Fachgremien des Bundesrates lehnen Arznei-Geheimpreise ab
Auf Länderseite formiert sich Widerstand gegen wesentliche Inhalte des geplanten Medizinforschungsgesetzes. Neben dem Gesundheitsausschuss des Bundesrates haben sich der Wirtschaftsausschuss und zwei weitere Fachausschüsse der Länderkammer gegen eine neue, spezialisierte Ethik-Kommission auf Bundesebene zur schnelleren Bewertung bestimmter Arzneimittelstudien ausgesprochen. In ihrer heute veröffentlichten gemeinsamen Beschlussempfehlung für die Bundesratssitzung am 17. Mai teilen sie auch die Argumente der Krankenkassen gegen vertrauliche Arzneimittel-Erstattungspreise.
Eine Geheimhaltungsmöglichkeit für den zwischen Pharmaherstellern und Kassen verhandelten Erstattungsbetrag für neue Medikamente in Deutschland würde laut Beschlussempfehlung „zu großer Intransparenz für heutzutage erforderliche gesundheitsökonomische Betrachtungen“ führen. Dabei stehe „ein hoher bürokratischer und finanzieller Aufwand für den Differenzausgleich einem nur fraglichen Nutzen entgegen“. Damit stützen die Ausschüsse die vom AOK-Bundesverband schon zu Jahresbeginn vorgebrachte Kritik an der neuen Pharmastrategie der Bundesregierung. Auch der Spitzenverband der gesetzlichen Krankenversicherung, der Gemeinsame Bundesausschuss sowie einzelne Pharmaunternehmen lehnen Geheimpreise ab.
Vom Aufbau einer neuen Ethik-Kommission auf Bundesebene „für besonders komplexe oder eilige Verfahren“ verspricht sich Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) Vorteile für den Pharmastandort Deutschland. Die Fachgremien des Bundesrates befürchten dagegen vor allem Kompetenzverluste für die bestehenden Ethikkommissionen auf Länderebene. Deren Expertise und Erfahrungen dürften „nicht leichtfertig in Frage gestellt werden“. Statt ein weiteres Gremium zu gründen, „könnte auch im aktuellen System eine Konzentration auf wenige spezialisierte Ethik-Kommissionen erfolgen“.
Zudem sorgen sich die Ausschüsse um die Unabhängigkeit der Studienbewertungen. Anders als nicht-weisungsgebundene lokale Ethikkommissionen wäre die geplante Bundeskommission abhängig vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte als Genehmigungs- und Aufsichtsbehörde. Institutionelle Unabhängigkeit sei jedoch „ein zentrales Element für den Patientenschutz und auch für die gesellschaftliche Akzeptanz der Forschung am Menschen“. Die Fachgremien warnen darüber hinaus vor einem deutschen Sonderweg, da die von Lauterbach angestrebte Verkürzung der Bewertungsfrist für rein nationale klinische Medikamentenstudien auf maximal 26 Tage gemeinsame europäische Verfahren unterlaufe. (toro)
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