Ärzte fordern mehr Steuerung im Gesundheitssystem
Die Ärzteschaft fordert von der nächsten Bundesregierung eine bessere Koordination und Steuerung der Patientenversorgung. „Das deutsche Gesundheitswesen ist wie wenige andere von einem kaum gesteuerten Zugang und einer unstrukturierten Inanspruchnahme gekennzeichnet“, heißt es im Positionspapier der Bundesärztekammer (Bäk) zur vorgezogenen Bundestagswahl im Februar 2025. Die Kammer schlägt vor, dass Patientinnen und Patienten sich zuerst an einen „Primärarzt“ wenden, der dann die Behandlung koordiniert. Um dieses Modell zu fördern, sollten Krankenkassen Anreize für ihre Versicherten bieten, etwa in Form von attraktiven Wahltarifen, Bonuszahlungen oder kürzeren Wartezeiten. Die Bäk befürwortet zudem die Einführung einer Zuckersteuer, höhere Steuern auf Tabak, die Einschränkung von Werbung für ungesundes Essen und eine Revision der Cannabis-Legalisierung.
Die mangelnde Orientierung in der Versorgung wirke sich nachteilig für die Patienten aus, erklärte die Bäk. Deutschland rangiere mit durchschnittlich 9,6 Arzt-Konsultationen pro Jahr in der Regelversorgung international an der Spitze der Zahl der Arzt-Patienten-Kontakte. In der Akut- und Notfallversorgung seien die Patientenzahlen zwischen 2009 und 2019 um zwölf Prozent gestiegen. Erhebungen zeigten, dass die medizinische Notwendigkeit für diese Inanspruchnahme in vielen Fällen nicht gegeben sei. Die hohe Belastung bringe das Gesundheitssystem an seine Grenzen.
Angesichts der wachsenden Sorge in der Bevölkerung um die Zukunft der medizinischen Versorgung erklärte Bäk-Präsident Klaus Reinhardt, die Politik müsse „diese Ängste der Menschen auch mit Blick auf den gesellschaftlichen Zusammenhalt und den sozialen Frieden in unserem Land ernst nehmen und die notwendigen Reformen gemeinsam mit der Ärzteschaft angehen”.
Auf dem Wunschzettel der Ärzteschaft für die neue Bundesregierung steht zudem die stärkere Förderung von Prävention und der Gesundheitskompetenz der Bevölkerung. Schätzungsweise 40.000 Menschen stürben jährlich an den Folgen von Alkohol. Tabakkonsum führe jährlich zu 127.000 Todesfällen. Rund ein Viertel der Kinder und Jugendlichen zwischen fünf und 17 Jahren sei übergewichtig. Vor diesem Hintergrund fordern die Ärzte, Werbung für gesundheitsschädigende Produkte zu untersagen. Neben der Einführung einer Zuckersteuer müssten die Steuern auf Alkohol und Tabak erhöht werden und die Erlöse daraus ins Gesundheitswesen fließen. Die Legalisierung von Cannabis als Genussmittel sollte nach Ansicht der Bäk zurückgenommen werden. (at)