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Kabinett billigt Herz-Gesetz – Kassen und Union fordern Stopp

28.08.2024 3 Min. Lesedauer

Trotz vernichtender Kritik hat das Bundeskabinett das umstrittene „Gesundes-Herz-Gesetz“ (GHG) gebilligt. Ziel sei es, die hohe Zahl von Herztoten zu senken und die Lebenserwartung zu erhöhen, verteidigte Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) heute die Pläne. Diese sehen unter anderem Massen-Screenings und eine Ausweitung von Statin-Verordnungen vor. Dafür will Lauterbach bei den Präventionsangeboten der Kassen kürzen. Experten befürchten neue Milliardenkosten ohne belegten Nutzen. Union und Kassen forderten den Stopp des Gesetzes. Lauterbachs Ansatz sei „Pillen statt Prävention, Statine statt Sport“, kritisierte Unions-Gesundheitsexperte Tino Sorge. Die Ampel sollte das GHG „besser komplett einstampfen“, meinte Carola Reimann, Vorstandsvorsitzende des AOK-Bundesverbandes.

Dem Gesetzentwurf zufolge sollen Zwölf- bis 14-Jährige sowie Versicherte im Alter von 25, 40 und 50 Jahren flächendeckend auf Risikofaktoren wie erhöhte Cholesterinwerte gescreent werden. Die Kassen sollen zu den Check-ups einladen. Bereits für Kinder ab fünf Jahren ist ein erster Cholesterin-Check vorgesehen. In anderen Punkten kam Lauterbach den Kritikern entgegen: Der Gemeinsame Bundesausschuss (GBA) von Ärzten und Kassen soll stärker einbezogen werden und neue Risikoschwellen für die Statin-Therapie erarbeiten. Zunächst wollte Lauterbach auch dies gesetzlich regeln.

„Das Gesetz wird zahlreiche Menschenleben in Deutschland retten“, sagte er. Die Deutschen hätten die „niedrigste Lebenserwartung“ in Westeuropa. Hauptgrund sei die hohe Herz-Kreislauf-Sterblichkeit. Jährlich würden 5.000 bis 10.000 Kinder mit einer erblichen Fettstoffwechselstörung geboren. Früherkennung und Therapie müssten verbessert werden. Derzeit gebe es eine „sehr, sehr deutliche Unterversorgung“ mit Statinen in Deutschland. Mehrkosten in „nennenswerter Höhe“ erwartet Lauterbach nicht durch das Gesetz. Er rechne sogar „sehr schnell mit Kosteneinsparungen“.

Dem widersprachen die Kassen. Die Ampel sei mit dem GHG „komplett auf dem Holzweg“, kritisierte Reimann. Die geplanten Maßnahmen „verbessern nicht die Herzgesundheit, sondern verschärfen nur die ohnehin prekäre Finanzlage der GKV“. Allein die Ausweitung der Disease-Management-Programme auf Patienten mit erhöhtem Risiko könnte nach AOK-Berechnungen Zusatzkosten von 3,8 Milliarden Euro pro Jahr verursachen. Als Folge der geplanten Kürzungen seien zudem die Präventionsangebote der Kassen wie Sport- und Ernährungskurse „akut gefährdet“. Dies konterkariere die erklärten Ziele des GHG. Ähnlich äußerte sich der Spitzenverband der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-SV).

Experten halten auch das Massenscreening von Kindern und Jugendlichen auf Fettstoffwechselstörungen für wenig sinnvoll. Der Nutzen sei nicht belegt. Als medizinisch fragwürdig kritisierte CDU-Experte Sorge eine frühe Verordnung von Statinen bei Kindern. „Kinder über Jahre hinweg mit Medikamenten zu behandeln, macht die Ausnahme zur Regel“, sagte er dem „Redaktionsnetzwerk Deutschland“ (RND). (cm)

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