Klinikreform: Kassen drohen mit Klage – Angst vor „Kahlschlag“
Die Kritik an der von der Ampel geplanten Klinikreform ebbt nicht ab. In ihren Stellungnahmen zur Anhörung heute Nachmittag im Gesundheitsausschuss des Bundestags forderten die mehr als 50 beteiligten Verbände mehrheitlich, das Gesetz in Kernpunkten zu überarbeiten. Die Kassen behielten sich eine Klage vor. Sie halten den Plan von SPD, Grünen und FDP für „verfassungswidrig“, ihren Beitragszahlern zusätzliche Milliardenkosten aufzubürden, aber Privatversicherte zu verschonen. Der Deutsche Landkreistag warnte vor einem „Kahlschlag“ im ländlichen Raum. Die Reform gefährde kleine Kliniken, die für die Versorgung nötig seien. Die Arbeitgeber nannten die Pläne einen „Blindflug“, der die Beitragszahler „sehr teuer“ zu stehen komme.
Einig zeigten sich Verbände und Experten, dass eine Reform notwendig ist. Der AOK-Bundesverband sieht aber drei grundlegende Strickfehler im Entwurf für das „Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz“ (KHVVG). Dies seien die unfaire Finanzierung, eine mangelnde Verzahnung mit der Notfallreform und Fehlanreize bei der Vergütung, sagte die Vorstandsvorsitzende Carola Reimann. Anders als von Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) angekündigt, sollen die neuen Vorhaltepauschalen mittelbar fallabhängig bleiben. „Die Vorhaltefinanzierung muss unbedingt fallunabhängig ausgestaltet werden, ansonsten hat man am Ende nicht viel gewonnen“, so Reimann.
Die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) und der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) teilten die Kritik. Eine mengenabhängige Vorhaltevergütung benachteilige kleine Häuser, die zur Daseinsvorsorge benötigt würden, warnte die BDA. Es brauche eine Vorhaltevergütung, die sich am Bedarf der Bevölkerung ausrichte, um auch auf dem Land eine Grundversorgung zu sichern. Der Landkreistag sieht sogar die „gesamte medizinische Versorgung“ im ländlichen Raum bedroht. Er mahnte die von Lauterbach versprochene Auswirkungsanalyse an. Von „Entökonomisierung“ könne keine Rede sein, rügten auch Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) und Deutscher Städtetag.
Heftige Kritik entzündet sich auch an der Finanzierung. Die Ampel plant, den Bundesanteil von 25 Milliarden Euro am Transformationsfonds zum Umbau der Kliniklandschaft auf die Beitragszahler der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) abzuwälzen. Nicht nur der GKV-Spitzenverband, auch der Verband der privaten Krankenversicherung (PKV) nannte dies „verfassungswidrig“. „Alle mit dem Fonds verbundenen Aufgaben sind Infrastrukturausgaben, die aus Steuer- und nicht aus Beitragsmitteln zu finanzieren sind“, erklärte die PKV. AOK-Chefin Reimann warnte: „Den Klageweg behalten wir uns vor.“
Der Sozialverband VDK warf der Ampel vor, sich an den Geldern der GKV zu bedienen, „um Lücken im Haushalt zu stopfen“. Als Folge drohe eine „ungebremste Steigerung“ der Beiträge, „die bereits heute Haushalte mit einem geringen verfügbaren Einkommen massiv“ belasteten. Die BDA bemängelte, dass im Gesetzentwurf sogar eine Übersicht fehle, wie sich die Reform auf die Beitragssätze auswirkt. Bislang ist geplant, die Reform am 18. Oktober im Bundestag zu verabschieden. (cm)
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