Fehlzeiten-Report: Beschäftigte stehen unter starkem seelischen Druck
Arbeitsplatzbedingte psychische Belastungen nehmen zu. Das ergab eine repräsentative Umfrage des Wissenschaftlichen Instituts der AOK (WIdO) vom Februar für den Fehlzeiten-Report 2023.
Ein weiteres Ergebnis: Betriebe, die als zukunftsfähig bewertet werden, haben gesündere Beschäftigte. Der heute in Berlin vorgestellte Report beleuchtet die Auswirkungen der aktuellen Krisen auf Unternehmen und die Gesundheit der Beschäftigten.
Die Befragten beklagten vor allem Symptome wie Erschöpfung, Wut, Verärgerung und Lustlosigkeit. Damit korrespondiert ein Anstieg der Fehltage aufgrund psychischer Erkrankungen im Jahr 2022 um 48 Prozent gegenüber 2012. Bei allen anderen Erkrankungen nahmen die Fehltage in diesen zehn Jahren nur um 35 Prozent zu. „Im Vergleich zu anderen Krankheiten gehen psychische Erkrankungen häufig mit besonders langen Fehlzeiten einher“, erläuterte Johanna Baumgardt, Forschungsbereichsleiterin für Betriebliche Gesundheitsförderung (BGF) im WIdO. So führten 2022 seelische Beschwerden zu durchschnittlich 29,6 Krankheitstagen, Atemwegserkrankungen zu 7,1 Tagen.
Knapp die Hälfte der Befragten nahm in ihrem Betrieb oder ihrer Organisation eher starke bis sehr starke Veränderungen wahr. Als Treiber dafür nannten sie die Covid-19-Pandemie und technologische Entwicklungen. Trotz großer Umbrüche sähen die Beschäftigten die Situation ihres eigenen Unternehmens dennoch „durchaus positiv“, bilanzierte Baumgardt. Zwar zeigten 35 Prozent der Befragten ausgeprägte Zukunftsangst wegen der gesamtgesellschaftlichen Situation, aber nur acht Prozent in Bezug auf ihren Arbeitgeber.
Insgesamt verzeichnet der Fehlzeiten-Report einen Höchststand bei der Arbeitsunfähigkeit (AU). 2022 waren es 216,6 AU-Fälle je 100 AOK-Mitglieder, von 2012 bis 2021 im Schnitt 159,7. Besonders betroffen war das Gesundheits- und Sozialwesen. Rund 14 Prozent aller Fehltage entfielen auf diese Branchen. „Die Beschäftigten in der Gesundheitsversorgung, in Bildung und Erziehung erfahren zu wenig gesellschaftliche Wertschätzung“, kritisierte Bernhard Badura, emeritierter Professor für Gesundheitswissenschaften an der Universität Bielefeld. Er forderte mehr Beachtung für das Thema „mentale Gesundheit“ und eine bessere Ausbildung der Führungskräfte. Jens Martin Hoyer, Vize-Vorstand des AOK-Bundesverbandes, verwies auf zahlreiche BGF-Maßnahmen, die die AOK allen Betrieben anbiete. „Gerade in Zeiten des Fachkräftemangels muss die Gesundheit von Beschäftigen ein zentrales Anliegen jedes Unternehmens sein“, betonte Hoyer.