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BFH 09.06.2021 - I B 58/20
BFH 09.06.2021 - I B 58/20 - Nichtzulassungsbeschwerde bei kumulativer Urteilsbegründung - Keine Beiladung einer ausländischen Personengesellschaft zum Verfahren gegen den Einkommensteuerbescheid des Gesellschafters
Normen
§ 115 Abs 2 FGO, § 60 Abs 3 FGO, § 115 Abs 2 Nr 3 FGO, § 180 Abs 1 S 1 Nr 2 Buchst a AO, § 180 Abs 3 S 1 Nr 1 AO
Vorinstanz
vorgehend Hessisches Finanzgericht, 10. August 2020, Az: 9 K 141/19, Urteil
Leitsatz
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NV: Hat das FG sein Urteil kumulativ auf mehrere selbständig tragende Gründe gestützt, muss hinsichtlich jeder Begründung ein Zulassungsgrund i.S. des § 115 Abs. 2 FGO dargelegt werden und vorliegen (ständige Rechtsprechung, z.B. BFH-Beschluss vom 22.12.2008 - IX B 143/08, BFH/NV 2009, 547, m.w.N.).
Tenor
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Die Beschwerde des Klägers wegen Nichtzulassung der Revision gegen das Urteil des Hessischen Finanzgerichts vom 10.08.2020 - 9 K 141/19 wird als unbegründet zurückgewiesen.
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Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat der Kläger zu tragen.
Tatbestand
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I.
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Die Beteiligten streiten über die einkommensteuerliche Berücksichtigung eines negativen Progressionsvorbehalts für ausländische Verluste aus einem Goldhandel.
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Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) und die Y-Limited (Ltd.) gründeten am ...2012 nach englischem Recht die X-LLP, eine Gesellschaft in der Rechtsform der Limited Liability Partnership. Alleiniger Gesellschafter der Ltd. war der Kläger. Als Geschäftsführer der Ltd. wurde B bestellt.
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Nach dem Gesellschaftsvertrag hatten die beiden Gesellschafter der X-LLP jeweils eine Einlage in Höhe von ... € sowie der Kläger zusätzlich eine Einlage in Höhe von ... € zu leisten. Die X-LLP erwarb mit Eigenmitteln physisches Gold im Wert von ... Britischen Pfund.
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In der Einkommensteuererklärung für das Streitjahr (2012) erklärte der Kläger einen steuerpflichtigen Gewinn aus der Veräußerung eines GmbH-Anteils in Höhe von ... €. Aus seiner Beteiligung an der X-LLP ermittelte er nach § 4 Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes in der für das Streitjahr geltenden Fassung (EStG) einen Verlust in Höhe von ... €. Hierfür machte er gemäß § 32b Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 EStG einen negativen Progressionsvorbehalt geltend, da es sich um Einkünfte handele, die nach einem Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung steuerfrei seien.
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Mit dem Einkommensteuerbescheid 2012 vom 04.11.2016 setzte der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--) die Einkommensteuer ohne Berücksichtigung des über die X-LLP erzielten Verlusts fest. Ein Einspruch blieb erfolglos.
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Das Hessische Finanzgericht (FG) wies die hiergegen gerichtete Klage mit Urteil vom 10.08.2020 - 9 K 141/19 als unbegründet ab. Ein negativer Progressionsvorbehalt sei bereits deshalb ausgeschlossen, weil der Kläger über die X-LLP keine ausländischen gewerblichen Einkünfte, sondern lediglich Einkünfte aus privater Vermögensverwaltung erziele. Darüber hinaus habe der Kläger die Einkünfte aus der X-LLP nicht durch Einnahmen-Überschuss-Rechnung nach § 4 Abs. 3 EStG ermitteln dürfen. Vielmehr sei ein Betriebsvermögensvergleich nach § 4 Abs. 1 EStG durchzuführen, da die X-LLP nach ausländischem Recht verpflichtet gewesen sei, Bücher zu führen und regelmäßig Abschlüsse zu machen. Jedenfalls habe sie freiwillig Bücher geführt und Abschlüsse gemacht.
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Das FG ließ die Revision nicht zu. Hiergegen wendet sich der Kläger mit seiner Beschwerde.
Entscheidungsgründe
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II.
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Die Beschwerde ist unbegründet und daher durch Beschluss zurückzuweisen (§ 116 Abs. 5 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).
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1. Ist das Urteil des FG kumulativ auf mehrere Gründe gestützt, muss hinsichtlich jeder Begründung ein Zulassungsgrund i.S. des § 115 Abs. 2 FGO dargelegt werden und vorliegen (z.B. Bundesfinanzhof --BFH--, Beschluss vom 22.12.2008 - IX B 143/08, BFH/NV 2009, 547, m.w.N.). Diese Voraussetzung ist im Streitfall nicht erfüllt. Für die selbständig tragende Begründung des FG, aus der X-LLP erzielte Einkünfte seien nicht als gewerbliche Einkünfte, sondern als Einkünfte aus privater Vermögensverwaltung zu qualifizieren, liegen keine Zulassungsgründe vor.
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2. Die Qualifizierung der Einkünfte des Klägers als Einkünfte aus privater Vermögensverwaltung führt nicht zu einer Divergenz i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 2 Variante 2 FGO.
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a) Eine Divergenz setzt voraus, dass das FG seiner Entscheidung einen tragenden abstrakten Rechtssatz zugrunde gelegt hat, der von den tragenden abstrakten Rechtsausführungen einer Divergenzentscheidung abweicht. Die Entscheidungen müssen zu einem vergleichbaren Sachverhalt ergangen sein und dieselbe Rechtsfrage betreffen (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. Senatsbeschluss vom 20.03.2012 - I B 93/11, BFH/NV 2012, 1143, m.w.N.).
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b) Gemessen daran ist das FG weder von dem BFH-Urteil vom 07.02.2018 - X R 10/16 (BFHE 260, 490, BStBl II 2018, 630) noch von den Senatsurteilen vom 21.08.1985 - I R 60/80 (BFHE 145, 33, BStBl II 1986, 88) und vom 31.07.1990 - I R 173/83 (BFHE 162, 236, BStBl II 1991, 66) abgewichen. Dies folgt bereits daraus, dass sich die vom Kläger formulierten Rechtssätze nicht dem angefochtenen Urteil entnehmen lassen.
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Entgegen der Auffassung des Klägers hat das FG keinen abstrakten Rechtssatz aufgestellt, im Rahmen der Abgrenzung einer gewerblichen Tätigkeit von einer privaten Vermögensverwaltung sei nicht auf geplante Tätigkeiten abzustellen. Vielmehr hat das FG die vom BFH im Urteil vom 19.01.2017 - IV R 50/13 (BFH/NV 2017, 751) zum Goldhandel aufgestellten Abgrenzungskriterien zugrunde gelegt. Anschließend ist es (lediglich) im Rahmen der umfangreichen Würdigung der Umstände des Einzelfalls zu der Überzeugung gelangt, dass der Kläger entgegen seiner Behauptungen keinen gewerblichen Goldhandel geplant habe und hinreichende Belege fehlten. Eine solche Einzelfallwürdigung kann aber nicht zu einer Divergenz i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 2 Variante 2 FGO führen.
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Entsprechendes gilt für den vom Kläger formulierten Rechtssatz, eine einmalige Tätigkeit sei nicht dazu geeignet, eine gewerbliche Tätigkeit zu begründen, da sich hieraus nicht die erforderliche Nachhaltigkeit herleiten lasse. Dieser Rechtssatz lässt sich dem angefochtenen FG-Urteil ebenfalls nicht entnehmen. Es ist nicht nachvollziehbar, inwiefern die Ausführungen des FG in diesem Sinne zu verstehen sein könnten.
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Im Übrigen war der zugrunde liegende Sachverhalt auch nicht mit dem Sachverhalt der vermeintlichen Divergenzentscheidung in BFHE 260, 490, BStBl II 2018, 630 vergleichbar. Während dort kein Streit über die subjektive Zweckrichtung des Steuerpflichtigen bestand und es lediglich um die Folgen der inneren Vorbehalte seiner betrügerisch handelnden Geschäftspartner ging, kommt es im Streitfall gerade darauf an, auf welche subjektiven Vorstellungen des Klägers aus den objektiven Indizien geschlossen werden kann.
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3. Schließlich liegt auch kein Verfahrensfehler i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO vor. Weder die Ltd. noch die X-LLP waren beizuladen, so dass das FG nicht gegen die Grundordnung des Verfahrens verstoßen hat (vgl. hierzu Senatsurteile vom 11.07.2017 - I R 34/14, juris, und vom 27.09.2017 - I R 62/15, BFH/NV 2018, 620, jeweils m.w.N.).
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Nach § 60 Abs. 3 Satz 1 FGO sind Dritte (notwendig) beizuladen, wenn sie an dem streitigen Rechtsverhältnis derart beteiligt sind, dass die Entscheidung auch ihnen gegenüber nur einheitlich ergehen kann. Dies gilt nicht für Mitberechtigte, die nach § 48 FGO nicht klagebefugt sind (§ 60 Abs. 3 Satz 2 FGO).
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Danach kommt eine Beiladung nach § 60 Abs. 3 FGO auch dann in Betracht, wenn aus einer ausländischen Personengesellschaft erzielte und dem Progressionsvorbehalt unterliegende Einkünfte nach § 180 Abs. 5 Nr. 1 der Abgabenordnung (AO) festgestellt werden (BFH-Urteil in BFH/NV 2017, 751, m.w.N.). Im Streitfall ist eine solche Feststellung aber gemäß § 180 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 AO unterblieben, da an der X-LLP nur ein inländischer Gesellschafter (der Kläger) beteiligt war. Darüber hinaus ist Streitgegenstand auch kein negativer Feststellungsbescheid. Vielmehr geht es ausschließlich um den Einkommensteuerbescheid des Klägers, der gegenüber der Ltd. keine unmittelbare Wirkung entfaltet. Deshalb war keine Beiladung erforderlich.
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4. Von einer weiteren Begründung wird gemäß § 116 Abs. 5 Satz 2 Halbsatz 2 FGO abgesehen.
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5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 2 FGO.
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