Kliniken kaum für Hitzewellen gerüstet
Angesichts des Klimawandels werden Rufe nach mehr Hitzeschutz an Krankenhäusern lauter. „Jedes teure Hotel ist klimatisiert, viele Intensivstationen nicht“, kritisierte Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) auf X. Die Schuld sieht er bei den Ländern. Diese hätten in den vergangenen zehn Jahren nur 50 Prozent der notwendigen Gebäudeinvestitionen bezahlt. Auch Susanne Johna, Vorsitzende der Ärztegewerkschaft Marburger Bund (MB), bemängelte die Zustände. Die Patienten lägen „buchstäblich im eigenen Saft. Und sie können der Situation nicht entkommen“, sagte sie dem „Spiegel“. Laut einer DAK-Umfrage litt in diesem Jahr bereits jeder Vierte an Gesundheitsproblemen durch Extremhitze, bei den Älteren noch mehr.
Als besonders gefährdet gelten Kranke, Kinder und Ältere. Viele der meist älteren Klinikgebäude sind jedoch für Extremhitze nicht ausgelegt. Nach einer Erhebung des Deutschen Krankenhausinstituts (DKI) von 2022 sind in gerade 38 Prozent der Häuser die Krankenzimmer klimatisiert. In jeder dritten Klinik hat nicht einmal die Notaufnahme eine Kühlung. „Selbst die Intensivstationen sind teilweise nicht gekühlt“, kritisierte Johna. Probleme gebe es auch bei Medikamenten. Viele dürften nicht über 25 Grad gelagert werden. „Ist es mehrere Tage am Stück heiß, werden 25 Grad auf vielen Stationen überschritten“, berichtete die MB-Chefin.
Laut einer heute vorgelegten Forsa-Umfrage für die DAK sehen immer mehr Bürger die Folgen des Klimawandels mit Sorge. Das gelte auch für das Gesundheitswesen. 80 Prozent halten demnach Pflege- und Altenheime anfällig für Extremhitze und 58 Prozent die Krankenhäuser. Insgesamt klagte bereits jeder Vierte über Gesundheitsprobleme in diesem Jahr durch Extremhitze wie Abgeschlagenheit, Kreislaufprobleme oder Schlafstörungen. In der Altersgruppe ab 60 Jahren war es sogar jeder Dritte. Vor allem Jüngeren bereitet laut Umfrage die Zunahme von Hitzewellen und Extremwetter zudem Zukunftsängste.
Lauterbach hatte im Mai Hitzeschutz-Empfehlungen für Kliniken und Heime vorgelegt. Dazu gehören Kühlzonen, Lüftungskonzepte, Fassadenbegrünung sowie Rollos oder Folien als Sonnenschutz. „Der Klimawandel wird Hitzeschutz zu einem Dauerproblem machen“, so der SPD-Politiker. Nach Daten des EU-Klimadienstes Copernicus lag die globale Durchschnitts-Temperatur im Juni 2024 den zwölften Monat in Folge um 1,5 Grad über dem vorindustriellen Zeitraum von 1850 bis 1900. Dabei erwärme sich Europa schneller als andere Kontinente und doppelt so schnell wie der globale Durchschnitt. (cm)