OECD-Studie: Pflegebedürftigkeit erhöht Armutsrisiko
Steigende Kosten, mehr Pflegebedürftige, weniger Personal: Der Ruf nach einer Pflegereform wird drängender. Einer heute veröffentlichten Studie der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) zufolge droht pflegebedürftigen Menschen in Deutschland trotz staatlicher Hilfen Armut. „Öffentliche Leistungen und Dienstleistungen reduzieren das mit den Langzeitpflegekosten verbundene Armutsrisiko, jedoch nicht immer erheblich“, schreiben die Autoren. Der CSU-Fraktionschef im Bayerischen Landtag, Klaus Holetschek, forderte eine umfassende Reform der Pflegeversicherung. „Unser Pflegesystem fährt an die Wand“, sagte der CSU-Politiker dem „Focus“.
Laut der OECD-Studie, die den Einfluss staatlicher Unterstützung in knapp 30 Mitgliedstaaten der Organisation untersuchte, liegt in Deutschland das Armutsrisiko für Pflegebedürftige um 20 Prozentpunkte über dem der älteren Gesamtbevölkerung. Der Analyse zufolge gelingt es nur in Finnland, Dänemark und Ungarn, das Armutsrisiko für ältere, pflegebedürftige Menschen mit hohem Bedarf durch staatliche Hilfen vollständig aufzufangen.
Holetschek kritisierte, dass die Pflegekassen für versicherungsfremde Leistungen in Höhe von elf Milliarden Euro einspringen müssten. Diese sollten mit Steuergeldern und nicht vom Beitragszahler finanziert werden. Auch der Sozialverband VDK drängte auf „eine Grundsanierung“ der Pflegeversicherung und forderte, versicherungsfremde Leistungen durch Steuereinnahmen zu decken. „Der Bund muss die offenen 5,9 Milliarden Euro schnellstens zurückzahlen“, sagte VDK-Chefin Verena Bentele mit Hinweis auf ausstehende Erstattungen des Bundes für pandemiebedingte Ausgaben. „Würde die Bundesregierung die Coronahilfen zurückzahlen, wozu sie verpflichtet ist, müssten die Pflegebeiträge nicht steigen.“ Die Pflegekassen rechnen angesichts eines drohenden Defizits von etwa 5,3 Milliarden Euro mit einer Anhebung der Beiträge zur Pflegeversicherung um 0,2 bis 0,3 Prozentpunkte.
Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) hatte in einem ARD-Interview in der vergangenen Woche erneut erklärt, eine Pflegereform sei in Arbeit. Ziel der Reform sei, die stetig steigenden Pflegekosten zu beherrschen. Der AOK-Bundesverband drängt schon seit längerem auf eine stabile Finanzierung der Pflegekassen. „Die Politik ist dringend gefordert, den Anstieg der Eigenanteile weiter zu begrenzen“, erklärte Vorständin Carola Reimann. Steigende Kosten würden ausschließlich Beitragszahlenden und Pflegebedürftigen aufgebürdet. (at)
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