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BFH 24.03.2014 - X S 4/14 (PKH)
BFH 24.03.2014 - X S 4/14 (PKH) - Ablehnung von PKH wegen Mutwillens nach der seit 1. Januar 2014 geltenden Rechtslage trotz feststehender Erfolgsaussichten des Rechtsmittels - Verfahrensmangel bei Erlass eines Prozess- statt Sachurteils - Überraschungsentscheidung
Normen
§ 41 Abs 1 FGO, § 115 Abs 2 Nr 3 FGO, § 114 Abs 2 ZPO, § 142 FGO
Vorinstanz
nachgehend Verfassungsgerichtshof des Freistaates Sachsen, 11. Dezember 2014, Az: Vf. 33-IV-14, Beschluss
Leitsatz
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1. NV: Gemäß § 114 Abs. 2 ZPO in der seit dem 1. Januar 2014 geltenden Fassung kann PKH wegen Mutwilligkeit der Rechtsverfolgung auch dann nicht gewährt werden, wenn eine beabsichtigte Nichtzulassungsbeschwerde zwar im Hinblick darauf, dass das FG zu Unrecht durch ein Prozess- statt durch ein Sachurteil entschieden hat, zweifellos Erfolg hätte, zugleich aber feststeht, dass das FG die Klage im zweiten Rechtszug aus inhaltlichen Gründen als unbegründet abweisen müsste.
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2. NV: Ein Verfahrensmangel liegt vor, wenn das FG zu Unrecht durch ein Prozess- statt durch ein Sachurteil entscheidet, insbesondere bei einer Klage auf Feststellung der Nichtigkeit bereits das Feststellungsinteresse unzutreffend verneint.
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3. NV: Eine unzulässige Überraschungsentscheidung ist gegeben, wenn das FG sein Urteil auf einen bisher nicht erörterten rechtlichen oder tatsächlichen Gesichtspunkt stützt und damit dem Rechtsstreit eine Wendung gibt, mit der auch ein gewissenhafter und kundiger Prozessbevollmächtigter nicht rechnen musste.
Tatbestand
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I. Die Antragsteller sind Eheleute, die in den Streitjahren 2008 und 2009 zur Einkommensteuer zusammenveranlagt wurden. Die Antragstellerin erzielte gewerbliche Einkünfte aus dem Betrieb zweier Backshops und der Erbringung kaufmännischer Dienstleistungen. Sie erklärte aus diesen Betätigungen erhebliche Verluste und Vorsteuerüberschüsse. Der Beklagte des Hauptsacheverfahrens (das Finanzamt --FA--) veranlagte zunächst erklärungsgemäß unter dem Vorbehalt der Nachprüfung; ferner erließ er Bescheide über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags zur Einkommensteuer.
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Im Anschluss an eine Außenprüfung änderte das FA die Festsetzungen und Feststellungen am 2. bzw. 22. März 2012 gemäß § 164 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO) unter gleichzeitiger Aufhebung des Vorbehalts der Nachprüfung nach Maßgabe der folgenden Besteuerungsgrundlagen (diese Bescheide werden nachfolgend als "erste Änderungsbescheide" bezeichnet):
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vor Prüfung
nach Prüfung
Gewinn 2008
./. 142.540 €
+ 15.409 €
Gewinn 2009
./. 17.301 €
+ 27.077 €
Umsatzsteuer 2008
./. 17.275,50 €
./. 2.702,10 €
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Den Verlauf der Außenprüfung und das Zustandekommen des erheblichen Mehrergebnisses haben die Beteiligten unterschiedlich dargestellt. Das FA behauptet, die Antragstellerin habe zunächst weder ihre elektronische Buchführung noch die den Vorsteuerabzug begründenden Eingangsrechnungen vorgelegt. Daher seien die Erlöse in der Weise ermittelt worden, dass auf den erklärten Wareneinsatz ein Rohgewinnaufschlagsatz angewendet worden sei, den das FA für das Vorjahr 2007 ermittelt habe. Die Betriebsausgaben und Vorsteuern seien um einen Sicherheitsabschlag von 10 % vermindert worden.
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Demgegenüber behaupten die Antragsteller, sie hätten dem FA schon im Vorfeld der Prüfung alle erforderlichen Belege vorgelegt; dies ergebe sich auch aus Vermerken von Bediensteten des FA, die in den Steuerakten enthalten seien. Sie seien berechtigt gewesen, die --aus ihrer Sicht nochmalige-- Herausgabe der Daten zu verweigern, weil sie gewusst hätten, dass diese "anlässlich eines Raubes durch die Staatsanwaltschaft manipuliert" würden. Die Prüferin sei ohne Vorankündigung bei ihnen erschienen und habe mit der Prüfung beginnen wollen. Die gesetzlich vorgeschriebene Schlussbesprechung sei nicht durchgeführt worden.
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Während des anschließenden Einspruchsverfahrens kündigte das FA an, die erklärten Betriebsausgaben und Vorsteuerbeträge in voller Höhe anerkennen und die Erlöse der Backshops nach Maßgabe der vorliegenden Kassenbons ansetzen zu wollen. Daraufhin richteten die Antragsteller am 1. Dezember 2012 eine E-Mail an das FA, in der es u.a. heißt: "Wir begrüßen es, dass nunmehr betreffs Ihrer nach hiesiger begründeter Auffassungen willkürlichen und rechtswidrigen Strafschätzung Einigkeit darüber besteht, dass der Vorsteueranspruch zu 100 % besteht, und durch Rücknahme der Strafschätzung wieder vollumfänglich der Ansatz der bisherigen Veranlagungswerte erfolgen wird. Erstaunlich ist für mich die zu 100 %ige Übereinstimmungen Ihrer Werte mit unseren Kassenbüchern 2008 und 2009. Ich hätte nicht erwartet, dass hier nicht eine einzige Abweichung vorliegen würde." Ferner wiesen die Antragsteller in dieser E-Mail darauf hin, dass das Konto 8700 umsatzsteuerneutral sei und zur Korrektur von Fehleingaben der Mitarbeiter noch Umbuchungen von den Umsätzen des Kontos 8400 vorzunehmen seien. Zudem fügten sie Nachweise zur Herkunft der vom FA bis dahin als ungeklärt angesehenen Einlagen bei.
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Mit Schreiben vom 8. März 2013 teilte das FA den Antragstellern --unter Angabe der Berechnungsgrundlagen-- die Höhe der Umsätze und Gewinne mit, die es den zu erlassenden Änderungsbescheiden zugrunde legen wolle. Die Vorsteuern würden wie erklärt angesetzt. Die sich aus der Geldverkehrsrechnung ergebenden Fehlbeträge seien durch die von den Antragstellern vorgelegten Nachweise (Auflösung von Investmentfonds, Aufnahme von Krediten) abgedeckt. Anschließend, am 21. März, 7. Juni und 10. Juni 2013, erließ es --verfahrensrechtlich auf § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a AO gestützte-- geänderte Bescheide über Umsatzsteuer 2008, Einkommensteuer 2008 und 2009 sowie die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags zur Einkommensteuer zum 31. Dezember der Jahre 2008 und 2009 (nachfolgend als "zweite Änderungsbescheide" bezeichnet), in denen die Besteuerungsgrundlagen wie folgt angesetzt wurden:
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Gewinn 2008:
./. 20.529 €,
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Gewinn 2009:
./. 17.744 €,
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Umsatzsteuer 2008:
./. 7.825,85 €.
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In den Umsatz- und Einkommensteuerbescheiden wies das FA darauf hin, dass sich das Einspruchsverfahren mit diesen Änderungsbescheiden erledige; in den Verlustfeststellungsbescheiden ist ein solcher Hinweis hingegen nicht enthalten.
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Am 14. Juni 2013 erhoben die --während des gesamten Verfahrens nicht durch einen Prozessbevollmächtigten vertretenen-- Antragsteller Klage auf Feststellung der Nichtigkeit sowohl der ersten als auch der zweiten Änderungsbescheide. Sie vertraten die Auffassung, die ersten Änderungsbescheide seien nichtig gewesen, weil die ihnen zugrunde liegenden Schätzungen willkürlich gewesen seien. Die Schätzungen hätten allein dem Zweck gedient, die Antragstellerin zur nochmaligen Vorlage bereits vorgelegter Belege zu nötigen, was nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung unzulässig sei (Hinweis auf das Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 20. Dezember 2000 I R 50/00, BFHE 194, 1, BStBl II 2001, 381, unter II.2.b bb, wonach eine überhöhte Schätzung nicht zum Ziel haben dürfe, den Steuerpflichtigen zur Abgabe von Steuererklärungen anzuhalten). Es sei nicht erkennbar, auf welchem Rechenweg die Schätzung beruhe. Ferner verhalte sich das Umsatzsteuer-Mehrergebnis widersprüchlich zum Einkommensteuer-Mehrergebnis.
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Auch die zweiten Änderungsbescheide seien nichtig, weil das FA sie auf § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a AO gestützt habe, ohne dass die erforderliche Zustimmung der Antragsteller vorgelegen habe. Eine Zustimmung hätte nur angenommen werden dürfen, wenn das FA den Inhalt der E-Mail der Antragsteller vom 1. Dezember 2012 beachtet hätte. Der dortige Sachvortrag insbesondere zum Konto 8700 sei aber vom FA ignoriert worden. Die zweiten Änderungsbescheide seien erlassen worden, ohne dass die Antragsteller Gelegenheit gehabt hätten, zum Schreiben des FA vom 8. März 2013 Stellung zu nehmen.
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Das FA vertrat während des Klageverfahrens --abweichend von seinen Mitteilungen in den zweiten Änderungsbescheiden-- die Auffassung, die Einspruchsverfahren seien noch nicht abgeschlossen, weil bisher keine Einspruchsentscheidungen ergangen seien.
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Das Finanzgericht (FG) sah die Klage als unzulässig an. Es fehle den Antragstellern an dem gemäß § 41 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) erforderlichen berechtigten Interesse an der baldigen Feststellung der Nichtigkeit der ersten und zweiten Änderungsbescheide. Sie hätten nicht geltend gemacht, durch die zweiten Änderungsbescheide in ihren Rechten betroffen zu sein. Sie hätten weder schriftsätzlich noch auf mehrfache Nachfrage in der mündlichen Verhandlung darlegen können, inwiefern die vom FA angesetzten Betriebseinnahmen und Umsätze fehlerhaft sein sollten. Sie hätten die vom FA ermittelten Besteuerungsgrundlagen in ihrer E-Mail vom 1. Dezember 2012 noch ausdrücklich begrüßt. Komme ein Verwaltungsakt unstreitig zu einer inhaltlich zutreffenden Festsetzung bzw. Feststellung, könne die Feststellung seiner Nichtigkeit durch das FG selbst dann nicht begehrt werden, wenn er tatsächlich unter schwerwiegenden Verfahrensmängeln leiden sollte.
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Da die Feststellung der Nichtigkeit der zweiten Änderungsbescheide mithin nicht in zulässiger Weise begehrt werden könne, sei auch die Klage auf Feststellung der Nichtigkeit der ersten Änderungsbescheide unzulässig. Eine Verletzung von Rechten der Antragsteller sei schon deshalb ausgeschlossen, weil die ersten Änderungsbescheide seit Erlass der zweiten Änderungsbescheide nicht mehr existent seien.
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Im vorliegenden Verfahren begehren die Antragsteller die Gewährung von Prozesskostenhilfe (PKH) und die Beiordnung eines Rechtsanwalts für eine noch zu erhebende Nichtzulassungsbeschwerde gegen das finanzgerichtliche Urteil. Sie machen sinngemäß geltend, diese Entscheidung beruhe auf Verfahrensmängeln. Insbesondere hätte das FG nicht durch Prozessurteil entscheiden dürfen; außerdem handele es sich um eine Überraschungsentscheidung.
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Das FA tritt dem Antrag entgegen.
Entscheidungsgründe
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II. Der Antrag auf PKH ist im Ergebnis abzulehnen.
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Zwar bietet die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg, weil das finanzgerichtliche Urteil auf Verfahrensmängeln beruht (dazu unten 1.). Gleichwohl erscheint die beabsichtigte Rechtsverfolgung unter den besonderen Umständen des Streitfalls auf der Grundlage des zum 1. Januar 2014 in Kraft getretenen § 114 Abs. 2 der Zivilprozessordnung (ZPO) mutwillig (unten 2.), was die Gewährung von PKH ausschließt.
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1. Die beabsichtigte Erhebung einer Nichtzulassungsbeschwerde hätte im Streitfall hinreichende Aussicht auf Erfolg, weil das FG-Urteil an Verfahrensmängeln leidet, die bereits die --nicht durch einen Prozessbevollmächtigten vertretenen-- Antragsteller im PKH-Verfahren hinreichend dargelegt haben, so dass davon auszugehen ist, dass ihnen entsprechende Darlegungen auch in einem nachfolgenden Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde gelingen würden.
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a) Das FG hat zu Unrecht durch ein Prozess- statt durch ein Sachurteil entschieden, indem es bereits das Feststellungsinteresse der Antragsteller verneint hat.
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aa) Nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung liegt ein Verfahrensmangel vor, wenn das FG zu Unrecht durch ein Prozess- statt durch ein Sachurteil entscheidet. Dies gilt insbesondere, wenn das FG bei einer Klage auf Feststellung der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts bereits das Feststellungsinteresse unzutreffend verneint und die Frage der Nichtigkeit daher inhaltlich gar nicht mehr prüft (zur Nichtigkeitsfeststellungsklage BFH-Urteil vom 27. Oktober 1970 VII R 42/68, BFHE 100, 288, BStBl II 1970, 873; ebenso zur Fortsetzungsfeststellungsklage BFH-Entscheidungen vom 27. Mai 1975 VII R 80/74, BFHE 116, 315, BStBl II 1975, 860; vom 18. November 2005 XI B 192/04, BFH/NV 2006, 355, und vom 7. April 2009 XI B 115/08, BFH/NV 2009, 1085).
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bb) Vorliegend hätte das FG das Interesse der Antragsteller an der Feststellung der Nichtigkeit der zweiten Änderungsbescheide nicht --und schon gar nicht mit der von ihm gegebenen Begründung-- verneinen dürfen. Die Unterstellung des FG, die Antragsteller hätten trotz mehrfacher gerichtlicher Nachfrage nicht dargelegt, inwiefern diese Bescheide unrichtig seien, wird durch den Akteninhalt nicht getragen. Dem FG lag die E-Mail der Antragsteller vom 1. Dezember 2012 vor, in der sie das FA auf --aus ihrer Sicht gegebene-- Unrichtigkeiten bei den Konten 8700 und 8400 hingewiesen hatten. In ihrer Klageschrift hatten sie sich ausdrücklich auf dieses inhaltliche Vorbringen in der E-Mail berufen. Im Übrigen lässt sich den Akten nicht entnehmen, wann und in welcher Form das FG "mehrfache Nachfragen" an die Antragsteller gerichtet haben will. Insbesondere das Protokoll der mündlichen Verhandlung enthält dazu nichts.
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Nicht zu folgen vermag der Senat auch der weiteren rechtlichen Begründung des FG, das anführt, es bestehe selbst dann kein berechtigtes Interesse an der Feststellung der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts, wenn dieser unter schwerwiegenden Verfahrensmängeln leiden sollte, aber inhaltlich zutreffend sei. Schon der Wortlaut des § 125 Abs. 2 Nr. 1 AO zeigt, dass die Auffassung des FG unrichtig ist. Nach dieser Vorschrift ist ein schriftlicher oder elektronischer Verwaltungsakt stets nichtig, wenn er die erlassende Finanzbehörde nicht erkennen lässt; auf die inhaltliche Richtigkeit des Verwaltungsakts kommt es in einem solchen Fall nicht an. Es ließen sich zahlreiche weitere Beispiele finden, in denen denkbar ist, dass schweres Verfahrensunrecht zur Nichtigkeit eines Bescheids führen kann, obwohl dessen Tenor zutreffend sein mag.
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b) Zu Recht rügen die Antragsteller zudem, das FG habe eine Überraschungsentscheidung getroffen, indem es bereits das erforderliche Feststellungsinteresse verneint habe.
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Eine Überraschungsentscheidung liegt vor, wenn das FG sein Urteil auf einen bisher nicht erörterten rechtlichen oder tatsächlichen Gesichtspunkt stützt und damit dem Rechtsstreit eine Wendung gibt, mit der auch ein gewissenhafter und kundiger Prozessbevollmächtigter nicht rechnen musste (Senatsbeschluss vom 16. Juni 2010 X B 214/09, BFH/NV 2010, 1811, unter 2.a). Dies gilt erst recht, wenn die Prozessbeteiligten --wie hier-- nicht durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten sind.
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Nach dem Verlauf des finanzgerichtlichen Verfahrens mussten die Antragsteller nicht damit rechnen, das FG werde das Feststellungsinteresse mit der Begründung verneinen, sie hätten nicht dargelegt, inwieweit die zweiten Änderungsbescheide unrichtig seien. Diese Darlegung ergab sich vielmehr eindeutig aus der dem FG vorliegenden E-Mail vom 1. Dezember 2012 und der ausdrücklichen Bezugnahme der Antragsteller auf diese E-Mail während des Klageverfahrens. Ob die Darlegungen der Antragsteller inhaltlich zutreffend waren oder nicht --wozu das FG keine Feststellungen getroffen hat-- spielt für die Frage, ob Darlegungen abgegeben worden sind, keine Rolle. Nach Aktenlage hat das FG die Antragsteller auf seine Absicht, bereits das Feststellungsinteresse --und damit die Zulässigkeit der Klage-- verneinen zu wollen, nicht hingewiesen.
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c) Die für die Verneinung des Feststellungsinteresses in Bezug auf die ersten Änderungsbescheide vom FG gegebene Begründung beruht auf einem Verstoß gegen die Denkgesetze.
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Das FG hat das Interesse der Antragsteller an der Feststellung der Nichtigkeit der ersten Änderungsbescheide mit der Begründung verneint, diese seien mit Erlass der zweiten Änderungsbescheide nicht mehr existent gewesen. Diese Begründung würde aber nur dann tragen, wenn das FG zugleich festgestellt hätte, dass die zweiten Änderungsbescheide überhaupt wirksam geworden sind. Eine solche Feststellung hat das FG aber gerade nicht getroffen, sondern sich in Bezug auf die zweiten Änderungsbescheide --ohne inhaltliche Entscheidung über deren Nichtigkeit oder Wirksamkeit-- auf die Formalbegründung gestützt, die Antragsteller hätten kein berechtigtes Interesse an der Feststellung einer etwaigen Nichtigkeit dieser Bescheide.
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2. Trotz der danach gegebenen Erfolgsaussichten einer noch zu erhebenden Nichtzulassungsbeschwerde kann den Antragstellern unter den besonderen Umständen des Streitfalls keine PKH gewährt werden, weil eine solche Rechtsverfolgung mutwillig wäre.
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a) Gemäß § 114 Abs. 2 ZPO i.V.m. § 142 Abs. 1 FGO ist die Rechtsverfolgung mutwillig, wenn eine Partei, die keine PKH beansprucht, bei verständiger Würdigung aller Umstände von der Rechtsverfolgung absehen würde, obwohl eine hinreichende Aussicht auf Erfolg besteht.
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Diese Vorschrift ist gemäß § 40 des Gesetzes betreffend die Einführung der Zivilprozessordnung anzuwenden, wenn eine Partei ab dem 1. Januar 2014 für einen Rechtszug PKH beantragt. Vorliegend haben die Antragsteller den PKH-Antrag für das beabsichtigte Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde am 7. Januar 2014 gestellt.
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b) Trotz der bestehenden Erfolgsaussichten einer Nichtzulassungsbeschwerde würde ein Beteiligter, der keine PKH beansprucht --die Prozesskosten also selbst tragen müsste-- im Streitfall von der Erhebung einer Nichtzulassungsbeschwerde absehen, weil diese lediglich zur Aufhebung der finanzgerichtlichen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG führen würde (dazu unten aa) und das FG die auf Feststellung der Nichtigkeit gerichtete Klage im zweiten Rechtszug aus inhaltlichen Gründen --als unbegründet-- abweisen müsste (unten bb). Da somit die gesamten Prozesskosten (einschließlich des --bei isolierter Betrachtung erfolgreichen-- Verfahrens der Nichtzulassungsbeschwerde vor dem BFH und der beiden Rechtszüge vor dem FG) von demjenigen zu tragen wären, der letztlich erfolglos die Feststellung der Nichtigkeit begehrt, würde ein Beteiligter, der die Prozesskosten selbst tragen müsste, von der Einleitung eines Verfahrens der Nichtzulassungsbeschwerde absehen, zumal im Streitfall die Möglichkeit besteht, effektiven Rechtsschutz auf einfachere Weise zu erlangen (dazu unten cc).
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aa) Da das finanzgerichtliche Urteil an Verfahrensmängeln leidet (siehe oben 1.), würde der erkennende Senat im Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde entsprechend seiner ständigen Praxis von der Möglichkeit des § 116 Abs. 6 FGO Gebrauch machen, das angefochtene Urteil aufheben und den Rechtsstreit zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückverweisen.
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bb) Im zweiten Rechtszug hätte das FG dann die Anträge der Antragsteller auf Feststellung der Nichtigkeit der ersten und zweiten Änderungsbescheide erneut zu prüfen.
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(1) Dabei steht fest, dass jedenfalls die zweiten Änderungsbescheide wirksam sind. Die Antragsteller haben im gesamten bisherigen Verfahren lediglich vorgebracht, die Nichtigkeit dieser Bescheide beruhe darauf, dass das FA sie auf § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a AO gestützt habe, obwohl es an ihrer nach dieser Vorschrift erforderlichen Zustimmung fehle.
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Insoweit übersehen die Antragsteller, dass eine Änderung nach dem klaren Wortlaut des § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a AO auch dann zulässig ist, "soweit die Finanzbehörde einem Einspruch oder einer Klage abhilft". Da mit den zweiten Änderungsbescheiden, die auf den Einspruch der Antragsteller hin ergangen sind, die Umsatzsteuer 2008 niedriger festgesetzt worden ist als bisher und höhere verbleibende Verlustvorträge zur Einkommensteuer auf den 31. Dezember 2008 und 2009 festgestellt worden sind, handelte es sich um (Teil-)Abhilfebescheide. Zwar ist den Einsprüchen aus Sicht der Antragsteller --die in ihrer E-Mail vom 1. Dezember 2012 die Wiederherstellung erklärungsgemäßer Veranlagungen begehrt haben-- möglicherweise nicht in vollem Umfang abgeholfen worden. Nach dem Gesetzeswortlaut ("soweit") kann das FA aber auch Teilabhilfebescheide auf § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a AO stützen.
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Im Übrigen kann in einem Einspruch im Allgemeinen ein (zumindest hilfsweise gestellter) Änderungsantrag gesehen werden, so dass es möglich ist, dem Einspruchsbegehren durch einen Änderungsbescheid ganz oder teilweise stattzugeben (so ausdrücklich Klein/Rüsken, AO, 11. Aufl., § 172 Rz 40a, m.w.N.).
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Sollten die ersten Änderungsbescheide --entsprechend der Auffassung der Antragsteller-- nichtig gewesen sein, hätte dem FA erst recht eine Änderungsmöglichkeit zur Verfügung gestanden. Denn dann wären die Vorbehalte der Nachprüfung --die das FA mit den ersten, aus Sicht der Antragsteller nichtigen Änderungsbescheiden aufgehoben hatte-- noch wirksam gewesen. Da die Festsetzungs- und Feststellungsfristen noch nicht abgelaufen waren, hätte das FA die Änderungen daher auf § 164 Abs. 2 AO stützen können.
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Weitere Nichtigkeitsgründe werden in Bezug auf die zweiten Änderungsbescheide weder von den Antragstellern vorgebracht noch sind solche sonst ersichtlich. Insbesondere machen auch die Antragsteller nicht geltend, die zweiten Änderungsbescheide würden auf einer willkürlichen Schätzung beruhen.
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(2) Steht sonach fest, dass die zweiten Änderungsbescheide wirksam sind, fehlt es --nur insoweit ist dem finanzgerichtlichen Urteil im Ergebnis, wenn auch nicht in der Begründung zuzustimmen-- an einem berechtigten Interesse der Antragsteller auf Feststellung der Nichtigkeit der ersten Änderungsbescheide.
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Mit dem Vorliegen wirksamer Steuerfestsetzungen und Verlustfeststellungen im Jahr 2013 kommt es grundsätzlich nicht mehr darauf an, ob zwischenzeitlich im Jahr 2012 ergangene Änderungsbescheide wirksam waren oder nicht, da nur der jeweils letzte bekanntgegebene Steuerbescheid für die Besteuerung von Bedeutung ist und auch ein früherer Steuerbescheid, der wirksam war, durch Erlass eines späteren Änderungsbescheids seine Wirksamkeit verliert (vgl. § 124 Abs. 2 AO). Zwar mag es verfahrensrechtliche Sonderkonstellationen geben, in denen auch nach Ergehen eines späteren wirksamen Änderungsbescheids noch ein berechtigtes Interesse an der Feststellung der Nichtigkeit eines früheren Bescheids besteht. Die Antragsteller haben aber im gesamten Verlauf des Verfahrens nichts dazu vorgetragen, dass im Streitfall eine derartige Sonderkonstellation gegeben sein könnte.
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cc) Ein Beteiligter, der keine PKH beansprucht, wäre aber vor allem auch deshalb nicht bereit, trotz bestehender Erfolgsaussichten des Zwischenverfahrens über die Nichtzulassungsbeschwerde letztlich die Prozesskosten des gesamten Verfahrens zu tragen, weil im Streitfall die Möglichkeit besteht, den angestrebten Rechtsschutz schneller, effektiver und kostengünstiger zu erlangen.
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Das FA hat während des Klageverfahrens seine noch in den Erläuterungen zu den zweiten Änderungsbescheiden vertretene Auffassung aufgegeben, die Einspruchsverfahren hätten sich mit diesen Bescheiden erledigt. Vielmehr ist es nunmehr --zu Recht-- der Ansicht, die Einspruchsverfahren seien noch nicht beendet. Die Antragsteller haben damit die Möglichkeit, ihre Einwendungen unbeschränkt in den noch offenen Einspruchsverfahren vorzubringen. Sollte das FA diesen Einwendungen nicht folgen, stünde den Antragstellern die Möglichkeit offen, hiergegen Anfechtungsklage zum FG zu erheben.
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3. Eine Kostenentscheidung war nicht zu treffen. In Ermangelung eines Gebührentatbestands nach dem Kostenverzeichnis zum Gerichtskostengesetz (GKG) werden keine Gerichtskosten erhoben(§ 3 Abs. 2 GKG). Kosten, die dem Gegner entstanden sind, werden nicht erstattet (§ 142 Abs. 1 FGO i.V.m. § 118 Abs. 1 Satz 4 ZPO).
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