Allgemeinmediziner sehen geplante Präventionsbehörde kritisch
Allgemeinmediziner üben heftige Kritik an den Plänen von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach für ein Bundesinstitut für Prävention und Aufklärung in der Medizin (Bipam). Statt echter Primärprävention enthalte das Konzept fast nur Maßnahmen zur Früherkennung, heißt es in einem Papier der Deutschen Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin (Degam).
„Wir haben bereits zu einem viel früheren Zeitpunkt effektive Hebel“, sagte Degam-Präsident Martin Scherer. Hierzu zählten etwa ein Werbeverbot für Tabakprodukte und ungesunde Lebensmittel oder eine Zuckersteuer. Das in Gründung befindliche Bundesinstitut für Prävention und Aufklärung in der Medizin (Bipam) soll sich vor allem um die Vorbeugung von Krebs, Demenz und Herz-Kreislauf-Erkrankungen kümmern. Weitere Aufgaben sind die Erhebung von Gesundheitsdaten, Modellierungen, die Vernetzung der Gesundheitsämter und Gesundheitskommunikation.
„Da geh' ich ehrgeizig heran“, sagte Lauterbach in der ZDF-Talkshow „Markus Lanz“ gestern Abend. Deutschland habe in Europa das mit Abstand teuerste Gesundheitssystem überhaupt, aber nur mittelmäßige Ergebnisse bei der Lebenserwartung. „Unser System ist ineffizient“, betonte der SPD-Politiker.
Die Degam monierte, die Vorschläge seien „nicht evidenzbasiert“ und drohten, bereits vorhandene Über- und Fehlversorgung zu verschärfen. Die angedachten Maßnahmen zielten überwiegend auf Kinder und Jugendliche sowie Erwachsene mit eher geringer Risikoerhöhung. Gleichzeitig würden die meisten gefährdeten Menschen nicht erreicht oder lediglich mit Beratungen zur Verhaltensprävention bedacht.
Der AOK-Bundesverband erhofft sich vom neuen Bundesinstitut eine Stärkung von Gesundheitsförderung und Prävention „als gesamtgesellschaftliche Aufgaben und im Sinne des Health-in-All-Policy-Ansatzes“. Zugleich weist der Verband darauf hin, dass die vorhandenen Mittel für die Gesundheitsförderung effektiver eingesetzt werden müssten als bisher. „Das Bipam sollte bestehende Strukturen und relevante Akteure vernetzen und eine zentrale Rolle bei der Steuerung und Umsetzung von Präventionsmaßnahmen spielen“, betonte ein Sprecher des Verbandes. Dabei gehe es auch um „finanzielle Mitverantwortung der Länder und der Kommunen“.
Die Lebenserwartung in Deutschland betrug 2022 laut Berechnungen des Bundesinstituts für Bevölkerungsforschung bei Männern 78,1 Jahre und bei Frauen 82,8 Jahre. In der Gruppe von 16 westeuropäischen Ländern belegt Deutschland bei der Lebenserwartung nur Platz 15 bei den Männern und Platz 14 bei den Frauen. (at)
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