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BFH 12.02.2019 - VIII B 89/18
BFH 12.02.2019 - VIII B 89/18 - Sachaufklärungspflicht des FG bei ausländischen Beweismitteln
Normen
§ 90 Abs 2 AO, § 76 Abs 1 S 4 FGO, § 115 Abs 2 Nr 3 FGO
Vorinstanz
vorgehend Niedersächsisches Finanzgericht, 9. Mai 2018, Az: 2 K 47/17, Urteil
Leitsatz
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NV: Beschafft der Kläger Beweismittel zu ausländischen Sachverhalten gemäß § 90 Abs. 2 AO (verschuldet oder unverschuldet) nicht, darf das FG den ihm vorliegenden Sachverhalt ohne Berücksichtigung des ausländischen Beweismittels nach freier Überzeugung würdigen. Es kann in diesem Fall grundsätzlich auch zum Nachteil des Klägers von einem Sachverhalt ausgehen, für den unter Berücksichtigung der Beweisnähe des Klägers und seiner Verantwortung für die Aufklärung des ausländischen Sachverhaltes eine gewisse Wahrscheinlichkeit spricht .
Tenor
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Die Beschwerde des Klägers wegen Nichtzulassung der Revision gegen das Urteil des Niedersächsischen Finanzgerichts vom 9. Mai 2018 2 K 47/17 wird als unbegründet zurückgewiesen.
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Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat der Kläger zu tragen.
Gründe
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Die Beschwerde ist unbegründet.
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1. Die Revision ist nicht wegen der vom Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) gerügten Verstöße gegen die Sachaufklärungspflichten gemäß § 76 Abs. 1 i.V.m. § 115 Abs. 2 Nr. 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zuzulassen.
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a) Der Kläger sieht einen Verstoß des Finanzgerichts (FG) gegen die Sachaufklärungspflicht gemäß § 76 Abs. 1 FGO darin, dass es dem in der mündlichen Verhandlung schriftlich gestellten Beweisantrag nicht nachgekommen sei. Er hat in der mündlichen Verhandlung sinngemäß beantragt, zur streitigen Inhaberschaft des spanischen Festgeldkontos Beweis durch Beiziehung von Unterlagen zur Kontoeröffnung in Spanien zu erheben. Das FG sei zu dieser Beweiserhebung verpflichtet. Er habe auch seine Mitwirkungspflichten gemäß § 90 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO) zur Beschaffung dieser Unterlagen entgegen der Würdigung des FG nicht verletzt. Ihm sei es nicht möglich, weitere Beweismittel und die notwendigen Unterlagen in Spanien zu beschaffen. Das FG sei daher zur Sachverhaltsaufklärung von Amts wegen verpflichtet.
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b) Der gerügte Verstoß gegen die Sachaufklärungspflicht ist nicht gegeben.
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aa) Gemäß § 76 Abs. 1 Satz 1 FGO hat das FG den Sachverhalt von Amts wegen zu erforschen und dabei die erforderlichen Beweise (§ 81 Abs. 1 Satz 2 FGO) zu erheben. Es ist dabei an das Vorbringen und an die Beweisanträge der Beteiligten nicht gebunden (§ 76 Abs. 1 Satz 5 FGO). Das gilt aber nur in dem Sinne, dass das FG von sich aus auch Beweise erheben kann, die von den Beteiligten nicht angeboten worden sind (z.B. Beschlüsse des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 22. Juni 2016 III B 134/15, BFH/NV 2016, 1571, Rz 11; vom 14. März 2018 IV B 46/17, BFH/NV 2018, 728, Rz 12).
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bb) Die Sachaufklärungspflicht des FG ist aber nicht von den Mitwirkungspflichten der Beteiligten gemäß § 76 Abs. 1 FGO losgelöst (vgl. BFH-Beschluss vom 21. Juli 2017 X B 167/16, BFH/NV 2017, 1447, Rz 4). Gemäß § 76 Abs. 1 Satz 4 FGO i.V.m. § 90 Abs. 2 AO ist ein Beweismittel zu einem ausländischen Sachverhalt von den Beteiligten zu beschaffen. Bezieht sich die mit der Nichtzulassungsbeschwerde gerügte unterbliebene Sachaufklärung des FG auf ein solches Beweismittel, ist daher in der Beschwerde darzulegen, dass der Beschwerdeführer seiner abgabenrechtlichen Mitwirkungspflicht gemäß § 90 Abs. 2 AO genügt, d.h. das Beweismittel beschafft hat (s. zu Auslandszeugen BFH-Beschlüsse vom 25. April 2006 X B 38/05, BFH/NV 2006, 1444, unter 3.; vom 27. Oktober 2015 I B 124/14, BFH/NV 2016, 207, Rz 10; s. zur Mitwirkungsverpflichtung bei ausländischen Bankguthaben BFH-Entscheidungen vom 21. September 2005 II R 56/03, BFHE 210, 522, BStBl II 2005, 875, unter II.4.b; vom 18. Februar 2008 II B 109/06, BFH/NV 2008, 1163, unter A.1.).
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cc) Auf dieser Grundlage war das FG weder aufgrund des Beweisantrags noch von Amts wegen zur weiteren Sachverhaltsaufklärung im Ausland verpflichtet. Zwar hat der Kläger dargelegt, er habe trotz mehrerer Anfragen in Spanien keine Unterlagen zur Eröffnung des spanischen Kontos mehr erhalten und somit das ihm Mögliche zur Beschaffung des Beweismittels getan, sodass er die Mitwirkungspflichten gemäß § 90 Abs. 2 AO nicht verletzt habe. Selbst wenn dies der Fall sein sollte, bedeutet dies jedoch nicht, dass das FG --wie der Kläger meint-- in diesem Fall aufgrund seines Beweisantrags oder von Amts wegen zur Sachverhaltsaufklärung im Ausland verpflichtet ist. § 76 Abs. 1 Satz 4 FGO i.V.m. § 90 Abs. 2 AO enthält vielmehr eine Darlegungs- und Beweislastregelung, an der sich der Kläger festhalten lassen muss (BFH-Beschluss vom 28. November 2017 V B 60/17, BFH/NV 2018, 353, Rz 5). Beschafft er Beweismittel gemäß § 90 Abs. 2 AO (verschuldet oder unverschuldet) nicht, darf das FG den ihm vorliegenden Sachverhalt ohne Berücksichtigung des ausländischen Beweismittels nach freier Überzeugung würdigen (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. BFH-Beschlüsse vom 5. August 2011 III B 144/10, BFH/NV 2011, 1915, Rz 11; in BFH/NV 2016, 207, Rz 10; vom 2. September 2016 IX B 66/16, BFH/NV 2017, 52). Es kann in diesem Fall grundsätzlich auch zum Nachteil des Klägers von einem Sachverhalt ausgehen, für den unter Berücksichtigung der Beweisnähe des Klägers und seiner Verantwortung für die Aufklärung des ausländischen Sachverhaltes eine gewisse Wahrscheinlichkeit spricht (vgl. z.B. BFH-Beschlüsse in BFH/NV 2008, 1163, unter A.1.; vom 17. November 2010 III B 158/09, BFH/NV 2011, 299, Rz 13; in BFH/NV 2018, 353, Rz 5). Daher hat das FG die weitere Sachverhaltsaufklärung in Spanien zu Recht abgelehnt.
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2. Das FG hat entgegen der Rügen des Klägers seine Entscheidung aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens geschöpft und die Vorgaben des § 96 Abs. 1 Satz 1 FGO nicht missachtet. Zudem hat es den Anspruch des Klägers auf rechtliches Gehör i.S. von Art. 103 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) i.V.m. § 96 Abs. 2 FGO nicht verletzt.
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a) Nach § 96 Abs. 1 Satz 1 FGO hat das FG seine Überzeugung nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens zu bilden, also den gesamten konkretisierten Prozessstoff zugrunde zu legen. Insbesondere muss es den Inhalt der vorgelegten Akten und das Vorbringen der Beteiligten (quantitativ) vollständig und (qualitativ) einwandfrei berücksichtigen. § 96 Abs. 1 Satz 1 FGO ist verletzt, wenn das FG seiner Entscheidung einen Sachverhalt zugrunde legt, der dem schriftlich festgehaltenen Vorbringen der Beteiligten nicht entspricht oder wenn eine nach den Akten klar feststehende Tatsache unberücksichtigt bleibt (vgl. z.B. BFH-Beschlüsse vom 28. Februar 2018 V B 145/16, BFH/NV 2018, 636, Rz 3; vom 8. Mai 2017 X B 78/16, BFH/NV 2017, 1061).
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Hingegen liegt dieser Verfahrensfehler nicht vor, wenn vom Beschwerdeführer ein Sachverhalt vorgetragen wird, der von dem durch das FG festgestellten Sachverhalt abweicht und er eine von der Auffassung des FG abweichende Würdigung von Tatsachen und Akteninhalten geltend macht (BFH-Beschluss vom 5. April 2017 IX B 18/17, BFH/NV 2017, 918, Rz 3). Dies ist hier aber der Fall. In der Beschwerdebegründung wird vom Kläger gerügt, das FG habe sich mit seinem Vorbringen nicht auseinandergesetzt, nicht aber, dass es von Sachverhalten ausgegangen sei, die im Widerspruch zum Vorbringen des Klägers stünden. Zudem wird vom Kläger im Einzelnen dargelegt, warum das FG aus seiner Sicht aus bestimmten Akteninhalten habe andere Schlussfolgerungen ziehen müssen, nicht aber, dass es im Widerspruch zu feststehenden Akteninhalten entschieden habe.
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b) Ein Verfahrensfehler des FG aufgrund einer Verletzung des klägerischen Anspruchs auf rechtliches Gehör i.S. des Art. 103 Abs. 1 GG i.V.m. § 96 Abs. 2 FGO liegt ebenfalls nicht vor. Der Anspruch auf rechtliches Gehör verpflichtet das FG, die Ausführungen der Beteiligten zur Kenntnis zu nehmen, in Erwägung zu ziehen und sich mit dem entscheidungserheblichen Kern des Vorbringens auseinanderzusetzen. Der Anspruch auf rechtliches Gehör ist erst dann verletzt, wenn sich aus den besonderen Umständen des Einzelfalls ergibt, dass das FG Vorbringen entweder überhaupt nicht zur Kenntnis genommen oder bei seiner Entscheidung ersichtlich nicht in Erwägung gezogen hat (vgl. z.B. den vom Kläger zitierten BFH-Beschluss vom 10. September 2014 IX S 10/14, BFH/NV 2015, 47, Rz 2).
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Vom Kläger wird dies nicht schlüssig dargelegt. Es ist aus seinen Ausführungen nicht erkennbar, welches Vorbringen das FG bei der Entscheidungsfindung nicht in Erwägung gezogen haben soll. Er macht vielmehr geltend, das FG habe angesichts der präsenten Beweismittel und seines Sachvortrags seinen Argumenten zur Bewertung des Akteninhalts folgen müssen. Der Anspruch des Klägers auf rechtliches Gehör verpflichtet das Gericht jedoch nicht dazu, der geäußerten Rechtsansicht eines Beteiligten zu folgen (BFH-Beschluss in BFH/NV 2015, 47, Rz 2).
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3. Aufgrund der Rüge, das FG habe zu Unrecht eine Verletzung der Mitwirkungspflichten des Klägers gemäß § 90 Abs. 2 AO bejaht und anknüpfend daran auf der Grundlage eines reduzierten Beweismaßes entschieden, kommt eine Zulassung der Revision im Streitfall nicht in Betracht. Mit dieser Begründung macht der Kläger Rechtsfehler des FG geltend (BFH-Beschluss vom 11. November 2015 I B 51/15, BFH/NV 2016, 176). Die Zulassung der Revision ist insoweit nur unter den Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO bei Formulierung einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung oder gemäß Nr. 2 der Vorschrift zur Rechtsfortbildung oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung denkbar. Die Voraussetzungen dieser Zulassungsgründe werden vom Kläger jedoch nicht dargelegt.
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4. Mit seiner --im Stile einer Revisionsbegründung gehaltenen-- weiteren Begründung, das FG habe insgesamt verkannt, dass die streitigen Kapitalerträge allein seiner Ehefrau als wirtschaftlicher Inhaberin des spanischen Kontos, auf das die Zinserträge ausgezahlt worden seien, zuzurechnen seien und dass sich das FG für die Feststellung des Kontoinhabers des spanischen Kontos nicht maßgeblich auf den elektronischen Datensatz des Bundeszentralamts für Steuern vom 3. Juli 2014 habe stützen dürfen, rügt der Kläger weitere Rechtsfehler des FG im Rahmen der Tatsachen- und Beweiswürdigung. Diese sind im Rahmen der Nichtzulassungsbeschwerde grundsätzlich unbeachtlich.
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5. Aufgrund der Einwendungen des Klägers gegen die vom FG getroffene Kostenentscheidung führt die Beschwerde ebenfalls nicht zur Revisionszulassung.
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Gemäß § 145 FGO ist die Anfechtung der Entscheidung über die Kosten unzulässig, wenn nicht gegen die Entscheidung in der Hauptsache ein Rechtsmittel eingelegt wird. Aus dieser Vorschrift folgt, dass die Revision wegen eines der Zulassungsgründe des § 115 Abs. 2 FGO, der allein die Kostenentscheidung betrifft, nicht zuzulassen ist. Die Rüge einer fehlerhaften Kostenentscheidung kann damit nicht zur Zulassung der Revision führen, wenn der Nichtzulassungsbeschwerde --wie hier-- in der Hauptsache der Erfolg zu versagen ist, weil insoweit eine Revisionszulassung nicht in Betracht kommt (BFH-Beschluss vom 20. Mai 2016 III B 62/15, BFH/NV 2016, 1293, Rz 47 f.).
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6. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 2 FGO.
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