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„Halbe Million Long-Covid-Erkrankte“ - Tendenz steigend

17.04.2024 2,5 Min. Lesedauer

Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach erwartet eine weiter steigende Zahl von Long-Covid-Kranken. Derzeit gehe er von einer halben Million Betroffenen aus, sagte er nach dem dritten „Runden Tisch“ zu Long Covid. „Mit jeder Infektionswelle kommen weitere hinzu.“ Dies belaste auch Wirtschaft und Arbeitsmarkt. „Das Problem Long Covid ist ungelöst.“ Allerdings sieht der SPD-Politiker deutliche Fortschritte bei der Behandlung: In den nächsten Jahren würden 150 Millionen Euro in die Versorgungsforschung fließen. Damit habe Deutschland in Europa „einen Spitzenplatz“.

Vier Jahre nach Pandemiebeginn gibt es keine heilende Therapie. Auch bei den „milderen“ Omikron-Varianten kämpften sechs bis neun Prozent der Infizierten mit Spätfolgen, so der Minister. Zwar senke die Impfung das Risiko um bis zu 40 Prozent, aber eben nicht um 100 Prozent. Auch das antivirale Mittel Paxlovid habe in jüngeren Studien als Schutz vor Long Covid enttäuscht. Lauterbach berichtete nach der Expertenrunde gestern Abend von „bestürzenden Schicksalen“: Kinder seien ans Haus gefesselt, junge Menschen erkundigten sich nach Sterbehilfe.

Deutschland sieht er vor einem „Wendepunkt“. Bundesweit entstünden Kompetenz- und Experten-Netzwerke. Von 2024 bis 2028 würden 81 Millionen Euro Fördergeld in bessere Versorgungsansätze fließen, weitere 52 Millionen Euro in die Behandlung von Kindern und Jugendlichen. Der Gemeinsame Bundesausschuss (GBA) habe zudem 21 Millionen Euro aus dem Innovationsfonds zugesagt. Auch die neue Long-Covid-Richtlinie des GBA zu Behandlungspfaden sowie eine Liste mit symptomlindernden Off-Label-Arzneien würden den Versorgungsalltag verbessern, so Lauterbach.

Ein Problem blieben Wissenslücken, sagte die Immunologin Carmen Scheibenbogen. Viele Ärzte würden sich mit dem komplexen Krankheitsbild nicht gut auskennen. Die Symptome umfassen etwa Atemnot, Erschöpfung, Denkausfälle und reichen in der schwersten Form bis zu ME/CFS, der Myalgischen Enzephalomyelitis mit Chronischem Fatigue Syndrom. Als Ursache vermuten Experten zunehmend Erreger-Reservoirs: „Wir sehen Evidenz für persistierenden Virus in Gewebereservoirs, eingeschlossen Nerven, Hirn, Magen-Darm-Trakt, Lunge“, sagte die Direktorin der US-Gesundheitsbehörde NIH, Monica Bertagnolli, in Medpage.

Long Covid sorgt auch für lange Fehlzeiten. Laut Daten des Wissenschaftlichen Instituts der AOK (WIdO) dauerte die Krankschreibung bei Long Covid inklusive Infektionszeit 2023 knapp 65 Tage. Dies seien im Vergleich zu anderen Erkrankungen sehr lange berufliche Ausfallzeiten. (cm)

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