Ärzteorganisationen warnen vor Aus des ÖGD-Paktes
Der Marburger Bund macht sich für eine Fortsetzung des Paktes für den Öffentlichen Gesundheitsdienst (ÖGD) über 2026 hinaus stark. „Ich habe den Eindruck, dass die Bedeutung des ÖGD im öffentlichen Bewusstsein seit Ende der Corona-Pandemie wieder abgenommen hat. Das ist keine gute Entwicklung“, sagte die Bundesvorsitzende der Klinikärzteorganisation, Susanne Johna, G+G. Der Pakt dürfe „kein Strohfeuer“ gewesen sein. Viele Vorhaben seien noch nicht flächendeckend umgesetzt. Auch die Bundesärztekammer (BÄK) und der Bundesverband der Ärztinnen und Ärzte im ÖGD (BVÖGD) setzen sich für die Fortsetzung ein.
„Der ÖGD übernimmt essenzielle Aufgaben, auch beim Schutz vor klimabedingten Gesundheitsgefahren“, erläuterte Johna zum „Tag des Gesundheitsamtes“. Er steht in diesem Jahr unter dem Motto „Klimawandel und Gesundheit“. Das ÖGD-Spektrum reiche dabei von der Beratung zu neuen Infektionserregern oder zu gesundheitsbezogenen Aspekten in kommunalen Bau- und Planungsprozessen bis hin zur Hitzeschutzberatung für Risikogruppen. „Auch in Bezug auf die wachsende soziale und gesundheitliche Ungleichheit im Land spielt der öffentliche, multiprofessionelle Gesundheitsdienst eine wichtige Rolle“, so die MB-Vorsitzende.
„Mit den zusätzlichen finanziellen Mitteln des Pakts konnten wichtige personelle, administrative und technische Verbesserungen für die Gesundheitsämter erreicht werden“, sagte BÄK-Präsident Klaus Reinhardt. Die nächste Bundesregierung müsse „diese Verbesserungen gemeinsam mit den Ländern langfristig finanziell absichern“. In einem gestern veröffentlichten Positionspapier fordert die BÄK zudem, Gesundheitsämter müssten auch künftig „von Ärztinnen und Ärzten mit ihrer spezifischen medizinischen Expertise geleitet werden“. Johna unterstützt das. „Die ärztliche Leitung der Gesundheitsämter ist eine entscheidende Voraussetzung für einen erfolgreichen und fachlich unabhängigen ÖGD, den wir gerade in diesen krisenhaften Zeiten unbedingt brauchen“, sagte sie G+G.
Zu Beginn der Corona-Krise vor fünf Jahren waren die Probleme der Gesundheitsämter deutlich zu Tage getreten. Als Reaktion hatten Bund und Länder im Herbst 2020 den „Pakt für den ÖGD“ vereinbart. Das bis Ende 2026 begrenzte und von der EU geförderte Programm beinhaltet vier Milliarden Euro für neue Stellen und Modernisierung. „Leider müssen wir feststellen, dass wegen der Unklarheit über die Fortführung des Paktes nach 2026 in den Kommunen bereits wieder kreativ Stellen abgewickelt werden“, warnte die BVÖGD-Vorsitzende Kristina Böhm unlängst im G+G-Interview. Ihr Verband fordert Mittel aus dem Infrastruktur-Sondervermögen, um vor allem die Digitalisierung fortsetzen zu können. (toro)