Buchst. a der zweiten Frage
Mit Buchst. a der zweiten Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob die Art. 8 bis 11 der Richtlinie 2014/40 dahin auszulegen sind, dass sie es den Mitgliedstaaten gestatten, ergänzende Übergangsfristen neben den in Art. 29 Abs. 1 und in Art. 30 Buchst. a der Richtlinie vorgesehenen Fristen festzulegen.
Art. 29 Abs. 1 der Richtlinie 2014/40 sieht vor, dass die Mitgliedstaaten die Rechts- und Verwaltungsvorschriften in Kraft setzen, die erforderlich sind, um der Richtlinie bis zum 20. Mai 2016 nachzukommen, und dass sie diese Maßnahmen ab dem 20. Mai 2016 anwenden, wobei u. a. Art. 7 Abs. 14 der Richtlinie davon unberührt bleibt.
Art. 30 („Übergangsbestimmung“) der Richtlinie sieht jedoch in Buchst. a vor, dass die Mitgliedstaaten das Inverkehrbringen von Tabakerzeugnissen, die gemäß der Richtlinie 2001/37 vor dem 20. Mai 2016 hergestellt oder in den freien Verkehr gebracht und gekennzeichnet wurden, bis zum 20. Mai 2017 zulassen dürfen.
Dagegen sehen die Art. 8 bis 11 der Richtlinie 2014/40 keine Übergangsfristen vor, die an die Stelle der in den Art. 29 und 30 der Richtlinie vorgesehenen Fristen treten.
Angesichts dieser Erwägungen ist auf Buchst. a der zweiten Frage zu antworten, dass die Art. 8 bis 11 der Richtlinie 2014/40 dahin auszulegen sind, dass sie es den Mitgliedstaaten nicht gestatten, ergänzende Übergangsfristen neben den in den Art. 29 und 30 der Richtlinie vorgesehenen Fristen festzulegen.
Zu Buchst. b der zweiten Frage
Mit Buchst. b der zweiten Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob im Fall der Verneinung von Buchst. a der zweiten Frage Art. 9 Abs. 1 Unterabs. 2, Abs. 4 Buchst. a Satz 2 und Abs. 6, Art. 10 Abs. 1 Buchst. b, e und f sowie Art. 11 Abs. 1 Unterabs. 1 Satz 1 der Richtlinie 2014/40 gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und gegen Art. 34 AEUV verstoßen.
Insoweit weist das vorlegende Gericht darauf hin, dass Art. 9 Abs. 6 und Art. 10 Abs. 1 Buchst. f der Richtlinie 2014/40 die Festlegung bestimmter Kennzeichnungs- und Verpackungsvorgaben für Tabakerzeugnisse an die Kommission delegierten, ohne ihr dafür eine Frist zu setzen und ohne weiter gehende Übergangsregelungen oder -fristen vorzusehen, um sicherzustellen, dass den betroffenen Unternehmen ausreichend Zeit zur Anpassung an die Vorgaben der Richtlinie bleibe.
Zum Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ist festzustellen, dass die allgemeinen Rechtsgrundsätze, zu denen dieser Grundsatz zählt, Teil der Unionsrechtsordnung sind und daher von den Unionsorganen, aber auch von den Mitgliedstaaten bei der Ausübung der Befugnisse, die ihnen die Unionsrichtlinien übertragen, beachtet werden müssen (Urteil vom 2. Juni 2016, ROZ-ŚWIT, C-418/14, EU:C:2016:400, Rn. 20).
Die Richtlinie 2014/40 ist nach ihrem Art. 32 am 19. Mai 2014 in Kraft getreten, während die Mitgliedstaaten verpflichtet waren, die Rechts- und Verwaltungsvorschriften, die erforderlich sind, um der Richtlinie nachzukommen, spätestens ab dem 20. Mai 2016 anzuwenden, wobei u. a. Art. 7 Abs. 14 der Richtlinie davon unberührt blieb.
Die Frist von zwei Jahren, über die die Mitgliedstaaten verfügten, um die Bestimmungen zur Umsetzung der Richtlinie 2014/40 zu erlassen und sicherzustellen, dass den betroffenen Wirtschaftsteilnehmern ausreichend Zeit zur Anpassung an die Vorgaben der Richtlinie bleibt, reicht im Hinblick auf den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit aus.
Überdies dürfen die Mitgliedstaaten nach Art. 30 der Richtlinie 2014/40 bis zum 20. Mai 2017 das Inverkehrbringen von Tabakerzeugnissen zulassen, die gemäß der Richtlinie 2001/37 vor dem 20. Mai 2016 hergestellt oder in den freien Verkehr gebracht und gekennzeichnet wurden.
Zur Frage, ob Art. 9 Abs. 1 Unterabs. 2, Abs. 4 Buchst. a Satz 2 und Abs. 6, Art. 10 Abs. 1 Buchst. b, e und f sowie Art. 11 Abs. 1 Unterabs. 1 Satz 1 der Richtlinie 2014/40 gegen Art. 34 AEUV verstoßen, ist festzustellen, dass der Grundsatz des freien Warenverkehrs Einfuhr-, Ausfuhr- und Durchfuhrverboten oder -beschränkungen nicht entgegensteht, die u. a. zum Schutz der Gesundheit und des Lebens von Menschen gerechtfertigt sind (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 14. Dezember 2004, Swedish Match, C-210/03, EU:C:2004:802, Rn. 60).
Folglich stehen die Bestimmungen von Art. 9 Abs. 1 Unterabs. 2, Abs. 4 Buchst. a Satz 2 und Abs. 6, von Art. 10 Abs. 1 Buchst. b, e und f sowie von Art. 11 Abs. 1 Unterabs. 1 Satz 1 der Richtlinie 2014/40 mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und mit Art. 34 AEUV im Einklang.
Unter diesen Umständen ist auf Buchst. b der zweiten Frage zu antworten, dass die Prüfung dieser Frage nichts ergeben hat, was die Gültigkeit von Art. 9 Abs. 1 Unterabs. 2, Abs. 4 Buchst. a Satz 2 und Abs. 6, von Art. 10 Abs. 1 Buchst. b, e und f sowie von Art. 11 Abs. 1 Unterabs. 1 Satz 1 der Richtlinie 2014/40 berühren könnte.
Zur dritten Frage
Zu Buchst. a der dritten Frage
Mit Buchst. a der dritten Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob Art. 13 Abs. 1 Buchst. c und Abs. 3 der Richtlinie 2014/40 dahin auszulegen ist, dass er den Mitgliedstaaten aufgibt, die Verwendung auf den Geschmack, Geruch, Aroma- oder sonstige Zusatzstoffe bezogener Informationen auch dann zu verbieten, wenn es sich um nicht werbliche Informationen handelt und die Verwendung der betreffenden Inhaltsstoffe weiterhin erlaubt ist.
Nach Art. 13 Abs. 1 Buchst. c und Abs. 3 der Richtlinie 2014/40 dürfen die Kennzeichnung der Packung und der Außenverpackung sowie das Tabakerzeugnis selbst weder Elemente noch Merkmale aufweisen, die sich auf den Geschmack, Geruch, eventuelle Aromastoffe oder sonstige Zusatzstoffe oder auf deren Fehlen beziehen. Diese Elemente und Merkmale können u. a. durch Texte, Symbole, Namen, Markennamen, figurative und sonstige Zeichen repräsentiert werden.
Da nach dem Wortlaut von Art. 13 Abs. 1 Buchst. c der Richtlinie 2014/40 Tabakerzeugnisse „weder Elemente noch Merkmale“ aufweisen dürfen, die sich auf „Aromastoffe“„beziehen“, und da nach dem Wortlaut von Art. 13 Abs. 3 der Richtlinie diese Elemente und Merkmale u. a. Texte, Symbole, Namen, Markennamen, figurative und sonstige Zeichen sein können, die nicht werblicher Art sind, ist davon auszugehen, dass der Unionsgesetzgeber nicht zwischen werblichen Informationen und nicht werblichen Informationen unterscheiden wollte. Diese Auslegung wird dadurch bestätigt, dass der Unionsgesetzgeber in Art. 20 Abs. 4 Buchst. b der Richtlinie, anders als in deren Art. 13, ausdrücklich vorgeschrieben hat, dass die Packungen und die Außenverpackung von elektronischen Zigaretten und Nachfüllbehältern keine der in Art. 13 der Richtlinie 2014/40 genannten Elemente oder Merkmale enthalten; davon ausgenommen sind nach Art. 13 Abs. 1 Buchst. c der Richtlinie Informationen, die sich auf Aromastoffe oder auf deren Fehlen beziehen.
Überdies lassen sich, wie der Generalanwalt in Nr. 78 seiner Schlussanträge ausgeführt hat, Tabakerzeugnisse mit einem charakteristischen Aroma nach wie vor von anderen Tabakerzeugnissen unterscheiden, sofern sie nicht eines der in Art. 13 Abs. 1 Buchst. a bis e der Richtlinie genannten Elemente verwenden.
Außerdem ist angesichts der Feststellung des Gerichtshofs im Urteil vom 4. Mai 2016, Philip Morris Brands u. a. (C-547/14, EU:C:2016:325, Rn. 141), dass das Verbot von Elementen oder Merkmalen, die sich auf eventuelle Aromastoffe beziehen, unabhängig davon gilt, ob die fraglichen Informationen inhaltlich zutreffen, davon auszugehen, dass sich dieses Verbot auch auf nicht werbliche Informationen unter Angabe der Inhaltsstoffe bezieht, deren Verwendung die Richtlinie 2014/40 erlaubt.
Folglich ist Art. 13 Abs. 1 Buchst. c und Abs. 3 der Richtlinie 2014/40 dahin auszulegen, dass er den Mitgliedstaaten aufgibt, die Verwendung auf den Geschmack, Geruch, Aroma- oder sonstige Zusatzstoffe bezogener Informationen auch dann zu verbieten, wenn es sich um nicht werbliche Informationen handelt und die Verwendung der betreffenden Inhaltsstoffe weiterhin erlaubt ist.
Zu Buchst. b der dritten Frage
Mit Buchst. b der dritten Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob Art. 13 Abs. 1 Buchst. c der Richtlinie 2014/40 aufgrund der darin vorgesehenen erheblichen Beschränkungen der Verwendung von Markennamen gegen Art. 17 der Charta verstößt.
Das in Art. 17 der Charta verankerte Eigentumsrecht erstreckt sich nach Art. 17 Abs. 2 auch auf das geistige Eigentum.
Durch das Verbot, auf der Kennzeichnung der Packung und der Außenverpackung sowie dem Tabakerzeugnis selbst Markennamen anzugeben, die sich auf eventuelle Aromastoffe beziehen, beschränkt Art. 13 Abs. 1 Buchst. c der Richtlinie 2014/40 in Verbindung mit deren Art. 13 Abs. 3 die Verwendung dieser Marken.
Das Eigentumsrecht ist jedoch nicht schrankenlos gewährleistet, sondern muss im Hinblick auf seine gesellschaftliche Funktion gesehen werden (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 15. Januar 2013, Križan u. a., C-416/10, EU:C:2013:8, Rn. 113).
Diese Erwägung spiegelt sich vor allem darin wider, auf welche Weise nach Art. 52 Abs. 1 der Charta der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu handhaben ist (Urteil vom 22. Januar 2013, Sky Österreich, C-283/11, EU:C:2013:28, Rn. 47).
Nach der letztgenannten Bestimmung muss jede Einschränkung der Ausübung der in der Charta anerkannten Rechte und Freiheiten gesetzlich vorgesehen sein, deren Wesensgehalt achten, unter Wahrung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit erforderlich sein und den von der Union anerkannten dem Gemeinwohl dienenden Zielsetzungen oder den Erfordernissen des Schutzes der Rechte und Freiheiten anderer tatsächlich entsprechen (Urteil vom 4. Mai 2016, Pillbox 38, C-477/14, EU:C:2016:324, Rn. 160).
Im vorliegenden Fall ist festzustellen, dass die Beschränkung der Verwendung von Markennamen in der Richtlinie 2014/40 festgelegt worden ist und dass sie nur die Verwendung der Marken durch die Hersteller auf der Kennzeichnung der Packung und der Außenverpackung sowie dem Tabakerzeugnis selbst betrifft und ihr Markenrecht somit nicht in seinem Wesensgehalt antastet. Dies soll einen erhöhten Schutz der Gesundheit bei der Beseitigung der Hemmnisse gewährleisten, die sich aus den nationalen Etikettierungsvorschriften ergeben (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 10. Dezember 2002, British American Tobacco [Investments] und Imperial Tobacco, C-491/01, EU:C:2002:741, Rn. 150).
Die Richtlinie 2014/40 lässt nämlich die Freiheit der Inhaber der unter ihren Art. 13 Abs. 1 Buchst. c und Abs. 3 fallenden Markennamen unberührt, sie in jeder anderen als der von diesen Bestimmungen erfassten Weise zu nutzen, etwa beim Großhandelsverkauf. Folglich kommt die in Rn. 93 des vorliegenden Urteils angesprochene Beschränkung der Verwendung von Markennamen nicht einem Entzug des Eigentums gleich.
Außerdem ist, da Tabakerzeugnisse, die ein charakteristisches Aroma haben, nach den Angaben im 16. Erwägungsgrund der Richtlinie 2014/40 den Einstieg in den Tabakkonsum erleichtern oder die Konsumgewohnheiten beeinflussen, das Verbot, auf der Kennzeichnung der Packung und der Außenverpackung sowie dem Tabakerzeugnis selbst Marken anzubringen, die sich auf einen Aromastoff beziehen, geeignet, ihre Anziehungskraft zu verringern, und entspricht den von der Union anerkannten dem Gemeinwohl dienenden Zielsetzungen, indem es dazu beiträgt, einen hohen Schutz der öffentlichen Gesundheit zu gewährleisten.
Folglich hat die Prüfung der dritten Frage nichts ergeben, was die Gültigkeit von Art. 13 Abs. 1 Buchst. c und Abs. 3 der Richtlinie 2014/40 berühren könnte.
Kosten
Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem beim vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig.
Gründe
Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Erste Kammer) für Recht erkannt:
Die Prüfung der ersten Vorlagefrage hat nichts ergeben, was die Gültigkeit von Art. 7 Abs. 1, 7 und 14 der Richtlinie 2014/40/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 3. April 2014 zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Herstellung, die Aufmachung und den Verkauf von Tabakerzeugnissen und verwandten Erzeugnissen und zur Aufhebung der Richtlinie 2001/37/EG berühren könnte.
Art. 7 Abs. 14 der Richtlinie 2014/40 ist dahin auszulegen, dass der Begriff „Erzeugniskategorie“ im Sinne dieser Bestimmung Zigaretten und Tabak zum Selbstdrehen erfasst und dass das Verfahren, um festzustellen, ob ein bestimmtes Tabakerzeugnis die in dieser Bestimmung vorgesehene 3%-Grenze erreicht, im nationalen Recht des betreffenden Mitgliedstaats zu regeln ist.
Die Art. 8 bis 11 der Richtlinie 2014/40 sind dahin auszulegen, dass sie es den Mitgliedstaaten nicht gestatten, ergänzende Übergangsfristen neben den in den Art. 29 und 30 der Richtlinie vorgesehenen Fristen festzulegen.
Die Prüfung der zweiten Vorlagefrage hat nichts ergeben, was die Gültigkeit von Art. 9 Abs. 1 Unterabs. 2, Abs. 4 Buchst. a Satz 2 und Abs. 6, von Art. 10 Abs. 1 Buchst. b, e und f sowie von Art. 11 Abs. 1 Unterabs. 1 Satz 1 der Richtlinie 2014/40 berühren könnte.
Art. 13 Abs. 1 Buchst. c und Abs. 3 der Richtlinie 2014/40 ist dahin auszulegen, dass er den Mitgliedstaaten aufgibt, die Verwendung auf den Geschmack, Geruch, Aroma- oder sonstige Zusatzstoffe bezogener Informationen auch dann zu verbieten, wenn es sich um nicht werbliche Informationen handelt und die Verwendung der betreffenden Inhaltsstoffe weiterhin erlaubt ist.
Die Prüfung der dritten Vorlagefrage hat nichts ergeben, was die Gültigkeit von Art. 13 Abs. 1 Buchst. c und Abs. 3 der Richtlinie 2014/40 berühren könnte.
Silva de Lapuerta
Arabadjiev
Regan
Fernlund
Rodin
Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 30. Januar 2019.
Der Kanzler
A. Calot Escobar
Der Präsident
K. Lenaerts
( *1)Verfahrenssprache: Deutsch.
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