Rechtsdatenbank
Welche Fragen Arbeitgeber auch zum Thema Sozialversicherungsrecht bewegen: Die Rechtsdatenbank der AOK liefert die Antworten – einfach, fundiert und topaktuell.
Rechtsdatenbank
Welche Fragen Arbeitgeber auch zum Thema Sozialversicherungsrecht bewegen: Die Rechtsdatenbank der AOK liefert die Antworten – einfach, fundiert und topaktuell.
§ 3 Mu-RL
§ 3 Mu-RL, Schwangerschaften mit besonderem Überwachungsbedarf sowie Schwangerschaften mit besonderen Risiken und Risikogeburten
(1) 1 Schwangerschaften mit besonderem Überwachungsbedarf sind Schwangerschaften, bei denen aufgrund der Vorgeschichte oder erhobener Befunde nach ärztlicher Beurteilung im konkreten Einzelfall mit einem erhöhten Risiko für Leben und Gesundheit von Mutter oder Kind zu rechnen ist. 2 Dazu zählen insbesondere:
- 1. Anamnestische Besonderheiten
- a) Schwere Allgemeinerkrankungen der Mutter (z. B. an Niere und Leber oder erhebliche Adipositas),
- b) Zustand nach Sterilitätsbehandlung, wiederholten Aborten oder Frühgeburten,
- c) Totgeborenes oder geschädigtes Kind,
- d) Vorausgegangene Geburten von Kindern über 4 000 g Gewicht, hypotrophen Kindern (small for gestational age), Mehrlingen,
- e) Zustand nach Uterusoperationen (z. B. Sectio, Myom, Fehlbildung),
- f) Komplikationen bei vorangegangenen Geburten (z. B. Placenta praevia, vorzeitige Lösung der Plazenta, Rissverletzungen, Atonie oder sonstige Nachgeburtsblutungen, Gerinnungsstörungen, Krämpfe, Thromboembolie),
- g) Erstgebärende unter 18 Jahren oder über 35 Jahre,
- h) Mehrgebärende über 40 Jahre, Vielgebärende mit mehr als 4 Kindern (Gefahren: genetische Defekte, sog. Plazentainsuffizienz, geburtsmechanische Komplikationen).
- 2. Befunde (jetzige Schwangerschaft)
- a) Hypertensive Schwangerschaftserkrankungen (in allen ihren Ausprägungen),
- b) Anämie unter 10 g/100 ml (g %),
- c) Diabetes mellitus,
- d) Uterine Blutung,
- e) Blutgruppen-Inkompatibilität (Früherkennung und Prophylaxe des Morbus haemolyticus fetalis bzw. neonatorum),
- f) Diskrepanz zwischen Uterus- bzw. Kindsgröße und Schwangerschaftsdauer (z. B. fraglicher Geburtstermin, retardiertes Wachstum, Makrosomie, Gemini, Molenbildung, Hydramnion, Myom),
- g) Drohende Frühgeburt (vorzeitige Wehen, Zervixinsuffizienz),
- h) Mehrlinge; pathologische Kindslagen,
- i) Überschreitung des Geburtstermins bzw. Unklarheit über den Geburtstermin,
- j) Pyelonephritis.
(2) 1 Aus Schwangerschaften mit besonderem Überwachungsbedarf oder besonderen Risiken können sich Risikogeburten entwickeln. 2 Bei folgenden Befunden ist mit einem erhöhten Risiko unter der Geburt zu rechnen:
- 1. Frühgeburt,
- 2. Placenta praevia, vorzeitige Plazentalösung,
- 3. jede Art von Missverhältnis Kind/Geburtswege.
(3) 1 Bei besonderen Risiken oder zur Abklärung von Auffälligkeiten können im Einzelfall neben den üblichen Untersuchungen noch folgende Untersuchungen in Frage kommen. 2 Dabei handelt es sich nicht um Screening-Untersuchungen. 3 Für die Untersuchungen nach Nummer 5, 6 und 7 sind zusätzlich die Vorgaben des GenDG zu beachten:
- 1. Ultraschall-Untersuchungen (Sonografie):
- Die Voraussetzungen für die Durchführung von zusätzlichen Ultraschall-Untersuchungen bei Schwangerschaften mit besonderem Überwachungsbedarf oder besonderen Risiken, die über das sonografische Screening nach § 2 Absatz 9 hinausgehen, werden im § 2 Absatz 10 abgehandelt und sind in den Anlagen Ic und Id zu dieser Richtlinie spezifiziert.
- 2. Tokografische Untersuchungen vor der 28. SSW bei Verdacht auf vorzeitige Wehentätigkeit oder bei medikamentöser Wehenhemmung,
- 3. Kardiotokografische Untersuchungen (CTG):
- CTG sind nur nach Maßgabe des Indikationskataloges nach Anlage II der Richtlinie angezeigt,
- 4. Amnioskopien,
- 5. Untersuchungen an fetaler DNA aus mütterlichem Blut zur Frage des Vorliegens einer Trisomie 13, 18 oder 21 (Nicht-invasiver Pränataltest — NIPT) mit dem Ziel der Vermeidung der in den Nummern 6 und 7 geregelten invasiven Maßnahmen: Der Test kann dann durchgeführt werden, wenn er geboten ist, um der Schwangeren eine Auseinandersetzung mit ihrer individuellen Situation hinsichtlich des Vorliegens einer Trisomie im Rahmen der ärztlichen Begleitung zu ermöglichen. Eine statistisch erhöhte Wahrscheinlichkeit für eine Trisomie allein reicht für die Anwendung dieses Tests nicht aus.
- 6. Fruchtwasseruntersuchungen nach Gewinnung des Fruchtwassers durch Amniozentese,
- 7. Transzervikale Gewinnung von Chorionzottengewebe oder transabdominale Gewinnung von Plazentagewebe.
(3a) 1 Für Untersuchungen gemäß Absatz 3 Nummer 5 dürfen nur NIPT-Verfahren verwendet werden, die die Validität ihrer Ergebnisse durch eine Qualitätssicherung absichern. 2 Die Testgüte zur Abklärung der jeweils gegenständlichen Trisomien muss im Rahmen von prospektiv geplanten, verblindeten Studien untersucht worden sein. 3 Dabei muss für Trisomie 21 eine Sensitivität von mindestens 97 % und eine Spezifität von mindestens 99 % und für Trisomie 13 eine Spezifität von mindestens 99 % sowie für Trisomie 18 eine Spezifität von 99 % nachgewiesen worden sein.
4 Die Studienergebnisse müssen entsprechend den wissenschaftlichen Standards vollständig veröffentlicht worden sein.
5 Diese Regelungen zur NIPT lassen die sonstigen rechtlichen Voraussetzungen, insbesondere datenschutzrechtliche Vorgaben im Hinblick auf besonders schützenswerte genetische Daten, unberührt.
6 Voraussetzung für die NIPT-Untersuchung ist das Vorliegen des sonografisch bestimmten Gestationsalters und die Kenntnis der Anzahl der Embryonen oder Feten. 7 Liegen zum Zeitpunkt der Blutabnahme Befunde vor, deren Abklärung ein invasives Vorgehen erfordert, sodass das Ziel einer Vermeidung von invasiven Maßnahmen nach Nummer 6 oder Nummer 7 nicht erreichbar ist, kann der Test nicht im Rahmen dieser Richtlinie erbracht werden.
8 Sofern die Probe auswertbar war, muss das Testergebnis eine Angabe enthalten, ob ein auffälliges oder unauffälliges NIPT-Ergebnis bzgl. der Fragestellung (Trisomie) vorliegt. 9 Weist das Testergebnis auf eine Trisomie hin, muss der Befund die Information enthalten, dass eine gesicherte Diagnose einer invasiven Abklärungsdiagnostik bedarf.
(3b) 1 Die Ärztin oder der Arzt, der oder die die Schwangere vor und nach Durchführung des NIPT aufklärt und berät, muss über eine Qualifikation gemäß GenDG und den Richtlinien der Gendiagnostik-Kommission verfügen und die Aufklärungs- und Beratungsverpflichtungen des GenDG entsprechend erfüllen.
2 Die Aufklärung und Beratung haben ergebnisoffen stattzufinden und dienen dem Ziel einer eigenständigen informierten Entscheidung der Schwangeren. 3 Die Bedeutung der Untersuchungsergebnisse ist in verständlicher Form zu erläutern. 4 Die möglichen Folgen einer Entscheidung für diesen Test sind in die Beratung einzubeziehen. 5 Insbesondere ist das jederzeitige Recht auf Nichtwissen, auch für Teilergebnisse des NIPT, zu betonen. 6 Im Zusammenhang mit der Fragestellung Trisomie ist der Hinweis zu geben, dass es die Möglichkeit gibt, über die entsprechenden Selbsthilfeorganisationen oder Behindertenverbände mit betroffenen Familien Kontakt aufzunehmen.
7 Zur Unterstützung der Beratung zu Untersuchungen auf Trisomie 13, 18 oder 21 ist die Versicherteninformation (siehe Anlage VIII) dieser Richtlinie zu verwenden.
(4) 1 Von der Erkennung eines Risikomerkmals ab soll eine Ärztin oder ein Arzt die Betreuung einer Schwangeren nur dann weiterführen, wenn sie oder er die Untersuchungen nach Absatz 3 Nummer 1 bis 7 erbringen oder veranlassen und die sich daraus ergebenen Maßnahmen durchführen kann. 2 Anderenfalls soll sie oder er die Schwangere einer Ärztin oder einem Arzt überweisen, die oder der über solche Möglichkeiten verfügt.
(5) Die betreuende Ärztin oder der betreuende Arzt soll die Schwangere bei der Wahl der Geburtsklinik unter dem Gesichtspunkt beraten, dass die Klinik über die nötigen personellen und apparativen Möglichkeiten zur Betreuung von Risikogeburten und/oder Risikokindern verfügt.
(6) 1 Gemäß § 2a Absatz 1 SchKG gelten folgende Anforderungen an die Aufklärung und Beratung: Sprechen nach den Ergebnissen von pränataldiagnostischen Maßnahmen dringende Gründe für die Annahme, dass die körperliche oder geistige Gesundheit des Kindes geschädigt ist, so hat die Ärztin oder der Arzt, die oder der der Schwangeren die Diagnose mitteilt, über die medizinischen und psychosozialen Aspekte, die sich aus dem Befund ergeben, unter Hinzuziehung von Ärztinnen oder Ärzten, die mit dieser Gesundheitsschädigung bei geborenen Kindern Erfahrung haben, gemäß § 2a Absatz 1 SchKG verständlich und ergebnisoffen zu beraten. 2 Dies umfasst die eingehende Erörterung der möglichen medizinischen, psychischen und sozialen Fragen sowie der Möglichkeiten zur Unterstützung bei physischen und psychischen Belastungen. 3 Die Ärztin oder der Arzt hat über den Anspruch auf weitere und vertiefende psychosoziale Beratung nach § 2 SchKG zu informieren und im Einvernehmen mit der Schwangeren Kontakte zu Beratungsstellen nach § 3 SchKG und zu Selbsthilfegruppen oder Behindertenverbänden zu vermitteln.
Kontakt zur AOK PLUS
Persönlicher Ansprechpartner
Firmenkundenservice
E-Mail-Service