Regierung hält trotz Kritikwelle an Geheimpreisen fest
Die Bundesregierung hält ungeachtet der breiten Kritik an ihrem Plan zur Einführung vertraulicher Erstattungspreise für neue Medikamente fest. Die Regelung solle den Pharmastandort Deutschland stärken und die gesetzliche Krankenversicherung entlasten, verteidigte das Gesundheitsministerium heute das Vorhaben. „Deutschland ist Referenzmarkt für die Preisbildung. Das schränkt den Spielraum der pharmazeutischen Unternehmen für Preisvereinbarungen ein.“ Sei der für Deutschland vereinbarte Preis für Behörden anderer Länder nicht zugänglich, könnten die Unternehmen ihre Arzneien in Deutschland zu niedrigeren Preisen als in anderen Staaten anbieten.
Das Bundesgesundheitsministerium verweist in seinem schriftlichen Statement auf die Rabattverträge der Einzelkassen, bei denen die Preise ebenfalls vertraulich seien. Alle anderen EU-Länder nutzten vertrauliche Pharma-Preise für ihre Verhandlungen. „Deshalb wird die Verhandlungsoption eingeführt, dass auf Verlangen des pharmazeutischen Unternehmers der verhandelte Erstattungsbetrag nicht mehr in den allgemein verwendeten Verzeichnissen öffentlich zugänglich ist“, gibt sich das Ressort von Minister Karl Lauterbach (SPD) unbeirrt. Mehrkosten, die bei der technischen Umsetzung des vertraulichen Preises im System entstünden, müssten die Unternehmen „vollständig übernehmen".
An den geplanten Geheimpreisen, wie sie der Entwurf zum Medizinforschungsgesetz (MFG) vorsieht, gibt es seit Monaten Kritik, insbesondere von den gesetzlichen Krankenkassen. Nach Ansicht des AOK-Bundesverbandes führen vertrauliche Preise zu erheblicher Intransparenz sowie einem hohen bürokratischen und finanziellen Aufwand, der mit verantwortungsvollen gesundheitsökonomischen Erwägungen nicht vereinbar sei. Zur Finanzierung der Standortpolitik dürften nicht die Beitragszahlenden herangezogen werden, insbesondere, wenn für diese damit keine Verbesserung der Versorgung einhergehe. Am Freitag hatte sich auch der Bundesrat gegen das Vorhaben positioniert. Einem hohen bürokratischen und finanziellen Aufwand für den Differenzausgleich stehe ein nur „fraglicher Nutzen“ entgegen, so die Länderkammer.
Eine deutliche Absage erteilten dem Vorhaben auch der Gemeinsame Bundesausschuss (GBA) sowie das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG). Das oberste Gremium der Selbstverwaltung und das IQWiG hatten sich unlängst gemeinsam mit den Kassenverbänden an die Mitglieder des Bundestagsausschusses für Gesundheit und die Fraktionen gewandt. „Es drohen erhebliche Mehrausgaben durch den Wegfall bewährter Instrumente der Preisregulierung und ein massiver Bürokratieaufbau“, betonen sie. (sev)
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