AOK lehnt EU-Pharmaförderung ohne Gegenleistungen ab
Die seit heute geltenden neuen US-Zölle treffen auch die Pharmaindustrie beiderseits des Atlantiks. Bei einer Videokonferenz mit EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen warnten Vertreter der europäischen Branchenverbände vor negativen Folgen „für die global vernetzten Lieferketten und die Verfügbarkeit von Arzneimitteln für europäische und US-amerikanische Patienten gleichermaßen“. Als Reaktion müsse die EU „regulatorische Hindernisse“ im Binnenmarkt abbauen und die heimische Pharmaindustrie stärker fördern. Die Entwicklung dürfte auch die Diskussion um die Mitte März von der EU-Kommission vorgestellten Pläne für mehr Liefersicherheit bei wichtigen Medikamenten (Critical Medicines Act – CMA) beeinflussen.
Der CMA-Vorschlag definiert das Entwickeln und Herstellen „kritischer Arzneimittel“ und das Zurückholen von Pharmaproduktion nach Europa als strategische Ziele der Union. Der AOK-Bundesverband begrüßt diese Zielsetzung, warnt in einer G+G vorliegenden ersten Bewertung aber vor einer Industrieförderung ohne Gegenleistungen. Der Kommissionsvorschlag „bindet vor allem die Mitgliedsstaaten und die nationalen Gesundheitssysteme mit Finanzierungszusagen und regulatorischen Erleichterungen für die Industrie ohne jedoch verbindliche, klare Gegenleistungen im Sinne zeitnaher und bedarfsgerechter Liefermengen durch die pharmazeutischen Unternehmen einzufordern“, heißt es in der Verbandsbewertung.
Die AOK unterstützt die vorgesehene Neuerung, bei versorgungskritischen Arzneimitteln Lieferanten mit „einem erheblichen EU-Produktionsanteil“ bei der Beschaffung zu begünstigen. In diesem Zusammenhang könne aber ein zu enges Vorschriften-Korsett aus Brüssel Handlungsspielräume der öffentlichen Auftraggeber einengen und zu Rechtsunsicherheiten führen, warnt der Bundesverband. Zielführender sei deshalb „eine Zusammenstellung von erprobten Regelbeispielen, um Weiterentwicklungen bei Beschaffungsvorhaben innerhalb der nationalen Gesundheitsstrukturen und Rechtsrahmen prüfen zu können“.
Die Vorschläge der Kommission werden jetzt im Europaparlament und im Rat der EU-Gesundheitsminister beraten. Auch der deutsche Bundesrat wird sich nach Vorliegen der offiziellen deutschen Übersetzung damit befassen. Sie wird voraussichtlich in der zweiten Aprilhälfte veröffentlicht. Der Spitzenverband der gesetzlichen Krankenversicherung hatte sich bereits im Vorfeld dafür ausgesprochen, die CMA-Verordnung in die anstehende Reform der EU-Arzneimittelgesetzgebung einzubinden. (toro)