Rechtsdatenbank
Welche Fragen Arbeitgeber auch zum Thema Sozialversicherungsrecht bewegen: Die Rechtsdatenbank der AOK liefert die Antworten – einfach, fundiert und topaktuell.
Rechtsdatenbank
Welche Fragen Arbeitgeber auch zum Thema Sozialversicherungsrecht bewegen: Die Rechtsdatenbank der AOK liefert die Antworten – einfach, fundiert und topaktuell.
EuGH 22.01.2013 - C-283/11
EuGH 22.01.2013 - C-283/11 - URTEIL DES GERICHTSHOFS (Große Kammer) - 22. Januar 2013 ( *1) - „Richtlinie 2010/13/EU — Bereitstellung audiovisueller Mediendienste — Art. 15 Abs. 6 — Gültigkeit — Ereignisse, die von großem öffentlichen Interesse und Gegenstand exklusiver Fernsehübertragungsrechte sind — Recht der Fernsehveranstalter auf Zugang zu solchen Ereignissen zum Zweck der Kurzberichterstattung — Beschränkung einer etwaigen Kostenerstattung auf die mit der Gewährung dieses Zugangs verbundenen zusätzlichen Kosten — Charta der Grundrechte der Europäischen Union — Art. 16 und 17 — Verhältnismäßigkeit“
Leitsatz
In der Rechtssache C-283/11
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Bundeskommunikationssenat (Österreich) mit Entscheidung vom 31. Mai 2011, beim Gerichtshof eingegangen am 8. Juni 2011, in dem Verfahren
Sky Österreich GmbH
gegen
Österreichischer Rundfunk
erlässt
DER GERICHTSHOF (Große Kammer)
unter Mitwirkung des Präsidenten V. Skouris, des Vizepräsidenten K. Lenaerts, der Kammerpräsidenten A. Tizzano, M. Ilešič, T. von Danwitz (Berichterstatter) und J. Malenovský, der Richter A. Borg Barthet, U. Lõhmus und J.-C. Bonichot, der Richterin C. Toader sowie der Richter J.-J. Kasel, M. Safjan und D. Šváby,
Generalanwalt: Y. Bot,
Kanzler: A. Impellizzeri, Verwaltungsrätin,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 24. April 2012,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
der Sky Österreich GmbH, vertreten durch Rechtsanwalt G. Engin-Deniz,
des Österreichischen Rundfunks, vertreten durch Rechtsanwalt S. Korn,
der deutschen Regierung, vertreten durch T. Henze und J. Möller als Bevollmächtigte,
der polnischen Regierung, vertreten durch M. Szpunar als Bevollmächtigten,
des Europäischen Parlaments, vertreten durch R. Kaškina und U. Rösslein als Bevollmächtigte,
des Rates der Europäischen Union, vertreten durch R. Liudvinaviciute-Cordeiro und J. Herrmann als Bevollmächtigte,
der Europäischen Kommission, vertreten durch G. Braun, S. La Pergola und C. Vrignon als Bevollmächtigte,
nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 12. Juni 2012
folgendes
Entscheidungsgründe
Urteil
Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Gültigkeit von Art. 15 Abs. 6 der Richtlinie 2010/13/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 10. März 2010 zur Koordinierung bestimmter Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Bereitstellung audiovisueller Mediendienste (Richtlinie über audiovisuelle Mediendienste) (ABl. L 95, S. 1, und Berichtigung ABl. L 263, S. 15).
Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der Sky Österreich GmbH (im Folgenden: Sky) und dem Österreichischen Rundfunk (ORF) über die finanziellen Bedingungen, unter denen der ORF für die Kurzberichterstattung ein Recht auf Zugang zum Satellitensignal hat.
Rechtlicher Rahmen
Unionsrecht
Richtlinie 2007/65/EG
Die Richtlinie 89/552/EWG des Rates vom 3. Oktober 1989 zur Koordinierung bestimmter Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Ausübung der Fernsehtätigkeit (ABl. L 298, S. 23) ist durch die Richtlinie 2007/65/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Dezember 2007 (ABl. L 332, S. 27) geändert worden. Mit deren Art. 1 Nr. 9 ist in die Richtlinie 89/552 ein Art. 3k eingefügt worden, der für die Fernsehveranstalter das Recht vorsieht, für die Kurzberichterstattung kurze Auszüge aus dem Sendesignal des Fernsehveranstalters zu verwenden, der Ereignisse von großem öffentlichen Interesse überträgt, an denen er die exklusiven Übertragungsrechte erworben hat.
Eine eventuelle Kostenerstattung durfte nach Art. 3k Abs. 6 die unmittelbar mit der Gewährung des Zugangs verbundenen zusätzlichen Kosten nicht übersteigen.
Nach Art. 3 Abs. 1 Satz 1 der Richtlinie 2007/65 mussten die Mitgliedstaaten die erforderlichen Rechts- und Verwaltungsvorschriften erlassen, um der Richtlinie bis zum 19. Dezember 2009 nachzukommen.
Die Richtlinie 2007/65 ist gemäß ihrem Art. 4 am Tag nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union, d. h. am 19. Dezember 2007, in Kraft getreten.
Richtlinie 2010/13
Die Richtlinie 89/552 in ihrer durch die Richtlinie 2007/65 geänderten Fassung wurde durch Art. 34 Abs. 1 der Richtlinie 2010/13 aufgehoben, deren 48. Erwägungsgrund lautet:
„Fernsehveranstalter können ausschließliche Fernsehübertragungsrechte für Ereignisse, die von großem Interesse für die Öffentlichkeit sind, erwerben. Gleichzeitig muss jedoch unbedingt der Pluralismus durch die Vielfalt der Nachrichten und Programme in der [Europäischen] Union gefördert und den in der Charta der Grundrechte der Europäischen Union [im Folgenden: Charta], insbesondere in Artikel 11, anerkannten Grundrechten und Grundsätzen Rechnung getragen werden.“
Im 55. Erwägungsgrund der Richtlinie 2010/13 heißt es:
„Zur vollständigen und angemessenen Wahrung des Grundrechts auf Information und der Zuschauerinteressen in der Union sollten die Inhaber ausschließlicher Fernsehübertragungsrechte für Ereignisse, die von großem Interesse für die Öffentlichkeit sind, anderen Fernsehveranstaltern unter fairen, zumutbaren und diskriminierungsfreien Bedingungen das Recht auf Verwendung von kurzen Auszügen für allgemeine Nachrichtensendungen gewähren, wobei jedoch den ausschließlichen Rechten angemessen Rechnung zu tragen ist. Solche Bedingungen sollten rechtzeitig vor dem Ereignis, das von großem Interesse für die Öffentlichkeit ist, mitgeteilt werden, damit andere Interessenten genügend Zeit haben, dieses Recht auszuüben. … Solche kurzen Auszüge können für EU-weite Ausstrahlungen durch alle Kanäle, einschließlich Sportkanälen, verwendet werden und sollten nicht länger als 90 Sekunden dauern. Das Recht auf Zugang zu kurzen Auszügen sollte nur dann grenzüberschreitend gelten, wenn dies erforderlich ist. Daher sollte ein Fernsehveranstalter zunächst bei einem in dem gleichen Mitgliedstaat ansässigen Fernsehveranstalter, der ausschließliche Rechte für das Ereignis von großem Interesse für die Öffentlichkeit besitzt, um Zugang ersuchen.
Unter den Begriff ‚allgemeine Nachrichtensendungen‘ sollte nicht die Zusammenstellung kurzer Auszüge für Unterhaltungssendungen fallen.“
Art. 15 dieser Richtlinie sieht vor:
„(1) Die Mitgliedstaaten sorgen dafür, dass jeder Fernsehveranstalter, der in der Union niedergelassen ist, zum Zwecke der Kurzberichterstattung einen fairen, angemessenen und diskriminierungsfreien Zugang zu Ereignissen hat, die von großem öffentlichen Interesse sind und die von einem der Rechtshoheit der Mitgliedstaaten unterworfenen Fernsehveranstalter exklusiv übertragen werden.
(2) Wenn ein anderer Fernsehveranstalter, der in demselben Mitgliedstaat niedergelassen ist wie der um Zugang ersuchende Fernsehveranstalter, ausschließliche Rechte für das Ereignis von großem Interesse für die Öffentlichkeit erworben hat, muss der Zugang bei diesem Fernsehveranstalter beantragt werden.
(3) Die Mitgliedstaaten sorgen dafür, dass dieser Zugang garantiert ist, indem sie es den Fernsehveranstaltern erlauben, frei kurze Ausschnitte aus dem Sendesignal des übertragenden Fernsehveranstalters auszuwählen, wobei die Fernsehveranstalter dabei aber zumindest ihre Quelle angeben müssen, sofern dies nicht aus praktischen Gründen unmöglich ist.
(4) Als Alternative zu Absatz 3 kann ein Mitgliedstaat ein gleichwertiges System einrichten, das den Zugang mit anderen Mitteln unter fairen, angemessenen und diskriminierungsfreien Bedingungen ermöglicht.
(5) Kurze Ausschnitte werden ausschließlich für allgemeine Nachrichtensendungen verwendet und dürfen in audiovisuellen Mediendiensten auf Abruf nur verwendet werden, wenn die gleiche Sendung von demselben Mediendiensteanbieter zeitversetzt angeboten wird.
(6) Unbeschadet der Absätze 1 bis 5 sorgen die Mitgliedstaaten nach Maßgabe ihres Rechtssystems und im Einklang mit ihren Gepflogenheiten dafür, dass die Modalitäten und Bedingungen für die Bereitstellung solcher kurzen Ausschnitte näher festgelegt werden, insbesondere hinsichtlich etwaiger Kostenerstattungsregelungen, der Höchstlänge der kurzen Ausschnitte und der Fristen für ihre Übertragung. Wird eine Kostenerstattung vorgesehen, so darf sie die unmittelbar mit der Gewährung des Zugangs verbundenen zusätzlichen Kosten nicht übersteigen.“
Nationales Recht
Das Bundesgesetz über die Ausübung exklusiver Fernsehübertragungsrechte (Fernseh-Exklusivrechtegesetz, BGBl. I Nr. 85/2001, im Folgenden: FERG) bestimmte bis zum 30. September 2010 in seinem § 5 Abs. 4, dass, wenn eine gütliche Einigung zwischen den Fernsehveranstaltern nicht zustande kommt, der Bundeskommunikationssenat auszusprechen hat, ob und, wenn ja, zu welchen Bedingungen einem Fernsehveranstalter das Recht auf Kurzberichterstattung einzuräumen ist.
Seit dem 1. Oktober 2010 sieht § 5 Abs. 4 in Verbindung mit § 5 Abs. 2 FERG vor, dass ein Fernsehveranstalter, der ausschließliche Übertragungsrechte an einem Ereignis von allgemeinem Informationsinteresse erworben hat und jedem Fernsehveranstalter auf Verlangen das Recht auf Kurzberichterstattung aus dem Signal zu eigenen Sendezwecken einzuräumen hat, nur Anspruch auf den Ersatz der unmittelbar mit der Gewährung des Zugangs zum Signal verbundenen zusätzlichen Kosten hat.
Der Bundeskommunikationssenat ist durch das Bundesgesetz über die Einrichtung einer Kommunikationsbehörde Austria und eines Bundeskommunikationssenates (BGBl. I Nr. 32/2001, im Folgenden: KOG) eingerichtet worden, um die Entscheidungen der Kommunikationsbehörde Austria (im Folgenden: KommAustria) zu kontrollieren und die Rechtsaufsicht über den ORF als Kollegialbehörde mit richterlichem Einschlag im Sinne von Art. 20 Abs. 2 des Bundes-Verfassungsgesetzes auszuüben.
§ 36 Abs. 1 bis 3 KOG in seiner zum maßgeblichen Zeitpunkt des Ausgangsrechtsstreits geltenden Fassung sah vor:
„(1) Zur Kontrolle der Verwaltungsführung bei der Besorgung der Regulierungsaufgaben … durch die KommAustria ist beim Bundeskanzleramt der Bundeskommunikationssenat eingerichtet.
(2) Der Bundeskommunikationssenat entscheidet in oberster Instanz über Rechtsmittel gegen Entscheidungen der KommAustria in den genannten Angelegenheiten …, mit Ausnahme von Rechtsmitteln in Verwaltungsstrafsachen.
(3) Die Entscheidungen des Bundeskommunikationssenats unterliegen nicht der Aufhebung oder Abänderung im Verwaltungsweg. Gegen Entscheidungen des Bundeskommunikationssenats ist die Anrufung des Verwaltungsgerichtshofes zulässig.“
§ 37 Abs. 1 und 2 KOG bestimmt:
„(1) Der Bundeskommunikationssenat besteht aus fünf Mitgliedern, von denen drei dem Richterstand angehören müssen. Die Mitglieder des Bundeskommunikationssenats sind in Ausübung ihres Amtes unabhängig und an keine Weisungen und Aufträge gebunden. Der Bundeskommunikationssenat wählt aus dem Kreis der dem Richterstand angehörenden Mitglieder einen Vorsitzenden und einen Vorsitzenden Stellvertreter.
(2) Die Mitglieder des Bundeskommunikationssenates ernennt der Bundespräsident auf Vorschlag der Bundesregierung für die Dauer von sechs Jahren. Für jedes Mitglied ist ein Ersatzmitglied zu bestellen, welches bei Verhinderung eines Mitgliedes an dessen Stelle tritt.“
In Art. 20 Abs. 2 des Bundes-Verfassungsgesetzes heißt es:
„Durch Gesetz können Organe
…
zur Entscheidung in oberster Instanz, wenn sie kollegial eingerichtet sind, ihnen wenigstens ein Richter angehört und ihre Bescheide nicht der Aufhebung oder Abänderung im Verwaltungsweg unterliegen,
…
von der Bindung an Weisungen der ihnen vorgesetzten Organe freigestellt werden. …“
Ausgangsverfahren und Vorlagefrage
Sky ist Inhaberin einer Zulassung der KommAustria zur Veranstaltung des über Satellit digital und verschlüsselt ausgestrahlten Fernsehprogramms „Sky Sport Austria“. Mit Vertrag vom 21. August 2009 erwarb diese Gesellschaft die Exklusivrechte für die Ausstrahlung der Europa League in den Saisonen 2009/2010 bis 2011/2012 in Österreich. Nach eigenen Angaben wendet Sky jährlich einen Betrag von mehreren Millionen Euro für die entsprechenden Lizenz- und Produktionskosten auf.
Am 11. September 2009 schlossen Sky und der ORF eine Vereinbarung, mit der dem ORF das Recht zur Kurzberichterstattung eingeräumt wurde und die hierfür die Zahlung von 700 Euro pro Minute vorsah. In Bezug auf dieses Entgelt befristeten die Parteien den Vertrag bis zum Inkrafttreten der Änderung des § 5 FERG, d. h. dem 1. Oktober 2010.
Auf Antrag des ORF vom November 2010 entschied die KommAustria, dass Sky als Inhaberin exklusiver Fernsehübertragungsrechte verpflichtet sei, dem ORF das Kurzberichterstattungsrecht einzuräumen, ohne Anspruch auf ein Entgelt zu haben, das die unmittelbar mit der Gewährung des Zugangs zum Satellitensignal verbundenen zusätzlichen Kosten übersteige; diese Kosten beliefen sich im vorliegenden Fall auf 0 Euro. Gleichzeitig legte die KommAustria die Bedingungen für die Ausübung dieses Rechts durch den ORF fest. Gegen diese Entscheidung erhoben beide Parteien Berufung beim Bundeskommunikationssenat.
Dieser verweist in seiner Vorlageentscheidung hinsichtlich der Zulässigkeit des Vorabentscheidungsersuchens auf das Urteil des Gerichtshofs vom 18. Oktober 2007, Österreichischer Rundfunk (C-195/06, Slg. 2007, I-8817), und führt aus, dass er im vorliegenden Fall ebenfalls als Gericht im Sinne des Art. 267 AEUV anzusehen sei, da hier die gleichen Zuständigkeitsregeln anwendbar seien wie in der Rechtssache, in der das angeführte Urteil ergangen sei.
Was die Beantwortung der Vorlagefrage betrifft, so handelt es sich nach Ansicht des Bundeskommunikationssenats beim Kurzberichterstattungsrecht um einen Eingriff in das durch Art. 17 der Charta verbürgte Eigentumsrecht des Fernsehveranstalters, der vertraglich die Exklusivübertragungsrechte an einem Ereignis von großem Interesse für die Öffentlichkeit erworben habe (im Folgenden: Inhaber exklusiver Fernsehübertragungsrechte).
Unter Verweis insbesondere auf Art. 52 Abs. 1 der Charta wirft der Bundeskommunikationssenat die Frage auf, ob eine Richtlinienbestimmung, die die Behörden eines Mitgliedstaats daran hindert, eine Entschädigung für diesen Eingriff in das Eigentumsrecht vorzusehen, mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit vereinbar ist. Art. 15 Abs. 6 der Richtlinie 2010/13, wonach die Mitgliedstaaten die Modalitäten und Bedingungen für das Kurzberichterstattungsrecht näher festlegen müssten, könne einen solchen Eingriff nicht ausgleichen. Nach Auffassung des Bundeskommunikationssenats wäre insbesondere angesichts des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit eine Regelung erforderlich, die es ermöglicht, die Umstände des Einzelfalls und vor allem den Gegenstand der exklusiven Fernsehübertragungsrechte sowie den vom Inhaber für den Erwerb dieser Rechte entrichteten Betrag zu berücksichtigen, um eine angemessene finanzielle Entschädigung zu berechnen.
Art. 15 der Richtlinie 2010/13 erweise sich als besonders problematisch in Fallkonstellationen, in denen die exklusiven Fernsehübertragungsrechte vor Inkrafttreten dieser Richtlinie erworben, der Antrag auf Einräumung eines Kurzberichterstattungsrechts aber erst nach Inkrafttreten der nationalen Bestimmung zur Umsetzung von Art. 15 gestellt worden sei.
Der Bundeskommunikationssenat erwähnt in diesem Zusammenhang Entscheidungen des deutschen Bundesverfassungsgerichts und des österreichischen Verfassungsgerichtshofs, in denen festgestellt worden sei, dass die unentgeltliche Einräumung des Kurzberichterstattungsrechts unverhältnismäßig sei und daher die Berufsfreiheit im Sinne von Art. 12 des deutschen Grundgesetzes bzw. das Eigentumsrecht im Sinne von Art. 5 des österreichischen Staatsgrundgesetzes über die allgemeinen Rechte der Staatsbürger und Art. 1 des am 20. März 1952 in Paris unterzeichneten Ersten Zusatzprotokolls zur Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten (im Folgenden: Erstes Zusatzprotokoll) verletze.
Unter diesen Umständen hat der Bundeskommunikationssenat das Verfahren ausgesetzt und dem Gerichtshof folgende Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt:
Ist Art. 15 Abs. 6 der Richtlinie 2010/13 mit Art. 16 sowie Art. 17 der Charta bzw. mit Art. 1 des Ersten Zusatzprotokolls vereinbar?
Zur Vorlagefrage
Zur Zulässigkeit
Vorab ist zu prüfen, ob es sich beim Bundeskommunikationssenat im Kontext der vorliegenden Rechtssache um ein Gericht im Sinne von Art. 267 AEUV handelt und infolgedessen das Vorabentscheidungsersuchen zulässig ist.
Zur Beurteilung der rein unionsrechtlichen Frage, ob es sich bei der vorlegenden Einrichtung um ein „Gericht“ im Sinne von Art. 267 AEUV handelt, stellt der Gerichtshof nach ständiger Rechtsprechung auf eine Reihe von Gesichtspunkten ab, wie gesetzliche Grundlage der Einrichtung, ständiger Charakter, obligatorische Gerichtsbarkeit, streitiges Verfahren, Anwendung von Rechtsnormen durch diese Einrichtung sowie deren Unabhängigkeit (Urteil vom 14. Juni 2011, Miles u. a., C-196/09, Slg. 2011, I-5105, Randnr. 37 und die dort angeführte Rechtsprechung).
Der Gerichtshof hatte bereits in der Rechtssache, in der das Urteil Österreichischer Rundfunk ergangen ist, darüber zu befinden, ob es sich beim Bundeskommunikationssenat um ein Gericht im Sinne von Art. 234 EG handelt. Hierzu hat er in den Randnrn. 19 bis 21 dieses Urteils entschieden, dass der Bundeskommunikationssenat auf der Grundlage der in der genannten Rechtssache anwendbaren Bestimmungen über seine Einrichtung und Arbeitsweise als Gericht im Sinne von Art. 234 EG anzusehen ist.
In der vorliegenden Rechtssache gelten Bestimmungen über die Einrichtung und Arbeitsweise des Bundeskommunikationssenats, die den gleichen Inhalt haben wie diejenigen, die in der Rechtssache anwendbar waren, in denen das Urteil Österreichischer Rundfunk ergangen ist. Unter diesen Umständen ist der Bundeskommunikationssenat auch im vorliegenden Verfahren als ein Gericht im Sinne von Art. 267 AEUV anzusehen.
Nach alledem ist das Vorabentscheidungsersuchen des Bundeskommunikationssenats zulässig.
Zur Beantwortung der Vorlagefrage
Mit seiner Frage ersucht der Bundeskommunikationssenat den Gerichtshof im Wesentlichen um Prüfung der Gültigkeit von Art. 15 Abs. 6 der Richtlinie 2010/13 im Licht der Art. 16 und 17 Abs. 1 der Charta sowie des Art. 1 des Ersten Zusatzprotokolls. Er stellt sich insbesondere die Frage, ob der genannte Art. 15 Abs. 6 die Grundrechte des Inhabers exklusiver Fernsehübertragungsrechte dadurch verletzt, dass dieser Inhaber jedem anderen Fernsehveranstalter, der in der Union niedergelassen ist, die Kurzberichterstattung gestatten muss, ohne eine Kostenerstattung verlangen zu dürfen, die die unmittelbar mit der Gewährung des Zugangs zum Satellitensignal verbundenen zusätzlichen Kosten übersteigt.
Zu Art. 17 der Charta
Nach Art. 17 Abs. 1 der Charta hat „[j]ede Person … das Recht, ihr rechtmäßig erworbenes Eigentum zu besitzen, zu nutzen, darüber zu verfügen und es zu vererben. Niemandem darf sein Eigentum entzogen werden, es sei denn aus Gründen des öffentlichen Interesses in den Fällen und unter den Bedingungen, die in einem Gesetz vorgesehen sind, sowie gegen eine rechtzeitige angemessene Entschädigung für den Verlust des Eigentums. Die Nutzung des Eigentums kann gesetzlich geregelt werden, soweit dies für das Wohl der Allgemeinheit erforderlich ist.“
Nach Art. 15 Abs. 1 der Richtlinie 2010/13 muss jeder Fernsehveranstalter, der in der Union niedergelassen ist, zum Zweck der Kurzberichterstattung Zugang zu Ereignissen haben, die von großem öffentlichen Interesse sind und von einem Fernsehveranstalter exklusiv übertragen werden. Nach Art. 15 Abs. 3 wird dieser Zugang grundsätzlich dadurch garantiert, dass der Zugang zum Sendesignal des übertragenden Fernsehveranstalters gewährt wird, aus dem frei kurze Ausschnitte ausgewählt werden können. Gemäß Art. 15 Abs. 6 darf eine Kostenerstattung, wenn sie zugunsten des Inhabers exklusiver Fernsehübertragungsrechte vorgesehen ist, die unmittelbar mit der Gewährung des Zugangs zum Signal verbundenen zusätzlichen Kosten nicht übersteigen.
Regelungen gleichen Inhalts wie die, die in der vorstehenden Randnummer erwähnt sind, fanden sich bereits in Art. 3k der Richtlinie 89/552 in der durch die Richtlinie 2007/65 geänderten Fassung.
Unter diesen Umständen stellt sich somit die Frage, ob sich die durch Art. 17 Abs. 1 der Charta gewährten Garantien tatsächlich auf vertraglich erworbene exklusive Fernsehübertragungsrechte erstrecken. Der durch diesen Artikel gewährte Schutz bezieht sich nicht auf bloße kaufmännische Interessen oder Aussichten, deren Ungewissheit zum Wesen der wirtschaftlichen Tätigkeiten gehört (Urteil vom 9. September 2008, FIAMM u. a./Rat und Kommission, C-120/06 P und C-121/06 P, Slg. 2008, I-6513, Randnr. 185 und die dort angeführte Rechtsprechung), sondern auf vermögenswerte Rechte, aus denen sich im Hinblick auf die Rechtsordnung eine gesicherte Rechtsposition ergibt, die eine selbständige Ausübung dieser Rechte durch und zugunsten ihres Inhabers ermöglicht.
Die exklusiven Fernsehübertragungsrechte werden Fernsehveranstaltern zwar gegen Entgelt durch eine vertragliche Bestimmung eingeräumt und ermöglichen es diesen Veranstaltern, bestimmte Ereignisse exklusiv zu übertragen, so dass jedwede Übertragung dieser Ereignisse durch andere Fernsehveranstalter ausgeschlossen ist. Deshalb sind diese Rechte nicht als bloße kaufmännische Interessen oder Aussichten, sondern als vermögenswerte Rechte anzusehen.
Im Hinblick auf die Umstände des Ausgangsverfahrens stellt sich aber die Frage, ob die betreffenden Exklusivrechte eine gesicherte Rechtsposition im Sinne von Randnr. 34 des vorliegenden Urteils darstellen.
Insoweit schreibt das Unionsrecht seit Inkrafttreten der Richtlinie 2007/65, d. h. dem 19. Dezember 2007, vor, das Recht der Fernsehveranstalter auf Kurzberichterstattung über Ereignisse von großem öffentlichen Interesse zu garantieren, die Gegenstand exklusiver Fernsehübertragungsrechte sind, ohne dass die Inhaber eines solchen Rechts eine Kostenerstattung verlangen dürfen, die die unmittelbar mit der Gewährung des Zugangs zum Signal verbundenen zusätzlichen Kosten übersteigt.
Angesichts dieser unionsrechtlichen Vorschriften, die die Mitgliedstaaten in ihr innerstaatliches Recht umzusetzen haben, kann eine vertragliche Klausel wie diejenige im Ausgangsverfahren einem Fernsehveranstalter keine durch Art. 17 Abs. 1 der Charta geschützte Rechtsposition verschaffen, die diesem eine selbständige Ausübung seines Übertragungsrechts, wie sie in Randnr. 34 des vorliegenden Urteils erwähnt ist, in dem Sinne ermöglicht, dass er entgegen dem zwingenden Inhalt der Richtlinie 2007/65 eine Erstattung fordern könnte, die die unmittelbar mit der Gewährung des Zugangs zum Signal verbundenen zusätzlichen Kosten übersteigt.
Ein Wirtschaftsteilnehmer wie Sky Österreich, der nach Inkrafttreten der Richtlinie 2007/65 am 19. Dezember 2007 vertraglich exklusive Fernsehübertragungsrechte erworben hat, hier am 21. August 2009, kann sich nämlich im Hinblick auf das Unionsrecht nicht wirksam auf eine durch Art. 17 Abs. 1 der Charta geschützte gesicherte Rechtsposition berufen, da die Mitgliedstaaten zur Umsetzung der Richtlinie verpflichtet waren und diese Umsetzung jederzeit erfolgen konnte und jedenfalls bis spätestens 19. Dezember 2009 vollzogen sein musste.
Unter diesen Umständen kann sich ein Inhaber exklusiver Fernsehübertragungsrechte für Ereignisse von großem öffentlichen Interesse nicht auf den Schutz durch Art. 17 Abs. 1 der Charta berufen.
Zu Art. 16 der Charta
Art. 16 der Charta sieht vor, dass „[d]ie unternehmerische Freiheit … nach dem Unionsrecht und den einzelstaatlichen Rechtsvorschriften und Gepflogenheiten anerkannt“ wird.
Der durch Art. 16 gewährte Schutz umfasst die Freiheit, eine Wirtschafts- oder Geschäftstätigkeit auszuüben, die Vertragsfreiheit und den freien Wettbewerb, wie aus den Erläuterungen zu diesem Artikel hervorgeht, die gemäß Art. 6 Abs. 1 Unterabs. 3 EUV und Art. 52 Abs. 7 der Charta für deren Auslegung zu berücksichtigen sind (Urteil vom 22. Dezember 2010, DEB, C-279/09, Slg. 2010, I-13849, Randnr. 32).
Ferner umfasst die Vertragsfreiheit u. a. die freie Wahl des Geschäftspartners (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 10. Juli 1991, Neu u. a., C-90/90 und C-91/90, Slg. 1991, I-3617, Randnr. 13) sowie die Freiheit, den Preis für eine Leistung festzulegen (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 22. März 2007, Kommission/Belgien, C-437/04, Slg. 2007, I-2513, Randnr. 51, sowie vom 19. April 2012, F-Tex, C-213/10, Randnr. 45).
Art. 15 der Richtlinie 2010/13 hat zur Folge, wie sich aus den Nrn. 35 und 37 der Schlussanträge des Generalanwalts ergibt, dass der Inhaber exklusiver Fernsehübertragungsrechte nicht frei wählen kann, mit welchen Fernsehveranstaltern er eine Vereinbarung über die Einräumung eines Kurzberichterstattungsrechts schließt. Ebenso kann im Hinblick auf Art. 15 Abs. 6 – der Bestimmung, deretwegen das vorlegende Gericht den Gerichtshof befragt – der Inhaber exklusiver Fernsehübertragungsrechte nicht frei über den Preis entscheiden, zu dem er den Zugang zum Signal zum Zweck der Kurzberichterstattung gewährt. Insbesondere verwehrt es diese Vorschrift einem solchen Inhaber, Fernsehveranstalter, die Kurzberichte senden, an den Kosten des Erwerbs der exklusiven Fernsehübertragungsrechte zu beteiligen. Folglich greift Art. 15 Abs. 6 in die unternehmerische Freiheit der Inhaber exklusiver Fernsehübertragungsrechte ein.
Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs gilt die unternehmerische Freiheit jedoch nicht schrankenlos, sondern ist im Zusammenhang mit ihrer gesellschaftlichen Funktion zu sehen (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 9. September 2004, Spanien und Finnland/Parlament und Rat, C-184/02 und C-223/02, Slg. 2004, I-7789, Randnrn. 51 und 52, sowie vom 6. September 2012, Deutsches Weintor, C-544/10, Randnr. 54 und die dort angeführte Rechtsprechung).
Auf der Grundlage dieser Rechtsprechung und angesichts des Wortlauts von Art. 16 der Charta, der sich von dem der anderen grundrechtlich geschützten Freiheiten, die in ihrem Titel II verankert sind, unterscheidet und dabei dem Wortlaut einiger Bestimmungen ihres Titels IV ähnelt, kann die unternehmerische Freiheit einer Vielzahl von Eingriffen der öffentlichen Gewalt unterworfen werden, die im allgemeinen Interesse die Ausübung der wirtschaftlichen Tätigkeit beschränken können.
Dieser Umstand spiegelt sich vor allem darin wider, auf welche Weise nach Art. 52 Abs. 1 der Charta der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu handhaben ist.
Nach dieser Bestimmung muss jede Einschränkung der Ausübung der in der Charta anerkannten Rechte und Freiheiten gesetzlich vorgesehen sein, deren Wesensgehalt achten und unter Wahrung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit erforderlich sein und den von der Union anerkannten dem Gemeinwohl dienenden Zielsetzungen oder den Erfordernissen des Schutzes der Rechte und Freiheiten anderer tatsächlich entsprechen.
Insoweit ist festzustellen, dass Art. 15 Abs. 6 der Richtlinie 2010/13 den Wesensgehalt der unternehmerischen Freiheit nicht antastet. Denn durch diese Bestimmung wird der Inhaber exklusiver Fernsehübertragungsrechte an der Ausübung der unternehmerischen Tätigkeit als solcher nicht gehindert. Sie schließt auch nicht aus, dass dieser Inhaber sein Recht verwertet, indem er entweder selbst das fragliche Ereignis entgeltlich überträgt oder dieses Recht vertraglich gegen Entgelt an einen anderen Fernsehveranstalter oder einen beliebigen Wirtschaftsteilnehmer veräußert.
Zur Verhältnismäßigkeit des festgestellten Eingriffs ist darauf hinzuweisen, dass nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs die Handlungen der Unionsorgane nicht die Grenzen dessen überschreiten dürfen, was zur Erreichung der mit der fraglichen Regelung zulässigerweise verfolgten Ziele geeignet und erforderlich ist, wobei zu beachten ist, dass dann, wenn mehrere geeignete Maßnahmen zur Auswahl stehen, die am wenigsten belastende zu wählen ist und die verursachten Nachteile nicht außer Verhältnis zu den angestrebten Zielen stehen dürfen (Urteile vom 8. Juli 2010, Afton Chemical, C-343/09, Slg. 2010, I-7027, Randnr. 45, sowie vom 23. Oktober 2012, Nelson u. a., C-581/10 und C-629/10, Randnr. 71 und die dort angeführte Rechtsprechung).
Hierzu ist zunächst festzustellen, dass die exklusive Vermarktung von Ereignissen von großem öffentlichen Interesse derzeit zunimmt und geeignet ist, den Zugang der Öffentlichkeit zu Informationen über diese Ereignisse erheblich einzuschränken. Unter diesem Gesichtspunkt zielt Art. 15 der Richtlinie 2010/13, wie ihren Erwägungsgründen 48 und 55 zu entnehmen ist, darauf, das durch Art. 11 Abs. 1 der Charta garantierte Grundrecht auf Information zu wahren und den durch Art. 11 Abs. 2 der Charta geschützten Pluralismus durch die Vielfalt der Nachrichten und Programme zu fördern.
Die Wahrung der durch Art. 11 der Charta geschützten Freiheiten stellt unbestreitbar ein im Allgemeininteresse liegendes Ziel dar (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 13. Dezember 2007, United Pan-Europe Communications Belgium u. a., C-250/06, Slg. 2007, I-11135, Randnr. 42), dessen Bedeutung in einer demokratischen und pluralistischen Gesellschaft nicht genug betont werden kann (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 22. Dezember 2008, Kabel Deutschland Vertrieb und Service, C-336/07, Slg. 2008, I-10889, Randnr. 33, sowie vom 6. September 2011, Patriciello, C-163/10, Slg. 2011, I-7565, Randnr. 31). Diese Bedeutung zeigt sich ganz besonders bei Ereignissen von großem öffentlichen Interesse. Daher ist festzustellen, dass Art. 15 der Richtlinie 2010/13 tatsächlich ein im Allgemeininteresse liegendes Ziel verfolgt.
Art. 15 Abs. 6 der Richtlinie 2010/13 ist auch geeignet, die Erreichung des angestrebten Ziels zu gewährleisten. Denn diese Bestimmung versetzt jeden Fernsehveranstalter dadurch, dass sie ihm einen Zugang zu den genannten Ereignissen garantiert, in die Lage, Kurzberichte zu senden und damit die Öffentlichkeit über exklusiv vermarktete Ereignisse, die für sie von großem Interesse sind, zu informieren. Dieser Zugang wird ihnen garantiert, ohne dass es auf ihre Marktmacht und Finanzkraft oder auf den für den Erwerb der exklusiven Fernsehübertragungsrechte gezahlten Preis, die Vertragsverhandlungen mit den Inhabern solcher Rechte oder die Größe der fraglichen Ereignisse ankommt.
Was sodann die Erforderlichkeit einer solchen Regelung angeht, ist festzustellen, dass als weniger belastende Maßnahme sicherlich eine Kostenerstattung für die Inhaber exklusiver Fernsehübertragungsrechte hätte vorgesehen werden können, die die unmittelbar mit der Gewährung des Zugangs zum Signal verbundenen zusätzlichen Kosten übersteigt, insbesondere, um die Fernsehveranstalter, die Kurzberichte senden, an den Kosten für den Erwerb dieser Exklusivrechte zu beteiligen.
Es zeigt sich jedoch, dass durch eine solche weniger belastende Regelung die Erreichung des mit Art. 15 Abs. 6 der Richtlinie 2010/13 verfolgten Ziels nicht genauso wirksam sichergestellt werden könnte wie durch die Anwendung dieser Bestimmung. So könnte es sich insbesondere erweisen, dass eine Regelung, die eine Kostenerstattung für die Inhaber exklusiver Fernsehübertragungsrechte vorsieht, die die unmittelbar mit der Gewährung des Zugangs zum Signal verbundenen zusätzlichen Kosten übersteigt und anhand ergänzender Kriterien wie u. a. des für den Erwerb eines solchen Rechts gezahlten Preises und/oder der Größe des fraglichen Ereignisses berechnet wird, bestimmte Fernsehveranstalter, je nachdem, nach welcher Methode die Höhe der Erstattung ermittelt wird und welche Finanzkraft die den Zugang zum Signal begehrenden Fernsehveranstalter aufweisen, davon abhält oder gegebenenfalls sogar daran hindert, zum Zweck der Kurzberichterstattung um Zugang zu ersuchen, und dadurch den Zugang der Öffentlichkeit zu Informationen erheblich einschränkt.
Demgegenüber garantiert Art. 15 Abs. 6 der Richtlinie 2010/13 jedem Fernsehveranstalter einen Zugang zu dem Ereignis, der gemäß Art. 15 Abs. 1 unter Wahrung des Grundsatzes der Gleichbehandlung gewährt wird und völlig unabhängig von den in der vorstehenden Randnummer genannten Umständen ist, so dass jeder Fernsehveranstalter in die Lage versetzt wird, tatsächlich Kurzberichte zu senden.
Unter diesen Umständen war der Unionsgesetzgeber zu der Annahme berechtigt, dass mit einer Regelung, die eine Kostenerstattung für die Inhaber exklusiver Fernsehübertragungsrechte vorsieht, die die unmittelbar mit der Gewährung des Zugangs zum Signal verbundenen zusätzlichen Kosten übersteigt, das angestrebte Ziel nicht genauso wirksam erreicht werden könnte wie mit einer Regelung wie Art. 15 Abs. 6 der Richtlinie 2010/13, der eine eventuelle Kostenerstattung auf die Höhe dieser Kosten begrenzt, und dass diese Regelung daher erforderlich ist.
Was schließlich eine mögliche Unverhältnismäßigkeit von Art. 15 Abs. 6 der Richtlinie 2010/13 angeht, stellt sich das vorlegende Gericht im Kern die Frage, ob die in dieser Bestimmung vorgesehene Verpflichtung der Mitgliedstaaten, die Modalitäten und Bedingungen für das Recht auf Kurzberichterstattung näher festzulegen, angemessen die Anforderungen zum Ausgleich bringt, die sich aus dem Grundrecht auf Information einerseits und der unternehmerischen Freiheit andererseits ergeben. Seiner Ansicht nach ist eine Kostenerstattungsregelung nur verhältnismäßig, wenn sie insbesondere den Gegenstand der fraglichen exklusiven Fernsehübertragungsrechte und den Betrag, den der Inhaber für den Erwerb dieser Rechte entrichtet, berücksichtigt.
Hierzu ist festzustellen, dass der Unionsgesetzgeber die unternehmerische Freiheit auf der einen und das Grundrecht der Unionsbürger auf Information sowie die Freiheit und den Pluralismus der Medien auf der anderen Seite gegeneinander abzuwägen hatte.
Sind mehrere grundrechtlich geschützte Rechte und Freiheiten im Spiel, die unter dem Schutz der Unionsrechtsordnung stehen, ist bei der Beurteilung der möglichen Unverhältnismäßigkeit einer unionsrechtlichen Bestimmung darauf zu achten, dass die Erfordernisse des Schutzes dieser verschiedenen Rechte und Freiheiten miteinander in Einklang gebracht werden und dass zwischen ihnen ein angemessenes Gleichgewicht besteht (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 29. Januar 2008, Promusicae, C-275/06, Slg. 2008, I-271, Randnrn. 65 und 66, sowie Deutsches Weintor, Randnr. 47).
Durch Festlegung der Anforderungen an die Nutzung der Auszüge aus dem Signal hat der Unionsgesetzgeber dafür gesorgt, dass der Umfang des Eingriffs in die unternehmerische Freiheit sowie der mögliche wirtschaftliche Vorteil, den die Fernsehveranstalter aus der Kurzberichterstattung ziehen können, genau eingegrenzt sind.
So sieht Art. 15 Abs. 5 der Richtlinie 2010/13 vor, dass die Kurzberichterstattung über das exklusiv übertragene Ereignis nicht für jede Art von Fernsehsendung, sondern ausschließlich für allgemeine Nachrichtensendungen erfolgen darf. Folglich ist im Einklang mit dem 55. Erwägungsgrund der Richtlinie 2010/13 eine Nutzung der Auszüge aus dem Signal in Unterhaltungssendungen – die eine größere wirtschaftliche Bedeutung haben als allgemeine Nachrichtensendungen – ausgeschlossen.
Nach demselben Erwägungsgrund und Art. 15 Abs. 6 der Richtlinie 2010/13 sind die Mitgliedstaaten ferner verpflichtet, die Modalitäten und Bedingungen für die Bereitstellung der verwendeten Auszüge aus dem Signal näher festzulegen und dabei den exklusiven Fernsehübertragungsrechten angemessen Rechnung zu tragen. Insoweit ist den Abs. 3, 5 und 6 dieses Artikels sowie dem genannten 55. Erwägungsgrund zu entnehmen, dass diese Auszüge insbesondere kurz sein müssen und nicht länger als 90 Sekunden dauern sollten. Außerdem sind die Mitgliedstaaten verpflichtet, die Fristen für die Übertragung der betreffenden Auszüge festzulegen. Schließlich müssen die Fernsehveranstalter, die Kurzberichte senden, nach Art. 15 Abs. 3 die Quelle der kurzen Ausschnitte angeben, die sie in ihren Berichten verwenden, was eine positive Werbewirkung zugunsten des Inhabers der betreffenden exklusiven Fernsehübertragungsrechte haben kann.
Ferner schließt Art. 15 der Richtlinie 2010/13 nicht aus, dass die Inhaber exklusiver Fernsehübertragungsrechte, wie in Randnr. 49 des vorliegenden Urteils festgestellt, ihre Rechte entgeltlich verwerten können. Zudem können der Umstand, dass eine Refinanzierung mittels Kostenerstattung ausgeschlossen ist, und eine eventuelle Minderung des Marktwerts dieser exklusiven Fernsehübertragungsrechte in der Praxis bei den Vertragsverhandlungen über den Erwerb der fraglichen Rechte berücksichtigt werden und sich in dem für diesen Erwerb gezahlten Preis niederschlagen.
Dagegen ist bezüglich der Rechte und Interessen, die mit Art. 15 der Richtlinie 2010/13 geschützt werden sollen, darauf hinzuweisen, dass die exklusive Vermarktung von Ereignissen von großem öffentlichen Interesse, wie in Randnr. 51 des vorliegenden Urteils festgestellt, derzeit zunimmt und geeignet ist, den Zugang der Öffentlichkeit zu Informationen über diese Ereignisse erheblich einzuschränken.
Unter Berücksichtigung einerseits der Bedeutung, die der Wahrung des Grundrechts auf Information sowie der Freiheit und dem Pluralismus der Medien, wie sie durch Art. 11 der Charta garantiert werden, zukommt, und andererseits des Schutzes der unternehmerischen Freiheit, wie ihn Art. 16 der Charta gewährt, stand es dem Unionsgesetzgeber frei, Bestimmungen wie die in Art. 15 der Richtlinie 2010/13 zu erlassen, die Beschränkungen der unternehmerischen Freiheit vorsehen und zugleich im Hinblick auf die erforderliche Gewichtung der betroffenen Rechte und Interessen den Zugang der Öffentlichkeit zu Informationen gegenüber der Vertragsfreiheit privilegieren.
Der Unionsgesetzgeber konnte daher berechtigterweise den Inhabern exklusiver Fernsehübertragungsrechte die in Art. 15 Abs. 6 der Richtlinie 2010/13 vorgesehenen Beschränkungen der unternehmerischen Freiheit auferlegen und annehmen, dass die Nachteile, die sich aus dieser Bestimmung ergeben, im Hinblick auf die mit ihr verfolgten Ziele nicht unverhältnismäßig sind und geeignet sind, ein angemessenes Gleichgewicht zwischen den verschiedenen grundrechtlich geschützten Rechten und Freiheiten herzustellen, die im vorliegenden Fall betroffen sind.
Nach alledem hat die Prüfung der Vorlagefrage nichts ergeben, was die Gültigkeit von Art. 15 Abs. 6 der Richtlinie 2010/13 beeinträchtigen könnte.
Kosten
Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem bei dem vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig.
Gründe
Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Große Kammer) für Recht erkannt:
Die Prüfung der Vorlagefrage hat nichts ergeben, was die Gültigkeit von Art. 15 Abs. 6 der Richtlinie 2010/13/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 10. März 2010 zur Koordinierung bestimmter Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Bereitstellung audiovisueller Mediendienste (Richtlinie über audiovisuelle Mediendienste) beeinträchtigen könnte.
Unterschriften
( *1)Verfahrenssprache: Deutsch.
Kontakt zur AOK PLUS
Persönlicher Ansprechpartner
Firmenkundenservice
E-Mail-Service