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80 Prozent der Praxis-Teams erleben Gewalt von Patienten

13.09.2024 2 Min. Lesedauer

Das Personal in Arztpraxen wird immer häufiger angegriffen. Das ergab eine Online-Befragung der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV), die der Vorstandsvorsitzende Andreas Gassen heute auf der KBV-Vertreterversammlung vorstellte.

Demnach gaben knapp 80 Prozent der rund 7.600 teilnehmenden niedergelassenen Ärzte und Psychotherapeuten und deren Praxisteams an, im vergangenen Jahr verbale Gewalt erlebt zu haben. 43 Prozent berichteten, in den letzten fünf Jahren und besonders im vergangenen Jahr auch körperliche Gewalt von Patienten erfahren zu haben. Gassen kündigte eine gemeinsame Studie mit dem Bundesjustizministerium (BMJ) zum Umgang mit Gewalt in Praxen an.

Das „Aggressionspotenzial“ und Gewaltdelikte nähmen zu – und längst nicht alle Praxen zeigten Übergriffe an, sagte der KBV-Chef. Die Fälle reichten von Tritten gegen das Schienbein, Schubsen und Spucken bis hin zu schweren Angriffen. Ein Drittel der Praxen hätten bereits Vorkehrungen getroffen, etwa Notrufsysteme installiert und Deeskalationstrainings gebucht. Manche würden „potenziell gefährliche Gegenstände wie Vasen, Scheren oder Brieföffner“ entfernen. 

Als Grund für die höhere Gewaltbereitschaft sähen viele der Befragten „ein gestiegenes Anspruchsdenken" von Patienten. Dabei gehe es um zeitnahe Termine, Rezepte oder Untersuchungen. „Die Verrohung der Sitten ist erschreckend“, stellte Gassen fest. „Ein gesamtgesellschaftlicher Werteverfall trifft auf ein überlastetes und kaputt gespartes Gesundheitssystem. Außerdem wecken Politik und Krankenkassen zu hohe Ansprüche nach dem Motto ‚Geht zum Arzt, da bekommt ihr alles und das sofort‘.“ Die Mehrheit der Patienten zeige jedoch Verständnis für die Situation der Arztpraxen; auch das betonte der KBV-Vorstand. Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) habe ihm zugesichert, dass die Strafrechtsreform auch höhere Strafen für Gewalt gegen Praxismitarbeiter vorsehe.

Tief besorgt zeigte sich Gassen über die Wahlergebnisse in Thüringen und Sachsen. Er befürchte, dass sie „Vorboten“ für die kommende Bundestagswahl seien. „Viele Menschen verzweifeln an der aktuellen Politik“, sagte Gassen und kritisierte vor allem die geplanten Reformen von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD). Ein Scheitern der Krankenhausreform etwa werde immer wahrscheinlicher. (sg)

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