Diabetes-Verband kritisiert Präventionspolitik des Bundes
Die Deutsche Diabetes Gesellschaft (DDG) wirft der Bundesregierung eine falsche Weichenstellung in der Präventionspolitik vor. „Die Gesundheitspolitik konzentriert sich isoliert auf die hohe Mortalitätsrate bei Herz-Kreislauferkrankungen, ohne die eigentlichen Risikofaktoren wie Adipositas, Bluthochdruck, Diabetes, Fettstoffwechselstörungen sowie Tabakkonsum und ungesunden Lebensstil zu adressieren“, sagte der DDG-Experte Baptist Gallwitz zu G+G.
Dieser „eingeschränkte Blick“ verkenne die wahren Herausforderungen in der Diabetesvorsorge. Diabetes werde in der Gesundheitspolitik vernachlässigt, obwohl etwa neun Millionen Deutsche damit lebten, monierte Gallwitz. Zusätzlich gebe es eine hohe Dunkelziffer von bis zu zwei Millionen nicht diagnostizierter Fälle.
Diabetes und Adipositas sowie die damit verbundenen Begleit- und Folgeerkrankungen stellten eine der größten gesundheitspolitischen Herausforderungen hierzulande und weltweit dar, führte der Tübinger Medizinprofessor weiter aus. Statt einer ressortübergreifenden Maßnahmenoffensive verliere sich das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) in unkoordinierten Einzelmaßnahmen, die einer gesamtgesellschaftlichen Präventionsstrategie nicht gerecht würden. Als Beispiel nannte Gallwitz das zurzeit heftig diskutierte „Gesunde Herz Gesetz“.
Der Experte betonte, es ließen sich „kurzfristig gesetzgeberische Maßnahmen auf den Weg bringen, wenn alle an einem Strang ziehen“. Dazu zählten etwa bundesweit verpflichtende Qualitätsstandards bei der KiTa- und Schulverpflegung, eine Regulierung für an Kinder gerichtete Lebensmittelwerbung und eine „gesunde Mehrwertsteuer“. Bei dieser würden gesunde Lebensmittel steuerlich begünstigt und ungesunde Lebensmittel teurer.
Der Bundestag hatte 2020 eine Nationale Diabetesstrategie (NDS) verabschiedet und damit den Startschuss für mehr strategische Prävention und Versorgungsforschung zu Adipositas und Diabetes mellitus gegeben. Die DDG kritisiert jedoch, dass das Papier seitdem in einer Schublade des BMG verstaube und auf die Umsetzung warte.
Der Verband und die Deutsche Allianz Nichtübertragbare Krankheiten (DANK) fordern seit Jahren, im Rahmen eines Health-in All-Policies-Ansatzes das Thema Gesundheit in allen Politikfeldern zu verankern, so etwa in den Ministerien Ernährung, Verbraucherschutz, Sport und Bildung bis hin zu Arbeit, Umwelt, Soziales und Verkehr. Zudem solle das Ressort Ernährung ins Gesundheitsministerium verlagert werden. „Wir brauchen eine ganzheitliche gesundheitspolitische Strategie, die sowohl verhaltens- als auch verhältnispräventive Maßnahmen integriert“, forderte Gallwitz. (hn)
Datenschutzhinweis
Ihr Beitrag wird vor der Veröffentlichung von der Redaktion auf anstößige Inhalte überprüft. Wir verarbeiten und nutzen Ihren Namen und Ihren Kommentar ausschließlich für die Anzeige Ihres Beitrags. Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht, sondern lediglich für eventuelle Rückfragen an Sie im Rahmen der Freischaltung Ihres Kommentars verwendet. Die E-Mail-Adresse wird nach 60 Tagen gelöscht und maximal vier Wochen später aus dem Backup entfernt.
Allgemeine Informationen zur Datenverarbeitung und zu Ihren Betroffenenrechten und Beschwerdemöglichkeiten finden Sie unter https://www.aok.de/pp/datenschutzrechte. Bei Fragen wenden Sie sich an den AOK-Bundesverband, Rosenthaler Str. 31, 10178 Berlin oder an unseren Datenschutzbeauftragten über das Kontaktformular.