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BAG 15.05.2013 - 5 AZR 147/12
BAG 15.05.2013 - 5 AZR 147/12 - Tarifvertragliche Entgeltsteigerung - VTV Nr 9 - Flugzeugkapitän
Normen
Vorinstanz
vorgehend ArbG Frankfurt, 12. August 2010, Az: 13 Ca 7624/09, Urteil
vorgehend Hessisches Landesarbeitsgericht, 19. Dezember 2011, Az: 17 Sa 1504/10, Urteil
Tenor
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1. Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 19. Dezember 2011 - 17 Sa 1504/10 - wird zurückgewiesen.
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2. Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.
Tatbestand
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Die Parteien streiten über den Zeitpunkt tarifvertraglicher Entgeltsteigerungen.
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Die Beklagte ist ein Luftverkehrsunternehmen, das in der Vergangenheit dem Konzern der D AG (DLH) angehörte. Der Kläger ist als verantwortlicher Flugzeugführer (Kapitän) auf dem Flugzeugmuster B 757/767 beschäftigt. Im Sommer 2005 wechselte er von der DLH zur G GmbH (GWI). Das Luftfahrtbundesamt erteilte ihm am 5. September 2005 die Lizenz als verantwortlicher Kapitän.
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Zum 13. September 2007 wechselte der Kläger zur Beklagten („CFG“). Der Arbeitsvertrag vom 6. September 2007 lautet auszugsweise:
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„…
2. Rechte und Pflichten
Die gegenseitigen Rechte und Pflichten ergeben sich aus dem Gesetz, den jeweils gültigen Tarifverträgen für das Cockpitpersonal der CFG, den Betriebsvereinbarungen und Dienstvorschriften der CFG sowie aus den Bestimmungen dieses Vertrages.
3. Übernahme der Personalakte
Es wird ausdrücklich vereinbart, dass die bisher bei der GWI geführte Personalakte (incl. der Fliegerakte) des Mitarbeiters übernommen wird, ohne dass Bestandteile der Personalakte entfernt werden. Alle aus arbeitsrechtlichen Maßnahmen resultierenden Konsequenzen erstrecken sich ohne Einschränkungen auch auf das mit der CFG zu schließende Arbeitsverhältnis.
…
5. Vergütung
Die monatliche Bruttovergütung - entsprechend der derzeitigen Vergütung als Kapitän - beträgt ab 13.09.2007: …“
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Der Vergütungstarifvertrag Nr. 9 für das Cockpitpersonal der Condor und Condor Berlin gültig ab 1. Januar 2006 (VTV Nr. 9) regelt ua.:
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„…
§ 2 Eingruppierung
Die Cockpitmitarbeiter werden gemäß ihrer überwiegenden Tätigkeit nach den im jeweiligen Manteltarifvertrag festgelegten Tätigkeitsmerkmalen in die entsprechenden Beschäftigungsgruppen eingruppiert.
§ 3 Monatsvergütung
(1) Die Monatsvergütung setzt sich zusammen aus einer Grundvergütung und einer Schichtzulage (§ 5). Die Höhe der Grundvergütung richtet sich nach den nachfolgenden Abs. (2) bis (5).
…
(4) a) Regelungen für seit 01.01.2005 ernannte Kapitäne
Ab der Ernennung zum Kapitän erhalten Mitarbeiter eine Grundvergütung von € 7.473,45 (ab dem 1.7.2006: € 7.660,29; ab dem 1.3.2007: € 7.775,19). Die Grundvergütung von Kapitänen wird nach 12 Monaten, dann zwei Mal nach jeweils 18 Monaten und danach jeweils bei Vollendung eines Beschäftigungsjahres als Kapitän um einen Steigerungsbetrag von € ... erhöht, höchstens jedoch auf € ...
…
§ 4 Zeitpunkt von Vergütungsänderungen
Erfüllen Mitarbeiter die Voraussetzungen für Umgruppierung, Steigerungsbeträge oder Gewährung von Zulagen zwischen dem 1. und dem 15. eines Monats, erhalten sie die neue Vergütung rückwirkend ab dem 1. dieses Monats; sind die Voraussetzungen nach dem 15. eines Monats erfüllt, erhalten sie die neue Vergütung ab dem 1. des nachfolgenden Monats. …
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Im Tarifvertrag über Wechsel und Förderung Nr. 3, gültig ab 1. Dezember 2006 (im Folgenden: TV WeFö Nr. 3) ist ua. geregelt:
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„…
§ 7 Förderung und Wechsel
(1) Förderung im Sinne dieses Tarifvertrages ist die Umschulung zum Kapitän.
(2) Wechsel im Sinne dieses Tarifvertrages sind Personalveränderungen, die im Zuge der Umschulung von einem Ausbildungsmuster auf ein Wechselmuster in derselben Funktion (Kapitän, Copilot, Flugingenieur) entstehen. Je einmal während der Copiloten- und Kapitänszeit soll ein Wechsel zwischen den Flugzeugmustern möglich sein, wenn Bedarf besteht und der Bewerber die entsprechenden Voraussetzungen erfüllt.
…
(11) …
Nach einem Arbeitgeberwechsel von DLH zu CFG, CIB, GWI* oder LCAG gilt ein bereits gemäß § 22 Abs. (2) MTV Cockpit Nr. 5a DLH erworbener Kündigungsschutz einzelvertraglich fort.
Bei einem Arbeitgeberwechsel zwischen DLH, CFG, LCAG, GWI* oder CIB werden die bei der früheren Gesellschaft tatsächlich verbrachten Beschäftigungszeiten bei der Berechnung von Zeiten und Fristen des jeweiligen Manteltarifvertrags sinngemäß berücksichtigt. Sonstige Anrechnungen erfolgen nicht.
…“
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Die Beklagte leistete dem Kläger entsprechend der im Konzern üblichen Praxis zunächst ein Entgelt, das dem zuletzt bei der GWI bezogenen entsprach. Sie steigerte die Vergütung des Klägers um den Steigerungsbetrag nach § 3 Abs. 4 Buchst. a) VTV Nr. 9 zum 1. Juli 2008 und zum 1. Januar 2010, weil sie vorprozessual für die „Ernennung zum Kapitän“ auf einen sog. „final check“ bzw. das „Senioritätsdatum 2“ (Kapitänswerdung) am 21. Dezember 2005 zum 1. Januar 2006 bei der GWI abstellte.
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Mit der Klage hat der Kläger die Steigerungsbeträge für die Monate März bis Juni 2008, September bis Dezember 2009 und September bis November 2010 geltend gemacht. Die erste Erhöhung habe zum 1. März 2008 und die zweite Erhöhung zum 1. September 2009 erfolgen müssen, denn er sei bereits mit Wirkung vom 1. September 2005 zum Kapitän ernannt worden. Die Beklagte sei hieran tariflich und arbeitsvertraglich gebunden, denn bei der Ernennung zum Kapitän handele es sich um eine arbeitsrechtliche Maßnahme. Der Anspruch ergebe sich zudem aus der Senioritätsliste, die Grundlage der Umschulung und Förderung nach dem TV WeFö Nr. 3 sei.
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Er hat zuletzt beantragt,
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die Beklagte zu verurteilen, an ihn 4.825,75 Euro brutto zuzüglich Verzugszinsen in gestaffelter Höhe zu zahlen.
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Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt. Für die Steigerungen seien ausschließlich die bei ihr verbrachten Beschäftigungsjahre maßgebend.
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Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Zahlungsbegehren weiter.
Entscheidungsgründe
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Die Revision des Klägers ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers gegen das die Klage abweisende Urteil des Arbeitsgerichts zu Recht zurückgewiesen. Es ist zutreffend davon ausgegangen, dass sich die Vergütung des Klägers nach zwölf Monaten und erneut nach 18 Monaten gerechnet ab der Einstellung bei der Beklagten gesteigert hat. Frühere Entgeltsteigerungen kann der Kläger weder nach dem VTV Nr. 9 noch arbeitsvertraglich beanspruchen.
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I. Der Kläger hat keinen Anspruch auf frühere Entgeltsteigerungen gemäß § 3 Abs. 4 Buchst. a) Satz 2 VTV Nr. 9. Auf die zutreffenden Ausführungen des Berufungsurteils wird verwiesen.
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II. Aus dem MTV Nr. 1 oder dem TV WeFö Nr. 3 folgt keine Fortschreibung der Steigerungsintervalle beim Arbeitgeberwechsel. Der MTV Nr. 1 verhält sich zu dieser Frage nicht. Nach § 7 Abs. 11 2. Unterabsatz Satz 1 TV WeFö Nr. 3 werden bei einem Arbeitgeberwechsel zwischen den Konzerngesellschaften die bei der früheren Gesellschaft tatsächlich verbrachten Beschäftigungszeiten bei der Berechnung von Zeiten und Fristen des jeweiligen Manteltarifvertrags sinngemäß berücksichtigt. Bei den Steigerungsintervallen handelt es sich nicht um manteltarifvertragliche Zeiten oder Fristen, denn sie sind ausschließlich im Vergütungstarifvertrag geregelt. Damit findet § 7 Abs. 11 2. Unterabsatz Satz 2 TV WeFö Nr. 3 Anwendung, wonach sonstige Anrechnungen gerade nicht erfolgen. Die Senioritätsliste, auf die sich der Kläger beruft und auf die die Beklagte vorprozessual abgestellt hat, ist nach dem VTV Nr. 9 und dem TV WeFö Nr. 3 für die Entgeltsteigerungen jedenfalls unerheblich.
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III. Die Beklagte ist nicht arbeitsvertraglich zu einer früheren Steigerung der Vergütung verpflichtet.
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1. Das Landesarbeitsgericht hat Ziff. 3 des Arbeitsvertrags zutreffend ausgelegt. Es kann dahinstehen, ob eine „Ernennung zum Kapitän“ eine arbeitsrechtliche Maßnahme ist. Die Vergütungssteigerungen nach § 3 Abs. 4 Buchst. a) VTV Nr. 9 sind jedenfalls keine Konsequenz aus einer bei einem anderen Arbeitgeber erfolgten Ernennung zum Kapitän, sondern Konsequenz aus der bei der Beklagten erfolgten Beschäftigung als Kapitän. Zudem haben die Parteien über die Vergütungshöhe in Ziff. 5 des Arbeitsvertrags eine eigenständige Regelung getroffen.
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2. Ein Anspruch folgt nicht aus betrieblicher Übung. Der Kläger ist noch in der Revisionsinstanz der Auffassung, die Beklagte schulde die frühere Steigerung der Vergütung aufgrund der tarifvertraglichen Regelung in § 3 Abs. 4 VTV Nr. 9. Damit stellte sich eine eventuelle betriebliche Praxis, die bei anderen Konzernunternehmen zurückgelegten Vordienstzeiten auf die Steigerungsintervalle anzurechnen, aus seiner Sicht als Erfüllung eines tariflichen Anspruchs dar. In einem solchen Fall wird eine Leistungsgewährung nicht als stillschweigendes Angebot zur Begründung einer betrieblichen Übung mit dem Inhalt einer übertariflichen Verpflichtung wahrgenommen, sondern als Normvollzug (BAG 17. März 2010 - 5 AZR 317/09 - Rn. 21 mwN, BAGE 133, 337).
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IV. Die vom Kläger erhobene Verfahrensrüge ist jedenfalls unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat den Anspruch des Klägers auf rechtliches Gehör nicht verletzt. Weitere Hinweise waren nicht geboten.
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V. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
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