Finanzreserven auf Allzeittief – Krankenkassen fordern schnelles Handeln
Angesichts der rapide schwindenden Finanzreserven der Kassen mahnt der Spitzenverband der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-SV) die Politik zum schnellen Handeln. „Die Reserven der Krankenkassen sind auf sieben Prozent einer Monatsausgabe beziehungsweise zwei Milliarden Euro zusammengeschrumpft“, sagte GKV-SV-Vorständin Doris Pfeiffer. Ein „Weiter-so“ dürfe es nicht geben. Pfeiffer appellierte in der „Neuen Osnabrücker Zeitung“ an die angehenden Koalitionäre, in ihrem Koalitionsvertrag entsprechende Festlegungen zu treffen. Anderenfalls würden die Zusatzbeiträge „über kurz oder lang durch die Decke“ gehen. Ähnlich hatte sich zuvor der AOK-Bundesverband geäußert. Heute am späten Nachmittag sollen im Anschluss an die erste Phase der Koalitionsverhandlungen zwischen Union und SPD die verschiedenen Arbeitsgruppen ihre Ergebnisse vorlegen.
Sie hoffe sehr, dass die Verhandler die Brisanz der Finanzsituation der Kassen erkannt hätten, sagte Pfeiffer. Kassen und Gesundheitsfonds hätten 2024 zusammen rund zehn Milliarden Euro Minus gemacht. Während die Ausgaben der GKV im vergangenen Jahr um 7,8 Prozent gestiegen seien, habe es bei den Einnahmen nur ein Plus von 5,3 Prozent gegeben. Die Schere zwischen Ein- und Ausgaben sei eine grundlegende Gefahr für die finanzielle Stabilität. Pfeiffer forderte ein Ausgabenmoratorium, bis Einnahmen und Ausgaben durch Strukturreformen wieder in ein Gleichgewicht gebracht worden seien. Zudem müsse die medizinische Versorgung der Bürgergeldbezieher aus Steuermitteln finanziert werden. Im vergangenen Jahr schrieben die gesetzlichen Krankenkassen rote Zahlen in Höhe von 6,2 Milliarden Euro.
Auch der AOK-Bundesverband fordert eine Rückbesinnung auf den Grundsatz der Wirtschaftlichkeit. „Die Kluft zwischen Einnahmen und Ausgaben muss in der 21. Wahlperiode wieder geschlossen werden“, mahnte Verbandsvorständin Carola Reimann kürzlich. Gesundheitspolitische Reformen dürften nicht nur über weiter steigende Beiträge refinanziert werden, sondern müssten sich an den Einnahmen ausrichten. Die Verband hat in seinem Sofortprogramm zur Stabilisierung der Finanzen von Kranken- und Pflegekassen kurzfristig umsetzbare Finanzierungs- und Sparvorschläge für beide Versicherungszweige in Höhe von bis zu 35 Milliarden Euro identifiziert.
Die gesetzlich vorgesehene Mindestreserve der Krankenkassen beträgt derzeit 20 Prozent einer Monatsausgabe. Auf diesen Wert hatte bereits 2019 der damalige Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) die Vorgabe herabgesetzt, um auf die Reserven der Krankenkassen zugreifen zu können.(at)