Gestreckter ePA-Rollout: Ärzte erleichtert – Kassen enttäuscht
Bundesärztekammer (BÄK) und Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) begrüßen den Plan des Bundesgesundheitsministeriums, die elektronische Patientenakte (ePA) zunächst schrittweise und für die Arztpraxen freiwillig einzuführen. KBV-Vorständin Sybille Steiner nannte die Ankündigung des geschäftsführenden Ministers Karl Lauterbach „folgerichtig und konsequent“. Die Testphase habe gezeigt, „dass eine bundesweite verbindliche Einführung derzeit unvertretbar wäre“, sagte BÄK-Präsident Klaus Reinhardt. Die Krankenkassen zeigten sich enttäuscht.
Die Ankündigung Lauterbachs „ist ambitionslos und steht im Widerspruch zur versprochenen ‚Aufholjagd‘ bei der Digitalisierung des Gesundheitswesens“, kritisierte die Vorstandsvorsitzende des AOK-Bundesverbandes, Carola Reimann.
Seit Januar wird die ePA in Franken, Hamburg und Umland sowie Teilen Nordrhein-Westfalens im Praxisbetrieb getestet. Ursprünglich sollte sie nach einer vierwöchigen Testphase im Februar verpflichtend starten. Dieser Termin wurde dann zunächst auf Anfang April verschoben. Am Dienstag nun kündigte Lauterbach auf der IT-Messe Dmea an, „dass wir in den kommenden Wochen in eine Hochlaufphase außerhalb der Modellregionen eintreten können“, nannte aber keinen konkreten Starttermin mehr. Die Kassenärztliche Vereinigung Westfalen-Lippe (KVWL) bewertete den Schritt als „unbedingt positiv“. „Eine Nutzungsverpflichtung der ePA kann es erst dann geben, wenn sie im Praxis-Alltag reibungslos läuft“, unterstrich KVWL-Vize Anke Richter Scheer. Die KVWL hatte immer wieder von technischen Problemen während der Testphase berichtet.
Die AOK sieht nicht nur den zeitlich gestreckten Rollout, sondern auch die Freiwilligkeit der Nutzung und Befüllung durch die Ärzteschaft kritisch. „Die bisherigen Erfahrungen sprechen dafür, dass wir verbindliche Fristen und Vorgaben brauchen, um bei der konkreten ePA-Einführung endlich voranzukommen“, sagte Verbandschefin Reimann. Die AOK und die anderen gesetzlichen Krankenkassen hätten ihre Aufgaben im Zusammenhang mit der Einführung der ePA fristgerecht erledigt. Der Geschäftsführer des Verbandes der Innungskrankenkassen (IKK), Jürgen Hohnl, forderte gegenüber G+G „ein rasches Ende der Modellphase“ und eine „verlässliche und vernünftige Lösung für ein modernes, sicheres Patienten-/Arzt-Verhältnis.“ Die ePA sei für die IKKen „ein wesentliches Instrument für eine sichere, schnelle und umfassende Versorgung unserer Versicherten.“
Der Bundesverband Managed Care (BMC) warf Lauterbach einen „politischen Wackelkurs“ vor. „Der volle Nutzen der elektronischen Patientenakte entsteht nur, wenn alle Akteure der Versorgung teilnehmen“, betonte der BMC-Vorsitzende Lutz Hager. Eine schrittweise Einführung ohne klare Zielperspektive könne das Vertrauen der Patientinnen und Patienten verspielen. (rbr)