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BFH 01.06.2022 - VII R 48/20
BFH 01.06.2022 - VII R 48/20 - Unionsrechtlicher Anspruch auf Erstattung von Produktionsabgaben eines Zuckerherstellers
Normen
Art 2 EUV 1360/2013, § 169 Abs 1 S 1 AO, § 12 Abs 1 S 1 MOG, § 37 Abs 2 AO
Vorinstanz
vorgehend FG Düsseldorf, 20. Oktober 2017, Az: 4 K 1955/16 VZr, Urteil
Leitsatz
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1. Ist Art. 2 VO 1360/2013 dahingehend auszulegen, dass ein Zuckerhersteller seinen Antrag auf Erstattung zu Unrecht erhobener Abgaben bis zum 30.09.2014 hätte stellen müssen?
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2. Falls die erste Frage zu verneinen ist: Ist die zuständige Behörde in einem Fall wie dem vorliegenden (unionsrechtswidrig, aber bestandskräftig festgesetzte Abgaben, deren Erstattung erst ein Jahr nach rückwirkender Festsetzung eines geringeren Koeffizienten durch die VO 1360/2013 beantragt wurde) berechtigt, die Erstattung zu Unrecht erhobener Produktionsabgaben unter Berufung auf die nationalen Vorschriften über die Bestandskraft und auf die für Abgabenbescheide nach den nationalen Vorschriften geltende Festsetzungsfrist sowie auf den unionsrechtlichen Grundsatz der Rechtssicherheit abzulehnen?
Tenor
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I. Dem Gerichtshof der Europäischen Union werden folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:
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1. Ist Art. 2 VO 1360/2013 dahingehend auszulegen, dass ein Zuckerhersteller seinen Antrag auf Erstattung zu Unrecht erhobener Abgaben bis zum 30.09.2014 hätte stellen müssen?
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2. Falls die erste Frage zu verneinen ist: Ist die zuständige Behörde in einem Fall wie dem vorliegenden (unionsrechtswidrig, aber bestandskräftig festgesetzte Abgaben, deren Erstattung erst ein Jahr nach rückwirkender Festsetzung eines geringeren Koeffizienten durch die VO 1360/2013 beantragt wurde) berechtigt, die Erstattung zu Unrecht erhobener Produktionsabgaben unter Berufung auf die nationalen Vorschriften über die Bestandskraft und auf die für Abgabenbescheide nach den nationalen Vorschriften geltende Festsetzungsfrist sowie auf den unionsrechtlichen Grundsatz der Rechtssicherheit abzulehnen?
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II. Das Verfahren wird bis zur Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union über die Vorabentscheidungsfragen ausgesetzt.
Tatbestand
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I.
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Der Beklagte und Revisionsbeklagte (Hauptzollamt --HZA--) setzte gegen die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) mit Bescheid vom 25.11.2002 auf der Grundlage der Verordnung (EG) Nr. 1837/2002 der Kommission vom 15.10.2002 zur Festsetzung der Produktionsabgaben sowie des Koeffizienten der Ergänzungsabgabe im Zuckersektor für das Wirtschaftsjahr 2001/02 --VO 1837/2002-- (Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften --ABlEG-- 2002, Nr. L 278, 13) für das Wirtschaftsjahr 2001/2002 unter dem Vorbehalt der Nachprüfung eine Produktionsabgabe für A- und B-Zucker von … €, eine Produktionsabgabe für B-Zucker von … € und eine Ergänzungsabgabe von … € (insgesamt … €) fest. Eine von der Klägerin beantragte Änderung der Festsetzung der Produktionsabgaben lehnte das HZA mit Bescheid vom 27.01.2010 ab.
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Am 18.12.2014 beantragte die Klägerin beim HZA erneut, die Festsetzung der Produktionsabgaben für das Wirtschaftsjahr 2001/2002 zu ändern und ihr eine Produktionsabgabe von … € nebst 0,5 % Zinsen pro Monat seit dem Zeitpunkt der Zahlung der Abgabe zu erstatten. Zur Begründung verwies sie auf die Verordnung (EU) Nr. 1360/2013 des Rates vom 02.12.2013 zur Festsetzung der Produktionsabgaben im Zuckersektor für die Wirtschaftsjahre 2001/2002, 2002/2003, 2003/2004, 2004/2005 und 2005/2006, des Koeffizienten für die Berechnung der Ergänzungsabgabe für die Wirtschaftsjahre 2001/2002 und 2004/2005 und der Beträge, die die Zuckerhersteller den Zuckerrübenverkäufern für die Differenz zwischen dem Höchstbetrag der Abgaben und dem Betrag dieser für die Wirtschaftsjahre 2002/2003, 2003/2004 und 2005/2006 zu erhebenden Abgaben zu zahlen haben --VO 1360/2013-- (Amtsblatt der Europäischen Union --ABlEU-- 2013, Nr. L 343, 2). Diesen Antrag lehnte das HZA mit Bescheid vom 28.01.2016 unter Hinweis auf die Bestandskraft des Bescheids über die Festsetzung der Produktionsabgaben vom 25.11.2002 ab. Das Einspruchsverfahren blieb erfolglos.
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Das Finanzgericht urteilte, die Klägerin habe keinen Anspruch auf Erstattung der Produktionsabgaben, weil die bestandskräftige Festsetzung der Abgaben mit Bescheid vom 25.11.2002 einer Erstattung entgegenstehe. Die rückwirkende Festsetzung eines geringeren Koeffizienten durch die VO 1360/2013 habe keine unmittelbaren Auswirkungen auf einen ergangenen Abgabenbescheid. Denn die VO 1360/2013 enthalte keine Vorschriften für die Änderung ergangener Abgabenbescheide, diese richte sich vielmehr nach einzelstaatlichem Recht. Dass die einzelstaatlich geregelte Bestandskraft eines Abgabenbescheids einem Erstattungsanspruch entgegenstehe, stelle keinen Verstoß gegen den unionsrechtlichen Effektivitätsgrundsatz dar, weil die Klägerin nach einzelstaatlichem Recht die Möglichkeit gehabt hätte, einen Rechtsbehelf gegen den Abgabenbescheid vom 25.11.2002 und den ablehnenden Bescheid vom 27.01.2010 einzulegen. Die Klägerin könne auch keine Änderung der Abgabenfestsetzung auf der Grundlage von Vorschriften der Abgabenordnung (AO) erreichen, weil der Vorbehalt der Nachprüfung mit dem Ablauf der Festsetzungsfrist entfallen sei. Da die Klägerin keine Erstattung von Produktionsabgaben beanspruchen könne, bedürfe es keiner Entscheidung über die von ihr begehrten Zinsen.
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Gegen dieses Urteil wendet sich die Klägerin mit ihrer Revision und weist auf das Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) Cargill Deutschland vom 19.12.2019 - C-360/18 (EU:C:2019:1124, Zeitschrift für Zölle und Verbrauchsteuern --ZfZ-- 2020, 51) hin, in dem der EuGH den unionsrechtlichen Anspruch der Zuckerhersteller auf Erstattung der zu Unrecht gezahlten Produktionsabgaben bestätigt habe. Der Grundsatz der Effektivität erlaube es dem HZA nicht, sich auf nationale Verjährungsfristen und auf die Bestandskraft des Bescheids vom 25.11.2002 zu berufen, weil erst anhand der VO 1360/2013 der Teil der zu Unrecht festgesetzten Produktionsabgaben habe bestimmt werden können. Das HZA verkenne ferner den Wortlaut, den Inhalt und den Zweck des Art. 2 VO 1360/2013 in Verbindung mit (i.V.m.) Art. 2 Abs. 2 Unterabsatz (Unterabs.) 2 Verordnung (EG, Euratom) Nr. 1150/2000 des Rates vom 22.05.2000 zur Durchführung des Beschlusses 94/728/EG, Euratom über das System der Eigenmittel der Gemeinschaften --VO 1150/2000-- (ABlEG 2000, Nr. L 130, 1), bei denen es ausschließlich um die Rechtsbeziehungen zwischen der Gemeinschaft und den Mitgliedstaaten bei der Feststellung von Eigenmitteln, also um verwaltungsinterne Vorgänge, gehe. Weder aus Art. 2 VO 1360/2013 noch aus den Erwägungsgründen dazu ergebe sich eine zeitliche Beschränkung für die Erstattung von Produktionsabgaben. In seiner Entscheidung Cargill Deutschland (EU:C:2019:1124, ZfZ 2020, 51) habe sich der EuGH nicht zu der Frage geäußert, innerhalb welcher Frist Erstattungsanträge gestellt werden müssten. Die Vorschriften der AO seien unter Berücksichtigung der Grundsätze der Äquivalenz und der Effektivität anzuwenden. Sie, die Klägerin, habe ihr Recht auf Erstattung erst am 20.12.2013 ausüben können und sei deshalb nicht verpflichtet gewesen, gegen den Festsetzungsbescheid für das Wirtschaftsjahr 2001/2002 Einspruch einzulegen. Der Erstattungsanspruch gemäß § 37 Abs. 2 AO dürfe daher nicht von einer Aufhebung oder Änderung des ursprünglichen Bescheids vom 25.11.2002 abhängig gemacht werden.
Entscheidungsgründe
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II.
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Der Senat setzt das bei ihm anhängige Revisionsverfahren aus (§ 121 Satz 1 i.V.m. § 74 der Finanzgerichtsordnung) und legt dem EuGH gemäß Art. 267 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) folgende Fragen zur Vorabentscheidung vor:
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1. Ist Art. 2 VO 1360/2013 dahingehend auszulegen, dass ein Zuckerhersteller seinen Antrag auf Erstattung zu Unrecht erhobener Abgaben bis zum 30.09.2014 hätte stellen müssen?
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2. Falls die erste Frage zu verneinen ist: Ist die zuständige Behörde in einem Fall wie dem vorliegenden (unionsrechtswidrig, aber bestandskräftig festgesetzte Abgaben, deren Erstattung erst ein Jahr nach rückwirkender Festsetzung eines geringeren Koeffizienten durch die VO 1360/2013 beantragt wurde) berechtigt, die Erstattung zu Unrecht erhobener Produktionsabgaben unter Berufung auf die nationalen Vorschriften über die Bestandskraft und auf die die für Abgabenbescheide nach den nationalen Vorschriften geltende Festsetzungsfrist sowie auf den unionsrechtlichen Grundsatz der Rechtssicherheit abzulehnen?
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III.
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Nach Auffassung des Senats ist für die Lösung des Streitfalls zunächst entscheidend, ob die in Art. 2 VO 1360/2013 genannte Frist eine Antragsfrist darstellt, innerhalb derer ein Zuckerhersteller, der die Erstattung zu Unrecht festgesetzter Produktionsabgaben begehrt, seinen Antrag auf Erstattung bei der zuständigen Behörde hätte stellen müssen. Handelt es sich bei dieser Frist nicht um eine zwingend einzuhaltende Antragsfrist, ist zudem unklar, wie lange eine Erstattung der Produktionsabgaben beantragt werden kann und ob nationale Vorschriften über die Bestandskraft von Abgabenbescheiden und über die Festsetzungsfrist sowie der in der Rechtsprechung des EuGH anerkannte Grundsatz der Rechtssicherheit einer Erstattung entgegenstehen können. Bei der Auslegung des Art. 2 VO 1360/2013 und hinsichtlich des Verhältnisses des Grundsatzes der Rechtssicherheit zu der EuGH-Entscheidung Cargill Deutschland (EU:C:2019:1124, ZfZ 2020, 51) hat der Senat Zweifel:
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Anzuwendendes Unionsrecht:
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Erwägungsgrund 23 VO 1360/2013:
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Aus Gründen der Rechtssicherheit und zur Gewährleistung der Gleichbehandlung der betreffenden Marktteilnehmer in den Mitgliedstaaten ist ein gemeinsamer Zeitpunkt festzulegen, zu dem die gemäß der vorliegenden Verordnung festgesetzten Abgaben im Sinne von Artikel 2 Absatz 2 Unterabsatz 2 der Verordnung (EG, Euratom) Nr. 1150/2000 des Rates festzustellen sind. Diese Frist sollte allerdings nicht gelten, wenn die Mitgliedstaaten nach nationalem Recht zur Erstattung an den betreffenden Marktteilnehmer nach diesem gemeinsamen Zeitpunkt verpflichtet sind.
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Art. 2 VO 1360/2013:
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Der in Artikel 2 Absatz 2 Unterabsatz 2 der Verordnung (EG, Euratom) Nr. 1150/2000 genannte Zeitpunkt der Feststellung der Abgaben gemäß der vorliegenden Verordnung ist spätestens der 30. September 2014, außer wenn die Mitgliedstaaten diese Frist aufgrund der Anwendung nationaler Rechtsvorschriften über die Rückforderung gezahlter, jedoch nicht geschuldeter Beträge an die Wirtschaftsteilnehmer nicht einhalten können.
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Art. 2 Abs. 1 und Abs. 2 Unterabs. 1 und 2 VO 1150/2000:
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(1) Für diese Verordnung gilt ein Anspruch der Gemeinschaften auf die Eigenmittel im Sinn von Artikel 2 Absatz 1 Buchstabe a des Beschlusses 2007/436/EC, Euratom als festgestellt, sobald die Bedingungen der Zollvorschriften für die buchmäßige Erfassung des Betrags der Abgabe und dessen Mitteilung an den Abgabenschuldner erfüllt sind.
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(2) Der Zeitpunkt der Feststellung im Sinn von Absatz 1 ist der Zeitpunkt der buchmäßigen Erfassung im Sinne der Zollvorschriften.
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Bei den im Rahmen der gemeinsamen Marktorganisation für Zucker vorgesehenen Abgaben und sonstigen Beträgen ist als Zeitpunkt der Feststellung im Sinne von Absatz 1 der Zeitpunkt der in der Zuckerregelung vorgesehenen Mitteilung zugrunde zu legen.
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Art. 16 Abs. 2 Satz 1 der Verordnung (EG) Nr. 1260/2001 des Rates vom 19.06.2001 über die gemeinsame Marktorganisation für Zucker --VO 1260/2001-- (ABlEG 2001, Nr. L 178, 1):
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Die Ergänzungsabgabe wird für jedes Zucker erzeugende Unternehmen, für jedes Isoglucose erzeugende Unternehmen und für jedes Inulinsirup erzeugende Unternehmen ermittelt, indem auf die Gesamtsumme der fälligen Produktionsabgaben des Unternehmens für das betreffende Wirtschaftsjahr ein noch festzusetzender Koeffizient angewandt wird.
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Art. 2 Abs. 1 Buchst. a des Beschlusses des Rates vom 29.09.2000 über das System der Eigenmittel der Europäischen Gemeinschaften (2000/597/EG, Euratom) --Beschluss 2000/597/EG, Euratom-- (ABlEG 2000 Nr. L 253, 42): Folgende Einnahmen stellen in den Haushaltsplan der Europäischen Union einzusetzende Eigenmittel dar:
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a) Abschöpfungen, Prämien, Zusatz- oder Ausgleichsbeträge, zusätzliche Teilbeträge und andere Abgaben auf den Warenverkehr mit Drittländern, die von den Organen der Gemeinschaften im Rahmen der gemeinsamen Agrarpolitik eingeführt worden sind oder noch eingeführt werden, sowie Abgaben, die im Rahmen der gemeinsamen Marktorganisation für Zucker vorgesehen sind.
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Art. 8 Abs. 1 Unterabs. 1 Beschluss 2000/597/EG, Euratom:
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Die Eigenmittel der Gemeinschaften gemäß Art. 2 Absatz 1 Buchstaben a) und b) werden von den Mitgliedstaaten nach den innerstaatlichen Rechts- und Verwaltungsvorschriften erhoben, die gegebenenfalls den Erfordernissen der Gemeinschaftsregelung anzupassen sind.
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Anzuwendendes nationales Recht:
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§ 12 Abs. 1 Satz 1 des Marktorganisationsgesetzes (MOG) in der Fassung (i.d.F.) vom 29.10.2001:
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Auf Abgaben zu Marktordnungszwecken, die nach Regelungen im Sinne des § 1 Abs. 2 hinsichtlich Marktordnungswaren erhoben werden, sind die Vorschriften der Abgabenordnung mit Ausnahme des § 222 Satz 3 und 4 entsprechend anzuwenden, sofern nicht durch dieses Gesetz oder durch Rechtsverordnung auf Grund dieses Gesetzes eine von diesen Vorschriften abweichende Regelung getroffen ist.
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§ 169 AO i.d.F. vom 01.10.2002:
(1) Eine Steuerfestsetzung sowie ihre Aufhebung oder Änderung sind nicht mehr zulässig, wenn die Festsetzungsfrist abgelaufen ist. (...)
(2) Die Festsetzungsfrist beträgt:
1.
ein Jahr
für Verbrauchsteuern und Verbrauchsteuervergütungen,2.
vier Jahre
für Steuern und Steuervergütungen, die keine Steuern oder Steuervergütungen im Sinne der Nummer 1 oder Einfuhr- und Ausfuhrabgaben im Sinne des Artikels 4 Nr. 10 und 11 des Zollkodexes sind.
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§ 170 Abs. 1 AO i.d.F. vom 01.10.2002 :
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Die Festsetzungsfrist beginnt mit Ablauf des Kalenderjahrs, in dem die Steuer entstanden ist oder eine bedingt entstandene Steuer unbedingt geworden ist.
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§ 171 Abs. 3 AO i.d.F. vom 01.10.2002:
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Wird vor Ablauf der Festsetzungsfrist außerhalb eines Einspruchs- oder Klageverfahrens ein Antrag auf Steuerfestsetzung oder auf Aufhebung oder Änderung einer Steuerfestsetzung oder ihrer Berichtigung nach § 129 gestellt, so läuft die Festsetzungsfrist insoweit nicht ab, bevor über den Antrag unanfechtbar entschieden worden ist.
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IV.
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Bei der Auslegung des Art. 2 VO 1360/2013 und des Verhältnisses der EuGH-Entscheidung Cargill Deutschland (EU:C:2019:1124, ZfZ 2020, 51) zu dem Grundsatz der Rechtssicherheit und der dazu ergangenen EuGH-Rechtsprechung bestehen Zweifel.
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1. Mit der VO 1837/2002 wurden die Produktionsabgaben im Zuckersektor (Art. 1) und der in Art. 16 Abs. 2 der VO 1260/2001 vorgesehene Koeffizient (Art. 2) für das Wirtschaftsjahr 2001/2002 festgesetzt. Der Koeffizient betrug demnach 0,08319.
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Während die Produktionsabgaben im Zuckersektor für das Wirtschaftsjahr 2001/2002 unverändert blieben, wurde der Koeffizient mit der VO 1360/2013 geändert und für das Wirtschaftsjahr 2001/2002 mit Wirkung vom 16.10.2002 auf 0,01839 herabgesetzt (vergleiche --vgl.-- Nr. 2 des Anhangs der VO 1360/2013). Anlass zu dieser nachträglichen Änderung gaben die EuGH-Entscheidungen in den Rechtssachen Zuckerfabrik Jülich und andere vom 08.05.2008 - C-5/06, C-23/06 bis C-36/06 (EU:C:2008:260, ZfZ 2008, 187), SAFBA und andere vom 06.10.2008 - C-175/07 bis C-184/07 (EU:C:2008:543), Société Roquette Frères SA vom 06.10.2008 - C-466/06 (EU:C:2008:542); Raffinerie Tirlemontoise vom 06.10.2008 - C-200/06 (EU:C:2008:541) und Zuckerfabrik Jülich und andere vom 27.09.2012 - C-113/10, C-147/10, C-234/10 (EU:C:2012:591, ZfZ 2013, 76) sowie die Entscheidung des Gerichts der Europäischen Union Polen/Kommission vom 29.09.2011 - T-4/06 (EU:T:2011:546).
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Aus den Erwägungsgründen 12 und 13 der VO 1360/2013 ergibt sich weiter, dass die Berichtigungen als erforderlich angesehen wurden, weil --entgegen der Annahme des EuGH in der Rechtssache Zuckerfabrik Jülich und andere EU:C:2008:260, Randziffer (Rz) 66, ZfZ 2008,187-- dieselbe Methode, die der EuGH für ungültig erklärt hatte, zur Berechnung der Abgaben für das Wirtschaftsjahr 2001/2002 verwendet worden war und die berichtigten Abgaben ab denselben Zeitpunkten gelten sollten wie die für ungültig erklärten Abgaben. Ferner ist dem Erwägungsgrund 23 der VO 1360/2013 zu entnehmen, dass aus Gründen der Rechtssicherheit und zur Gewährleistung der Gleichbehandlung der betreffenden Marktteilnehmer in den Mitgliedstaaten ein gemeinsamer Zeitpunkt festgelegt werden sollte, zu dem die gemäß der VO 1360/2013 festgesetzten Abgaben festzustellen waren.
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Aufgrund der nachträglichen und rückwirkenden Änderung des Koeffizienten für die Berechnung der Ergänzungsabgabe hat die Klägerin im Streitfall --ex post betrachtet-- für das Wirtschaftsjahr 2001/2002 eine zu hohe Ergänzungsabgabe im Sinne von Art. 16 Abs. 2 VO 1260/2001 und Art. 1 Abs. 2 VO 1360/2013 gezahlt.
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Wie genau die rückwirkende Änderung des Koeffizienten für die Berechnung der Ergänzungsabgabe verfahrensrechtlich umgesetzt werden soll, ist unionsrechtlich nicht geregelt. Insbesondere ergibt sich aus der VO 1360/2013 kein Anspruch auf Änderung von Abgabenbescheiden, die aufgrund der VO 1837/2002 erlassen wurden.
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2. Die Voraussetzungen für eine Änderung von Abgabenbescheiden und die Durchführung der Erstattung richten sich vielmehr nach nationalem Recht.
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a) Gemäß Art. 2 Abs. 1 Buchst. a des Beschlusses 2000/597/EG, Euratom, stellen Abgaben, die im Rahmen der gemeinsamen Marktorganisation für Zucker vorgesehen sind, in den Haushaltsplan der Europäischen Union einzusetzende Eigenmittel dar. Nach Art. 8 Abs. 1 des Beschlusses 2000/597/EG, Euratom, werden die Eigenmittel der Gemeinschaften gemäß Art. 2 Abs. 1 Buchst. a und b von den Mitgliedstaaten nach den innerstaatlichen Rechts- und Verwaltungsvorschriften erhoben, die gegebenenfalls den Erfordernissen der Gemeinschaftsregelung anzupassen sind. Entsprechende Regelungen enthält der Beschluss des Rates vom 07.06.2007 über das System der Eigenmittel der Europäischen Gemeinschaften, 2007/436/EG, Euratom (ABlEU 2007, Nr. L 163, 17), mit dem der Beschluss 2000/597/EG, Euratom, bis auf wenige Ausnahmeregelungen mit Wirkung vom 01.01.2007 aufgehoben wurde (vgl. Art. 10 Abs. 1).
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b) Dementsprechend hat der EuGH entschieden, dass Streitigkeiten über die Erstattung von für Rechnung der Union erhobener Beträge in die Zuständigkeit der innerstaatlichen Gerichte fallen und von diesen nach ihrem innerstaatlichen formellen und materiellen Recht zu entscheiden sind, soweit das Unionsrecht auf dem betreffenden Gebiet nichts anderes bestimmt (EuGH-Urteil Zuckerfabrik Jülich und andere, EU:C:2012:591, Rz 58, mit weiteren Nachweisen --m.w.N.--, ZfZ 2013, 76).
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Weiterhin hat der EuGH klargestellt, dass die Durchführung der Erstattung von Abgaben in der Zuständigkeit der Mitgliedstaaten liegt. Danach ist es Sache der nationalen Stellen und insbesondere der nationalen Gerichte, in Fällen der Erstattung von Abgaben, die auf der Grundlage von für ungültig erklärten Unionsverordnungen zu Unrecht erhoben wurden, alle mit dieser Erstattung zusammenhängenden Nebenfragen wie etwa die der Zahlung von Zinsen gemäß ihren innerstaatlichen Vorschriften über den Zinssatz und den Zeitpunkt, von dem an die Zinsen zu berechnen sind, zu regeln, wenn einschlägige unionsrechtliche Vorschriften fehlen (vgl. EuGH-Urteil Zuckerfabrik Jülich und andere, EU:C:2012:591, Rz 60, m.w.N., ZfZ 2013, 76).
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Nach ständiger EuGH-Rechtsprechung dürfen die Mitgliedstaaten in Ermangelung harmonisierter Vorschriften über die Rückerstattung von unionsrechtswidrig erhobenen Abgaben weiterhin die Verfahrensvorschriften ihres innerstaatlichen Rechts, unter anderem über die Verjährungs- oder Ausschlussfristen, anwenden, sofern sie dabei die Grundsätze der Äquivalenz und der Effektivität einhalten (EuGH-Urteil Cargill Deutschland, EU:C:2019:1124, Rz 46, ZfZ 2020, 51).
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c) Dies entspricht auch der Auffassung der Europäischen Kommission. In der Anlage zu dem Interinstitutionellen Dossier 2013/0252 (NLE) des Rates der Europäischen Union vom 19.11.2013 (HZA-Akte, Hefter 2, Bl. 15) hat die Europäische Kommission erklärt, dass die Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen die Entscheidung der einzelstaatlichen Behörden über die Erhebung der Zuckerabgabe in einem bestimmten Fall endgültig ist oder auf der Grundlage der in der neuen Ratsverordnung enthaltenen Abgabenbeträge überprüft werden muss, nach Maßgabe des anzuwendenden einzelstaatlichen Rechts zu klären ist.
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d) In der Bundesrepublik Deutschland ergeben sich die verfahrensrechtlichen Vorschriften zur Umsetzung der VO 1837/2002 und der VO 1360/2013 aus dem MOG und der AO.
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aa) Gemäß § 12 Abs. 1 Satz 1 MOG sind auf Abgaben zu Marktordnungszwecken, die nach Regelungen im Sinne des § 1 Abs. 2 hinsichtlich Marktordnungswaren erhoben werden, grundsätzlich die Vorschriften der AO entsprechend anzuwenden, sofern nicht durch das MOG oder durch Rechtsverordnung auf Grund dieses Gesetzes eine von diesen Vorschriften abweichende Regelung getroffen ist.
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bb) In Anwendung der nach deutschem Recht zu beachtenden Verfahrensvorschriften hätte die Klägerin keinen Anspruch auf die beantragte Änderung der Festsetzung der Produktionsabgaben und auf Erstattung von für das Wirtschaftsjahr 2001/2002 eventuell zu Unrecht gezahlter Produktionsabgaben gemäß § 12 MOG i.V.m. § 37 Abs. 2 AO.
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Gegen den Bescheid vom 25.11.2002, mit dem das HZA gegenüber der Klägerin Produktionsabgaben sowie eine Ergänzungsabgabe festgesetzt hatte, hat die Klägerin keinen Rechtsbehelf, d.h. keinen Einspruch nach § 347 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO eingelegt. Aufgrund dessen wurde der Abgabenbescheid bestandskräftig.
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Eine nachträgliche Änderung des Abgabenbescheids vom 25.11.2002 ist nach deutschem Recht nicht mehr möglich. Gemäß § 169 Abs. 1 Satz 1 AO kann eine Steuerfestsetzung nur solange geändert werden, wie die Festsetzungsfrist nicht abgelaufen ist. Die Festsetzungsfrist für die Produktionsabgaben für das Zuckerwirtschaftsjahr 2001/2002 begann gemäß § 12 Abs. 1 Satz 1 MOG i.V.m. § 170 Abs. 1 AO mit Ablauf des 31.12.2002 und endete im Februar 2010, nachdem der Antrag der Klägerin auf Änderung der Abgabenfestsetzung unanfechtbar abgelehnt worden war. Obwohl also im Streitfall der Ablauf der regulären vierjährigen Festsetzungsfrist gemäß § 171 Abs. 3 AO zunächst gehemmt war, war bereits vor dem Erlass der VO 1360/2013 die Festsetzungsfrist abgelaufen und eine Änderung des Abgabenbescheids vom 25.11.2002 somit nicht mehr zulässig. Eine Erstattung von Produktionsabgaben ohne eine Änderung der bestandskräftigen Verwaltungsentscheidung, mit der die Produktionsabgaben festgesetzt worden waren, ist im deutschen Recht nicht vorgesehen.
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3. Eine Erstattung der zu Unrecht erhobenen Produktionsabgaben hält das vorlegende Gericht daher nur für möglich, wenn sich unmittelbar aus dem Unionsrecht ein Erstattungsanspruch ergibt und diesem weder die in Art. 2 VO 1360/2013 genannte Frist noch die nach nationalem Recht eingetretene Festsetzungsverjährung oder der unionsrechtliche Grundsatz der Rechtssicherheit entgegenstehen.
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a) Der in Art. 2 Abs. 2 Unterabs. 2 VO 1150/2000 genannte Zeitpunkt der Feststellung der Abgaben gemäß der vorliegenden Verordnung (VO 1360/2013) ist spätestens der 30.09.2014, außer wenn die Mitgliedstaaten diese Frist aufgrund der Anwendung nationaler Rechtsvorschriften über die Rückforderung gezahlter, jedoch nicht geschuldeter Beträge an die Wirtschaftsteilnehmer nicht einhalten können.
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Für die Entscheidung des Streitfalles kommt es darauf an, ob der 30.09.2014 einen Zeitpunkt darstellt, bis zu dem der Antrag auf Erstattung zu Unrecht gezahlter Produktionsabgaben bei der zuständigen Behörde spätestens hätte eingegangen sein müssen, und ob der Anspruch auf Erstattung erlischt, wenn die zuständige Behörde den Antrag nicht bis zu diesem Zeitpunkt erhalten hat. Wäre die in Art. 2 VO 1360/2013 genannte Frist eine zwingend einzuhaltende Antragsfrist, hätte die Klägerin im Ausgangsverfahren schon aus diesem Grund keinen Anspruch auf Erstattung zu Unrecht gezahlter Produktionsabgaben, weil sie deren Erstattung erst im Dezember 2014 beantragt hat. Die in Art. 2 VO 1360/2013 geregelte und auch in Erwägungsgrund 23 VO 1360/2013 angesprochene Ausnahme liegt nicht vor, weil eine Erstattung nach nationalen Rechtsvorschriften --wie oben bereits dargelegt-- nicht mehr möglich ist.
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Das vorlegende Gericht neigt jedoch zu der Auffassung, dass Art. 2 VO 1360/2013 eine Frist regelt, die die Mitgliedstaaten gegenüber der Europäischen Kommission einzuhalten haben und die nicht auch für die Zuckerhersteller und etwaige Erstattungsansprüche gilt. Denn Art. 2 Abs. 2 Unterabs. 2 VO 1150/2000 regelt den Zeitpunkt, bis zu dem der Anspruch der Gemeinschaften auf die Eigenmittel festgestellt bzw. buchmäßig erfasst im Sinne der Zollvorschriften sein muss. Dadurch wird sichergestellt, dass die Eigenmittel der Europäischen Kommission fristgerecht zur Verfügung gestellt werden (vgl. Art. 1 VO 1150/2000). Dieser Vorgang betrifft somit nur das Verhältnis der Mitgliedstaaten zur Europäischen Union. Im Übrigen spricht gegen die Annahme einer die jeweiligen Zuckerhersteller betreffenden Antragsfrist auch die Tatsache, dass Art. 2 VO 1360/2013 eine Abweichung von der bis zum 30.09.2014 laufenden Frist zulässt, wenn die Mitgliedstaaten diese Frist aufgrund der Anwendung nationaler Rechtsvorschriften über die Rückforderung gezahlter, jedoch nicht geschuldeter Beträge an die Wirtschaftsteilnehmer nicht einhalten können.
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b) Sofern es sich bei der in Art. 2 VO 1360/2013 genannten Frist nicht um eine für den Zuckerhersteller geltende und somit bindende Antragsfrist handelt, stellt sich für das vorlegende Gericht die Frage, ob der vom EuGH anerkannte Grundsatz der Rechtssicherheit einem unionsrechtlichen Erstattungsanspruch, wie der EuGH ihn in seiner Entscheidung Cargill Deutschland (EU:C:2019:1124, ZfZ 2020, 51) bejaht hat, entgegensteht.
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aa) Das vorlegende Gericht neigt der Auffassung zu, dass sich ein Erstattungsanspruch nicht allein aus der VO 1360/2013 ergibt.
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Zwar gilt die Änderung des zur Berechnung der Ergänzungsabgabe erforderlichen Koeffizienten für das Wirtschaftsjahr 2001/2002 (Art. 1 Abs. 2 VO 1360/2013) mit Wirkung vom 16.10.2002 (Art. 3 VO 1360/2013) und wegen Art. 288 Unterabs. 2 AEUV verbindlich und unmittelbar in jedem Mitgliedstaat. Daraus lässt sich jedoch nicht eindeutig ein unionsrechtlicher Anspruch auf eine Änderung der Abgabenfestsetzung und auf Erstattung zu Unrecht gezahlter Beträge ableiten. Insbesondere ergibt sich daraus nicht, in welchen Fällen und unter welchen verfahrensrechtlichen Voraussetzungen eine rückwirkende Korrektur durchzuführen wäre. Auch die Erwägungsgründe 12 bis 14 deuten nicht darauf hin, dass in der VO 1360/2013 ein unionsrechtlicher Erstattungsanspruch geregelt werden sollte, weil dort nur der Hintergrund für den Erlass der VO 1360/2013 dargelegt wird.
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Dass eine rückwirkende Änderung des Koeffizienten nicht automatisch einen Erstattungsanspruch beinhaltet, lässt sich ferner aus der Verordnung (EU) 2018/264 des Rates vom 19.02.2018 zur Festsetzung der Produktionsabgaben sowie des Berechnungskoeffizienten für die Ergänzungsabgabe im Zuckersektor für das Wirtschaftsjahr 1999/2000 und zur Festsetzung der Produktionsabgaben im Zuckersektor für das Wirtschaftsjahr 2000/2001 --VO 2018/264-- (ABlEU 2018, Nr. L 51, 1) schließen. Denn in diesem Fall hat der Verordnungsgeber einen Erstattungsanspruch ausdrücklich geregelt (vgl. Art. 2 Abs. 2 VO 2018/264), was entbehrlich gewesen wäre, wenn sich ein solcher Anspruch bereits aus der Änderung des Koeffizienten ergäbe.
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bb) Ein Anspruch auf Erstattung zu Unrecht gezahlter Produktionsabgaben ergibt sich jedoch aus den uniotären Rechten des Einzelnen und den vom EuGH dazu aufgestellten Grundsätzen. Wie der EuGH mit seinem Urteil Cargill Deutschland (EU:C:2019:1124, Rz 37 ff., ZfZ 2020, 51) entschieden hat, erfordert die praktische Wirksamkeit der Verordnung 1360/2013, dass die betreffenden Zuckerhersteller die mehrere Jahre vor dem Erlass dieser Verordnung zu Unrecht gezahlten Produktionsabgaben erstattet bekommen können. Daraus folgt, dass sich die Ansprüche der Zuckerhersteller auf Erstattung der zu Unrecht gezahlten Abgaben unmittelbar aus dem Unionsrecht ableiten lassen. Denn das Recht auf Erstattung von Abgaben, die ein Mitgliedstaat unter Verstoß gegen das Unionsrecht erhoben hat, stellt eine Folge und eine Ergänzung der Rechte dar, die den Einzelnen aus dem Unionsrecht in seiner Auslegung durch den EuGH erwachsen. Nach der Rechtsprechung des EuGH soll also erreicht werden, dass der Zuckerhersteller im Ergebnis (nur) mit der richtigen Abgabenhöhe belastet wird, selbst wenn der Verwaltung im Zeitpunkt der Abgabenfestsetzung kein Fehler unterlaufen ist, weil sie die in diesem Zeitpunkt gültige Verordnung --vorliegend die VO 1837/2002-- angewandt hat.
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Weiterhin weist der EuGH darauf hin, dass sich das Verfahren und die Modalitäten der Erstattung nach nationalem Recht richten, wenn das Unionsrecht diesbezüglich keine Vorgaben macht. Allerdings ist die Anwendung von mitgliedstaatlichem Verfahrensrecht, zu dem auch Verjährungs- oder Ausschlussfristen gehören, durch die Grundsätze der Äquivalenz und der Effektivität beschränkt. Demnach darf es dem Zuckerhersteller nicht praktisch unmöglich sein, einen Erstattungsantrag zu stellen. Dies ist jedoch dann der Fall, wenn die im deutschen Recht geregelte Bestandskraft eines Abgabenbescheids einem auf die VO 1360/2013 gestützten Erstattungsantrag entgegensteht, sofern bei Antragstellung die nach nationalem Recht geltende Verjährungsfrist abgelaufen ist (vgl. EuGH-Urteil Cargill Deutschland, EU:C:2019:1124, Rz 45 ff. und 51 ff.).
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Daraus schließt das vorlegende Gericht, dass im vorliegenden Streitfall der Eintritt der Festsetzungsverjährung der Geltendmachung des Erstattungsanspruchs durch die Klägerin nicht entgegenstehen darf. Denn die Klägerin und auch das HZA konnten erst mit Inkrafttreten der VO 1360/2013 wissen, wie sich der Koeffizient verändern und wie hoch der Erstattungsanspruch sein würde. Im Jahr 2013 war jedoch bereits Festsetzungsverjährung nach deutschem Recht eingetreten, so dass eine Änderung des Bescheids vom 25.11.2002, mit dem die Produktionsabgaben für das Zuckerwirtschaftsjahr 2001/2002 festgesetzt worden waren, nicht mehr zulässig war. Somit wäre es der Klägerin im Ausgangsverfahren bei Beachtung der nationalen Festsetzungsfrist praktisch unmöglich gewesen, die Ergänzungsabgabe in der zu Unrecht erhobenen Höhe erstattet zu bekommen.
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In diesem Zusammenhang geht der Senat davon aus, dass es der Klägerin nicht vorgeworfen werden kann, dass sie gegen den Abgabenbescheid vom 25.11.2002 keinen Einspruch eingelegt hat und dieser somit bestandskräftig geworden ist. Denn die Klägerin konnte zum damaligen Zeitpunkt nicht absehen, dass im Jahr 2013 eine Änderungsverordnung erlassen und der Koeffizient zur Berechnung der Ergänzungsabgabe zu ihren Gunsten geändert werden würde.
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cc) Das vorlegende Gericht hat jedoch Zweifel, ob und gegebenenfalls wie ein unionsrechtlicher Erstattungsanspruch nach den Vorgaben durch den EuGH in der Entscheidung Cargill Deutschland (EU:C:2019:1124, ZfZ 2020, 51) mit dem Grundsatz der Rechtssicherheit und der dazu ergangenen EuGH-Rechtsprechung zu vereinbaren ist, wenn dieser Anspruch noch Jahre nach Ablauf der in den nationalen Vorschriften festgelegten Verjährungsfristen geltend gemacht werden kann.
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Nach der Rechtsprechung des EuGH gehört die Rechtssicherheit zu den im Unionsrecht anerkannten allgemeinen Rechtsgrundsätzen. Die Bestandskraft einer Verwaltungsentscheidung, die nach Ablauf angemessener Klagefristen oder Erschöpfung des Rechtswegs eingetreten ist, trägt zur Rechtssicherheit bei. Daher verlangt das Unionsrecht grundsätzlich nicht, dass eine Verwaltungsbehörde eine bestandskräftige Verwaltungsentscheidung zurücknehmen muss (EuGH-Urteile Glencore Agriculture Hungary vom 16.10.2019 - C-189/18, EU:C:2019:861, Rz 45, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung --HFR-- 2019, 1105; Incyte vom 20.12.2017 - C-492/16, EU:C:2017:995, Rz 46; Kühne & Heitz vom 13.01.2004 - C-453/00, EU:C:2004:17, Rz 24, ZfZ 2004, 158).
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Davon ausgehend kam der EuGH zu dem Ergebnis, dass eine Verwaltungsbehörde nur dann auf einen entsprechenden Antrag hin verpflichtet ist, eine bestandskräftige Verwaltungsentscheidung zu überprüfen, um der mittlerweile vom EuGH vorgenommenen Auslegung der einschlägigen Bestimmung Rechnung zu tragen, wenn die Behörde nach nationalem Recht befugt ist, diese Entscheidung zurückzunehmen, wenn die Entscheidung infolge eines Urteils eines in letzter Instanz entscheidenden nationalen Gerichts bestandskräftig geworden ist, wenn das Urteil, wie eine nach seinem Erlass ergangene Entscheidung des EuGH zeigt, auf einer unrichtigen Auslegung des Unionsrechts beruht, die erfolgt ist, ohne dass der EuGH um Vorabentscheidung ersucht wurde, obwohl der Tatbestand des Art. 267 Abs. 3 AEUV erfüllt war, und wenn sich der Betroffene, unmittelbar nachdem er Kenntnis von der besagten Entscheidung des EuGH erlangt hat, an die Verwaltungsbehörde gewandt hat. Die Änderung einer bereits erfolgten Festsetzung von Abgaben setzt demnach unter anderem voraus, dass eine Änderung nach nationalem Recht noch möglich ist (vgl. EuGH-Urteile Incyte, EU:C:2017:995, Rz 47, und Kühne & Heitz, EU:C:2004:17, Rz 28, ZfZ 2004, 158; vgl. auch EuGH-Urteil BP Soupergaz/Griechischer Staat vom 06.07.1995 - C-62/93, EU:C:1995:223, Rz 42, HFR 1995, 606, wonach lediglich gefordert wird, dass die Modalitäten für eine Rückzahlung unionsrechtswidrig festgesetzter Abgaben nicht ungünstiger sein dürfen, als für gleichartige Klagen, die das innerstaatliche Recht betreffen, und nicht so ausgestaltet sein dürfen, dass sie die Ausübung der Rechte, die die Gemeinschaftsrechtsordnung einräumt, praktisch unmöglich machen).
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Entgegen diesen Grundsätzen hat der EuGH in seiner Entscheidung Cargill Deutschland (EU:C:2019:1124, ZfZ 2020, 51) allerdings einen Erstattungsanspruch bejaht, obwohl die zugrunde liegende Verwaltungsentscheidung bestandskräftig und die Verjährungsfrist für die Rückforderung der zu Unrecht gezahlten Abgaben bereits abgelaufen war (EU:C:2019:1124, Rz 21 f. und 53, ZfZ 2020, 51). Auch wenn damit die rückwirkende Änderung der Produktionsabgaben und des Koeffizienten nach der VO 1360/2013 umgesetzt werden soll, sieht das vorlegende Gericht einen Widerspruch zur Rechtsprechung des EuGH betreffend den im Unionsrecht anerkannten Grundsatz der Rechtssicherheit. Im Übrigen hat der EuGH auch die Festlegung angemessener Klagefristen ausdrücklich anerkannt und im Einklang mit dem Erfordernis der Effektivität gesehen (vgl. EuGH-Urteil Cargill Deutschland, EU:C:2019:1124, Rz 52, ZfZ 2020, 51).
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Die Abgrenzung zwischen dem Effektivitätsgrundsatz und dem Grundsatz der Rechtssicherheit ist für das Ausgangsverfahren von entscheidender Bedeutung, weil die Änderung des Koeffizienten für die Berechnung der Ergänzungsabgabe durch die VO 1360/2013 rund elf Jahre nach dem Ende des Wirtschaftsjahres 2001/2002 erfolgte und die Festsetzung der Produktionsabgaben --wie dargelegt-- zu diesem Zeitpunkt bereits bestandskräftig war.
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dd) Im Übrigen stellt sich im Streitfall die Frage, ob sich die Klägerin rechtzeitig an das HZA gewandt und die Erstattung der Produktionsabgaben beantragt hat. Denn wenn es sich bei der in Art. 2 VO 1360/2013 genannten Frist nicht um eine für den Zuckerhersteller geltende Antragsfrist handelt, ist zweifelhaft, wie lange von einer rechtzeitigen Antragstellung ausgegangen werden kann. Das vorlegende Gericht bittet den EuGH auch diesbezüglich um eine Konkretisierung seiner Rechtsprechung.
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