Gesundheitskrisen: EU-Prüfer warnen vor Kompetenzgerangel
Trotz Konsequenzen aus der Corona-Pandemie ist die EU nicht umfassend auf eine erneute größere Gesundheitskrise vorbereitet. Zu diesem Schluss kommt ein Sonderbericht des Europäischen Rechnungshofes (ECA). Die Prüfer haben vor allem das organisatorische Räderwerk im Blick. Dieses könne im Notfall durch Kompetenzüberschneidungen zwischen EU-Arzneimittelagentur (Ema), EU-Gesundheitsbehörde ECDC und der 2021 eingerichteten EU-Behörde zur Krisenvorsorge und -reaktion bei gesundheitlichen Notlagen (Hera) ins Stocken geraten. Die EU-Kommission müsse die jeweiligen Zuständigkeiten klären, um Doppelarbeit zu vermeiden, empfiehlt die gestern Abend veröffentlichte ECA-Analyse.
Rückblickend stellen die Prüfer Ema und ECDC durchaus gute Noten aus. Sie hätten „eine Schlüsselrolle bei der Bewältigung der Pandemie gespielt“ und „die Situation letztlich gut bewältigt“. Der Bericht begrüßt die inzwischen erweiterten Kompetenzen beider Einrichtungen. Durch das Hinzukommen von Hera habe sich jedoch ein „komplexer organisatorischer Rahmen“ entwickelt, der „eine enge Zusammenarbeit zwischen zahlreichen Interessenträgern auf internationaler, europäischer, nationaler und regionaler Ebene erfordert“. Übersetzt: Im Ernstfall sind auf den EU-Ebenen viele zeitraubende Abstimmungsprozesse nötig.
Kritisch merkt der Bericht an, das ECDC habe „den Ernst der Lage zunächst unterschätzt“. Risikobewertungen, Infos für die Öffentlichkeit und Leitlinien – etwa zu Masken und Kontaktverfolgung – seien „mitunter zu spät“ gekommen. Zudem hätte das ECDC „zuverlässigere Methoden wie Analysen der Viruskonzentrationen im Abwasser“ häufiger einsetzen können. Der Bericht kritisiert aber auch die EU-Mitgliedstaaten, die den ECDC-Empfehlungen nicht nachgekommen seien. Die Ema habe die Entwicklung von Impfstoffen und Medikamenten aktiv vorangetrieben, die Zulassung beschleunigt und zur Lösung von medizinischen Engpässen beigetragen, lobt der ECA-Bericht.
„Vier Jahre später müssen die aus der Pandemie gezogenen Lehren nun wirksam auf EU-Ebene umgesetzt werden, damit sich die Geschichte nicht wiederholt“, sagte der für den Sonderbericht zuständige ECA-Vertreter João Leão. Dazu müsse das ECDC „seine interne Organisation sowie seine Verfahren, Systeme und Veröffentlichungen weiter verbessern“, empfiehlt der Sonderbericht. Auch die Ema „sollte ihre Verfahren und die Verbreitung von Informationen optimieren“. Für das Klarstellen der jeweiligen Befugnisse und Zuständigkeiten von Ema, Hera und ECDC hat der Rechnungshof der EU-Kommission das „Zieldatum 2026“ gesetzt. (toro)
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