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BFH 04.06.2014 - X K 5/13
BFH 04.06.2014 - X K 5/13 - (Geldentschädigung wegen überlanger Verfahrensdauer - Gebotene beschleunigte Bearbeitung des einen Grundlagenbescheid betreffenden Klageverfahrens - Zwölftelung des Regelbetrags nach § 198 Abs. 2 Satz 3 GVG)
Normen
§ 198 GVG, § 74 FGO, § 288 Abs 1 BGB, § 291 BGB, § 182 Abs 1 AO, § 175 Abs 1 Nr 1 AO, § 198 Abs 2 S 3 GVG
Vorinstanz
vorgehend Finanzgericht Berlin-Brandenburg, 5. Dezember 2012, Az: 3 K 3147/10, Beschluss
Leitsatz
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NV: In besonders gelagerten Fällen kann es geboten sein, das einen Grundlagenbescheid betreffende Klageverfahren beschleunigt zu bearbeiten, wenn der Folgebescheid bereits über einen längeren Zeitraum gerichtlich anhängig und das den Folgebescheid betreffende Klageverfahren bis zur rechtskräftigen Entscheidung über den Rechtsstreit wegen des Grundlagenbescheids ausgesetzt ist .
Tatbestand
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I. Die Klägerin begehrt gemäß § 198 des Gerichtsverfassungsgesetzes (GVG) Entschädigung wegen der von ihr als unangemessen angesehenen Dauer eines vor dem Finanzgericht (FG) Berlin-Brandenburg vom 4. Juni 2010 (Klageeingang) bis zum 7. Dezember 2012 (Absendung des nach Erledigung der Hauptsache erlassenen Kostenbeschlusses durch das FG anhängigen Klageverfahrens.
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Dem Ausgangsverfahren liegt folgender Sachverhalt zugrunde:
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Die Klägerin wurde am … April 2003 Alleinerbin nach Herrn E. Der Nachlass bestand u.a. aus Grundbesitz, zu dem auch das streitbefangene Grundstück gehörte. Zugunsten des Herrn X bestand ein Sachvermächtnis hinsichtlich der Hälfte des in den neuen Bundesländern belegenen Grundbesitzes. Die Klägerin und X einigten sich durch die notariell beurkundete Vereinbarung vom 3. November 2003, dass mit Wirkung ab dem 1. Januar 2004 u.a. an dem streitbefangenen Grundstück das hälftige Miteigentum von der Klägerin an X übertragen wird.
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In ihrer wegen des Erbfalls beim Finanzamt A eingereichten Erbschaftsteuer-Erklärung zeigte die Klägerin an, dass sie Alleinerbin geworden sei. Auch wies sie u.a. auf das an dem streitigen Grundstück bestehende Sachvermächtnis des X hin. Das Finanzamt A forderte hierauf das Finanzamt B (FA) auf, für das streitbefangene Grundstück den Grundbesitzwert festzustellen. Hierbei wies das Finanzamt A lediglich darauf hin, die Klägerin und X seien an dem Grundstück je hälftig beteiligt. Den klägerischen Angaben zufolge reichte die Klägerin im August 2004 beim FA ein dieses Grundstück betreffendes Verkehrswertgutachten eines Sachverständigen ein. In diesem wurde der Verkehrswert zum Zeitpunkt des Erbfalls mit 57.300 € ermittelt. Nach dem klägerischen Vorbringen ließ das FA dieses Gutachten unbeachtet. Es setzte durch den Bescheid vom 24. August 2004 den Grundbesitzwert für das streitbefangene Grundstück auf 118.000 € fest, den es je hälftig der Klägerin und X zurechnete. Den Antrag der Klägerin, diesen Bescheid zu ändern, lehnte das FA ab. Den hiergegen gerichteten Einspruch wies es zurück.
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Mit ihrer am 4. Juni 2010 beim FG erhobenen Klage begehrte die Klägerin, ihrem Änderungsbegehren zu entsprechen und den Grundbesitzwert mit dem nachgewiesenen Verkehrswert von 57.300 € festzusetzen und ihr diesen zu 100 % und X zu 0 % zuzurechnen, da sie im Zeitpunkt des Erbfalls Alleinerbin geworden sei. Zur Begründung führte sie aus, weder sie noch X hätten den Bescheid über den Grundbesitzwert erhalten. Der angefochtene Bescheid sei zudem nach § 179 Abs. 2 Satz 1 der Abgabenordnung (AO) nichtig, da er nicht an alle Personen gerichtet gewesen sei, welche nach Auffassung des FA im Streitfall Beteiligte seien. Das FA habe das Änderungsbegehren der Klägerin abgelehnt. Obwohl es einräume, dass ihm das Verkehrswertgutachten vorgelegen habe, verneine es das Bestehen einer Anpassungspflicht nach § 181 Abs. 5 AO. Das FA lasse außer Acht, dass der ergangene Erbschaftsteuer-Bescheid, in dem der Grundstückswert mit 118.000 € angesetzt worden sei, als Folgebescheid wirksam angefochten worden und Gegenstand von zwei Klageverfahren (Klage der Klägerin und derjenigen des X, anhängig beim FG Berlin-Brandenburg unter den Aktenzeichen 14 K 14239/09 bzw. 14 K 14245/09) sei. Daher sei der Bescheid über den Grundbesitzwert gemäß § 181 Abs. 5 AO auch noch nach Ablauf der Festsetzungsfrist änderbar. Als Änderungsvorschrift seien § 173, § 174 und § 175 Abs. 1 AO heranzuziehen.
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Mit Schriftsatz vom 11. August 2010 beantragte das FA, die Klage abzuweisen. Der Feststellungsbescheid sei nicht unwirksam, da in ihm die Klägerin und X als Inhaltsadressaten bezeichnet worden seien. Die fehlende Bekanntgabe des Bescheids an X habe nach der Rechtsprechung nur zur Folge, dass der Bescheid diesem gegenüber keine Wirkung entfalte. Eine Anwendung von § 181 Abs. 5 AO scheide aus, weil eine neuerliche gesonderte Feststellung nicht für eine Steuerfestsetzung von Bedeutung sei. Für die Frage, wem der Grundbesitzwert zuzurechnen sei, fehle es an der Bindungswirkung für die Steuerfestsetzung. In dem Feststellungsbescheid über den Bedarfswert werde verbindlich nur über die Höhe des Werts entschieden. Wer Erbe sei und welcher Anteil dem Erben zuzurechnen sei, entscheide hingegen das Erbschaftsteuer-Finanzamt autonom. Hinsichtlich der Zurechnung der wirtschaftlichen Einheit entfalte dieser Feststellungsbescheid keine Bindungswirkung. Auch seien die von der Klägerin benannten Änderungsvorschriften nicht einschlägig.
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Nachdem die Klägerin auf ihren mit Schriftsatz vom 14. September 2010 gestellten Antrag am 6. Januar 2011 Akteneinsicht genommen hatte, nahm sie mit Schriftsatz vom 3. Februar 2011 erneut in der Sache Stellung. Sie trug vor, das FA verhalte sich widersprüchlich und uneinsichtig. Um baldige Anberaumung eines Termins zur mündlichen Verhandlung werde gebeten.
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Mit dem Schriftsatz des FA vom 28. März 2011, in welchem es lediglich auf das bisherige Vorbringen verwies, endete der wechselseitige Schriftsatzaustausch.
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Die Klägerin bat mit Schriftsatz vom 4. April 2011 erneut um die baldige Anberaumung eines Termins zur mündlichen Verhandlung. Sie trug vor, durch Beschluss vom 19. Oktober 2010 habe das FG das unter dem Aktenzeichen 14 K 14239/09 anhängige Verfahren, welches den gegen die Klägerin ergangenen Erbschaftsteuer-Bescheid betreffe, ausgesetzt, bis das vorliegende Klageverfahren rechtskräftig entschieden sei. Mit Schriftsatz vom 20. April 2011 teilte die Klägerin zudem mit, es bestehe Einverständnis mit einer Entscheidung durch den Einzelrichter gemäß § 6 der Finanzgerichtsordnung (FGO) bzw. durch den Vorsitzenden gemäß § 79a Abs. 3 FGO. Auch sei sie zwecks Beschleunigung der Erledigung des Rechtsstreits mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden. Eine gleichlautende Erklärung gab hierauf auch das FA ab. Auf die zudem geäußerte Bitte der Klägerin um Mitteilung, wann mit einer Entscheidung zu rechnen sei, teilte der Berichterstatter des FG mit Schreiben vom 26. April 2011 mit, da das Verfahren noch jung sei, sei mit einer Entscheidung innerhalb eines halben Jahres nicht zu rechnen. Allerdings werde der Aussetzungsbeschluss des 14. Senats vom 19. Oktober 2010 berücksichtigt werden.
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Auf ein weiteres Schreiben der Klägerin vom 17. August 2011, in dem diese darauf hinwies, sie habe in einem jüngeren Verfahren eine fristgebundene Auflage erhalten, weshalb angefragt werde, wann in dem Streitfall mit einer Entscheidung zu rechnen sei, antwortete der Senatsvorsitzende am Folgetag. Er wies darauf hin, der in einem anderen Verfahren zum Zweck der Verfahrensförderung erteilte Hinweis lasse keinen Rückschluss auf die Terminlage im Senat zu.
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Mit Schriftsatz vom 21. Dezember 2011 erhob die Klägerin eine Verzögerungsrüge gemäß § 198 GVG. Sie bat um unverzügliche Terminierung. Hierauf hielt das FG lediglich die Verzögerungsrüge in einem Register fest. Zudem bestimmte es eine Wiedervorlage zum 27. Januar 2012. Die Aktenlage lässt nicht erkennen, dass zu diesem Zeitpunkt weitere gerichtliche Aktivitäten entfaltet worden sind.
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Mit Schriftsatz vom 18. Oktober 2012 erhob die Klägerin erneut eine Verzögerungsrüge. Hierauf teilte ihr der Berichterstatter mit Schreiben vom 24. Oktober 2012 mit, eine Terminierung des Rechtsstreits sei auf den 7. Dezember 2012 vorgesehen. Dies wurde durch die Verfügung vom 12. November 2012 umgesetzt.
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Auf einen richterlichen Hinweis erklärte die Klägerin mit Schriftsatz vom 4. Dezember 2012 den Rechtsstreit in der Hauptsache unter der Voraussetzung für erledigt, dass das FA an sie und X einen Bescheid zum Stichtag 4. April 2003 erteile, in dem der Grundbesitzwert mit 57.300 € festgesetzt und dieser je hälftig bei der Klägerin und X angesetzt werde. Am Folgetag erklärte auch das FA den Rechtstreit in der Hauptsache für erledigt und kündigte den Erlass eines neuen, dem Begehren der Klägerin entsprechenden Bescheids an.
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Mit Kostenbeschluss vom 5. Dezember 2012 entschied das FG nach Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache über die Verfahrenskosten. Hierbei folgte es dem übereinstimmenden Vorschlag der Beteiligten über die Kostenverteilung. Dieser Kostenbeschluss wurde zwecks Versendung an die Beteiligten am 7. Dezember 2012 zur Post aufgegeben.
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Am 8. März 2013 hat die Klägerin die vorliegende Entschädigungsklage erhoben. Sie verweist darauf, dass die durchschnittliche Dauer finanzgerichtlicher Verfahren für die Jahre 2008 bis 2010 bei ca. 18 Monaten gelegen habe. Im Streitfall habe das FG 30 Monate benötigt, ohne dass hierfür andere Gründe als die schlechte Personalausstattung des Gerichts erkennbar seien. Dies sei auch unter Berücksichtigung der Umstände des zu beurteilenden Einzelfalls unangemessen. Die Sache sei von Anfang an entscheidungsreif gewesen, spätestens aber mit Eingang des Schriftsatzes des FA vom 28. März 2011, in dem dieses lediglich auf sein bisheriges Vorbringen Bezug genommen habe. Die Klägerin habe zudem wiederholt auf das anhängige Klageverfahren wegen des ihr gegenüber ergangenen Erbschaftsteuer-Bescheids hingewiesen. Auch habe sie deutlich gemacht, dass die Entscheidung über die den Grundbesitzwert betreffende Klage wegen der Aussetzung des die Erbschaftsteuer betreffenden Verfahrens besonders dringlich sei. Gleichwohl habe sich das FG während eines Zeitraums von 18 Monaten nicht zur Sache geäußert und keinen Termin zur mündlichen Verhandlung anberaumt.
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Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte belaufe sich die angemessene Verfahrensdauer auf etwa ein Jahr pro Instanz. Soweit demgegenüber der erkennende Senat des Bundesfinanzhofs in seinem Urteil vom 7. November 2013 X K 13/12 (BFHE 243, 126, BStBl II 2014, 179) die Auffassung vertrete, eine zweijährige Untätigkeit des Gerichts sei regelmäßig hinzunehmen, sei dies mit der gesetzlichen Regelung des § 198 GVG, die auf den konkreten Einzelfall abstelle, nicht zu vereinbaren und verletze den Anspruch auf effektiven Rechtsschutz gemäß § 19 Abs. 4 des Grundgesetzes. Mit dieser Rechtsprechung weiche der erkennende Senat auch von mehreren Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG) und des Bundessozialgerichts (BSG) ab (Urteile des BVerwG vom 11. Juli 2013 5 C 23/12 D, BVerwGE 147, 146, und 5 C 27/12 D, Bayerische Verwaltungsblätter --BayVbl-- 2014, 149, und vom 27. Februar 2014 5 C 1/13 D, Buchholz 300 § 198 GVG Nr. 3; Urteile des BSG vom 21. Februar 2013 B 10 ÜG 1/12 KL, BSGE 113, 75, und B 10 ÜG 2/12 KL, nicht veröffentlicht --n.v.--). Danach sei nur auf die Verhältnisse des Einzelfalls abzustellen. Es sei deshalb geboten, das Verfahren im vorliegend zu beurteilenden Rechtsstreit auszusetzen und den gemeinsamen Senat der obersten Gerichtshöfe anzurufen (§ 2 Abs. 1 und § 11 Abs. 2 des Gesetzes zur Wahrung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung der obersten Gerichtshöfe).
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Als Entschädigung sei für jedes angefangene Jahr der Verzögerung ein Betrag von 1.200 € nach § 198 Abs. 2 Satz 3 GVG, hilfsweise nach Satz 4 dieser Vorschrift zu gewähren. Im Rahmen einer solchen Billigkeitsentscheidung nach § 198 Abs. 2 Satz 4 GVG sei zu berücksichtigen, dass das FG in dem Kostenbeschluss vom 5. Dezember 2012 der Klägerin zu Unrecht auferlegt habe, ihre außergerichtlichen Kosten selbst zu tragen. Im Falle eines stattgebenden Urteils hätte ihr hingegen ein Kostenerstattungsanspruch von (brutto) 1.909,71 € zugestanden. Der Zinsanspruch folge aus §§ 291, 288 Abs. 1 i.V.m. § 247 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB), weil die für öffentlich-rechtliche Entschädigungsansprüche geltenden Rechtsgrundsätze entsprechend anwendbar seien.
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Die Klägerin beantragt,
den Beklagten zu verurteilen, ihr wegen der überlangen Dauer des Verfahrens vor dem FG Berlin-Brandenburg 3 K 3147/10 eine Entschädigung von 2.400 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
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Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
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Die Dauer des Verfahrens 3 K 3147/10 sei nicht i.S. des § 198 GVG als unangemessen zu beurteilen. Sofern entgegen der Auffassung des Beklagten die Voraussetzungen des § 198 GVG erfüllt seien, sei dies lediglich festzustellen ohne einen Geldbetrag zuzuerkennen. Hiervon sei nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats im Urteil vom 17. April 2013 X K 3/12 (BFHE 240, 516, BStBl II 2013, 547) auszugehen, wenn die Klage unschlüssig sei. Diese Voraussetzung liege im Streitfall vor. Die Klage habe sich gegen den Bescheid über die Feststellung des Grundbesitzwerts zum 4. April 2003 vom 24. August 2004 gerichtet, gegen den die Klägerin keinen Einspruch eingelegt habe. Auch in ihrem Schreiben an den Beklagten vom 16. September 2009, in dem sie die Änderung des Bescheids beantragt habe, sei von ihr die unterbliebene Zustellung des Bescheids nicht geltend gemacht worden. Dies habe sie erst im Klageverfahren behauptet. Gleichwohl habe sie mit ihrer Klage lediglich die Herabsetzung des Grundbesitzwerts verlangt. Da --wie in der Einspruchsentscheidung des FA vom 12. Mai 2010 ausgeführt-- die Voraussetzungen für eine Änderung des Bescheids nach §§ 173 ff. AO nicht vorgelegen hätten und § 181 Abs. 5 Satz 1 AO keine eigenständige Änderungsnorm sei, sei die Klage von Anfang an unbegründet gewesen und hätte daher abgewiesen werden müssen. Sofern eine Geldentschädigung zu gewähren sei, sei diese nach Monatsbeträgen von 100 € zu bemessen.
Entscheidungsgründe
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II. Die Klage ist teilweise begründet.
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Die Klägerin hat die erforderliche Verzögerungsrüge noch "unverzüglich" nach dem Inkrafttreten des Gesetzes über den Rechtsschutz bei überlangen Gerichtsverfahren und strafrechtlichen Ermittlungsverfahren (ÜberlVfRSchG) erhoben (dazu unten 1.). Die Dauer des Verfahrens war unangemessen; die Verzögerung betrifft einen Zeitraum von neun Monaten (unten 2.). Der Klägerin steht eine Entschädigung für Nichtvermögensnachteile in Höhe von 900 € statt der geltend gemachten 2.400 € zu (unten 3.); hinzu kommt der Anspruch auf Prozesszinsen (unten 4.).
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1. Die am 21. Dezember 2011 beim FG eingegangene Verzögerungsrüge ist i.S. des Art. 23 Satz 2 ÜberlVfRSchG "unverzüglich" nach dem Inkrafttreten des genannten Gesetzes am 3. Dezember 2011 erhoben und hat daher gemäß Art. 23 Satz 3 ÜberlVfRSchG auch Ansprüche für die Zeit vor dem Inkrafttreten des Gesetzes gewahrt.
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Der Senat hat bereits entschieden, dass im Rahmen der gebotenen normspezifischen Auslegung des in Art. 23 Satz 2 ÜberlVfRSchG verwendeten Begriffs "unverzüglich" ein Zeitraum von drei Monaten als sachgerecht anzusehen ist (ausführlich Urteil in BFHE 243, 126, BStBl II 2014, 179, unter II.1.d). Dieser Zeitraum ist vorliegend nicht überschritten.
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2. Das Ausgangsverfahren war unangemessen lang. Die Dauer der Verzögerung beläuft sich auf neun Monate.
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a) Der Entschädigungsanspruch nach § 198 Abs. 1 Satz 1 GVG setzt u.a. die unangemessene Dauer des Gerichtsverfahrens voraus. Die Angemessenheit der Verfahrensdauer richtet sich gemäß § 198 Abs. 1 Satz 2 GVG nach den Umständen des Einzelfalles, insbesondere nach der Schwierigkeit und Bedeutung des Verfahrens und nach dem Verhalten der Verfahrensbeteiligten und Dritter. Für die weiteren Grundsätze und Einzelheiten einschließlich der Aufteilung des typischen finanzgerichtlichen Verfahrens in drei Phasen nimmt der Senat auf seine Urteile in BFHE 243, 126, BStBl II 2014, 179, unter II.2.a bis d, vom 18. März 2014 X K 4/13 (BFH/NV 2014, 1050) und vom 19. März 2014 X K 3/13 (BFH/NV 2014, 1053) sowie X K 8/13 (BFHE 244, 251, BStBl II 2014, 584) Bezug.
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Diese Rechtsprechung steht zu derjenigen des BVerwG und des BSG nicht in Widerspruch, so dass der Gemeinsame Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes nicht anzurufen ist. Hinsichtlich des --bereits im Sachverhalt nicht vergleichbaren-- Urteils des BVerwG in BayVbl 2014, 149 verweist der Senat auf sein Urteil in BFH/NV 2014, 1053. Das Urteil des BVerwG in Buchholz 300 § 198 GVG Nr. 3 betrifft den ebenfalls nicht vergleichbaren Fall eines Berufungszulassungsverfahrens, das insgesamt fast drei Jahre gedauert hatte, das Urteil des BSG in BSGE 113, 75 sowie die Parallelentscheidung hierzu (B 10 ÜG 2/12 KL, n.v.) ein Verfahren betreffend eine Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision.
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Das BVerwG hat in seinem Urteil in BVerwGE 147, 146 (unter II.1.b aa (1) und (2)) ausgeführt, dass der Einzelfall maßgebend ist und sich Grenzwerte verbieten. Auch zu diesen Aussagen setzt sich der Senat nicht in Widerspruch. Zum einen hat der Senat im Einklang mit dem BVerwG der Einzelfallbetrachtung Vorrang vor der aus den typischen drei Phasen des finanzgerichtlichen Verfahrens abgeleiteten Vermutungsregel eingeräumt. Zum anderen hat das BVerwG seine Zurückhaltung gegenüber Orientierungs- und Richtwerten nicht zuletzt mit der Vielgestaltigkeit verwaltungsgerichtlicher Verfahren begründet, die in dieser Form in der Finanzgerichtsbarkeit nicht existiert.
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b) Nach diesen Grundsätzen und unter der Berücksichtigung der beispielhaft in § 198 GVG genannten Kriterien im Ausgangsfall ergibt sich, dass dieses Verfahren um neun Monate verzögert worden ist.
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aa) Der Schwierigkeitsgrad des Verfahrens ist als überdurchschnittlich einzustufen. Dies zeigt bereits der Umfang der Klageschrift, welche 30 Seiten Text und über 100 Blatt Anlagen umfasste. Rechtlich war unter verschiedenen Gesichtspunkten zu prüfen, ob der infrage stehende Feststellungsbescheid über den Grundbesitzwert zum 4. April 2003 vom 24. August 2004 wirksam war. Auch hat die Klägerin zahlreiche Änderungsvorschriften angesprochen, nach denen dieser Bescheid gegebenenfalls zu ihren Gunsten zu ändern gewesen wäre. Zudem war die Anwendbarkeit von § 181 Abs. 5 Satz 1 AO zu prüfen und damit auf den Umfang der Bindungswirkung des Feststellungsbescheids über den Grundbesitzwert für den Erbschaftsteuer-Bescheid als Folgebescheid einzugehen.
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bb) Auch die Bedeutung des Ausgangsverfahrens war für die Klägerin nicht gering. Es ging ihr nicht nur um eine Herabsetzung des festzustellenden auf sie entfallenden Grundbesitzwerts von 59.000 € (1/2 von 118.000 €) auf 57.000 € (1/1 dieses Werts abgerundet nach § 139 des Bewertungsgesetzes), sondern darum, dass der bei der Erbschaftsteuer anzusetzende Grundstückswert nach Abzug des Werts des Vermächtnisanspruchs des X auf Übertragung des hälftigen Grundstücks bei ihr nur mit einem Nettowert von 28.500 € zum Ansatz kommt.
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cc) Die Klägerin hat in Bezug auf die Verfahrensdauer auf zu berücksichtigende Besonderheiten im Hinblick auf den Zusammenhang des Ausgangsverfahrens mit dem ausgesetzten Verfahren wegen Erbschaftsteuer hingewiesen.
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aaa) Zwar kommt es für die Beantwortung der Frage, ob eine unangemessene Verfahrensdauer gegeben ist, grundsätzlich ausschließlich auf die Verhältnisse des zu beurteilenden Ausgangsfalls an, weil § 198 Abs. 1, Abs. 6 Nr. 1 GVG auf das konkrete gerichtliche Verfahren abstellt. Andererseits sind gemäß § 198 Abs. 1 Satz 2 GVG die Besonderheiten des jeweiligen Einzelfalls zu berücksichtigen, zu denen auch Verknüpfungen mit anderen Verfahren gehören können.
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Dies bedeutet, dass ein Ausgangsverfahren nicht generell deshalb beschleunigt zu bearbeiten ist, weil ein anderes Verfahren i.S. des § 74 FGO von dem Ausgangsverfahren abhängt und aus diesem Grund bis zu dessen Abschluss ausgesetzt ist. Dennoch ist bei der Bearbeitung des Ausgangsverfahrens dessen Auswirkung auf andere Verfahren und insbesondere deren Dauer in angemessener Weise zu berücksichtigen.
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bbb) In Anwendung der vorstehenden Grundsätze war das Verfahren in der Zeit von Januar 2012 bis September 2012 verzögert:
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Die Klägerin hat im Ausgangsverfahren von Anfang an deutlich gemacht, dass es geboten sei, das Verfahren nicht im normalen Geschäftsgang entsprechend dem zeitlichen Eingang zu behandeln, sondern es wegen des Zusammenhangs mit dem Klageverfahren wegen des Erbschaftsteuer-Bescheids vorrangig zu bearbeiten. So hat die Klägerin bereits in ihrer Klageschrift auf das beim FG gegen den Erbschaftsteuer-Bescheid anhängige Klageverfahren hingewiesen. Aufgrund des von der Klägerin mitgeteilten Aktenzeichens war ersichtlich, dass diese Klage bereits im Vorjahr erhoben worden war.
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Auch hat die Klägerin mit Schriftsatz vom 4. April 2011 um eine baldige Anberaumung des Termins zur mündlichen Verhandlung gebeten, weil das gegen den Erbschaftsteuer-Bescheid als Folgebescheid gerichtete Klageverfahren vom FG durch Beschluss vom 19. Oktober 2010 nach § 74 FGO bis zur rechtskräftigen Entscheidung des den Grundbesitzwert betreffenden Klageverfahrens ausgesetzt worden war. Damit war klar, dass die Dauer des den Grundbesitzwert betreffenden Ausgangsverfahrens zugleich die Dauer des Folgeverfahrens beeinflussen würde. Hierauf hat das FG lediglich in der Weise reagiert, dass es im Schreiben an die Beteiligten vom 26. April 2011 darauf hinwies, es werde den Aussetzungsbeschluss bei seiner Entscheidung mitberücksichtigen, wann das Klageverfahren einer Entscheidung zugeführt werde. Auch auf die Verzögerungsrüge der Klägerin vom 21. Dezember 2011 hat das FG nur die Wiedervorlage der Akten für den 27. Januar 2012 verfügt und die Erhebung der Verzögerungsrüge in einem Register notiert. Dabei war das (ausgesetzte) Verfahren wegen Erbschaftsteuer am Jahresende 2011 bereits zwei Jahre und drei Monate beim FG anhängig. Dies war für das FG auch auf Grund der die Erbschaftsteuer betreffenden Einspruchsentscheidung des Finanzamts A vom 19. August 2009 erkennbar, die in Ablichtung der Klageschrift im Ausgangsverfahren beigefügt worden war. Um diesen ausgesetzten Rechtsstreit nicht weiter aus der üblichen Verfahrensdauer hinauswachsen zu lassen, wären zu diesem Zeitpunkt umgehend gerichtliche Maßnahmen im Ausgangsverfahren mit dem Ziel einer abschließenden Entscheidung geboten gewesen. Besonderheiten, die ein weiteres Zuwarten hätten rechtfertigen können, lagen nicht vor. Das FG hat gleichwohl erst auf die weitere Verzögerungsrüge vom 18. Oktober 2012 angekündigt, es werde den Rechtsstreit auf den 7. Dezember 2012 terminieren. Die anschließende außergerichtliche Einigung hatte zur Folge, dass wenig später auch der Rechtstreit wegen Erbschaftsteuer abgeschlossen werden konnte.
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Unter Berücksichtigung dieser Umstände ist von einer unangemessenen Verzögerung für die Dauer von neun Monaten auszugehen.
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3. Der Klägerin steht aufgrund der unangemessenen Verfahrensdauer eine Entschädigung für Nichtvermögensnachteile in Höhe von 900 € zu.
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a) Das Entstehen eines Nichtvermögensnachteils wird in Fällen unangemessener Verfahrensdauer gemäß § 198 Abs. 2 Satz 1 GVG vermutet (vgl. auch Senatsurteil in BFHE 240, 516, BStBl II 2013, 547, unter III.6.a).
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b) Eine Wiedergutmachung auf andere Weise gemäß § 198 Abs. 2 Satz 2, Abs. 4 GVG wäre im Streitfall nicht ausreichend.
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aa) Zwar hat es der erkennende Senat für ausreichend erachtet, für die erforderliche Wiedergutmachung lediglich die Verfahrensverzögerung festzustellen, wenn die Klage nach dem eigenen Vorbringen des Klägers erkennbar unbegründet ist und diese daher für den Entschädigungskläger keine Bedeutung hat (Senatsurteil in BFHE 240, 516, BStBl II 2013, 547, unter III.6.e). Hiervon kann regelmäßig nicht ausgegangen werden, wenn die beklagte Behörde wie im Streitfall dem klägerischen Begehren durch einen Abhilfebescheid ganz oder zum Teil entspricht. Der erkennende Senat erachtet daher weitere Ausführungen zu diesem Punkt für entbehrlich.
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bb) Im Streitfall sind keine anderen Umstände gegeben, nach denen eine Wiedergutmachung ohne Zuerkennung einer Entschädigung ausreichend wäre. Die Klägerin hat in dem Ausgangsverfahren wiederholt um beschleunigte Bearbeitung gebeten. Auf ihre erste Verzögerungsrüge hat das FG keine verfahrensfördernden Maßnahmen ergriffen und ihr gegenüber nicht einmal durch ein Antwortschreiben reagiert.
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c) Vorliegend ist der Regelbetrag des § 198 Abs. 2 Satz 3 GVG von 1.200 € für jedes Jahr der Verzögerung im konkreten Fall mit neun Zwölfteln dieses Jahresbetrags anzusetzen. Auch wenn im Gesetz ein Jahresbetrag genannt ist, kann dieser anteilig mit Monatsbeträgen angesetzt werden (ebenso Urteil des BSG in BSGE 113, 75, unter 2.c d).
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d) Im Streitfall sind keine Umstände vorgetragen oder sonst ersichtlich, wonach gemäß § 198 Abs. 2 Satz 4 GVG eine vom Regelbetrag abweichende Geldsumme zuzuerkennen wäre. Soweit die Klägerin meint, es entspreche der Billigkeit, ihr zusätzlich die eigenen außergerichtlichen Kosten des Ausgangsverfahrens zu erstatten, die sie aufgrund der Kostenentscheidung des FG zu tragen hatte, sieht sie nicht, dass diese Kosten nicht auf einer Verzögerung des Ausgangsverfahrens beruhen. Es sind keine Anhaltspunkte erkennbar, dass das FG --auf der Grundlage seiner kostenrechtlichen Rechtsauffassung-- eine andere Kostenentscheidung getroffen hätte, wenn es das Verfahren in angemessener Zeit zu einem Ende geführt hätte.
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4. Der Anspruch auf Prozesszinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz vom Zeitpunkt des Eintritts der Rechtshängigkeit der Entschädigungsklage (§ 66 FGO) an folgt aus § 291 i.V.m. § 288 Abs. 1 Satz 2 BGB. Zur näheren Begründung verweist der erkennende Senat auf sein Urteil in BFHE 244, 251, BStBl II 2014, 584, unter II.4.a).
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5. Die Kostenentscheidung nach dem Verhältnis des Obsiegens und Unterliegens beruht auf § 136 Abs. 1 Satz 1 FGO. Anlass für eine Kostenentscheidung nach billigem Ermessen gemäß § 201 Abs. 4 GVG besteht nicht, da die Bezifferung der Höhe der geltend gemachten Entschädigungsforderung zum Risikobereich der Entschädigungsklägerin gehört.
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