GBA-Chef für schärfere Preisregulierung bei Arzneimitteln
Angesichts stark steigender Ausgaben für Spezialmedikamente fordert der Vorsitzende des Gemeinsamen Bundesausschusses (GBA), Josef Hecken, eine schärfere Preisregulierung in diesem Segment. Wenn es nicht gelinge, „die Kostenexplosion insbesondere bei Arzneimitteln gegen Krebs und seltene Erkrankungen in den Griff zu bekommen, werden wir als Gesellschaft schon bald über Einschränkungen bei der Verschreibung von Medikamenten diskutieren müssen“, sagte Hecken dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). Er forderte Union und SPD auf, das Thema bei den laufenden Koalitionsverhandlungen aufzugreifen.
Der GBA-Chef plädierte dafür, den endgültigen Preis für bestimmte Medikamente erst nach Vorliegen aussagekräftiger Studien festzulegen und dann rückwirkend anzuwenden. Derzeit werde der Preis notgedrungen „auf Grundlage schwacher Belege“ verhandelt. Bei Arzneimitteln für sehr kleine Patientengruppen oder Medikamente ohne Behandlungsalternative sind keine Vergleichsstudien möglich, auf denen das deutsche Nutzenbewertungs- und Preisfindungsverfahren (Amnog) beruht. „Es wäre ethisch nicht zu rechtfertigen, zum Beispiel bei einem Medikament gegen seltene Krankheiten, die vielleicht bereits im Kindesalter zum Tod führen können, Studien mit einer Vergleichsgruppe durchzuführen, die kein Medikament bekommt“, erläuterte Hecken.
Für entsprechende Präparate müsse es deshalb verpflichtende Begleitstudien gegen, „um die tatsächlichen Behandlungserfolge (…) über einen Zeitraum von mehreren Jahren zu verfolgen und zu bewerten“. Auf dieser Grundlage könne dann der endgültige Preis für die gesetzliche Krankenversicherung (GKV) verhandelt werden. Er halte es „für geboten, dass dieser endgültige Preis rückwirkend greift“, sagte Hecken. Nach seinen Angaben machen die betreffenden Arzneimittelgruppen fast ein Drittel der GKV-Ausgaben für Medikament aus, beträfen aber nur knapp 1,3 Prozent der Verordnungen.
Nach Daten des Wissenschaftlichen Instituts der AOK (WIdO) wenden die Krankenkassen immer mehr Geld für wenige Patienten auf. So haben sich laut GKV-Arzneimittelmarktanalyse 2024 die Umsätze bei „Hochpreisern“ mit Packungskosten von mehr als 5.000 Euro seit 2014 fast verdreifacht. Als teuerstes Medikament der Welt gilt weiterhin das Gentherapeutikum Zolgensma zur Behandlung der sehr seltenen spinalen Muskelatrophie (SMA) bei Kleinkindern. Die Einmalbehandlung kostet rund zwei Millionen Euro. „Ohne konsequentere Regulierungen riskieren wir, dass lebenswichtige Innovationen zwar entwickelt, aber unerschwinglich werden“, warnte WIdO-Geschäftsführer Helmut Schröder. (toro)