Bundesrat stimmt Entbudgetierung für Hausärzte zu
Der Bundesrat hat grünes Licht für die Abschaffung der Honorarobergrenze für Hausärzte gegeben. Die Länderkammer ließ heute das entkernte Gesundheitsversorgungsstärkungsgesetz (GVSG) passieren. Danach sollen zukünftig alle hausärztlichen Leistungen ohne Budgetbeschränkung vergütet werden. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach hofft, dass Hausärzte so mehr Anreiz erhalten, zusätzliche Termine für Patienten anzubieten. Die gesetzlichen Kassen schätzen die jährlichen Mehrkosten der Entbudgetierung auf 400 bis 500 Millionen Euro ohne Aussicht auf bessere Versorgung.
Die bereits entzweiten Ampelkoalitionäre hatten sich im Januar überraschend darauf geeinigt, die Entbudgetierung der Hausärzte noch kurz vor der Bundestagswahl in neun Tagen auf den Weg zu bringen. Ferner wird eine Versorgungspauschale zur Behandlung chronisch kranker Patienten eingeführt. So soll unabhängig von Zahl und Art der Arztkontakte in einem Zeitraum von vier aufeinanderfolgenden Kalenderquartalen nur noch eine Abrechnung erforderlich sein. Außerdem wird die Altersbeschränkung beim Anspruch auf nicht verschreibungspflichtige Kontrazeptiva aufgehoben, wenn es Hinweise auf sexuellen Missbrauch oder Vergewaltigung gibt.
In der Debatte im Bundesrat kritisierte Baden-Württembergs Gesundheitsminister Manfred Lucha, dass „der Gesetzentwurf auf wenige Punkte eingestampft“ worden sei. „Die Liste der Streichungen ist leider deutlich länger als die der verbliebenen Inhalte“, monierte der Grünen-Politiker. Die nächste Bundesregierung müsse eine „echte Reform“ mit innovativen Ansätzen zur sektorenübergreifenden Versorgung anpacken. Nur so könne die Gesundheitsversorgung dauerhaft zukunftssicher gemacht werden.
Auch Brandenburgs Gesundheitsministerin Britta Müller bedauerte, dass zentrale Inhalte aus dem Gesetzentwurf „ersatzlos gestrichen“ worden seien. Besonders bitter für ihr Bundesland sei das Fehlen von Primärversorgungszentren, Gesundheitsregionen und kommunalen Medizinischen Versorgungszentren (MVZ) im aktuellen Entwurf. „Hier lässt uns der Bund im Stich“, sagte die parteilose Ministerin. Ob durch die Entbudgetierung mehr Hausarzt-Termine geschaffen würden, bleibe abzuwarten. „Ich vermute, eher nicht“, sagte Müller.
Dagegen betonte Lauterbach: „Dieses Gesetz wird die ambulante Versorgung grundlegend verbessern.“ Hausärzte könnten dadurch ihre Lotsenfunktion besser und mit weniger Bürokratie wahrnehmen. Der AOK-Bundesverband wies darauf hin, dass Deutschland bereits das teuerste Gesundheitssystem Europas habe. Von der Höhervergütung bestehender Leistungen „nach dem Gießkannenprinzip“ profitierten vor allem Hausarztpraxen in den Ballungsräumen, schrieb Verbandssprecher Kai Behrens auf Linkedin. Dies setze „völlig falsche Anreize für die Niederlassung von Ärzten“. (at)
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