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„Schambehaftetes Thema“: Ethikrat nimmt sich dem Phänomen Einsamkeit an

19.06.2024 2 Min. Lesedauer

Nach der Politik hat sich nun auch der Deutsche Ethikrat auf seiner Jahrestagung mit dem Thema „Einsamkeit“ beschäftigt, um dem weit verbreiteten gesellschaftlichen Problem auf den Grund zu gehen. „Tatsächlich hat das Thema Einsamkeit gegenwärtig Konjunktur“, sagte Ethikratsmitglied Mark Schweda. Der Bioethiker und Philosoph von der Uni Oldenburg verwies auf eine aktuelle Studie, wonach sich ein Viertel der Menschen in Deutschland sehr einsam fühle. Gerade junge Menschen seien stark betroffen. Fachleute warnten vor den Folgen für die Gesundheit, aber auch für den Zusammenhalt der Gesellschaft und vor den Auswirkungen auf die politische Kultur.

Die Psychologin Maike Luhmann von der Uni Bochum unterschied verschiedene Formen der Einsamkeit. Es gebe emotionale Einsamkeit, einen wahrgenommenen Mangel an Tiefe individueller Beziehungen. Diese unterscheide sich von der sozialen Einsamkeit, die als Mangel an sozialen Beziehungen empfunden werde. Weiter gebe es kollektive Einsamkeit, in der Betroffene über eine mangelnde Einbindung in die Gesellschaft klagten. Generell sei Einsamkeit ein subjektives Gefühl, das am besten mit der Kluft „zwischen dem, was wir haben, und dem, was wir uns wünschen“, beschrieben werden könne. Einsamkeit sei immer noch ein „schambehaftetes Thema“. Es gebe aber inzwischen viele Angebote für Betroffene. Das Kompetenznetz Einsamkeit gebe mit seiner Datenbank eine Übersicht nach Landkreisen.

Sabine Diabaté vom Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung erklärte, bei Umfragen beobachte das Institut eine Zunahme von Einsamkeit bei den 18- bis 53-Jährigen. Risikofaktoren für Einsamkeit seien Alleinleben, schlechte Gesundheit und niedrige Bildung. Manfred Spitzer vom Universitätsklinikum Ulm verwies darauf, dass bei Einsamkeit das Schmerzzentrum des Gehirns aktiviert sei. „Einsamkeit tut weh. Wir dachten immer, das ist eine Metapher“, sagte der Psychiater. Doch dem sei nicht so. Es sei keine Überraschung, dass viele Depressive Schmerzmittel missbrauchten.

Seit einigen Jahren rückt das Thema zunehmend in den Fokus der Öffentlichkeit und der Politik. Ende 2023 hatte die Bundesregierung eine nationale Strategie gegen Einsamkeit verabschiedet. Teil dieser Strategie ist auch die laufende Aktionswoche gegen Einsamkeit. Großbritannien schuf im Jahr 2018 ein eigenes Ministerium gegen Einsamkeit. (at)

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