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Welche Fragen Arbeitgeber auch zum Thema Sozialversicherungsrecht bewegen: Die Rechtsdatenbank der AOK liefert die Antworten – einfach, fundiert und topaktuell.
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Ziff. 5.2. RS 2024/02
Ziff. 5.2. RS 2024/02, Persönliche und sachliche Billigkeitsgründe
(1) Grundlage für den Erlass können persönliche oder sachliche Billigkeitsgründe sein.
(2) Ein Erlass aus persönlichen Billigkeitsgründen setzt die Erlassbedürftigkeit und Erlasswürdigkeit des Betroffenen voraus.
(3) Erlassbedürftigkeit liegt vor, wenn die Erhebung des Säumniszuschlags die wirtschaftliche oder persönliche Existenz des Schuldners vernichten oder ernstlich gefährden würde. Erlasswürdigkeit ist gegeben, wenn der Schuldner die mangelnde Leistungsfähigkeit nicht selbst herbeigeführt oder durch sein Verhalten nicht in eindeutiger Weise gegen die Interessen der Allgemeinheit verstoßen hat. Die Erlasswürdigkeit ist in den Fällen der vorsätzlichen Vorenthaltung der Beiträge (z. B. bei Feststellungen aus Betriebsprüfungen wegen Schwarzarbeit) grundsätzlich ausgeschlossen, da dieses rechtswidrige Verhalten einen gravierenden Verstoß gegen die Interessen der Versichertengemeinschaft darstellt. Der Schuldner verstößt bewusst gegen ein gesetzliches Verbot, um sich dadurch rechtswidrig Vorteile zu verschaffen.
(4) Sachliche Billigkeitsgründe sind solche, die sich aus dem beitragsrechtlichen Tatbestand selbst ergeben. Sachlich unbillig ist die Erhebung des Säumniszuschlags vor allem dann, wenn die Voraussetzungen für einen Erlass der Hauptschuld vorliegen.
(5) Ein Erlass von Säumniszuschlägen wegen Unbilligkeit kann insbesondere in folgenden Fällen in Betracht kommen:
- a) Unabwendbares Ereignis
- Ist der Zahlungspflichtige durch den Eintritt eines unabwendbaren Ereignisses an einer pünktlichen Beitragszahlung gehindert und war es ihm nicht möglich, einen Vertreter mit der Zahlung zu beauftragen, so kann die Einziehung der erhobenen Säumniszuschläge unbillig sein.
- Ein unabwendbares Ereignis kann z. B. eine plötzliche Erkrankung oder ein Unfall des Zahlungspflichtigen bzw. des für die Beitragszahlung Verantwortlichen, aber auch eine Naturkatastrophe oder ein Brand sein. Das unabwendbare Ereignis muss ursächlich dafür sein, dass die Zahlung nicht bis zum Ablauf des Fälligkeitstages erfolgen konnte.
- b) Pünktlicher Beitragszahler
- Bei einem bisher pünktlichen Beitragszahler kann die Einziehung von Säumniszuschlägen unbillig sein, wenn dem Zahlungspflichtigen ein offenbares Versehen unterlaufen ist, die Beiträge bis zum Ablauf des Fälligkeitstages nicht zu zahlen. Als bisher pünktlicher Beitragszahler ist derjenige anzusehen, der in den letzten 12 Monaten die Beiträge nicht mehr als einmal nach Ablauf des Fälligkeitstages gezahlt hat. Dies gilt auch in den Fällen, in denen das Beitragskonto bei der Einzugsstelle weniger als 12 Monate besteht und die Beiträge bisher bis zum Ablauf des Fälligkeitstages gezahlt wurden.
- Säumniszuschläge, die im Rahmen einer Betriebsprüfung nach § 28p Absatz 1 SGB IV nacherhoben worden sind, sind nicht zu erlassen. Die Erhebung von Säumniszuschlägen bei Betriebsprüfungen ist darauf zurückzuführen, dass der Beitragsschuldner über einen längeren Zeitraum die geschuldeten Beiträge nicht gezahlt hat; eine Beurteilung als "bisher pünktlicher Beitragszahler" ist ausgeschlossen (vgl. Gemeinsame Verlautbarung zu Prüfungen der Rentenversicherungsträger bei Arbeitgebern vom 3. 11. 2010, Ziff. 1.4.4).
- c) Zahlungsunfähigkeit/Überschuldung
- Die Einziehung von Säumniszuschlägen ist auch dann unbillig, wenn dem Zahlungspflichtigen die rechtzeitige Zahlung der Beiträge wegen Zahlungsunfähigkeit und/oder Überschuldung nicht möglich war. Da Säumniszuschläge im Fall der Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung zunächst nur hinsichtlich ihres Druckmittelcharakters ins Leere gehen, ist es in diesen Fällen sachgerecht, nur die Hälfte der Säumniszuschläge zu erlassen.
- Zur Definition der Zahlungsunfähigkeit kann auf die § 17 InsO und die Rechtsprechung des BGH zurückgegriffen werden. Nach dessen Urteil vom 24. 5. 2005 — IX ZR 123/04 — liegt Zahlungsunfähigkeit bereits vor, wenn der Schuldner eine Liquiditätslücke von 10 % oder mehr nicht innerhalb der nächsten 3 Wochen schließen kann. Eine Überschuldung nach § 19 Absatz 2 Satz 1 InsO tritt ein, wenn das Vermögen des Schuldners die bestehenden Verbindlichkeiten nicht mehr deckt, es sei denn, die Fortführung des Unternehmens in den nächsten 12 Monaten ist nach den Umständen überwiegend wahrscheinlich. Dem Gesetzeswortlaut der Vorschrift nach muss die Fortführung der Gesellschaft überwiegend wahrscheinlich sein. Dies ist nach herrschender Auffassung immer dann der Fall, wenn nach Auswertung der Finanzplanung die Wahrscheinlichkeit größer als 50 % ist, dass die Gesellschaft im Prognosezeitraum ihren Zahlungsverpflichtungen nachkommen kann; hierbei sind insbesondere auch gestundete Forderungen aus den fälligen Forderungen herauszurechnen.
- Die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Beitragsschuldners hindert nicht die Entstehung von Säumniszuschlägen. Insoweit kann aber ein Teilerlass (Erlass von Säumniszuschlägen zur Hälfte) in Frage kommen, wenn der Säumniszuschlag die Funktion des Druckmittels verliert. Dies ist regelmäßig mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens gegeben. Ein vollständiger Erlass der Säumniszuschläge kommt regelmäßig jedoch nicht in Betracht. Für die Entscheidung der Einzugsstelle ist es unbeachtlich, ob die Einzugsstelle die Säumniszuschläge im Insolvenzverfahren oder nach dessen Beendigung überhaupt realisieren kann. Für diese Fälle ist die Niederschlagung nach § 76 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 SGB IV vorgesehen. Ein Teilerlass von Säumniszuschlägen kann daher nur für den Zeitraum ab Eintritt der Zahlungsunfähigkeit und /oder Überschuldung in Betracht kommen.
- Im Insolvenzverfahren ist die hälftige Anerkennung der Säumniszuschläge durch den Insolvenzverwalter als ein Antrag auf Teilerlass (für die andere Hälfte) zu werten.
- d) Gefährdung der wirtschaftlichen Existenz
- Die Gewährung eines Vollstreckungsaufschubs lässt die Entstehung des Säumniszuschlags unberührt. Die Vollstreckungsbehörde kann im Einzelfall die Vollstreckung wegen Unbilligkeit einstweilen einstellen oder beschränken oder eine bereits durchgeführte Vollstreckungsmaßnahme aufheben. Diese Maßnahmen dienen — ähnlich wie eine Stundung nach § 76 Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 SGB IV — der vorübergehenden Schonung des Zahlungspflichtigen. Mit dem Vollstreckungsaufschub wird lediglich zeitweise auf die zwangsweise Durchsetzung des Zahlungsanspruchs verzichtet. Die Fälligkeit der Beitragsforderung und damit die Entstehung von Säumniszuschlägen durch Zahlungsverzug wird aber nicht berührt. Die Einziehung von Säumniszuschlägen bei Gewährung von Vollstreckungsaufschub ist nicht von vornherein unbillig. Ausnahmsweise kann aber ein hälftiger Erlass der Säumniszuschläge dann gerechtfertigt sein, wenn Vollstreckungsaufschub anstelle eines an sich gebotenen Erlasses bzw. einer gebotenen Stundung gewährt wurde.
- e) Erlass der Hauptschuld
- Bei einem Erlass der Hauptschuld ist es sachgerecht, gleichzeitig die bis dahin entstandenen Säumniszuschläge zu erlassen, auch wenn es sich um einen eigenständigen Anspruch aus dem Beitragsschuldverhältnis handelt.
- f) Sonstige Fälle
- Die unter a) bis e) aufgeführten Fallgruppen zu Erlassmöglichkeiten aus Billigkeitsgründen sind nicht als abschließende Aufzählung zu verstehen. Es ist denkbar, dass weitere Gründe persönlicher oder sachlicher Unbilligkeit einen Erlass von Säumniszuschlägen (in voller Höhe oder zur Hälfte) rechtfertigen.
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